Mir ist bewusst, dass der heute vorliegende Gesetzentwurf die bereits bestehende Handhabung einfacher und rechtssicherer umsetzen soll. Mir ist auch bewusst, dass der Städte- und Gemeindetag keinen Änderungsbedarf angezeigt hat und dass der Landkreistag nur eine konkrete Regelung der Zuständigkeiten und die Kostenteilung per Erlass gefordert hat.
Aber ich bin mir sicher, dass gerade der Punkt der Kosten bei einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Sachsen genau der Knackpunkt sein wird, der Probleme bereitet. Ihre aktuelle Regelung sieht vor, dass die Landkreise und die kreisfreien Städte ein Drittel der Kosten, die für die Beseitigung der Tierkadaver anfallen, selbst tragen müssen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das noch gut möglich.
Wenn wir jedoch schauen, welche Probleme die ASP in Polen bereitet und wie Tschechien auf den Ausbruch reagiert hat, dann fehlt mir der Glaube daran, dass die
Landkreise und kreisfreien Städte dies einfach so stemmen können. Es wurden Gebiete mit mehreren Kilometern Durchmesser umzäunt, um darin die komplette Wildschweinpopulation zu vernichten. Zusätzlich wurde jeder eventuell infizierte Bestand an Hausschweinen gekeult.
Es ist gerade die Landesebene mit ihren Ministerien und Behörden, die die höchste Verantwortung dafür trägt, dass eine derartige Tierseuche hier bei uns nicht ausbricht.
Das ist der Änderungsantrag. – Man muss aber auch als Land zu seiner Verantwortung stehen und im Zweifelsfall die zusätzlichen Kosten tragen. Ich denke, wir sind uns einig, dass der Freistaat deutlich bessere finanzielle Möglichkeiten hat, derartige Kosten stemmen und ausgleichen zu können. Warum wälzen Sie diese Kosten dann ab auf die – –
Das ist eine Rede, die Sie hier halten. Sie müssen auf den Antrag eingehen, bitte, und erläutern, was Sie verändern wollen.
Ich möchte verändern, dass die Landkreise und die kreisfreien Städte auf den Kosten der Tierkörperbeseitigung sitzen bleiben. Das ist der Inhalt meines Änderungsantrags. Das habe ich hier erläutert. Um sicherzustellen, dass die Landkreise nicht auf Kosten sitzen bleiben, die bis heute niemand kalkulieren kann, wurde der Änderungsantrag eingebracht. Deshalb bitte ich dringend um Zustimmung.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss klar und deutlich sagen, Herr Wild: Natürlich tragen auch die Landkreise Verantwortung. Wir alle wissen, dass die Landkreise auch die Jagd unter sich haben und hier Verantwortung tragen.
Ich könnte mir jetzt genehmigen, ganz in die Tiefe der Finanzierung bei eventuellen Ausbrüchen hineinzugehen. Das spare ich mir. Wenn Sie anwesend gewesen wären, als wir dies im Sozialausschuss behandelt haben, hätten Sie die Möglichkeit gehabt,
(Gunter Wild, fraktionslos: Ich bin leider kein Mitglied im Sozialausschuss, deshalb müssen wir das hier behandeln!)
nicht nur die Forderung, die Sie erhoben haben, zu stellen, sondern Sie hätten an den Diskussionsbeiträgen auch hören können, worum es eigentlich geht. Was Sie hier machen, ist, einfach wieder zu fordern, alles müsse bezahlt werden: mehr Geld für alle.
Zu den Fakten: Hier wird eine komplette Kostenübernahme durch den Freistaat gefordert. Dadurch, dass die Landkreise mit im Boot sind, wäre das völlig falsch. Ich kann nur von meinem Landkreis sprechen: Wir sind gut vorbereitet. Ich weiß nicht, wie es in Plauen ist, aber ich denke, dass sich auch der Landrat in Plauen darauf vorbereitet.
Sie haben zu dem Änderungsantrag keine Stellungnahme des SSG. Wenn Sie das also einbringen wollen, müssten Sie ein erneutes Anhörungsverfahren starten und müssten noch einmal komplett neu anfangen. Dann könnten wir diesen Gesetzentwurf komplett beerdigen.
Als Letztes muss ich klar und deutlich sagen: Wir befinden uns hier im Gesetzgebungsprozess. Das ist die zweite Lesung des Gesetzes. Sie haben monatelang Zeit gehabt, Änderungen einzubringen, und haben das nicht getan. Jetzt kommen Sie kurz vor knapp mit diesem Ding um die Ecke, um uns hier nach vorne zu treiben. Das halte ich für falsch. Deswegen kann ich meiner Fraktion nur empfehlen abzulehnen.
Gibt es weiteren Gesprächsbedarf zum Änderungsantrag? – Ich sehe, dies ist nicht der Fall. Dann lasse ich jetzt über diesen Antrag abstimmen. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe ganz wenige Stimmenthaltungen und wenige Stimmen dafür. Damit ist der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen jetzt zum Gesetzentwurf. Wenn es keinen Widerspruch gibt, würde ich die Artikel wieder zusammenfassen. – Ich beginne mit der Überschrift, dann Artikel 1 Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz und zu weiteren Vorschriften über die Verarbeitung und Beseitigung von nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukten, Artikel 2 Folgeänderungen, Artikel 3 Bekanntmachungserlaubnis und Artikel 4
Inkrafttreten. Wer möchte zustimmen? – Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe eine Stimmenthaltung und zwei Gegenstimmen; ansonsten hat es Zustimmung gegeben. War das richtig?
Wir kommen jetzt noch zur Gesamtabstimmung. Wer gibt die Zustimmung? – Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung, zwei Gegenstimmen, ansonsten mit Mehrheit beschlossen.
Mir liegt auch hier wieder ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung vor. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so. Punkt 11 der Tagesordnung ist abgeschlossen.
Wir treten in die allgemeine Aussprache ein. Es beginnt die einreichende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, danach folgen die CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Lippmann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! „Quis custodiet ipsos custodes?“, fragte einst Juvenal, sich über den römischen Sittenverfall empörend. Die Frage „Wer bewacht die Wächter?“ ist seitdem zum geflügelten Wort auch im Hinblick auf solche Behörden geworden, die Befugnisse haben, heimlich in Grundrechte einzugreifen – wie der Verfassungsschutz –, oder solche, die besonders stark in Grundrechte eingreifen können – wie die Polizei.
Das deutsche Verwaltungs- und Polizeirecht kennt deshalb zur Kontrolle der Polizei die Eigenkontrolle und die Fremdkontrolle. Zur Ersteren gehören Maßnahmen zur Gewährleistung polizeiinterner Ermittlungen, etwa zur Abgabe der Ermittlungshoheit an eine andere Behörde, zum Beispiel zur Aufklärung von Amtsdelikten. Dazu gehört auch eine ordentliche Innenrevision, die es im Innenministerium erstaunlicherweise noch gar nicht so lange gibt und die zur Aufgabe hat, für die Organisation Risiken materieller und immaterieller Art möglichst vor deren Realisierung zu erkennen und damit Schäden zulasten des Freistaates Sachsen zu vermeiden.
Und, liebe SPD, auch Ihre Beschwerdestelle ist letztendlich ein Instrument der Eigenkontrolle; denn dann nützt auch die Anbindung an die Staatskanzlei nichts. Am Ende kontrolliert ein Teil der Verwaltung einen Teil der Verwaltung.
Dass solche Maßnahmen der Eigenkontrolle nicht ausreichend sind, liegt auf der Hand. So wurden in Sachsen Verfahren gegen Polizeibeamtinnen und -beamte wegen Straftaten im Amt überwiegend eingestellt. Im Zeitraum
von Anfang 2017 bis Mai 2018 wurden gerade einmal in acht von 997 Fällen eine Anklage erhoben und ein Strafbefehl erlassen, der rechtskräftig wurde.
Auf 419 Anzeigen wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt folgten lediglich sieben Anklagen. Das sind gerade einmal 1,6 %. Fakt ist – das ist eine Binsenweisheit, die sich soziologisch erklären lässt –: Polizeibedienstete ermitteln nicht so furchtbar gern gegen Kolleginnen und Kollegen.
Es ist ein Merkmal des demokratischen Rechtsstaates, dass somit auch eine Fremdkontrolle stattfinden muss und damit – bezogen auf die Polizei – externe, nicht dem Polizeiapparat zugehörige Organe mit der Beurteilung und gegebenenfalls der Korrektur polizeilicher Maßnahmen, das heißt mit der Kontrolle, befasst werden. Solche Instrumente der Fremdkontrolle sind unter anderem der heute vielfach gepriesene, aber mitunter leerlaufende Richtervorbehalt bei besonders schwerwiegenden Eingriffen und die gerichtliche Rechtsschutzgewährung.