Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

bis zum Jahr 2015 etwas erreicht werden sollen. Das wissen wir. Das liegt auch schon in der Vergangenheit. Wir müssen uns einmal ordentlich auf den Weg machen. Die Anstrengungen dazu sehe ich in dieser Tiefe aber auch nicht. Dann kann man gleich noch andere Themen ansprechen, etwa was die Ursache dafür ist, nämlich nicht nur der ökologische, sondern auch der chemische Zustand – Nitrat.

Deutschland ist vor dem EuGH auf Antrag der EUKommission gerade erfolgreich verurteilt worden, weil wir zu hohe Nitrat-Werte haben. Hier die Zahlen vom LfULG: Knapp die Hälfte der Grundwasserkörper ist in einem schlechten chemischen Zustand und knapp ein Viertel ist zu stark mit Nitrat belastet. Dann weiß man, dass es gesundheitsgefährlich ist. Deshalb gibt es diese Grenzwerte von 50 Milligramm pro Liter. Auf Sachsen hochgerechnet, sieben Postleitzahlbezirke, ist der Wert sogar um mehr als das Doppelte überschritten. Das heißt für unsere Wasserwerke, dass sie Trinkwasser mischen müssen. Die Trinkwassergewinnung ist auch schon an Brunnen eingestellt worden. Das zahlt dann auch der Bürger mit – abgesehen von allen anderen Kosten, die damit verbunden sind.

Man weiß auch, dass die damit verbundene Eutrophierung, die Überdüngung von Gewässern, naturschutzfachlich hochgefährlich ist. Die Gewässer können nicht nur umkippen, mit Veralgung, wenn der Sommer warm wird, sondern überhaupt ist es schädlich für alle Arten, die darin sind. Deshalb sagt man, Vorsicht ist eigentlich schon ab 25 Milligramm pro Liter geboten.

Ich wundere mich darüber, dass die Staatsregierung in diesem Hitzesommer, in dem die ganzen Grünflächen brachlagen, 98 Anträge von Landwirten, die noch nach der Frist ihre Gülle ausbringen wollten, in 100 % der Fälle genehmigt hat. Damit sind wir beim Wasser.

Im Koalitionsvertrag haben wir uns zum Beispiel ein Auenprogramm vorgenommen. Dabei ist nicht allzu viel passiert. Wir erstellen Hochwasserschutzkonzepte für Gewässer anstelle von Gewässerentwicklungskonzepten. Unsere Gewässer sind mit unsere wertvollsten Naturräume. Sie sind nämlich noch am naturnächsten. Dazu wieder eine Zahl: Seit dem Jahr 2002 haben wir mehr als 2 Milliarden Euro für den Hochwasserschutz ausgegeben und davon weniger als 1 % für ökologischen Hochwasserschutz. Das heißt, mehr als 99 % entfallen auf technische Maßnahmen. Das ist genau das gleiche Denken, das ich am Anfang festgestellt habe, was die Umweltpolitik betrifft: Man könnte alles technisch lösen. Das kann man nicht.

(Zuruf des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Ein anderes Schlagwort: Flächenverbrauch. Dabei haben wir eine völlige Entkopplung von Entwicklungen zur Demografie. Im Jahr 1990 waren noch 10 % der Landesfläche Verkehrs- und Siedlungsflächen. Jetzt sind wir schon bei mehr als 13 %. Vielleicht interessiert es auch Sie als selbst erklärter Anwalt der Landwirte, dass näm

lich allein 3 % der Landwirtschaftsfläche verlorengegangen sind – wertvollster Ackerboden. Dafür haben wir in Mitteleuropa eine Verantwortung weltweit; denn diese guten Böden gibt es nicht überall. An dieses Problem muss man einfach herangehen.

In den Jahren von 2005 bis 2015 waren es im Durchschnitt 8 Hektar täglich, die wir verbraucht haben. Wo ist ihre Strategie dazu? Stattdessen höre ich von Verkehrs- und Landesentwicklungsplänen. Es sind 130 neue Ortsumgehungen geplant – Prost Mahlzeit! Hier gleich um die Ecke ist der Industriepark Oberelbe auf 140 Hektar bestem Ackerboden und Naturschutzflächen geplant.

(André Barth, AfD: Aber eben auch 3 000 Arbeitsplätze! Das muss man auch sehen!)

Wie kann man denn im Jahr 2019 noch so einen Wahnsinn planen? Dafür gibt es noch nicht einmal Investoren, die dorthin wollen. Sie möchte man später erst dorthin locken.

(Andreas Nowak, CDU: Man muss natürlich erst Angebote schaffen, bevor man jemanden neu ansiedeln kann!)

Stolze Aussage von Ihnen zum Thema Waldumbau: 33 000 Hektar seien schon umgebaut worden. Man muss nur dazu wissen, dass wir mehr als 520 000 Hektar im Land haben. Das heißt, wir haben seit dem Jahr 1990 immerhin schon 6,3 % umgebaut. Wenn wir so weitermachen, dann dauert es noch ein paar Jahrhunderte.

Ein anderer Punkt: Artensterben, Pestizideinsatz. Auch das kam bei Ihnen gar nicht vor. Das ist ein Thema. In Deutschland waren es im Jahr 1995 noch 30 000 Tonnen Wirkstoffe pro Jahr. Im Jahr 2017 waren es 35 000 Tonnen. Dabei besteht, auf Sachsen heruntergebrochen, kein Unterschied.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Die messen jetzt besser!)

Dann die Erfolgsmeldung beim Ökolandbau, dass die Anbaufläche gewachsen sei. Ja, das kann man so sagen. Wenn man sich diese Flächen anschaut, dann haben wir aber gerade einmal 6,4 % erreicht. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 7,5 %. Selbst die anderen ostdeutschen Bundesländer erreichen mehr: Brandenburg 10,4% und Mecklenburg-Vorpommern 10,1 %.

(Staatsminister Thomas Schmidt: Und Schleswig-Holstein?)

Im Landesentwicklungsplan haben wir uns einmal für das Jahr 2010 10 % vorgenommen. Davon sind wir weit entfernt.

Ich sehe gerade auf die Uhr. – Abfall. Wir haben schon die Zero-Waste-Strategie angesprochen. Dabei kommen wir nicht voran. Besonders dramatisch ist, dass in solch einer Rede –

Die Redezeit ist abgelaufen.

– das Thema Klimawandel und Klimaschutz nicht im Kern enthalten ist.

Letzter Satz!

Das nur kurz am Rande:

Letzter Satz!

Der CO2-Pro-KopfVerbrauch in Sachsen liegt mit 12,2 Tonnen weit über dem bundesdeutschen Durchschnitt mit 9,5 Tonnen, und in Sachsen liegen von den zehn Haupt-CO2-Produzenten in ganz Europa –

Kollege Günther!

– zwei dieser Verursacher.

Kollege Günther! Die Redezeit ist überschritten.

Wir haben mehr als genug zu tun in Sachsen, und auch eine Fachregierungserklärung hätte durchaus mehr Anspruch und ein bisschen mehr Inhalt haben können.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN – Staatsminister Thomas Schmidt: Und die Reaktion auch!)

Das war die erste Rederunde. Wir eröffnen eine weitere Rederunde. Vorher gibt es noch eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Urban zum Redebeitrag von Herrn Kollegen Günther.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Kollege Günther, Sie haben einmal mehr bewiesen, dass die grüne Partei eine Panikmacherpartei ist.

(Oh-Rufe bei der LINKEN)

Das haben Sie nicht nur inhaltlich, sondern auch durch Ihren Gestus herübergebracht.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Er ist wenigstens bei den Fakten geblieben, Sie nicht!)

Wenn wir auf die grüne Partei gehört hätten bzw. wenn wir die Dramatik, welche die grüne Partei immer verbreitet, wirklich erlebt hätten, dann gäbe es heute keinen Wald mehr. Sie haben das Waldsterben prognostiziert. Wir wären heute wahrscheinlich alle verstrahlt und an Hautkrebs erkrankt, weil uns das Ozonloch vernichtet.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Dann wurde ja etwas gemacht!)

Wenn wir auf Ihre Prognosen für den Klimawandel hören, dann wird die Menschheit wahrscheinlich im 21. Jahrhundert aussterben, wenn wir nicht endlich damit anfangen, CO2 einzusparen. Ich kann diese Panikmache nicht mehr ernst nehmen.

Ich habe aber noch eine ganz andere Frage. Sie haben wieder mit dramatischen Worten vorgetragen, wie stark die Vogelbestände zurückgingen, und das Insektensterben angeführt – Bienen und Hummeln sterben. Wie stehen Sie dazu, dass die Windkraftanlagen, die Sie wollen, die Sie auch in den Wäldern wollen, massenhaft Vögel töten und

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

massenhaft, in Milliardenmengen, jeden Tag Insekten töten?

(Marco Böhme, DIE LINKE: Auf den Autobahnen auch! Wollen Sie die Autobahnen auch abschaffen, oder was?)

Wie passt das zusammen mit der Dramatik, die Sie hier ständig vortragen?

Herr Günther, bitte.

Zunächst zu der ersten Frage, wenn man aktuell anstehende Gefahren wie Waldsterben etc. anspricht: Ja, genau das hat dazu geführt, dass man etwas dagegen getan hat. Das genau ist nämlich Politik: Probleme erkennen, Gegenmaßnahmen ergreifen und dadurch verhindern, dass diese Folgen eintreten, die sonst ungehindert eintreten. Das ist erfolgreiche grüne Politik. Man kann natürlich auch den Kopf in den Sand stecken.

Zum Thema Panikmache oder Umgang mit Fakten. Ich habe aufgrund meiner Redezeit darauf verzichtet – auch bereits vorhin –, auf Ihre Dinge einzugehen, weil es geradezu lächerlich ist. Das wissen mittlerweile sämtliche Schüler. Da müssen Sie nur einmal zu einer Friday-forFuture-Demo gehen. Die können das einzeln auseinandernehmen, was Sie vorher für ein Zeug dargelegt haben. Das kann man seiner Zielgruppe gemäß gern vortragen, es ist aber nach außen einfach nicht ernst zu nehmen. Wenn Sie uns dann fragen, warum wir GRÜNEN etwa massenhaft Windkraft in den Wald setzen wollen, – –

(Zurufe der Abg. Jörg Urban, AfD, und Antje Feiks, DIE LINKE)

Wir können quasi auch in Dauerschleife gehen. Wir GRÜNEN haben als Landesverband in Sachsen einstimmig einen Beschluss gefasst, dass wir keine Windkraft im Wald wollen.

Ja, wir finden uns hier im sächsischen Parlament wieder. Finden Sie sich einfach einmal damit ab. Es geht um die Lösung von Zielkonflikten; es geht um das Problem, wenn der Klimawandel so weitergeht, dass dann ein Großteil der Arten, die Sie jetzt gern schützen wollen, gar nicht mehr von den Lebensraumansprüchen her vorkommen könnte.

(Jörg Urban, AfD: Das ist Panikmache!)