Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

Wenn es nach mir ginge, dann wäre es natürlich wünschenswert, dass die Lizenznehmer, die es gibt, in Sachsen noch etwas mehr werden. Es sind zum jetzigen Zeitpunkt – die Zahl vom Oktober – nur 67 Betriebe. In Baden-Württemberg sind es mehr als 1 200. Das ist ganz interessant. Wahrscheinlich legt der Verbraucher in Stuttgart mehr Wert darauf als der Verbraucher in Strehla.

Ein weiterer Lesetipp für Sie, meine Damen und Herren: Es gibt das EU-Label „Geschützte geografische Angabe“. Das Konzept kommt aus Frankreich: „Appellation d’Origine Contrôlée“, AOC, finden Sie auf allen guten französischen Weinmarken. Das haben wir in Deutschland auch adaptiert, übrigens auch ein großer Vorteil der Europäischen Union.

Nebenbei bemerkt gilt das auch für den Dresdner Christstollen, den Oberlausitzer Biokarpfen oder auch die wunderbaren Leipziger Lerchen. Die Franzosen haben dieses System seit 1935 und wir sind sehr dankbar dafür, dass es das bei uns jetzt mittlerweile auch gibt.

Studien besagen, die Verbraucher kaufen gern regional. Nur leider wollen sie dafür nicht mehr bezahlen und da liegt der Hase im Pfeffer. Auch hier eine Lesetipp für Sie: Es gibt dankenswerterweise, unterstützt durch das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, die Studie „Wie regional is(s)t Sachsen?“. Da können Sie das alles nachlesen und damit hätten Sie Ihren Antrag etwas aufwerten können, vielleicht auch mit echten Argumenten.

Schauen wir in die Praxis. Der Lebensmitteleinzelhandel tut hier schon einiges. Was Sie gesagt haben, Frau Grimm, ist ein Ausschnitt. Ich empfehle Ihnen, mal durch einen großen Supermarkt zu gehen. Es muss nicht der hochpreisige Supermarkt sein, sondern Lidl oder Aldi. Auch da wirbt man direkt mit sächsischen Produkten. Der Rewe-Konzern beispielsweise hat extra Regale mit sächsischen Produkten. Es ist alles verfügbar und man

kann alles kaufen. Ich habe mit dem Vorsitzenden des Großenhainer Imkerverbandes gesprochen, der direkt ins Kaufland und die anderen Supermärkte liefert, auch wenn er nicht ganz die Mengen liefern kann, die sie normalerweise abnehmen. Nur nützt uns das alles im Prinzip nichts, wenn der Verbraucher die Produkte halt nicht kauft. Da können wir als Staat hoch und runter springen. Wichtig ist, dass die Sensibilisierung beim Verbraucher dazu steigt. Da ist es ganz wichtig, die bestehenden Systeme weiterzuentwickeln und sie vor allem so zu halten, dass sie verständlich und transparent sind.

Sie fordern in Punkt 2 Ihres Antrags eine zentrale Internetseite, die Sie bis zum 31. Dezember 2018 erstellt haben wollen. Ich weiß nicht, wie Sie das schaffen wollen. Ich möchte daran erinnern, dass das noch 14 Tage sind. Ich kann Ihnen aber trotzdem eine gute Nachricht überbringen, Frau Grimm. Es ist wieder ein Lesetipp: www.regionales.sachsen.de. Da ist exakt das, was Sie fordern, durch das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft schon umgesetzt, und diese Seite ist übrigens seit März 2017 online.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Hört, hört!)

Hätten Sie sich im Vorfeld dieser Beantragung mal auf dieser Seite etwas umgetan, dann hätten Sie gesehen, dass alles verzeichnet ist, was Sachsen kulinarisch ausmacht, von A wie Altenberger Gebirgsbitter bis Z wie Zwieback aus Neukirch.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Fazit. Der erste Punkt Ihres Antrags ist schlicht nicht notwendig, weil er das Verbraucherverhalten nicht verbessert und den Verbraucher zusätzlich verwirrt und Punkt zwei ist schon seit über einem Jahr vom Staatsministerium erledigt. Ich ende mit dem guten französischen Sprichwort „Gut Essen ist der Anfang des Glücks“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Kagelmann. Bitte sehr, Frau Kagelmann, Sie haben das Wort.

Danke schön, Herr Präsident. Werte Damen und Herren Abgeordnete! Lebensmittel aus regionalem Anbau oder Tierhaltung sind ohne Zweifel eine gute Sache, genauso wie die Förderung ihrer Vermarktung zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe. DIE LINKE hat beispielsweise immer ihre Forderung gegenüber der Landesregierung, den Zugang zum EU-Schulfruchtprogramm zuerst überhaupt und dann mehr Schulen zu ermöglichen oder mehr Schulküchen einzurichten, immer verbunden mit der klaren Zielrichtung, dass gerade bei der Gemeinschaftsverpflegung in Bildungseinrichtungen vorrangig gesunde und regional erzeugte Produkte zum Einsatz kommen. Aber wir haben

beim Schulfruchtprogramm erfahren müssen, dass bei der Umsetzung solcher Forderungen kein fehlendes regionales Label das Hauptproblem darstellt, sondern fehlendes Personal, fehlendes Geld und fehlende räumliche und zeitliche Kapazitäten.

(Beifall bei den LINKEN)

Ganz unabhängig davon verheißt eine sächsische Marke eben längst noch keine herausragende Qualität, denn sie muss erst nachgewiesen und vor allem kontrolliert werden. Das ist ein nicht zu unterschätzender Aufwand, der organisatorisch und personell bewältigt und schließlich auch bezahlt werden muss. Deshalb kann von der Politik erwartet werden, dass sie ehrlich sagt, wer am Ende welchen Umfang dieses Mehraufwandes schultern soll. Spätestens an dieser Stelle ist es dann vorbei mit der Euphorie, und zwar zuerst bei den Erzeugern selbst. Nichts anderes besagt im Übrigen die Stellungnahme der Staatsregierung.

Außerdem – Herr Fischer hat schon darauf hingewiesen – gibt es im Nahrungsmittelbereich etwa ein Dutzend größere Label. Zusätzlich wird mit der lokalen Herkunft von Produkten bereits umfangreich geworben, vom Pulsnitzer Pfefferkuchen bis zum Bautzner Senf. Im Einzelnen sagt eine solche Kennzeichnung nichts darüber aus, wie nachhaltig die Produktions- bzw. Anbauweise der Rohstoffe aussieht, wie die Verarbeitung erfolgt, welche Transportwege einzelne Produktbestandteile hinter sich haben und zuletzt, welche Bedingungen für die Beschäftigten in den Unternehmen gelten. Aber genau darauf kommt es für uns als LINKE besonders an. Die Görlitzer Kaffeemischung oder Dresdner Schokolade sind in diesem Sinne eben keine regionalen Produkte. Im Lausitzer Leinöl steckt nur ganz wenig Lausitzer Leinsamen. Der nämlich kommt beispielsweise aus Kanada oder Russland, was nicht gerade vor unserer unmittelbaren Haustür liegt.

(Oh-Rufe bei der CDU)

Gelabelt wird also nur der Ort, wo im besten Fall der letzte Verarbeitungsschritt passiert. Das heißt im Umkehrschluss, dass mit einem Regionallabel nicht zwingend ein regionaler Wirtschaftskreislauf gefördert wird. Verlässlicher sind da schon Kennzeichnungen – Herr Fischer hat es schon ausgeführt – wie die sogenannte geschützte geografische Angabe, die zumindest besagt, dass bestimmte Produktionsschritte in einer Region stattfinden, aber auch nicht alle und schon gar nicht bezogen auf alle Zutaten.

Noch besser ist die geschützte Ursprungsbezeichnung, die sicherstellt, dass Lebensmittel in einem konkreten Gebiet nach konkreten Verfahren hergestellt wurden. Wir können hier im Rund mal den Versuch starten nachzufragen, wer das GGA-Siegel für geschützte geografische Angabe oder GU-Siegel für geschützte Ursprungsbezeichnung überhaupt kennt und wann es zuletzt eine Rolle für seine persönliche Kaufentscheidung gespielt hat. Meine Damen

und Herren, ich erwarte fraktionsübergreifend erschreckend hohe Informationsdefizite.

Insgesamt aber zeigt dieser kurze theoretische Ausflug in die Lebensmittelkennzeichnung, dass bereits heute das Zuviel an Aufdrucken und Stempeln das Ziel von Transparenz und Verbraucherlenkung deutlich verfehlt, dafür aber dem Etikettenschwindel Tür und Tor öffnet. Insofern ist hier weniger, aber dafür klarer, inzwischen deutlich mehr.

Die politischen Stellschrauben sind aus Sicht der LINKEN deshalb an anderer Stelle anzuziehen, nämlich zuerst bei der Stärkung der Marktposition der Erzeuger gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel, bei der Investitionsförderung für kleine Molkereien oder Schlachtbetriebe oder bei der Förderung von Regionalinitiativen, wie der solidarischen Landwirtschaft.

DIE LINKE wird deshalb den Antrag ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren, nun hat die SPD-Fraktion das Wort. Herr Abg. Winkler.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der uns vorliegende Antrag ist überflüssig und in seiner Zielstellung widersprüchlich. Das ist schon gesagt worden. Meine Vorredner sind auf die Vielzahl der Label und die damit verbundenen Probleme schon eingegangen. Ich fasse mich deshalb kurz.

Die Forderung nach Einführung einer zentralen sächsischen Marke ist von den Herstellern nicht gewünscht. Wenn es von der Wirtschaft selbst nicht gewünscht ist, dann ist es auch kein Instrument, um die Erzeuger regionaler Produkte zu fördern. Grundsätzlich ist ein einheitlich unterstütztes Qualitäts- und Herkunftszeichen durchaus möglich. Diese Frage wurde seitens des Landwirtschaftsministeriums nicht nur ausführlich, sondern auch kontinuierlich mit Branchenvertretern aus den verschiedenen Wertschöpfungsstufen diskutiert.

Das Ergebnis dieser Gespräche können Sie unter anderem dem Bericht zu einem Koalitionsantrag entnehmen.

Fazit dieser Gespräche: Die Einführung von zusätzlichen Dachmarken und Qualitätszeichen in der sächsischen Land- und Ernährungswirtschaft wird vonseiten der Wirtschaft nicht unterstützt. Das hat unter anderem – das ist auch schon durch Vorredner deutlich geworden – mit dem erhöhten bürokratischen Aufwand zu tun. Es müssen bestimmte Auflagen erfüllt, umgesetzt und letztendlich auch kontrolliert werden, damit so ein staatliches Zertifikat erteilt werden kann. Aber um eine solche Initiative erfolgreich umzusetzen, ist die Unterstützung der Wirtschaft eine Grundvoraussetzung. Und die gibt es derzeit nicht.

Im Übrigen gibt es noch eine aktuellere Studie, erstellt von der Agrarmarktinformationsgesellschaft mbH, das ist ebenfalls eine Verbraucher- und Marktstudie mit dem Titel – wie schon genannt – „Wie regional is(s)t Sachsen?“ Die Autoren kamen zu einem anderen Ergebnis, als das Frau Grimm vorhin deutlich gemacht hat. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass ein staatliches Siegel wenig sinnvoll ist. Vielmehr braucht es die Förderung von Absatzmöglichkeiten. Es besteht ein Bedarf an Vernetzung, Kommunikation und Wissenstransfer sowie gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeit für regionale Produkte. Das sind die Voraussetzungen, denen wir uns als Koalition und die wir an das Ministerium stellen und in der Umsetzung Lösungen entwickeln und weiterentwickeln.

Die Koalitionsfraktionen haben vor einiger Zeit einen Antrag eingebracht, um die Absatzförderungen für Produkte der sächsischen Ernährungswirtschaft zu stärken, und zwar gemeinsam mit den Unternehmern der Ernährungswirtschaft und nicht gegen deren Willen. Wir haben in Sachsen in verschiedenen Förderrichtlinien die Möglichkeit der Absatzförderung geschaffen, die die Beteiligung an Messen fördern und Qualitätsprogramme und Kooperationsprojekte unterstützen. Auch das ist schon genannt worden.

Als landesweite Fachveranstaltung für Wissensvermittlung, Kommunikation und Netzwerkbildung gibt es das Forum „Regionalvermarktung in Sachsen“. Dieses findet im jährlichen Wechsel mit der Fachveranstaltung „Die Regionale“ statt. Das ist ein Podium für die spezielle Vernetzung zwischen Erzeugern und Gastronomen in einer konkreten sächsischen Region. Und es gibt seit 2017 die Internetplattform, die schon genannt worden ist und die letztendlich auch im Antrag gefordert wird. Das ist eine Plattform, auf der sich Erzeuger präsentieren können. Nicht nur Verbraucher können hier nach Erzeugern suchen, auch Anbieter heimischer Lebensmittel und Regionalinitiativen können sich selbst und Angebote kostenlos vorstellen. Also ist der Punkt 2 letztendlich schon erfüllt.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Ziel unserer Politik ist es, die Regionalvermarktung und die regionalen Kreisläufe zu stärken, aber mit Instrumenten, die brauchbar und sinnvoll sind. Wir werden deshalb diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Und nun Herr Abg. Günther für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Bitte sehr, Herr Günther, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es jetzt wirklich etwas schwer als letzter Redner. Es gibt diesen schönen Satz „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von mir.“ Es ist – glaube ich – auch noch nie vorgekommen, dass ich eine komplette Rede des Herrn Kollegen Fischer von der CDU-Fraktion unterschreiben kann.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ja, alles ist darin richtig. Genau dasselbe gilt – und das macht es umso erstaunlicher –, dass die Kollegin Kagelmann von den LINKEN das auch ergänzt hat. Das kann man nur unterschreiben. Und, Kollege Winkler, auch Sie haben meine volle Zustimmung.

Man könnte wohlwollend noch sagen, das Gegenteil von gut ist nicht schlecht, sondern gut gemeint. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das wirklich gut gemeint ist; denn dieser Antrag möchte suggerieren, dass hier etwas für Regionalität getan wird. Aber dieser Antrag – wir haben es schon deutlich gehört – nützt gar nichts, wenn dieser Gedanke „Mehr regionale Wertschöpfung, insbesondere bei den Lebensmittelerzeugern“ nicht auszufüllen ist. Das hat etwas mit der komplizierten Marke zu tun. Und die Vorstellung von arbeitsteiliger Gesellschaft wird nicht so abgebildet. Wenn man sich in Dresden, im Erzgebirge oder in Leipzig bewegt, kann „regional“ etwas ganz anderes bedeuten. Von Leipzig aus ist auch Altenburg durchaus noch regional. Aber das alles ist zu diesem Thema noch ein Nebenkriegsschauplatz. Dass diese Marke nur zusätzliche Bürokratie, ohne einen tatsächlichen Mehrwert, bringen würde und dass Sie das abschaffen wollen, das kommt doch immer von Ihrer Seite.

Aber was wir nicht inhaltlich brauchen, um mehr Regionalität zu erzeugen, ist eine oberflächliche Marke, die nichts bringt und die nicht funktioniert. Es nützt nichts, so eine Marke zu machen, sondern man muss die Regionalmärkte hineinbringen, dass so etwas vor Ort passiert, oder alles, was Weiterverarbeitungsketten – Veredelung etwa – anbelangt. Dieses Thema haben wir schon mehrmals angesprochen. Es muss also real mehr regionale Wertschöpfung geschehen und nicht einfach nur so ein Label entwickelt werden.

Ich möchte nicht die einzelnen Punkte der Vorredner wiederholen, deshalb sehen Sie mich blank, ohne Redemanuskript. Ich danke Ihnen.

Wir als GRÜNE werden diesen oberflächlichen Antrag auch ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Und nun spricht der Abg. Wild. – Bitte sehr, Herr Wild.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Lieber Herr Günther, es ist eben noch nicht alles gesagt.

(Wolfram Günther, GRÜNE: Oha! – Volkmar Winkler, SPD: Da sind wir ganz gespannt!)

Deshalb stehe ich jetzt hier vorn. Der AfD-Antrag „Erzeuger und Erzeugerorganisationen regionaler Produkte fördern – Einführung einer sächsischen Regional- und Qualitätsmarke für Lebensmittel“ ist grundsätzlich zu begrüßen, aber nicht wirklich neu. Hier hat die AfD ein