Das Dresdner Jugendamt hat das in der Anhörung auch bestätigt. Der erweiterte Unterhaltsvorschuss kommt eben in Dresden bei Dreiviertel aller Kinder überhaupt nicht an. Wir GRÜNEN haben die Reform aus diesem Grunde von Anfang an kritisiert, und das erklärte Ziel, die Kinderarmut zu bekämpfen und Alleinerziehende zu bestärken, wird so nicht erreicht.
Zweitens – das ist in den Vorreden schon ausgeführt worden – bleiben die Kommunen auf den Mehrkosten in Millionenhöhe sitzen. Der Bund hat den Kommunen zugesagt, dass die Mehrbelastungen, die durch die Reform entstehen, ausgeglichen werden. Ja, das Gesetz, das wir heute beschließen, sieht auch vor, dass der Bund statt 33 % zukünftig 40 % der Kosten trägt, die Kommunen nur noch 30 %, ebenso der Freistaat. Doch diese Entlastungen reichen eben bei Weitem nicht aus, weil die Kostensteigerungen weit größer als angenommen sind. Die Kommunen müssen in Vorkasse gehen und drängen
deshalb jetzt sehr deutlich auf eine Evaluation, das heißt auf eine genaue Betrachtung der Kostensteigerungen noch in diesem Jahr. Das Ministerium hat das ja zugesagt, aber – ich möchte das auch dick unterstreichen – ohne eine verbindliche Regelung im Gesetz.
Ich habe das bereits im Ausschuss kritisiert und meine auch, diese mündlichen Zusagen und das, was Sie jetzt in Ihrem Entschließungsantrag schreiben, reicht nicht. Sachsen braucht eine verbindliche Regelung im Gesetz, aber das lehnen Sie ab, aus welchen Gründen auch immer.
Drittens. Es gibt kaum Kapazitäten für die Prüfung von Unterhaltsschuldnern. In den letzten zwei Jahren hat vor allem die CDU beim Thema Unterhalt immer wieder markige Sprüche gemacht. Gebetsmühlenartig wurde gefordert, Unterhaltsschuldner mehr in die Pflicht zu nehmen, die Kommunen müssten hier mehr Druck machen. Ja, wenn Sie das ernsthaft wollen, dann müssen Sie die Kommunen gerade jetzt mehr unterstützen. Aktuell sieht es nämlich so aus, dass die Jugendämter vor Ort mangels Personal und aufgrund der Antragsflut weniger Kapazitäten für den sogenannten Rückgriff haben. Sie kommen kaum dazu zu prüfen, ob der Unterhalt tatsächlich nicht gezahlt werden kann. Das Gesetz sieht hier allerdings nicht vor, den Kommunen mit zusätzlichem Geld für Personal unter die Arme zu greifen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde in der Aussprache. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine zweite Runde? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Frau Staatsministerin Klepsch. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Unterhaltsvorschuss nach dem Unterhaltsvorschussgesetz des Bundes ist eine Leistung für Alleinerziehende. Ich denke, das haben meine Vorredner bereits detailliert ausgeführt. Diese erhalten sie dann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht wenigstens den Mindestunterhalt für das Kind bezahlt. Aus meiner Sicht ist das Unterhaltsvorschussgesetz sozialpolitisch richtig angelegt, und es ist auch lange überfällig, dass dieses Gesetz auf Bundesebene verabschiedet wurde.
Das Anliegen des Bundesgesetzgebers war, den Erziehungsberechtigten den Sozialhilfebezug zu ersparen. Soweit sich Unterhaltspflichtige ihrer Verantwortung entziehen, springen dann die öffentlichen Kassen ein. Der Vollzug des Gesetzes ist bereits heute durch das Sächsische Aufgabenübertragungsgesetz den Landkreisen und kreisfreien Städten übertragen. Die kommunalen Unterhaltsvorschussstellen zahlen die Leistungen an die Alleinerziehenden aus, nehmen auch Regress beim Unterhalts
Das Unterhaltsvorschussgesetz wurde nunmehr – auch darauf sind die Vorredner bereits eingegangen – zum 01.07.2017 rückwirkend novelliert.
Die Eckpunkte seien noch einmal ganz kurz aufgeführt: Die Bezugsdauer ist nicht mehr auf sechs Jahre begrenzt, die Altersgruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen wird ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen in den Geltungsbereich einbezogen, und der Bundesanteil an den Ausgaben und Einnahmen erhöht sich von ursprünglich einem Drittel auf 40 %. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll die Finanzierungsregelung des Bundes jetzt auch für uns auf Landesebene nachgezeichnet werden. Das heißt im Einzelnen, dass der Anteil des Freistaates Sachsen und der Anteil der Kommunen auf jeweils 30 % der Leistungsausgaben reduziert wird. Von den Rückgriffseinnahmen, die die Kommunen erzielen, führen diese 40 % an den Freistaat Sachsen ab. Wir als Freistaat Sachsen leiten diese 40 % dann eins zu eins weiter, also wir verzichten im Gegensatz zu dem ursprünglichen Gesetzentwurf auf das Prozent und reichen es den Kommunen mit aus.
Die Gesetzesänderung soll, ebenso wie die Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes des Bundes, rückwirkend zum 01.07.2017 in Kraft treten. Ich denke, das ist selbstredend. Diese Finanzierungsregelung wurde im Vorfeld auch mit dem sächsischen Finanzministerium und den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt. Dazu hat es bereits im letzten Jahr ausführliche Gespräche gegeben. Die kommunalen Spitzen äußerten sich wegen der bundesgesetzlichen Änderungen und des damit einhergehenden Ausgabenanstiegs sehr deutlich. Auch die Anhörung hier im Ausschuss hat es nochmals auf den Punkt gebracht. Es zeichnete sich ab, dass die Kostenprognose des Bundes – damals haben alle Länder darauf hingewiesen – aus Sicht der Länder sehr optimistisch war, was sich heute mit den Zahlen auch so bestätigt.
Wir haben den kommunalen Spitzenverbänden eine Evaluierung bereits im Jahr 2020 vorgeschlagen. Die für das Jahr 2020 vereinbarte Überprüfung soll schon im Jahr 2019 eingeleitet werden, weil wir für diese Evaluierung valide Daten benötigen und diese Datengrundlage das Jahr 2018 sein soll. Die mit den kommunalen Landesverbänden gewonnenen Erkenntnisse werden wir dann auch auf Bundesebene einbringen. Dazu gibt es eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die im November dieses Jahres das erst Mal getagt hat. In dieser Bund-LänderArbeitsgruppe werden wir uns dann auch mit allen weiteren Fragen, die mit Umsetzung, Unterhaltsvorschussgesetz – sei es Personalschlüssel, seien es Vollzugsprobleme, Rückgriffseinnahmen oder auch das Thema Mittelausgleich – befassen und unsere Erkenntnisse mit einbringen.
Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung des Sächsischen Aufgabenübertragungsgesetzes zum Unterhaltsvorschussgesetz. Abgestimmt wird auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz, Gleichstellung und Integration, Drucksache 6/15551.
Wie bereits erwähnt, meine Damen und Herren, liegt ein Änderungsantrag vor, Drucksache 6/15640, Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, bereits eingebracht von der Fraktion DIE LINKE. – Frau Lauterbach, dann schauen Sie noch einmal im Protokoll nach, was Sie vorhin gesagt haben. Aber selbstverständlich haben Sie jetzt noch die Gelegenheit, Ihren bereits eingebrachten Antrag zu ergänzen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte die beiden Punkte noch einmal kurz vortragen, und zwar: Im § 2 ein hundertprozentiger Mehrbelastungsausgleich für die Landkreise und kreisfreien Städte, und im § 4 soll festgelegt werden, dass bereits im Jahr 2019 eine Evaluation erfolgen soll.
Sie wissen genau, werte Abgeordnete, warum wir dies beantragen. Unterhaltsvorschuss ist doch zu weiten Teilen kein Vorschuss, sondern eine Ausfallleistung. Wenn Mütter und Väter keinen Unterhalt zahlen können, ist das ein gesamtgesellschaftliches Problem und kein Problem der Kommune. Der Bund definiert neue Leistungen, die Kommune ist die Vollzugsbehörde und muss dazu noch den Verwaltungs- und Leistungsaufwand tragen.
Der Freistaat Sachsen hat auf Bundesebene zugestimmt. Die Kommune muss sich nun an die Landesebene wenden.
Ich möchte noch einmal wiederholen: Es liegt im Interesse Ihrer Arbeit, Frau Staatsministerin, die Sie autorisiert und zukunftssicher macht. Werte Abgeordnete der Koalition, stärken Sie Ihrer Staatsministerin den Rücken mit Gesetzestext und nicht mit einem Entschließungsantrag, damit sie auf Bundesebene für die Kommunen in Sachsen streiten kann.
Herr Präsident, ich bitte um punktweise Abstimmung und natürlich, werte Abgeordnete, um Ihre Zustimmung.
Stelle einen anderen Weg aufgezeigt, wie wir mit der Problematik umgehen wollen. Ich denke, gerade was die Kommunen betrifft, wollen wir alle in die gleiche Richtung. Wir sehen den Weg nur in der Evaluierung und nicht in der Festschreibung im Gesetz. Daher lehnen wir den Änderungsantrag ab, werben aber nochmals für die Unterstützung unseres Entschließungsantrags.
Ja. Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Lauterbach, vielen Dank für den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Im ersten Schritt haben Sie recht: Der Freistaat Sachsen muss in die Pflicht genommen werden. Das habe ich in meinem Redebeitrag auch entsprechend ausgeführt. Gleichwohl ist es in der Vorausschau so, dass der Bundesgesetzgeber als Gesetzgeber des UVG mittel- und langfristig in die Pflicht genommen werden muss, damit das Land nicht auf den Kosten sitzen bleibt.
Deshalb können wir Ihrem Änderungsantrag nicht zustimmen, weil die Vorausschau für uns eine andere ist.
Es ist gut, dass es den Änderungsantrag gibt, das möchte ich noch einmal deutlich sagen; denn ich bin nach der Anhörung eigentlich davon ausgegangen, dass die Koalition die Forderung der kommunalen Spitzenverbände nach einer Regelung zur Evaluation in das Gesetz aufnimmt. Das war in der Anhörung sehr deutlich geworden.
Wenn man sich allein die Prognosen zu den Kostenentwicklungen 2017 anschaut: Landkreis Bautzen: hundertprozentige Kostensteigerung, Görlitz: eine Million Euro mehr als 2018, Zwickau: Verdoppelung der Kosten, Landkreis Leipziger Land: Verdoppelung der Kosten, und, und, und. Es ist nicht klar, wie sich das in den nächsten Jahren weiterentwickelt. Deshalb brauchen wir nicht nur eine einmalige Prüfung, sondern eine verbindliche Regelung im Gesetz. Daher kann ich nur noch einmal an die Koalitionsabgeordneten appellieren, das, was die kommunalen Spitzenverbände fordern, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wir stimmen zu.
Vielen Dank, Herr Zschocke. Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag in Drucksache 6/15640. Punktweise Abstimmung wird verlangt. Wer dem Punkt 1 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist dem Punkt 1 mehrheitlich nicht entsprochen worden.
Wir kommen zur Abstimmung über den Punkt 2. Wer gibt seine Zustimmung? – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier zahlreiche Stimmen dafür und Stimmenthaltungen, aber nicht die erforderliche Mehrheit.
Meine Damen und Herren, damit kommen wir zu dem Gesetzentwurf selbst. Es liegen keine weiteren Änderungsanträge vor, sodass ich Ihnen vorschlage, die Bestandteile des Gesetzentwurfes zu benennen und darüber abstimmen zu lassen. Erhebt sich Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Wer also der Überschrift, dem Artikel 1 Änderung des Sächsischen Aufgabenübertragungsgesetzes zum Unterhaltsvorschussgesetz und dem Artikel 2 Inkrafttreten seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen und Stimmenthaltungen sind die Bestandteile des Gesetzentwurfes mehrheitlich beschlossen.
Damit kommen wir zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz zur Änderung des Sächsischen Aufgabenübertragungsgesetzes zum Unterhaltsvorschussgesetz zustimmen möchte, zeigt dies bitte an. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier Stimmen dagegen und Stimmenthaltungen, aber mehrheitlich ist das Gesetz beschlossen.
bereits eingebracht. Hierzu gibt es Wortmeldungen. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Lauterbach, bitte.
Vielen Dank. Herr Präsident! Werte Koalition, ich bin ehrlich begeistert von den Erkenntnissen in diesem Entschließungsantrag. Sie gehen mit den Inhalten unseres Änderungsantrags ziemlich konform; aber es ist nicht der richtige Weg, den Sie einschlagen. Es gehört einfach ins Gesetz. Deshalb enthalten wir uns bei diesem Entschließungsantrag. Dem Gesetzentwurf konnten wir so jedoch natürlich nicht zustimmen. Das können Sie besser. Aber: Links wirkt.