Protokoll der Sitzung vom 11.12.2018

Meine Damen und Herren! Bei den Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern ist es schon länger so Praxis. Sie verbleiben bis maximal 24 Monate, also in der Regel bis zum Abschluss des Verfahrens, in unseren Landeseinrichtungen. Bei den anderen Asylsuchenden, die ebenfalls nur eine sehr geringe Bleibeperspektive haben, betrug der Maximalzeitraum dafür bislang nur sechs Monate. Spätestens dann mussten sie auch, wenn de facto keine Hoffnung auf Anerkennung bestand, in unsere Landkreise und kreisfreien Städte weiter verteilt werden.

Wie Sie wissen, hat der Bund hier nachgebessert und eine Öffnungsklausel in das Asylgesetz eingebracht. Sie ermöglicht es den Ländern, bestimmte Asylsuchende zu einem längeren Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung zu verpflichten. Genau das tun wir. Nach unserer

groben Schätzung könnte die Verlängerung der Wohnverpflichtung circa 10 bis 20 % der Zugänge in den Erstaufnahmeeinrichtungen betreffen.

Zwei Gruppen von Asylbewerbern zählen dazu: Erstens, wenn die betreffenden Personen aus bestimmten Ländern kommen, bei denen die Schutzquote unter 20 % liegt. Diese Asylbewerber werden bis zur Entscheidung des BAMF über den Asylantrag verpflichtet, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Nach der Entscheidung des BAMF bleibt die Wohnverpflichtung nur bestehen, wenn der Asylantrag als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist. Klar ist: Sollte bei Teilen dieser Gruppe die Anerkennungsquote über 20 % steigen, werden wir die betreffenden Personen von der Wohnverpflichtung ausnehmen. Zu der zweiten Gruppe, die nun bis zu 24 Monaten in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben soll, gehören Asylbewerber, deren Anträge durch das BAMF als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgelehnt werden.

Um auch das klarzustellen: Minderjährige mit ihren Eltern sind nach dem Gesetzentwurf generell von der Verlängerung der Wohnverpflichtung ausgenommen.

Meine Damen und Herren! Unser Gesetz setzt Recht durch und entlastet vor allem die Kommunen. Ich bitte daher um Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wir kommen nun zur Abstimmung. Aufgerufen ist Erstes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes, ein Gesetzentwurf der Staatsregierung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 6/15549. Es liegen keine Änderungsanträge vor.

Ich nehme die Artikel gleich zusammen und beginne mit der Überschrift. Danach folgen Artikel 1, Änderung des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes, Artikel 2, Bekanntmachungserlaubnis, und Artikel 3, Inkrafttreten. Wer diesen Artikeln seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen. Dennoch sind die Artikel mit Mehrheit angenommen worden.

Ich lasse über das gesamte Gesetz abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten wie bei den einzelnen Artikeln. Damit ist der Gesetzentwurf mit Mehrheit beschlossen worden.

Auch hierzu liegt mir ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung des Gesetzes vor. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

Zweite Beratung des Entwurfs

Gesetz zur Umsetzung des Handlungsprogramms

der Sächsischen Staatsregierung zur nachhaltigen

Sicherung der Bildungsqualität im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/14443, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 6/15550, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Sport

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die CDU-Fraktion. Danach folgen DIE LINKE, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Frau Abg. Kersten. Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort; Herr Abg. Bienst.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dieser zweiten Beratung und der Beschlussfassung zum Gesetz zur Umsetzung des Handlungsprogramms der Sächsischen Staatsregierung zur nachhaltigen Sicherung der Bildungsqualität im Freistaat Sachsen legen wir einen weiteren Meilenstein in der sächsischen Bildungspolitik zurück.

Ja, wir schreiben ein weiteres Kapitel in der Bildungsgeschichte Sachsens. An dieser Stelle möchte ich zunächst allen danken, die an diesem langwierigen und komplizierten Prozess beteiligt waren. Vor allem möchte ich denen danken, die trotz eigener Bedenken den Diskussionsprozess begleitet und die sich dann positiv für die weitreichenden Beschlüsse entschieden haben.

Es gibt vier zentrale Punkte in dieser Gesetzesvorlage, die ich benennen möchte: erstens die Verbeamtung der Lehrerinnen und Lehrer, zweitens die Zahlung der E13 für Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer, drittens die Zahlung von Zulagen und viertens die Regelung der einheitlichen Bezahlung von Mehrarbeitsstunden, den MAU-Stunden.

Bevor ich auf das Gesetz eingehen werde, möchte ich eine kurze Rückschau halten. Es war im Jahr 2013, als ich ein Interview im MDR gab. Auf die Frage, warum in Sachsen Lehrer nicht verbeamtet werden, gab ich zur Antwort, dass eine Verbeamtung nicht mehrheitsfähig sei und dass wir in Sachsen zunächst andere Wege gehen wollen, um den Lehrerbedarf zu decken. Wir haben es dann mit Höhergruppierungen, mit Gewinnungs- und Bindungszulagen, Stipendienprogrammen usw. versucht, wie es jedem noch in Erinnerung sein dürfte. Meine abschließende Bemerkung in diesem Interview war, dass wir den Prozess der Lehrergewinnung, diesen Wettbewerb unter den Ländern, ständig evaluieren und in den nächsten drei bis fünf Jahren über das Thema Verbeamtung wieder diskutieren und es auf die Tagesordnung heben werden, um letztendlich eine politische Entscheidung zu treffen.

Dieser Entscheidungsprozess findet mit der Verabschiedung des vorliegenden Gesetzes seinen Abschluss. Es setzt die zentralen Punkte des Handlungsprogramms um, das im März dieses Jahres von der Staatsregierung beschlossen wurde. Das Handlungsprogramm selbst beinhaltete noch eine ganze Menge weiterer Punkte, die jedoch keiner gesetzlichen Regelung bedürfen und auf die ich deshalb nicht noch einmal eingehen möchte.

Natürlich haben wir uns in der Fraktion bzw. in der Koalition die Frage gestellt, ob eine Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern noch zeitgemäß ist. Ehrlicherweise ist die Antwort darauf ein klares Nein, denn die Verbeamtung ist ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert und gerade im Bildungsbereich unnötig. Trotzdem ist die Entscheidung für die Verbeamtung, die wir heute für die sächsischen Lehrerinnen und Lehrer treffen werden, absolut richtig. Denn unser großes Problem ist, dass die Lehrerinnen und Lehrer in allen Bundesländern verbeamtet werden, nur in Berlin und Sachsen bisher nicht. Gleichzeitig geht die Chance, dass die anderen 14 Bundesländer ihren Kurs ändern werden – noch dazu in Zeiten deutschlandweiten Lehrermangels –, gegen null.

Das hat zur Konsequenz, dass – erstens – viele junge Menschen aus anderen Bundesländern zwar die hervorragende Lehrerausbildung in Sachsen annehmen, danach aber gern in ihr Bundesland zurückkehren, um den Beamtenstatus zu erlangen. Dabei sprechen wir von circa 50 %. Zweitens wechseln sächsische Lehramtsbewerber und insbesondere diejenigen, die in den Grenzregionen zu anderen Bundesländern wohnen, gern in ein anderes Bundesland, um sich verbeamten zu lassen. Drittens haben junge sächsische Menschen, die in andere Bundesländer gegangen und verbeamtet sind – ich erinnere an den Lehrerüberhang bis 2012 –, bis dato keine Chance, bei der Rückkehr nach Sachsen ihren Beamtenstatus zu behalten.

Das alles sind Fakten, die wir akzeptieren und annehmen müssen. Mit diesem Gesetz haben wir die Chance, die Attraktivität in der Bildungslandschaft zu erhöhen, damit genau die oben genannten Gruppen ein gesteigertes Interesse daran haben, in unserem schönen Freistaat Sachsen zu bleiben. Es bleibt trotzdem festzustellen, dass wir mit diesen Maßnahmen die gestiegenen Bedarfe,

zumindest kurzfristig, nicht vollständig decken werden. Mit steigenden Absolventenzahlen in den nächsten Jahren – da bin ich sehr optimistisch – wird sich das wieder ändern.

Ein letzter Satz zur Befristung der Maßnahme bis Ende 2023: Das Kabinett hat die Evaluation der Maßnahme für das Jahr 2021 beschlossen. Es wäre fatal und unverantwortlich, wenn sich der neue Sächsische Landtag und das neue sächsische Kabinett in der nächsten Legislaturperiode diesem Thema nicht erneut widmen und über die Befristung bis 2023 neu debattieren und entscheiden würden.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Ich betone noch einmal: Ich möchte von dieser Stelle allen jungen Menschen, die den Lehrerberuf ergreifen wollen, das Signal geben, dass vor Ablauf der Befristung dieses Hohe Haus sich mit dieser Thematik beschäftigen wird – davon bin ich fest überzeugt –, sodass für alle Absolventen weiterhin eine klare Perspektive im Freistaat Sachsen besteht.

Kommen wir zu weiteren Schwerpunkten. Die Grundschullehrergehälter werden mit diesem Gesetz in die Gehaltsgruppen A13 bzw. E13 angehoben. Mit dieser Bezahlung sind wir mit einigen wenigen anderen Bundesländern deutschlandweit Vorreiter. Aber auch dem Ansinnen nach mehr Gerechtigkeit im Vergleich mit Lehrern anderer Schularten wird hier Rechnung getragen.

Positiv möchte ich auch die Gleichstellung der Lehrkräfte mit DDR-Abschlüssen und Abschlüssen nach neuem Recht nennen. Hiermit erreichen wir sehr viele Lehrkräfte, aber leider noch nicht alle. Gerade in den Berufsschulen können noch nicht alle Lehrkräfte über dieses Gesetz berücksichtigt werden, um eine entsprechende Würdigung ihrer langjährigen pädagogischen Arbeit zu erfahren. Trotz intensiven Bemühens, Diskussionen und rechtlichen Abwägungen ist es leider noch nicht möglich, Angleichungen gesetzlich zu regeln. Hierbei Möglichkeiten auszuloten und Regelungen zu schaffen, muss ein zukünftiger Arbeitsschwerpunkt aller am Prozess Beteiligten sein.

Die kritisierte Ungleichbehandlung zwischen Lehrkräften, die verbeamtet werden können, und denen, die die Altersgrenze überschritten haben, wird über eine monatliche Zulagenregelung in Höhe von 170 Euro gemildert. Das ist kein vollständiger Ausgleich, wie er von vielen gefordert wird. Zur Ehrlichkeit gehört aber, dass dieser schon rein rechtlich nicht möglich ist.

Die Mehrarbeitsstunden, auf die ich vorhin schon hingewiesen habe, werden einheitlich an die Besoldungsgruppen gekoppelt, sodass auch der Lehrer in der Grundschule mit einer A13 bzw. E13 die MAU-Stunde mit 30,27 Euro vergütet bekommt.

Nicht zuletzt möchte ich auf § 9 verweisen: „Mit der Einstellung in den Vorbereitungsdienst werden die Studienreferendare in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen, wenn sie die Voraussetzungen für die Ernennung

zum Beamten erfüllen.“ Das ist eine notwendige Konsequenz zur Einführung des Beamtenstatus für Lehrer. Es ist ein weiterer Baustein bzw. Anreiz für junge Menschen, ihre Zukunft bei uns im Freistaat zu planen und hier zu verbringen. Mit der zusätzlichen Möglichkeit für Referendare, Zulagen in Höhe bis zu 1 000 Euro monatlich zu zahlen, wenn sie in den ländlichen Raum bzw. in eine Bedarfsregion gehen, bietet Sachsen bundesweit die höchste Vergütung.

Es ist ein gutes Gesetz und deshalb bitte ich Sie im Namen der Koalition um Zustimmung.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die Linksfraktion Frau Abg. Falken, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die politische Verantwortung für die akute Notlage in der Lehrerversorgung trägt die Staatsregierung, das CDU-geführte Kultusministerium, das seit der Wende in CDU-Hand ist. Ja, werte Kolleginnen und Kollegen der CDU, auch Sie als Fraktion tragen hier ganz klar die Verantwortung.

Die Situation ist seit vielen, vielen Jahren bekannt, und Sie haben diese Situation herbeigeführt. Maßnahmenpakte und Handlungsprogramme werden diesen Notstand nicht ändern. Herr Bienst, Sie haben es gesagt: Auch die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern wird diesen Notstand nicht ändern.

Eine vorausschauende und langfristige Personalplanung sowie der Stopp von Personalabbau im Lehrerbereich – Sie werden sich alle daran erinnern, wie intensiv wir hier im Parlament darüber gesprochen haben – hätten viel, viel zeitiger passieren müssen. Die Verbeamtung der Lehrkräfte, die in diesem Gesetz vorgesehen ist, ist eine politische Entscheidung. Herr Bienst, Sie haben es in Ihrem Redebeitrag richtig gesagt: Es ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß, eine Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern durchzuführen. Ein moderner Staat würde eine Verbeamtung überhaupt nicht mehr durchführen. Andere Maßnahmen wären nach unserer Auffassung besser geeignet. Eine bildungspolitische bzw. pädagogische Sicht für die Verbeamtung gibt es überhaupt nicht. Das ist zwischen uns gar nicht strittig.

Die CDU und die SPD erhoffen sich eine Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit auf dem Lehrerarbeitsmarkt. Das ist das erklärte Ziel. Die Erwartungen, die daran gebunden sind, sehen wir nicht, und wir bezweifeln, dass diese wirklich umgesetzt werden können im Sinne der Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt.

Die Erfahrungen aus den anderen Bundesländern – daher nehmen wir unser Wissen – zeigen eindeutig, dass die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern nicht den Lehrermangel beseitigen kann. Ja, im Freistaat Sachsen ist es besonders schwierig und schlimm. Das zeigen allein

die Einstellungszahlen der Seiteneinsteiger im Freistaat Sachsen. Es sind inzwischen weit über 5 000. Die neuen habe ich noch gar nicht berücksichtigt. Ich gehe davon aus, dass sie uns der Kultusminister in der nächsten Ausschusssitzung mitteilen wird. Diese Zahlen kommen noch hinzu. In den anderen Bundesländern sieht es wesentlich günstiger aus. Damit werden wir unser Ziel nicht wirklich erreichen.

Unter den vielen Gesichtspunkten, die das Thema Lehrermangel und Lehrerversorgung betreffen, wäre es sinnvoller, bessere Arbeitsbedingungen an den sächsischen Schulen zu erwirken. Dabei möchte ich die Klassenleiterstunde erwähnen. Ich weiß, dass das auch Lehrerstunden kostet, aber ich denke, an dieser Aufgabe müssen wir weiter arbeiten.

Die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern bis zum vollendeten 42. Lebensjahr führt zu einer Zweiklassengesellschaft in den sächsischen Lehrerzimmern. Herr Bienst hat es kurz erwähnt. Das sorgt für ein hohes Maß an Ungerechtigkeit und Demotivation. In vielen Gespräche mit den Lehrerinnen und Lehrern haben wir das gehört, und es wird auch wirklich so werden. Um gute Schule, um gute pädagogische Arbeit für die Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten, brauchen wir motivierte Lehrer – übrigens nicht nur die verbeamteten Lehrer, sondern auch jene – weil es die große Masse in den Klassenzimmern ist –, die nicht verbeamtet sind.