Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

welches auch vor unserem Bildungssystem nicht Halt macht. Auch unsere politische Auseinandersetzung ist mittlerweile leider von derartigen Entwicklungen geprägt.

(Carsten Hütter, AfD: Aha!)

Sehr geehrte Frau Wilke, Sie stellen heute hier den Antrag zum Thema „Mobbing ernst nehmen – Schüler und Lehrer schützen“ zur Abstimmung. Es ist aber leider auch diesmal so wie bei vielen Ihrer Anträge: Sie versuchen bei Ablehnung zu unterstellen, dass wir das Thema nicht ernst nehmen, und das ist totaler Quatsch.

Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob das hier nach Ihrer zu beschließenden neuen Definition nicht vielleicht eine Art von Mobbing ist.

(Gelächter bei der AfD – Carsten Hütter, AfD: Das war Ihr Bester heute, Herr Kollege!)

Die Staatsregierung hat in ihrer Antwort, wie Sie richtig bemerkt haben, über die umfassenden Maßnahmen gegen Mobbing in Schulen berichtet und damit meiner Meinung nach ausreichend zu Ihrem Antrag Stellung genommen.

Unsere Fraktion lehnt Ihren Antrag daher ab, und ich versuche, einmal mit gutem Beispiel voranzugehen, und gebe den Rest meiner Rede zu Protokoll.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Carsten Hütter, AfD: Der Applaus ist für das Abgeben der Rede!)

Frau Abg. Falken für die Linksfraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die AfD-Fraktion hat im Internet die Plattform „Lehrer-SOS“ installiert, wo Lehrkräfte angezeigt werden können, wenn sie sich kritisch über diese Partei äußern. Das hat in den Schulen zur Gefährdung des Schulfriedens geführt.

(Zurufe von der AfD – Lachen des Abg. Carsten Hütter, AfD)

Das hat Unsicherheit und Angst unter den Lehrern und Schülern geschürt. Ihnen spreche ich es vollständig ab, dass Sie mit diesem Antrag Schüler und Lehrer ernsthaft unterstützen und sich einbringen wollen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Es ist total unglaubwürdig, was Sie hier darbieten und was Sie hier darstellen. Frau Wilke, versagt haben Sie.

Den Rest meiner Rede gebe ich zu Protokoll.

(Beifall bei den LINKEN und der CDU – Carsten Hütter, AfD: Gott sei Dank!)

Frau Friedel für die SPD, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Wilke, bei der Einbringung des Antrages haben Sie schon auf die umfangreiche Stellungnahme der Staatsregierung verwiesen. Sie haben sie nicht nur „umfangreich“ genannt, sondern „sehr gut“. Darin würde ich Ihre Meinung sofort teilen. Ich habe nur nicht verstanden, warum Sie diese in Ihren weiteren Ausführungen fortlaufend kritisiert haben.

Wir lehnen Ihren Antrag aus verschiedenen Gründen ab. Er hat fünf Punkte. Ich sehe in der Stellungnahme und in all dem, was getan wird, vier der fünf Punkte als erfüllt an. Sie haben einen Auszug aus dem Fortbildungskatalog bekommen. Sie haben eine Antwort bekommen, welche Maßnahmen in den Schulen getroffen werden. Sie haben beantwortet bekommen, dass Beratungslehrer zuständig

sind. Ich teile Ihr negatives Bild von Beratungslehrern nicht usw.

Ich will aber auf den Punkt eingehen, der dazu führt, dass ich meiner Fraktion empfehle, diesem Antrag nicht zuzustimmen. Das ist Ihr Punkt 4. Heute fiel schon einmal bei unserer Debatte zum Polizeigesetz der Satz: Wenn wir in diesem Haus über die eine oder andere Vorstellung grundsätzlich sprechen, dann kommt es nicht so auf Details an. Das ist nicht mein Politikverständnis. Ich muss sagen, auf Details kommt es sehr wohl und recht oft an, weil Details auch das sind, was den normalen Menschen im Alltag draußen begegnet und bei ihnen am meisten Betroffenheit verursacht.

Ich will Ihren Punkt 4 vorstellen. Sie möchten gern den Mobbing- und Konfliktberatern in den Schulen die Pflicht auferlegen, die Schulaufsichtsbehörde über jeden Mobbingfall, die getroffenen Maßnahmen und deren Ausgang zu informieren. Was heißt das praktisch?

(Karin Wilke, AfD: Da müssen Sie mal überlegen!)

Genau, da müssen wir mal überlegen, was das praktisch heißt. Wir haben in Sachsen circa 450 000 Schülerinnen und Schüler. Sie sagen, die Staatsregierung verweigert die Auskunft, wie viele Mobbingfälle es gibt, weil das nicht erfasst werden würde. Es ist unglaublich schwer und aufwendig, das zu erfassen. Aber Sie finden sehr viele Befragungen von Schülerinnen und Schülern, aus denen Sie immer wieder heraushören, dass circa ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler im Laufe der Schulzeit temporär zu einem Opfer von Mobbing wird. Bei 450 000 Schülerinnen und Schülern sind das 150 000. Wenn wir mal annehmen, dass jeder nur einmal in seiner im Durchschnitt zehnjährigen Schullaufbahn zu einem Mobbingopfer wird, dann sind das pro Jahr 15 000 Meldungen, die bei der obersten Schulbehörde eingehen. Pro Schultag sind es 75.

Das kann man alles rechtfertigen, wenn man die Frage beantworten kann: Was macht es für einen Sinn? Wozu? Was fangen wir mit der Meldung in der obersten Schulaufsichtsbehörde an? Ich glaube nicht, dass einem Mobbingopfer, einem Beratungslehrer oder der Klasse geholfen ist, wenn eine Meldung bei der Schulaufsichtsbehörde eingeht. Ich glaube, all denen ist viel mehr geholfen, wenn das passiert, was jetzt passiert: dass Lehrerinnen und Lehrer versuchen, Konflikte zu lösen, dass sie versuchen, in der Klasse, in der Gemeinschaft der Schülerinnen und Schüler Mobbing zu thematisieren und miteinander Regeln des Zusammenlebens zu finden, einzuüben und immer wieder zu aktualisieren.

Das ist es, was konkret passiert und wozu es einer Meldung, einer Direktive oder einer Erfassung der Schulaufsichtsbehörde aus meiner Sicht nicht bedarf. Das heißt, die Frage, wozu diese Meldung erfolgen soll und was sich damit in der Lebenswirklichkeit der Betroffenen ändert, bleibt für mich unbeantwortet.

Sie haben diese Frage in Ihrem Redebeitrag ein wenig beantwortet. Sie haben gesagt, es geht Ihnen in dem Antrag um Rechtssicherheit für Mobbingopfer. Ganz ehrlich gesagt, uns geht es um Hilfe für Mobbingopfer. Das ist das, was tagtäglich an Schulen passiert und was gut gemacht wird. Dafür gibt es inzwischen sehr viele innovative Formen, von den Peaceboards an den Grundschulen bis hin zu den Konfliktschlichtern und Ähnlichem.

Ich denke, Sie wären gut beraten, einerseits in dem Antrag auch einmal über die Details und die praktischen Konsequenzen nachzudenken, die Sie selbst wollen, und andererseits das alles zur Kenntnis zu nehmen, was schon passiert.

Aus diesem Grund wird meine Fraktion diesen Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Für die GRÜNEN Frau Abg. Zais.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine hochverehrte Kollegin Conny Falken hat es schon gesagt: Niemand ist im Kampf gegen Mobbing unglaubwürdiger als die AfD, die selber nichts anderes tut, als tagtäglich anzuschwärzen, zu diffamieren und zu hetzen, und das im realen und virtuellen Leben.

(André Barth, AfD: Guckt euch mal eure grünen Plakate an! Ich sage nur Donau-Eschingen!)

Wer gegen Diversität und Inklusion wettert, ist unglaubwürdig, wenn er auf einmal den Kampf gegen Diskriminierung ausruft. Frau Wilke, der beste Weg, Mobbing ernst zu nehmen und Lehrerinnen und Lehrer zu schützen, wäre, Ihren unsäglichen Lehrerpranger abzuschalten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, den LINKEN und der SPD)

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seitdem Mobbing in der Schule stärker im Fokus steht, haben einige Landtage entsprechende Anträge verabschiedet. Allerdings unterscheiden sich jene, die ich gelesen habe, unter anderem von SPD, CDU und FDP, wesentlich von dem hier vorliegenden, einem – so muss ich sagen – von einer üblen Regelungswut geprägten Antrag der AfD.

Im Kern geht es darum – und diese Auffassung teilen wir GRÜNEN bei den nach meiner Auffassung wirklich guten Anträgen in anderen Bundesländern –, dass gemeinsam mit der Schulaufsicht, den Schulträgern, den Vertretungen der Lehrerinnen und Lehrer und den Vertretungen der Schülerinnen und Schüler und den Eltern eine Strategie für den Kampf gegen das Mobbing in den Schulen entwickelt wird. Das wäre wirklich das, was wir unter Eigenverantwortung der Schule verstehen und nicht das, was sozusagen von außen aufoktroyiert wird.

Wenn ich an die von Ihnen vorgeschlagene Handyregelung denke, dann stehen mir die Haare zu Berge. Sie werfen uns GRÜNEN immer vor, dass wir alles vorschreiben und regeln wollen. Aber eine solche überbordende Regelungswut bezüglich der Handynutzung in einer Schule des 21. Jahrhunderts habe ich noch nicht erlebt, Frau Wilke.

Wenn es um Mobbing geht, dann geht es nicht nur um Cybermobbing, auf das Sie sich in Ihrem Redebeitrag explizit bezogen haben. Ausgrenzungen, Anfeindungen und körperliche Angriffe passieren tagtäglich in der realen Welt der Schule. Noch viel zu oft stehen die Betroffenen ohne Hilfe da oder werden nicht ernst genommen.

Es gibt – diesbezüglich muss ich, liebe Sabine Friedel, ein bisschen widersprechen – tatsächlich Handlungsbedarf zum Umgang mit Mobbing an sächsischen Schulen; allerdings – das ist ganz klar – leistet der vorliegende Antrag der AfD-Fraktion weder hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der einreichenden Fraktion noch mit Blick auf die inhaltliche Qualität einen substanziellen Beitrag und wird deshalb von unserer Fraktion abgelehnt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN – André Barth, AfD, steht am Mikrofon.)

Eine Kurzintervention? – Bitte.

Danke, Frau Präsidentin; eine Kurzintervention auf den Redebeitrag von Frau Zais.

Frau Zais, ich will Ihnen nur mitteilen: Wer im Glashaus sitzt, sollte niemals mit Steinen werfen.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

GRÜNE in Donaueschingen haben Plakate in ihrem Bürgerbüro. Ich lese vor: „Tod dem weißen, deutschen Mann!“ – Wenn das keine Hetze ist, dann weiß ich es wirklich nicht mehr.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Susanne Schaper, DIE LINKE: Die haben bestimmt einen Schneemann gesehen, es war Winter!)

Frau Zais, wollen Sie darauf antworten?