Drittens. Solange Lohnrückstände gegenüber den alten Bundesländern noch gangbar sind und in der nächsten Zeit offenbar nicht verschwinden werden, müssen ostdeutsche Löhne für die Rentenansprüche höher gewertet werden. Auch das, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht im schwarz-roten Koalitionsvertrag.
Wenn sich Herr Ministerpräsident Tillich unseren Vorschlägen nun anschließt, dann wollen wir ihn nicht dafür kritisieren, dass er sie bei uns entlehnt hat. Wir wollen ihn vielmehr für seine Lernfähigkeit loben.
Ankündigungen reichen nicht mehr. Die Staatsregierung verharrt bisher im Wartezustand und will keine Initiativen ergreifen.
Nach 25 Jahren müssen wir LINKE weiter darauf pochen, dass die innere Einheit Deutschlands hergestellt wird.
Meine Damen und Herren von der CDU! Sie sagen vielleicht, ausgerechnet wir müssen Sie an Ihre Hausaufgaben erinnern. Eigentlich müsste Ihnen das die Schamesröte ins Gesicht treiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen die DDR nicht zurück und wir wollen auch nicht, dass sie im Rechts- und Sozialsystem nachwirkt.
Ohne gleiches Rentenrecht gibt es keine deutsche Einheit. Die Farben auf den Karten müssen sich endlich angleichen und die Rentenmauer muss auch endlich fallen!
Ich stelle Ihnen noch die weitere Rednerreihenfolge vor: CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „25 Jahre Wartezeit sind zu viel – Rentenmauer einreißen, Lebensleistungen würdigen!“ Wir haben eine Mauer schon eingerissen, vor 25 Jahren.
Die gesetzliche Rentenversicherung zählt zu den Stützpfeilern der sozialen Sicherung. Sie zahlt nicht nur im Alter, sondern auch beim Verlust von Angehörigen oder bei Erwerbsminderung. Wir können auf eine mehr als 120-jährige Geschichte der Sozialversicherung zurückblicken.
Die gesetzliche Rentenversicherung hat ihre Aufgaben auch bei extremen Situationen wie Kriegen, Währungsreformen, der Wiedervereinigung stets erfüllt. Das ist erst einmal ein Fakt, den wir festhalten wollen. Dies war möglich, weil sie kontinuierlich den Erforderlichkeiten angepasst worden ist und in Zukunft auch weiter angepasst wird.
Das Rentenrecht ist ein sehr komplexes Thema, insbesondere im Hinblick auf die verschiedenen Rentensysteme in der Vergangenheit. Ich möchte noch einmal den Exkurs zum Rentensystem in der DDR aufnehmen. Wo sind wir denn her kommen? – Die Renten in der DDR waren bei niedrigem Rentenniveau ein Grundversorgungssystem mit festen Altersgrenzen. Für einen Versicherten, der 50 Jahre lang den jeweiligen Höchstbetrag an Beiträgen gezahlt
Die später eingeführte freiwillige Zusatzversicherung sollte die Altersversorgung verbessern. Sie war jedoch damals, gerade zur Wendezeit, noch im Aufbau begriffen. Neben diesem System gab es aber für staatsnahe Beschäftigte gesonderte Zusatz- und Sonderversorgungssysteme mit hohem Rentenniveau.
Das ist auch ein Fakt, den wir nicht außer Acht lassen dürfen und der auch heute noch nachwirkt. Nach der Wiedervereinigung wurden für fast vier Millionen
Rentner zum 01.07.1990 in einem ersten Schritt die Renten im Verhältnis von eins zu eins von Mark der DDR auf D-Mark umgestellt. 1992 erfolgte dann die eigentliche Rechtsanpassung mit einem Rentenüberleitungsgesetz, wodurch bei 96 % der Rentner eine Rentenerhöhung erfolgte. Natürlich steht die Rentenversicherung vor Herausforderungen, die kontinuierliche Anpassungen erfordern. Die Bundesregierung hat darauf regiert und dazu im vergangenen Jahr das Rentenpaket 2014 geschnürt und verabschiedet. Dies umfasst neben Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente aus gesundheitlichen Gründen eine Anpassung der Mittel für Realleistungen an die älter werdende Bevölkerung, aber auch eine bessere Anerkennung von Kindererziehungszeiten, und zwar der Rente für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, und neu die Rente mit 63 Jahren. Solche Renten wurden eingeführt oder angepasst.
Wir verändern dadurch auch die Systeme. Wir haben uns besonders – die Mütter können das bestätigen – dafür eingesetzt, dass für Mütter und Väter der vor 1992 geborenen Kinder ein Jahr Kindererziehungszeit für die persönliche Rente angerechnet wird. Das entspricht jeweils einem Rentenpunkt. Für die nach 1992 geborenen Kinder gibt es jetzt jeweils drei Rentenpunkte. Neu ist seit Juli 2014, dass für die vor 1992 geborenen Kinder jeweils ein Rentenpunkt zusätzlich, insgesamt also je Kind zwei Rentenpunkte, anerkannt werden. Wir als CDU haben uns dafür eingesetzt, auch die Eltern einzubeziehen, die bereits in Rente sind. Bei zwei vor 1992 geborenen Kindern bedeutet das ein jährliches Rentenplus von durchschnittlich circa 650 Euro.
Ich komme jetzt noch einmal zur Rente mit 63. Die ist ja sehr beliebt. Rund 255 000 Menschen haben bis Ende Februar einen Antrag auf abschlagsfreie Rente gestellt. Auch Frau Arbeitsministerin Nahles hat 2014 nicht gedacht, dass so viele Leute in diese Rente mit 63 einsteigen. Selbst die offensivsten Rentenfachleute waren davon ausgegangen, dass die Zahl der Anspruchsberechtigten auf Rente mit 63 erst im Juli 2015 bei 240 000 liegt. Diese Marke haben wir schon lange erreicht. Angesichts dieser Antragsflut warnt zu Recht die deutsche Wirtschaft vor den Kosten,
Vielen Dank. Das war Frau Kollegin Dietzschold für die CDU-Fraktion. – Es geht weiter mit der SPD-Fraktion. Hier spricht Kollege Homann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich als Erstes bei der Fraktion DIE LINKE für die Einbringung der Aktuellen Debatte bedanken. Wir alle merken in vielen Gesprächen, die wir mit Bürgerinnen und Bürgern bei Sprechstunden oder auf der Straße führen, dass das Thema Rente nach wie vor ein sehr emotionales Thema ist. Es gehört zur Wahrheit, dass es zumindest gefühlt ein massives Ungerechtigkeitsempfinden gibt. Deshalb ist es wichtig und richtig, die Debatte immer wieder zu führen, um auch auf die Fortschritte in dem Bereich und auf Handlungsbedarf hinzuweisen.
Es lohnt sich ein kurzer Blick zurück. Mit der Wiedervereinigung standen wir vor der großen Herausforderung, zwei unterschiedliche Rentensysteme miteinander zu vereinen. Damals wurde mit dem sogenannten Rentenüberleitungsgesetz ein ziemlich kluges Prinzip verankert. Es wurde gesagt, mit der Lohnangleichung zwischen Ost und West würden sich Schritt für Schritt gleiche Anwartschaften bei den Renten ergeben. Das war eine gute Idee, aber die Realität 25 Jahre später sieht etwas anders aus. Die Rentenwerte haben sich zwar in der Vergangenheit zunächst schnell angenähert, aber gerade in den letzten Jahren hat sich dieser Prozess verlangsamt. Wir stehen heute vor der Frage, ob wir abwarten wollen, bis sich irgendwann in ferner Zukunft die Rentensysteme angleichen, oder ob wir dies politisch gestalten wollen.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben dazu eine klare Position: Wir wollen diese Gerechtigkeitsfrage aufgreifen und den letzten Schritt der Rentenangleichung politisch gestalten.
Einen wichtigen Schritt dazu beschreibt der Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU im Bund. Deshalb gilt mein Dank Arbeitsminister Martin Dulig und Ministerpräsident Stanislaw Tillich, die als ostdeutsche Vertreter darauf gedrängt haben, dass das Thema Ost-West-Rente in den Koalitionsverhandlungen seine Beachtung fand. Es ist gut, dass unsere Kolleginnen und Kollegen im Bundestag gerade einen klaren Fahrplan erarbeiten. Dieser wird im Rentenüberleitungsabschlussgesetz – schönes Politikerdeutsch! – festgeschrieben. Die entscheidenden Punkte sind: Wir definieren das Ziel. Zum Ende des Solidarpaktes, also 30 Jahre nach Herstellung der deutschen Einheit, wenn die Lohn- und Gehaltsangleichungen weiter fortge
schritten sind, erfolgt auch der letzte Schritt einer vollständigen Angleichung der Rentenwerte. Zum 1. Juli 2016 wird geprüft, wie weit sich dieser Angleichungsprozess bereits vollzogen hat. Auf dieser Grundlage entscheiden wir, ob mit Wirkung von 2017 bereits eine Teilangleichung erfolgen muss.
Das ist der richtige Weg, wir Sachsen helfen dabei, aber wir müssen weitere Fragen klären. Deshalb ist es richtig, dass wir im Bund auf die Einrichtung einer Bund-LänderAG drängen. Es gibt offene Fragen, die zu klären sind, weil ein Gesetz niemals alle Einzelfälle wirklich berücksichtigen kann. Im Gesetzesverfahren gibt es soziale Härtefälle. Deshalb muss es gemeinsames Ziel aller Fraktionen in diesem ostdeutschen Parlament sein, dass wir einen Härtefallfonds bekommen, um soziale Härten abfedern zu können.
Trotz der geplanten Angleichung der Renten in Ost und West, trotz der Einführung der Rente mit 45 Beitragsjahren bleibt viel zu tun. Das Thema Altersarmut kommt auf uns zu und wird in Zukunft noch größer werden. Wer auf Dauer eine gute Rente sichern will, muss dafür sorgen, dass die Menschen ordentliche Löhne erhalten. Deshalb müssen wir weiter auf faire Löhne drängen. Der Mindestlohn ist dazu ein erster Schritt. Die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke, hat darauf hingewiesen, dass die Einführung des Mindestlohns schon dabei hilft, den Angleichungsprozess voranzubringen. Deshalb heißt das Ziel gute Arbeit. Das bekommen wir nur durch ordentliche Tariflöhne. Da gibt es in Sachsen noch viel zu tun.
Deshalb bin ich abschließend, Herr Präsident, sehr froh, dass wir mit Martin Dulig in Sachsen einen Arbeitsminister haben, der gute Arbeit endlich wieder zum Schwerpunkt sächsischer Regierungspolitik macht.
Das war Herr Homann für die SPD-Fraktion. Jetzt spricht für die Fraktion AfD Herr Kollege Spangenberg.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mauern einreißen, meine Damen und Herren, ist richtig, der Antrag der LINKEN ist grundsätzlich verständlich. Aber wenn wir Mauern einreißen, könnten einige bei dem System, das wir jetzt haben, getroffen werden, denen könnten Steine auf die Füße fallen.
Schauen wir uns die Rentenformel an. Wie sieht es im Moment aus? Es gibt vier Faktoren, nämlich die Entgeltpunkte, den Zugangsfaktor, den Rentenfaktor und den Rentenwert. Zwei Faktoren davon sind in Ost und West unterschiedlich bewertet. Das wissen Sie auch. Der Entgeltfaktor richtet sich nach dem Bruttoeinkommen. Ich
habe mal die Zahlen von 2014 herangezogen. Da liegen wir im Westen bei circa 35 000 Euro und im Osten bei circa 29 000 Euro durchschnittlich. Wenn Sie eine Angleichung vornehmen – dazu müssten Sie das gewogene arithmetische Mittel nehmen –, dann kommen wir auf 33 400 Euro. Das würde für die Ostrentner bedeuten, wenn sie einen Punkt haben wollen, müssen sie nicht mehr wie bisher 29 000 Euro erwirtschaften, sondern diese 33 400 Euro.
Das wäre der erste Nachteil. Wer in MecklenburgVorpommern schafft das, meine Damen und Herren? Wer kann sich auf diesen Wert hocharbeiten, um diesen Punkt zu bekommen? Das wäre das eine. Natürlich würde sich vielleicht der eine oder andere Arbeitnehmer an der Waterkant oder in Schleswig-Holstein freuen. Er bräuchte dann nicht mehr 35 000 Euro zu erwirtschaften, sondern lediglich den niedrigeren Wert. Das wäre aber für die Menschen im Osten vermutlich mehrheitlich schwierig.
Kommen wir jetzt zu dem Rentenwert. Hier läuft es genau andersherum. Der Arbeitnehmer im Westen bekommt 28 Euro und im Osten circa 25 Euro. Je nachdem, wie viele Rentenjahre Sie vorweisen können, multipliziert mit dem Rentenwert, ergibt sich dann die Altersrente. Wenn Sie dort das gewogene arithmetische Mittel bilden würden, kommen Sie auf ungefähr 27 Euro. Das wäre natürlich für die Menschen im Osten günstiger. Sie würden dann für einen Rentenpunkt 27 Euro bekommen. Im Westen würde man geringfügig weniger erhalten: statt 28 Euro 27 Euro und ein paar Cent. Ich habe es eingangs schon gesagt. Ich sehe das Problem, die dann circa 33 000 Euro im Durchschnittsverdienst zu erreichen. Das ist das Problem.
Wenn wir die derzeit gültige Rentenformel anwenden, müssen wir doch mit den Werten auch rechnen. Wir können uns doch keine Rosinentheorie zusammenpicken. Einheitlichkeit in Deutschland bedeutet auch, dass alle Werte gleichermaßen in die Formel eingearbeitet werden. Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, ist die Rente auch ein Prinzip der Versicherung. Das ist ja eigentlich keine Staatsaufgabe.
Was ich verdiene, zahle ich in eine Versicherung ein. Das ist das Privatgeld der Arbeitnehmer. Das ist auch keine Staatsrente. Dieses Geld müssen sie auch erhalten. Das hängt nun einmal – unabhängig davon, warum es so ist – davon ab, was ich einzahle. Aus diesem Grund halte ich das für problematisch. Man muss es einmal durchrechnen. Man kann nicht in drei Minuten hier am Pult berechnen, wer herausfliegt, wer besser und wer schlechter gestellt wird. Es ist zumindest ein guter Ansatz. Es kann aber auch nach hinten losgehen.