Ein weiterer Punkt ist das Umweltschadengesetz, das dann von Belang ist, wenn es Schäden in der Umwelt gibt. Wir wollen Behörden zum Handeln auffordern können, bevor Schäden eintreten. Sie sollen auch aktiv werden, wenn Schäden eingetreten sind.
Es geht um eine frühzeitige Benachrichtigung dieser Vereinigungen, nämlich dann, wenn Vorhaben noch gestaltbar sind. Sie sollen nicht erst dann beteiligt werden, wenn die Planung schon mehr oder weniger fixiert ist, damit deren Fachwissen von Anfang an eingebracht werden kann. Das kommt am Ende den Planungsvorhabenträgern zugute.
Die Schutzgebiete sind limitiert. Wenn die Vereinigungen beteiligt sind, können sie im Notfall klagen, wenn es um ein Naturschutzgebiet geht. Wenn es aber um ein Landschaftsschutzgebiet geht, können sie sich nicht ordentlich beteiligen und haben keine Klagebefugnisse. Wir haben in Sachsen 180 Landschaftsschutzgebiete. Es ist nicht erklärlich, warum man diese Unterscheidung macht.
Es sind also ganz konkrete Dinge, die wir verbessern wollen. Wir glauben, es dient dem Naturschutz, es dient den Behörden, die zu entscheiden haben, und es dient unserer Bürgergesellschaft, unserer Zivilgesellschaft, unserer Demokratie.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Erweiterung von Beteiligungs- und Klagerechten für anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft zu überweisen. Wer dem Vorschlag dieser Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung einstimmig angenommen.
Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums zu einer allgemeinen Aussprache vor. Es spricht deshalb nur die Einreicherin, nämlich die Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Herrn Bartl das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gestern intensiv über einen notwendigen Pakt für den Rechtsstaat debattiert. Bei unserem Gesetzentwurf geht es um eine Berufsgruppe in der Justiz, die für das tägliche Funktionieren des Rechtsstaates und der Rechtspflege unerlässlich ist, die Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister.
Der Beruf des Justizwachtmeisters hat in den vergangenen Jahrzehnten generell eine umfassende Wandlung erfahren. Waren die Justizwachtmeister bis in die 1980erJahre hinein vor allem Verwaltungsbeamte, die hauptsächlich Akten anlegten, entgegennahmen, transportierten und vervielfältigten, vielleicht noch Terminankündigungen an Gerichtssälen anbrachten und Ähnliches mehr und deshalb oft geringschätzig als Gerichtsdiener bezeichnet wurden, hat sich deren Berufsbild spätestens seit Mitte der Neunzigerjahre, als der Vorführdienst bei den Gefangenen von den Justizvollzugsanstalten auf die Justizwachtmeister übertragen worden ist, grundsätzlich gewandelt. Längst handelt es sich nicht mehr um bloße Amtsboten, sondern um Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamte, die ungefähr jeweils zur Hälfte nach dem Strafvollzugs- bzw. dem Polizeigesetz ihren Dienst verrichten. Sie arbeiten also auf der gleichen Grundlage wie Polizisten, Bedienstete im Strafvollzug und dergleichen mehr.
Das bedeutet, dass diese Bediensteten eine schwierige, mit erheblichen Gefahren und Eigenrisiken verbundene verantwortungsvolle und für das Funktionieren der Rechtspflege nicht zu unterschätzende Aufgabe haben. Zum einen erledigen sie ihren Dienst nach wie vor in abgeschlossenen Räumen und hinter Gittern, zum Beispiel in Haftbereichen und Verwahrräumen der Gerichte und der sächsischen Staatsanwaltschaften. Dabei haben sie es mit Personen zu tun, die der Sache nach gegen ihren Willen festgehalten werden. Zu ihren Kernaufgaben gehört die Vorführung von Untersuchungs- und Strafgefangenen, deren Beaufsichtigung, die Vollstreckung von Haftbefehlen oder In-Gewahrsam-Nahmen und die Sicherung von Leben und Gesundheit der am Strafprozess Beteiligten, von Richtern bis zu Zeugen.
Die Personen, mit denen sie im Gerichtsalltag arbeiten und mit denen sie umgehen müssen, befinden sich nicht selten in einer Ausnahmesituation, die über ihr gesamtes weiteres Leben entscheidet, sei es die Verurteilung zu einer Haftstrafe, vielleicht zu einer lebenslänglichen, einer Sicherungsverwahrung oder im Bereich der Familiengerichtsbarkeit der Entzug des Kindes. Dementsprechend ist die emotionale Situation der Betroffenen. Vielfach haben sie zusätzlich noch ein Suchtproblem oder andere gravierende Verhaltensauffälligkeiten, die zu verminderter Einsichts- und Schuldfähigkeit mit allen Unwägbarkeiten in der Reaktion führen.
Es liegt nahe, dass da häufig eine explosive Mischung entsteht und die Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister Gewalt und Übergriffe zu verhindern haben. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Wachsamkeit, die ihnen abverlangt wird, aber auch an ihre körperliche und mentale Fitness als Bedienstete im Bereich der Justiz.
Was mit dem Anforderungsprofil nicht Schritt gehalten hat und nicht gestiegen ist, ist die Besoldung. Beim Einstieg in das Amt der Besoldungsgruppe wird jetzt eine A4 gezahlt. Das sind weniger als 2 200 Euro brutto monatlich, wobei Justizwachtmeister anders als Polizisten oder Bedienstete im Strafvollzug bei Verbleib in der gesetzlichen Krankenversicherung noch die Arbeitgeberanteile auf die Krankenversicherung abführen müssen.
In anderen Bundesländern sind A3 und A4 für Justizwachtmeister längst abgeschafft, weil sie kein auskömmliches Einkommen für die Bediensteten im Verhältnis zu den hohen Leistungsanforderungen schaffen. NordrheinWestfalen, Bayern usw. haben längst eine Einstiegsebene A5.
Wie schon mit unserem Änderungsantrag im Haushaltsbegleitgesetz geht es uns jetzt mit diesem förmlichen eigenständigen Gesetzentwurf schlicht darum, dieser für das Funktionieren des Rechtsstaates alles andere als unwichtigen Berufsgruppe eine größere Besoldungsgerechtigkeit angedeihen zu lassen.
Zur Besoldung gehören, wie regelmäßig auch in anderen Bundesländern, neben dem Grundgehalt bestimmte, meist ruhestandsfähige Zulagen. Dazu zählen die sogenannten Stellenzulagen, die nach § 46 ff. des Sächsischen Besoldungsgesetzes für die Wahrnehmung herausgehobener Funktionen, die bei der Bewertung des Amtes einschließlich der Gewährung von Amtszulagen nach § 44 unbe
rücksichtigt geblieben sind. Solche Stellenzulagen erhalten spezialisierte Fachrichtungen der Polizei als sogenannte Fliegerzulage, die bekommen Beamte des Landesverfassungsschutzamtes als sogenannte Verfassungsschutzzulage, die Angehörigen des Polizeivollzugsdienstes als Polizeizulage. Es gibt die Steuerfahndungsdienstzulage und im Bereich der Feuerwehr die sogenannte Feuerwehrzulage. Bedienstete im Strafvollzug, in psychiatrischen Krankenhäusern, in Abschiebehaft, in Ausreisegewahrsamseinrichtungen erhalten diese Zulage als sogenannte Gitterzulage.
Derzeit bekommen Justizwachtmeister diese sogenannte Gitterzulage oder Stellenzulage nur, wenn sie zu mindestens 80 % ihres Arbeitsanteils in geschlossenen Vorführbereichen tätig sind. Solche geschlossenen Vorführbereiche mit Schleusen und Ähnlichem mehr haben wir in Sachsen fast nicht mehr. Die gibt es in Rummelsburg bei Berlin und in einzelnen Gerichten in anderen Bundesländern. Wir haben das fast nicht mehr. Im Gegenteil, der Dienstalltag fordert eine hohe Flexibilität bei den Wachtmeistern. Die Sicherungsaufgaben erfordern, dass sie auf polizeirechtlicher und vollzugsrechtlicher Grundlage regelmäßig am Tag unterschiedlich eingesetzt werden können. Damit liegt für kaum einen Wachtmeister die Voraussetzung für eine Stellenzulage dieser Art vor.
Wir wollen, dass die Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister, die im Sitzungs-, Ordnungs- und Vorführdienst arbeiten, mithin tagtäglich in der geschilderten Situation Sicherheitsleistungen erbringen, Herausforderungen und Sicherheitsrisiken auf sich nehmen müssen, nicht länger anders behandelt und benachteiligt werden, sondern wie die Beamten aus Polizei, Verfassungsschutz etc. vergütet werden. Deshalb wollen wir den Berechtigtenkreis für die Zahlung einer derartigen Stellenzulage auf alle Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister erweitern, die im Sitzungs-, Ordnungs- und Vorführdienst tätig sind.
Es handelt sich dabei keineswegs um eine horrende Forderung, die der Staatskasse daraus entstehen würde. Wir hatten bereits für den Fall der Annahme unseres Änderungsantrages zum Haushaltbegleitgesetz errechnet, dass es circa 700 000 Euro jährlich ausmachen kann.
Die von uns angestrebte Stellenzulage für Justizwachtmeister im Sitzungs-, Ordnungs- und Vorführdienst macht
im Übrigen keinen Unterschied, ob die Betreffenden verbeamtet sind – das sind ungefähr zwei Drittel der Justizwachtmeister – oder ob sie im Angestelltenbeschäftigtenverhältnis stehen, weil der einschlägige Tarifvertrag festlegt, dass Zulagen, die Beamtinnen und Beamte erhalten, analog an die im gleichen Bereich tariflich Beschäftigten zu zahlen sind. Es gibt hier keine Ungerechtigkeit zwischen den vor allem in den frühen Neunzigerjahren ins Beschäftigtenverhältnis übernommenen Justizwachtmeister und den jetzt verbeamteten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Andere Bundesländer gewähren ihren Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeistern zum Teil schon seit Jahrzehnten eine solche Stellenzulage, wie wir sie mit dem Gesetzentwurf vorsehen: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 1990, das Saarland seit dem Jahr 2001, Bremen seit dem Jahr 2010, Bayern, Berlin etc. haben das auch. Gerade weil die Ansprüche an die Dienstverrichtung in der Gerichtsbarkeit im Freistaat Sachsen keineswegs geringer sind als in den genannten Bundesländern, ist es nicht länger vertretbar, diese monetäre Anerkennung für die von ihnen erbrachten Leistungen für die Rechtspflege und deren Funktionieren den sächsischen Beamten im Bereich des Justizwachtmeisterdienstes noch länger vorzuenthalten.
Wir bitten um Überweisung des Gesetzentwurfes in den Verfassungs- und Rechtsausschuss federführend und in den Haushalts- und Finanzausschuss mitbehandelnd.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf „Gesetz zur Einführung einer Stellenzulage für Justizwachtmeister im Sitzungs-, Ordnungs- und Vorführungsdienst bei den Gerichten im Freistaat Sachsen“ an den Verfassungs- und Rechtsausschuss federführend sowie an den Innenausschuss und an den Haushalts- und Finanzausschuss mitberatend zu überweisen. Wer der Überweisung in die genannten Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist diese Überweisung beschlossen, und der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Als Einbringerin spricht zunächst im Rahmen der jetzt vorgesehenen Aussprache die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte Frau Zais ans Rednerpult.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Schulen in freier Trägerschaft sind ein fester Bestandteil des sächsischen Schulsystems. Im Schuljahr 2017/2018 besuchte mittlerweile jeder
siebente Schüler eine Schule in freier Trägerschaft, und jede zehnte Grundschule, jede fünfte Oberschule und jedes vierte Gymnasium in Sachsen hat einen freien Träger.
Im Jahr 2013 fällte der Sächsische Verfassungsgerichtshof ein wegweisendes Urteil und präzisierte den Grundsatz der Gleichberechtigung. In dieser Legislaturperiode haben wir diesen Grundsatz an prominenter Stelle sowohl im Sächsischen Schulgesetz als auch im Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft verankert. Dort heißt es: „Schulen in freier Trägerschaft wirken neben den Schulen in öffentlicher Trägerschaft und an ihrer Stelle bei der Erfüllung der allgemeinen öffentlichen Bildungsaufgaben eigenverantwortlich mit. Sie sind gleichermaßen wie Schulen in öffentlicher Trägerschaft Adressaten des Bildungsauftrages der Verfassung des Freistaates Sachsen, ohne dass ein Vorrang der einen oder anderen besteht.“
Wir haben im letzten Jahr eine Große Anfrage zu diesem Thema eingereicht, um zu prüfen, inwieweit dem Grundsatz der Gleichberechtigung Rechnung getragen wird. Das Ergebnis hat uns nicht wirklich überrascht. Die bestehenden Regelungen und die Praxis staatlichen Handelns werden dem in der Verfassung formulierten Grundsatz nicht immer gerecht. Nach wie vor gibt es eine Reihe von Baustellen. Die größte Baustelle ist nach unserer Auffassung nach wie vor die Finanzierung der freien Schulen. Die Personalkosten werden durch den Absenkungsfaktor von 0,9 kleingerechnet. Lehrerinnen und Lehrer an freien Schulen müssen Gehaltseinbußen von 10 % bis 20 % hinnehmen.
Dabei sind Schulen in freier Trägerschaft im gleichen Maße wie Schulen in öffentlicher Trägerschaft vom Lehrermangel betroffen. Die Entscheidung zur Lehrerverbeamtung hat die Einstellungsverfahren weiter erschwert und eine Abwanderung von Lehrkräften in den staatlichen Schuldienst in Gang gesetzt. Abwerbeversuche – so berichten uns Träger – sind keine Seltenheit.
Die freien Schulträger hatten deutlich gemacht: Aufgrund der Situation auf dem Lehrerarbeitsmarkt muss endlich Tarif gezahlt werden. Deshalb, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, fordern wir auch in unserem Entschließungsantrag: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Der Absenkungsfaktor von 0,9 bei der Berechnung der Personalkosten muss endlich der Vergangenheit angehören.
Nicht mehr kostendeckend ist die Situation an den berufsbildenden Förderschulen. Mehr als jeder zweite Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf lernt an einer berufsbildenden Förderschule in freier Trägerschaft. Von knapp 4 000 Schülerinnen und Schülern im Förderschwerpunkt Lernen werden etwa die Hälfte an berufsbildenden Förderschulen in freier Trägerschaft unterrichtet, zudem alle Schülerinnen und Schüler in den Förderschwerpunkten Hören, Sehen sowie emotionale und soziale Entwicklung.