Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

Das Zweite ist der kommunale Straßenbau. Wir haben fast alle Vorhaben der Säule B – das umfasst 60 Millionen Euro – bewilligt. Ansonsten kann ich nur wiederholen: Uns stehen in diesem Jahr 360 Millionen Euro für den kommunalen Straßenbau zur Verfügung. Über 100 Millionen Euro davon sind Mittel aus dem letzten Jahr, die zwar bewilligt, aber nicht verbaut wurden. Deshalb ist unser Aufruf immer, nicht nur Mittel zu bewilligen, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dass gebaut wird. Denn einer Kommune nützt es nichts, wenn sie nur einen Bescheid hat, aber nicht bauen kann. Deshalb haben wir verabredet, dass es eine Frist von vier Monaten gibt, innerhalb der eine Kommune ein Ausschreibungsverfahren begonnen haben muss, damit klar ist, dass nicht nur ein Bescheid erteilt wurde, sondern dass auch gebaut wird.

Das Dritte ist, dass wir die Verfahren verbessern müssen. Wir haben deshalb gemeinsam mit dem Sächsischen Landkreistag und dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag eine Arbeitsgruppe gebildet und sind an Verfahrensfragen herangegangen. Ich verstehe jeden Bürgermeister, der sauer ist – wir hatten schon einmal diese Diskussion hier im Landtag –, wenn ein Bescheid so spät kommt, dass man das Vorhaben gar nicht mehr ausschreiben kann. Genau das müssen und wollen wir verhindern.

Das Problem bei den Bescheiden ist nur, dass man erst bescheiden kann, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dazu gehört zum Beispiel ein genehmigter Haushalt. Sie können einmal nachschauen, wann die kommunalen Haushalte genehmigt wurden. Daher müssen wir an die Verfahrensfragen heran, damit tatsächlich auch gebaut wird.

Es bleibt ein Grundproblem, das wir in vielen Bereichen haben, beim Straßenbau genauso wie zum Beispiel beim Digitalausbau: Wir scheitern inzwischen an den Kapazitäten. Wir haben inzwischen zu wenig Tiefbau- und Straßenbaukapazitäten, um das umzusetzen. Das ist die negative Seite des großen Investitionsbedarfs, den wir haben, dass es zurzeit nicht am Geld, sondern genau an diesen Kapazitäten scheitert. Der Sanierungsstau wird zwar jetzt aufgelöst, aber wir kommen nicht vollständig in die Gänge, weil tatsächlich zu wenig Firmen vorhanden sind.

Daher sollten wir das Thema Straßenbau und Zustand unserer Straßen nicht nutzen, um ein politisches Ränkespiel zu machen, weil, wie gesagt, siehe Haushalt, siehe Richtlinie, die Voraussetzungen vorhanden sind. Wir müssen trotzdem Hausaufgaben machen, wir müssen, wie gesagt, an die Verfahren heran. Sicherlich ist nicht jede Formulierung eines Briefes glücklich und zufriedenstellend. Ich weiß, dass man auch daran arbeiten muss. Aber insgesamt geht es schon darum, das Miteinander zu organisieren, sodass am Schluss einmal gebaut wird.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Für die CDU-Fraktion Herr Hippold; Ihre Frage bitte.

Mich würde noch Folgendes zur Richtlinie Regionales Wachstum interessieren – wir diskutieren sehr oft über die Dauer von Förderverfahren, sprich vom Zeitpunkt der Einreichung bis zum Erteilen des Bescheids –, wie lang der Zeitraum zwischen dem Antrag und der Bescheidung ist. Können Sie auch schon sagen, ob es abgelehnte Fördermittelanträge gegeben hat, und, wenn ja, wie viele und welche Gründe dazu geführt haben?

Das sind aber viele Fragen. Herr Staatsminister, bitte.

Wenn der Antrag so gut ist, dass nicht nachgefordert werden muss und er dementsprechend allen Kriterien genügt, ist ein Abschluss innerhalb von zehn Tagen möglich. Das ist die Berechnung und die Wirkungsweise in der Sächsischen Aufbaubank im Umgang mit diesem Programm, und das ist tatsächlich gut. Denn wir haben andere Programme, die durchaus komplexer sind und die aufgrund dieser Komplexität häufig schon im Antragsverfahren scheitern. Das heißt, dass es viele Nachforderungen an Unterlagen und Ähnlichem gibt. Hier ist es durchaus besser organisiert, sodass wir hier von diesen zehn Tagen reden können, wenn die Voraussetzungen gegeben sind.

Wir haben jetzt in Summe 13 Ablehnungen. Daraus kann man aber noch keinen Trend ablesen. Es sind formale Gründe, die erst einmal zu der Absage geführt haben, wenn also Fördervoraussetzungen nicht vorhanden sind oder ein Antrag außerhalb des Fördergebiets gestellt wurde oder wenn zum Beispiel der Radius der 50

Kilometer-Regel nicht eingehalten wurde, also wenn schlichtweg diese Kriterien nicht eingehalten wurden.

Wir haben jetzt 175 Anträge, davon wurden 43 bewilligt und 13 abgelehnt. Die anderen sind in der Bescheidung. Daraus kann man trotzdem den Trend ablesen, dass dies ein wirklich erfolgreiches Programm ist und dass der Anteil der Anträge, die bewilligt werden, im Gegensatz zu denen, die abgelehnt werden, deutlich überproportional im positiven Bereich liegt. Das heißt, es wird von allen angenommen, sowohl von denen, die den Antrag stellen, als auch von der Bewilligungsbehörde; dort läuft es vernünftig durch.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Die Fraktion DIE LINKE stellt eine Frage. Frau Abg. Meiwald, bitte.

Herr Staatsminister, Sie hatten darauf hingewiesen, dass genügend Geld, aber zu wenig Kapazität vorhanden ist. Die Frage ist: Kann man hier irgendwo steuernd eingreifen? Oder hat Ihr Ministerium hierzu eine Idee? Vor dem Hintergrund, dass es die in den Medien beschriebenen Differenzen zwischen der kommunalen Ebene und Ihrem Haus gegeben hat, kann man diese vielleicht damit ausräumen, dass man bestimmte Dinge tut? Ich habe auch keinen Plan.

Ich selbst habe ein großes Interesse daran – um den zweiten Punkt anzusprechen, den Sie ja nur angedeutet haben –, dass wir nicht ein Gegeneinander organisieren. Wir brauchen die konstruktive Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene, denn dort sind diejenigen, die es umsetzen. Die Straßen, egal, ob Bundes-, Landes- oder kommunale Straßen, gehen durch ihre Orte. Dementsprechend haben wir ein Interesse daran, eine gute Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene zu erreichen. Das ist auch der Grund, aus dem wir zum Beispiel jetzt bei der Prioritätensetzung gesagt haben: Es muss klar sein, dass sie bei Mehrfachanträgen – das war jetzt die Regel, dass die Kommunen deutlich mehr Anträge gestellt haben, als wir Förderungen auszureichen in der Lage sind und sie in der Lage sind, das umzusetzen – aber die Klarheit haben, einen Antrag beschieden zu bekommen. Es gehört zu dem Miteinander, auch zu klären, dass das ein Antrag ist, der ihnen tatsächlich nützt und nicht nur der billigste Antrag ist.

Darum ist es mein Appell: Wir brauchen hier ein Miteinander. Das Grundproblem der Kapazitäten kann von staatlicher Seite nicht gelöst werden, weil wir nicht in der Lage sind, einen eigenen Staatsbetrieb für Tiefbau zu betreiben. Ich glaube aber, dass es uns zumindest helfen kann, wenn wir die Synergien nutzen. Das machen wir zum Beispiel auch mit Baubesprechungen und Bauplanungen, damit eine Straße nicht zweimal aufgerissen werden muss, einmal zur Sanierung und ein zweites Mal, um das Glasfaserkabel zu verlegen.

Hier verstehe ich auch wiederum die Bürgermeister, die sagen: Je eher wir wissen, ob eine Maßnahme bewilligt

wird, desto besser können wir koordinieren. Daher liegt ein Schlüssel tatsächlich in einer guten Kommunikation und damit einer Planbarkeit auch für die kommunale Ebene, um zum Beispiel solche Dinge stärker zu synchronisieren. Ansonsten müssen wir wirklich sehen, dass wir mit den Möglichkeiten, die wir haben, auch weiter bauen. Aber es ist auch klar, dass es nicht darum geht, den Berg der Bewilligungen nach oben zu treiben, sondern tatsächlich die Umsetzung der Bewilligungen zu beschleunigen.

Das wird jetzt spannend. Gleich die Frage, bitte, und einen Satz Antwort.

Noch einmal zur Förderrichtlinie. Die KMU kritisieren ja die übermäßige Bürokratie im Fördermittelverfahren. Gibt es da Vereinfachungen für die KMU?

Wir haben das Antragsverfahren vereinfacht durch einen vereinfachten Verwendungsnachweis und glauben, dass wir dadurch einen Teil zur Vereinfachung beitragen können. Etwas Bürokratie gehört dazu, weil wir nachweisen müssen, dass das Geld sinnvoll eingesetzt wird. Wir haben das aber hoffentlich in eine vernünftige Balance gebracht.

Herr Staatsminister, das war hervorragend. Das haben Sie wunderbar gemacht. Vielen herzlichen Dank, dass Sie sich zur Verfügung gestellt haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Zeitdauer der Befragung des Staatsministers ist abgelaufen.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Die ökologische Verkehrswende im Güterverkehr einleiten:

Entwicklungskonzept für den Schienengüterverkehr in Sachsen erarbeiten

Drucksache 6/14721, Prioritätenantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Dazu sprechen wir jetzt in der Reihenfolge: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, danach die CDU, DIE LINKE, die SPD-Fraktion, die AfD-Fraktion und, wenn die Staatsregierung das wünscht, auch die Staatsregierung. Für die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Meier. Bitte sehr. Frau Meier, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Verkehrssektor ist für knapp 20 % der Treibhausgase in Deutschland verantwortlich. Während alle anderen Sektoren seit 1990 kontinuierlich CO2 reduziert haben, ist es im Verkehrssektor so, dass es seit 1990 sogar noch gestiegen ist.

(Andreas Nowak, CDU: Weil Sie den Diesel verteufeln!)

Einer der Gründe ist der stark zunehmende Gütertransport auf der Straße. Ohne eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene wird Deutschland weder seine Klimaziele erreichen noch den dramatischen Zuwachs des Güterverkehrs bewältigen können; denn der Anteil des Schienengüterverkehrs beträgt in Deutschland nur 17 %. Nachbarländer wie Österreich sind bei 30 %, die Schweiz bei 42 %. In Deutschland und in Sachsen werden mittlerweile über 70 % der Verkehrsleistungen über den Lkw abgewickelt, und der Straßengüterverkehr boomt allein schon deshalb, weil es am billigsten ist, mit dem Lkw Güter zu transportieren. Die Folgen sind auch hier in Sachsen mehr als sichtbar: endlose Staus, übermüdete, unterbezahlte Fahre

rinnen und Fahrer und deutlich zunehmende Luft- und Lärmprobleme.

Sie sehen also – und ich glaube, darin sind wir uns alle einig –, es besteht größter Handlungsbedarf. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag die Staatsregierung auf, sich nicht nur klar zum Ziel der Verkehrsverlagerung hin zum klimafreundlichen Verkehrsträger Schiene zu bekennen, sondern endlich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und umzusetzen.

Dann habe ich die Stellungnahme der Staatsregierung zu unserem Antrag gelesen und war schon etwas erstaunt; denn offensichtlich sind Sie der Annahme, dass Sie sich hier schon immer seit Jahr und Tag für den Schienengüterverkehr in Sachsen einsetzen. Aber wenn ich mir das genauer anschaue, tritt eher Ernüchterung ein; denn Ihre Mitwirkung bei der Erstellung der drei letzten Master- bzw. Aktionspläne des Bundes zum Güterverkehr und des sächsischen Güterverkehrskonzepts aus dem Jahr 2009 – es ist also jetzt schon zehn Jahre alt – als Beleg Ihres Engagements aufzuzeigen, finde ich, um ehrlich zu sein, etwas zu wenig und durchaus auch etwas unterkomplex.

Der Schienengüterverkehr steht trotz Ihres Engagements bei der Erarbeitung der Pläne massiv unter Druck. So ging die Verkehrsleistung bei der Güterbahn DB Cargo im 1. Halbjahr 2018 wieder zurück, nämlich um 6,7 %. Dann haben Sie – und das finde ich doch mehr als fragwürdig – als Beleg für die Unterstützung des Schienengüterverkehrs auf die drei sächsischen Häfen der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH verwiesen. Entweder, Sie

preisen die SBO als Schifffahrtsparadies an, um die Notwendigkeit des Elbe-Ausbaus zu begründen, oder Sie bemühen die sächsischen Häfen und tun so, als ob das für den Schienengüterverkehr der Weisheit letzter Schluss ist.

(Andreas Nowak, CDU: Weil die trimodal angelegt sind! – Staatsminister Martin Dulig: Die sind trimodal!)

Ja, aber dann schauen Sie sich einmal die Zahlen an. Wenn ich mir die für 2017 anschaue, sind nur 37 % der Güter bei den Häfen auf der Schiene transportiert worden und der Löwenanteil von 60,2 % über den Lkw und nur läppische 5,7 % auf den Schiffen.

(Andreas Nowak, CDU: Weil es auf dem Wasser nicht weitergeht! Gegen die umweltfreundliche Schifffahrt haben Sie ja was!)

Das ist wirklich vernachlässigbar. Vorausschauende Bahnpolitik setzt auf ausreichende Kapazitäten für den Güterverkehr. Das Aus von mehr als 200 Güterverkehrsstellen der Deutschen Bahn-Tochter DB Cargo spricht hier eine andere Sprache. Auch die Standorte in Sachsen sind hiervon betroffen. Da scheinen Ihre Verhandlungen auf Bundesebene nicht wirklich erfolgreich gewesen zu sein bzw. weiß ich nicht, ob Sie sich überhaupt dafür eingesetzt haben, dass sie erhalten bleiben.

Der Abbau der unzähligen Gleisanschlüsse auch in Sachsen hat sich tragisch auf die Lage des Schienengüterverkehrs ausgewirkt. Deshalb meinen wir ganz klar: Es ist allerhöchste Zeit, die vorhandene Infrastruktur für den Güterverkehr auf der Schiene in Sachsen kritisch zu analysieren und endlich an den richtigen Stellen schnell und entschlossen umzusteuern. Ich glaube, es braucht hier keine hellseherischen Kräfte. Wenn ich in den Haushalt schaue, dann stelle ich fest: Es sind einfach zu wenig Mittel, zu wenig Budget für die Schiene eingesetzt, um die notwendigen Investitionen zu tätigen.

Wer den Schienengüterverkehr unterstützen will, steht vor allem vor den Herausforderungen und den zentralen Handlungsfeldern, und die liegen doch auf der Hand. Es geht einerseits darum, ausreichenden Zugang zum System Schiene mit Ladegleisen, mit Anschlussgleisen, mit Güterbahnhöfen und Terminals zu schaffen, und andererseits um eine leistungsfähige Infrastruktur für den Schienengüterverkehr, bessere Produktionsverfahren im Schienengüterverkehr, wie Einzelwagen, wie Gangzug und kombinierte Verkehre, und nicht zuletzt die bitter nötigen Innovationen und Produktionsmittel für Traktion, Güterwagen und Umschlagstechnik.

Ziel muss es sein – und das ist dringend geboten –, die Kundenorientierung im Schienengüterverkehr deutlich zu erhöhen und die Bedürfnisse und Interessen der verladenden Wirtschaft schneller zu erkennen und passgenaue Angebote zu ermöglichen. Häufig gibt es hier schlicht keine Transparenz über die passenden Angebote im kombinierten Verkehr. Hier wäre – und das ist eine unserer Forderungen im Antrag – eine aufsuchende Vernetzungsplattform zu schaffen, die die verladende

Wirtschaft einerseits und die schienengebundenen Anbieter andererseits zusammenbringt. Das ist dringend notwendig.

Herr Staatsminister, wenn ich Ihre Stellungnahme anschaue und Ihre Politik der letzten Jahre verfolge, kann ich durchaus erkennen, dass Sie bemüht sind, was den Schienengüterverkehr angeht. Aber wenn ich mir den Lkw-Verkehr auf der stark belasteten A 4 anschaue und Sie als einzige Idee haben, den achtspurigen Ausbau der A 4 zu postulieren

(Zuruf des Staatsministers Martin Dulig)

darauf komme ich gleich –, dann reicht das meines Erachtens nicht aus. Deshalb freue ich mich, dass Sie die entsprechende Studie in Auftrag gegeben haben und es eine Arbeitsgruppe gibt. Ich hoffe, dass die Ergebnisse der Arbeitsgruppe noch in diesem Sommer vorliegen werden.

Abschließend, sehr verehrte Damen und Herren: Wenn es Ihnen um das Bekenntnis mehr Güter auf die Schiene ernst ist und es nicht nur Sonntagsreden sein sollen, dann muss schnell und entschlossen gehandelt werden. Die Investition ins Schienennetz muss umgelenkt und der Lkw-Verkehr durch mehr Kostengerechtigkeit reduziert werden. Wenn Sie also mit uns gemeinsam dafür sorgen wollen, dass mehr Güter auf die Schiene kommen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu.