Protokoll der Sitzung vom 31.01.2019

Wir haben Anträge zur politischen Bildung gestellt. Sie sagen, wir stellen keine Forderungen, und sie würden es gern umsetzen, wenn wir Forderungen stellten. Schauen Sie sich unsere Anträge an. Sie können ganz viel umsetzen, was Sie noch nicht gemacht haben.

Poltische Bildung hat mit dazu geführt – unser Antrag, den wir dort gestellt haben –, dass jetzt wenigstens in diesem Jahr ab der 7. Klasse das Fach für die politische Bildung erweitert worden ist. Unsere Vorstellungen waren, das bereits ab 5. Klasse durchzuführen.

Wenn Sie sich die Lehrpläne im Grundschulbereich einmal anschauen, so ist Sachsen bundesweit das Land, in dem in der Grundschule politische Bildung nicht im Lehrplan vorkommt. Vielleicht sollten Sie das ändern. Das wäre, glaube ich, eine sehr vernünftige und sinnvolle Variante. Das können wir gern noch als Antrag benennen. Unsere Vorstellungen sind, dass Sie sofort ändern müssen – das habe ich heute nicht zum ersten Mal, sondern schon mehrfach gesagt –, weil wir die Seiteneinsteige in unseren Schulen alle brauchen. Dazu stehe ich auch. Aber diese müssen wir sofort pädagogisch ausbilden.

(Zuruf des Staatsministers Christian Piwarz)

Das machen wir gar nicht. Wir haben an den Schulen Seiteneinsteiger, die schon drei, vier, fünf Jahre als Seiteneinsteiger arbeiten und immer noch keine pädagogische Qualifikation haben.

(Staatsminister Christian Piwarz: Dann fragen Sie einmal, wann das so ist!)

Die Schulen losen, wer davon in die Ausbildung gehen darf und wer nicht. Das ist doch sinnlos. Das müssen Sie unbedingt eindeutig ändern, und zwar so schnell wie möglich.

(Sabine Friedel, SPD: Seit vier Jahren!)

Jetzt muss ich mal schauen, was ich hier noch aufgeschrieben habe. – Die Problematik mit der Note würde ich gern einmal noch erwähnen. Die Forderungen in unserem Wahlprogramm sind klar: Die Fächer Musik, Kunst und

Sport sollen nicht benotet werden. Auch von diesem Gesichtspunkt her halten wir es für sinnvoll und notwendig, in diesen Fächern nicht zu streichen – egal, für wie lange man dort streichen will. Außerdem gibt es bis jetzt dazu nach meinem Kenntnisstand keine Verwaltungsvorschrift. Wir wissen noch nicht, was Sie wirklich vorhaben, sondern es gibt lediglich eine Information auf der Kultusministerseite und in der Presse. Ich hätte dazu gern eine ordentliche Verwaltungsvorschrift gesehen. Deshalb unser Antrag, um das eine oder das andere in diesem Bereich zu verhindern.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Es gibt weiteren Redebedarf bzw. den Wunsch nach einer Kurzintervention. Herr Kollege Markert.

Herr Präsident, vielen Dank. Ja, liebe Frau Falken, ich muss etwas dazu sagen. Bei den Lehrplänen ich bin der Meinung, dass die Lehrpläne die grundsätzliche Akzeptanz haben,. Das heißt ja nicht, dass man sie nicht weiterentwickeln soll und muss. Dieser Logik kann ich nicht ganz folgen; denn das würde bedeuten, dass wir heute nach den Lehrplänen unserer Eltern und Großeltern unterrichten würden.

Ich meine, es kann etwas Gutes geben – das, was man im Laufe der Zeit an die modernen Entwicklungen und an unsere heutige Zeit anpassen muss. Wir wollen eine moderne Schule und Kinder, die auf dem aktuellen Stand ausgebildet werden. Deshalb ist es gang und gäbe und richtig, dass man Lehrpläne weiterentwickelt. Das braucht natürlich Zeit. Diese werden wir uns nehmen.

Trotzdem bleibe ich dabei: Der Lehrplan für das Fach Musik aus dem Jahr 2004 ist eine vernünftige Grundlage, auf der wir aufbauen können und die wir weiterentwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Frau Falken möchte erwidern.

Ich möchte gern darauf reagieren. Herr Markert, ich habe meinen Redebeitrag damit begonnen – oder war mitten in meinem Redebeitrag –, wo wir uns positionieren. Wir sagen, wir brauchen eine komplett neue Lehrplangeneration. Ich habe Sie in Ihrem Redebeitrag so verstanden, dass Sie sagen: Der ist gut, den könnte man so behalten. Das geht nicht, weil eine Stunde fehlt. Also müssen wir etwas machen, zumindest in den beiden Fächern, in denen die Stunde gegebenenfalls fehlt.

Wir brauchen zwingend eine Lehrplanüberarbeitung, und dafür – darin gebe ich Ihnen recht – braucht man Zeit. Das bekommt man nicht innerhalb eines Schuljahres oder eines halben Schuljahres hin. Man muss sich einmal drei, vier oder fünf Jahre Zeit nehmen, um eine Lehrplangene

ration zur Akzeptanz aller zu überarbeiten. Diese Zeit wünsche ich mir sehr. Wir müssen damit irgendwann einmal anfangen und nicht erst die Stunden streichen und dann die Lehrpläne anpassen.

(Beifall bei den LINKEN)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Danke schön. Meine Damen und Herren, kann ich davon ausgehen, dass es keinen weiteren Redebedarf gibt? – Das ist der Fall. Ich darf Herrn Staatsminister Piwarz um die Stellungnahme der Staatsregierung bitten.

Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Ich bin etwas verwundert, dass die Debatte miteinander etwas harzig geworden ist. Deshalb möchte ich – –

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach, Herr Piwarz, was wundert Sie denn daran?)

Bei Ihnen wundert mich gar nichts. Da haben Sie recht, Herr Gebhardt.

(Heiterkeit)

Deshalb wollte ich positiv beginnen. Aber selbst das ermöglichen Sie mir nur mit Verzögerung.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nicht so viel Harmonie!)

Ich möchte mit der Feststellung beginnen, dass kulturelle Bildung in den sächsischen Schulen eine wichtige Rolle spielt. Das können wir tagtäglich erleben. Ich erlebe das jeden Tag im Sächsischen Kultusministerium, wenn sächsische Schülerinnen und Schüler ihre Werke im Fach Kunst ausstellen. Wenn man sich einmal sächsische Schulen anschaut, dann findet man es in den Schulgebäuden in Form von Kunst, von Darbietungen etc. oder weil die Schülerinnen und Schüler es direkt präsentieren.

Ich war am Freitag vergangener Woche an der sorbischen Oberschule in Räckelwitz. Dort arbeiten die Schülerinnen und Schüler – ich glaube, es ist eine Weltneuheit, die wir dort haben – an einem eigenen sorbischen Musical, das sie im September aufführen. Es war bemerkenswert, bei ihnen hineinzuschauen. Ich bin gespannt und kann Sie nur ermutigen, im September bei der Premiere dabei zu sein oder einen Mitschnitt zu organisieren, weil es ganz toll ist, was die Jungen und Mädchen gemeinsam mit ihren Lehrern einstudieren und aufführen werden.

Wir dürfen nicht die unzähligen Schulchöre, -bands und die Orchester verschweigen, die bei regionalen und überregionalen Veranstaltungen für die musikalische Untermalung sorgen.

Wir haben es mit einem älteren Antrag zu tun – das haben wir schon festgestellt –, der die kulturelle Bildung und den künstlerischen Fachunterricht mit drei Aspekten weiter stärken möchte: Absicherung des Unterrichts durch Fachlehrer, die kulturelle Bildung als Querschnittsaufgabe und die Modernisierung des künstlerischen Fachunterrichts.

Bereits im Oktober 2015 hat das Kultusministerium dazu Stellung genommen. Die dabei genannten Zahlen haben wir mittlerweile aktualisiert. Grundsätzlich ist aber der Tenor der Stellungnahme unverändert. Im Einzelnen bedeutet dies bei der Unterrichtsabsicherung, dass zwar der prozentuale Gesamtunterrichtsausfall von 3,9 % im Schuljahr 2014/2015 auf 4,4 % im Schuljahr 2017/2018 leicht gestiegen ist; aber die Ursachen dafür sind vielschichtig, zum Teil regional verschieden und auch in den einzelnen Fächern unterschiedlich. Das ist kein Spezifikum der künstlerischen Fächer, sondern es betrifft alle Fächergruppen.

Dass die Vertretungsmöglichkeiten für Kunst und Musik vor allem an kleineren Schulen nicht immer sofort gegeben sind, mag durchaus sein. In der Regel stehen in den künstlerischen Fächern weniger Fachlehrer an der einzelnen Schule zur Verfügung als beispielsweise im Fach Deutsch.

Die Staatsregierung hat mit dem beschlossenen Handlungsprogramm offensiv den Grundstock dafür gelegt, junge Lehrerinnen und Lehrer für den sächsischen Schuldienst zu gewinnen. Ziel ist es – das wissen Sie –, Altersabgänge gleichwertig zu kompensieren und die Unterrichtsversorgung in den nächsten Jahren zu sichern. Wir davon aus, dass sich die Unterrichtsversorgung mit der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen insgesamt verbessern wird. Um es noch einmal deutlich zu machen: Bereits in den vergangen drei Jahren wurden im Rahmen der Einstellungsverfahren mit grundständiger Ausbildung im Fach Kunst 193 und im Fach Musik 160 Personen in den sächsischen Schuldienst eingestellt.

Frau Falken, ich bin Ihnen für die Korrektur dankbar, die auch aus meiner Sicht dringend nötig ist, aber das Bild, das Herr Sodann gezeichnet hat – – Sie haben damit angefangen, dass ganze Fächer gestrichen wurden. Das haben Sie Gott sei Dank korrigiert.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Herr Sodann hat davon gesprochen, dass im Fach Kunst Kürzungen vorgenommen wurden. Ich bitte, das entweder noch einmal zu belegen oder es noch einmal klarzustellen. Nein, wir reden in den musisch-künstlerischen Fächern über eine einzelne Wochenstunde im Fach Musik in der Klassenstufe 3. Über mehr reden wir nicht.

(Zurufe der Abg. Cornelia Falken und Franz Sodann, DIE LINKE)

Schauen Sie bitte hin, Herr Sodann, bevor Sie ans Pult gehen: Wir reden über eine Wochenstunde Musik in der Klassenstufe 3, also in der Grundschule. Das ist alles.

(Zurufe der Abg. Cornelia Falken und Franz Sodann, DIE LINKE)

Kulturelle Bildung ist aber bereits jetzt nicht auf die Fächer Kunst und Musik beschränkt. Bei der Überarbeitung des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen wurde die kulturelle Bildung als besonderes Erziehungs- und

Bildungsziel im § 1 verortet. Damit wird ausdrücklich ihre Stellung als Querschnittsaufgabe betont.

In den allgemein- und berufsbildenden Schulen wird musisch-künstlerische Bildung bereits jetzt als Aufgabe der gesamten Schule verstanden. Die Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere bei den Ganztagsangeboten, sind deutlich größer geworden. An den Gymnasien ist es möglich, die Einführung schulspezifischer Profile, Lernziele und -inhalte zu 100 % in Eigenverantwortung der Schulen festzulegen. Dies eröffnet neue Wege, gerade im musisch-künstlerischen Bereich, und erweitert die Option externer Partner, Künstler, Theater und kulturelle Einrichtungen einzubeziehen und mit ihnen zu kooperieren.

Wenn unser gegenwärtiges Hauptaugenmerk vor allem darauf liegt, die Digitalisierung voranzubringen, die politische Bildung zu stärken – unter diesen Aspekten werden die Lehrpläne aller Fächer und Schularten derzeit überarbeitet –, bleibt der gesetzlich verankerte Stellenwert kultureller Bildung hoch. Wir haben dabei immer im Blick, dass politische Bildung und Digitalisierung mit kultureller Bildung zusammenhängen oder mit ihr verzahnt werden können. Sich mit Musik, Kunst und Literatur zu beschäftigen kann wirkungsvolle Impulse zur politischen Bildung setzen. Der künstlerische Umgang mit digitalen Medien kann ebenfalls einen entscheidenden Beitrag leisten. Darüber hinaus bedienen wir in den staatlichen Fortbildungsangeboten für unsere Lehrerinnen und Lehrer auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten Themen der kulturellen Bildung.

Meine Damen und Herren, auch für den Aspekt der Modernisierung des künstlerischen Fachunterrichts haben die Aussagen in der Stellungnahme nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Aber es ist unstrittig – ich glaube, an diesem Punkt sind wir uns sogar einig –, dass wir die aktuelle Lehrplangeneration grundhaft überarbeiten

müssen. Frau Falken, ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar dafür, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass das Zeit braucht, dass es gründlich gemacht werden muss. Diese Zeit müssen wir uns nehmen. Wir werden das tun.

Aber wir müssen vorher miteinander einmal die Frage beantworten, wohin wir mit dem Bildungssystem im Freistaat Sachsen wollen.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Diese Debatte muss einer Lehrplanarbeit aus meiner Sicht zwingend vorgelagert sein. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich habe ein wenig Sorge bei all Ihren Forderungen, die Sie hier immer deutlich machen. Dabei dürfen wir auf keinen Fall nach unten gehen. Dort müssen wir noch einmal aufsatteln. Zum Schluss sind wir bei 40 Wochenstunden für die Schülerinnen und Schüler, weil wir nirgends eine Reduzierung vornehmen können. Dann sind wir so schlau wie vorher und haben nichts gekonnt.