Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich das nicht in Ordnung finde. Wir haben gestern über 30 Minuten dieses Spiel betrieben.

Herr Wurlitzer, Sie brauchen nicht mit mir zu diskutieren. Ich habe zwei Schriftführer rechts und links sitzen, die das genauso sehen.

(Uwe Wurlitzer, fraktionslos: Das wundert mich überhaupt nicht!)

Deshalb müssen Sie die Entscheidung so akzeptieren.

Wir fangen wieder von vorn an. Es beginnt wieder die CDU-Fraktion, Herr Fritzsche.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen zu der Aktuellen Debatte.

Ich will noch einmal deutlich machen, dass es für uns als CDU natürlich gerade beim Thema Wohnen wichtig ist, auch Maß und Mitte zu finden. Deshalb haben wir uns gerade in der Koalition eben mit Augenmaß darauf verständigt, dass wir sowohl den sozialen Wohnungsbau fördern mit Schwerpunkt in Leipzig und Dresden und im gleichen Atemzug die Eigentumsbildung und den Erhalt sowie den altersgerechten Umbau von Wohneigentum im ländlichen Raum unterstützen.

Zum Thema Mietpreisbremse. Warum sind wir bei diesem Thema zurückhaltend? Herr Schollbach hatte Beispiele aufgeführt. Aber ich glaube, es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass das größte Problem der Mietpreisbremse ist, dass sie nicht funktioniert. Das ist das Kernproblem der Mietpreisbremse, und ein untaugliches Instrument in Sachsen einzuführen, erschließt sich mir nicht.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Sie möchten eine Zwischenfrage stellen? – Bitte, Herr Schollbach.

Vielen Dank. Sie haben eben die Mietpreisbremse als untaugliches Instrument bezeichnet. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob Sie mir beantworten können, welche Regierungskoalition das war, die im Bundestag dieses untaugliche Instrument beschlossen hat.

Das kann ich Ihnen natürlich beantworten. Ich glaube, Sie wissen es auch selbst. Daher will ich Ihnen sagen, wie es weitergeht. Ich glaube, Sie sehen, wenn Sie zum Bund schauen, dass dort gerade das Thema Mietpreisbremse überarbeitet wird. Es wird nach neuen Regularien gesucht. Ich hoffe, dass es für großstädtische Kontexte gelingt, eine entsprechende Mietpreisbremse zu finden, die dann auch funktioniert. Die soll allerdings nur dort zur Anwendung kommen, wo tatsächlich angespannte Wohnungsmärkte vorliegen. Dafür muss ein klarer Nachweis erbracht werden. Das können wir hier in Sachsen im Moment nicht sehen.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie noch eine zweite Nachfrage? – Herr Schollbach, bitte.

Sie haben eben ausgeführt, dass Sie in Sachsen keine angespannten Wohnungsmärkte sehen. Ich gehe davon aus, dass Sie das auch auf Leipzig und Dresden beziehen.

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch § 556 d ist unter anderem ein angespannter Wohnungsmarkt dann gegeben, wenn es nahezu keinen Leerstand mehr gibt und die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum nicht befriedigt werden kann. In Dresden ist der strukturelle Leerstand nahe null. Auch die entsprechenden Angebotsmieten bei neu errichteten Wohnungen liegen im Mittel inzwischen

bei über 10 Euro. Deshalb würde mich einmal interessieren, wie Sie zu der Einschätzung kommen, dass es in den beiden Großstädten keine angespannten Wohnungsmärkte gebe.

Herr Schollbach, da haben Sie mich etwas falsch verstanden. Ich glaube, ich hatte das in der ersten Runde schon deutlich gemacht.

Wir müssen zu einer Systematik kommen, die es uns ermöglicht, etwas genauer hinzuschauen. Wir sehen es bestätigt, dass zum Beispiel in Leipzig in bestimmten Quartieren, in bestimmten Stadtvierteln sehr wohl eine angespannte Wohnungsmarktsituation existiert. Aber Sie können in Leipzig im Prinzip in einem kleinen Radius um die Innenstadt herum Wohnungen in im Moment weniger nachgefragten Stadtvierteln finden. Insofern wird es schwierig, den Nachweis über einen tatsächlich überall in der Stadt angespannten Wohnungsmarkt zu führen.

Wenn es gelingt, diesen Nachweis punktuell zu führen, dann gibt es ein klares Regularium. Dann wäre ich immer dafür, nach diesem Regularium zu verfahren. Wichtig wäre natürlich, dass das Instrument, welches man dann zum Einsatz bringt, tatsächlich funktioniert. Ein untaugliches Instrumentarium brauchen wir nicht zum Einsatz zu bringen. Das ist die Kernbotschaft an dieser Stelle.

Ich fahre fort und wollte noch auf Kollegen Günther eingehen. Ich glaube, mit Blick auf das Geld vom Bund muss man klarstellen, dass es dabei um soziale Wohnraumförderung geht, und zwar in ihrer ganzen Breite. Es ist ein Stück des Problems, dass es immer auf sozialen Wohnungsbau verkürzt wird.

Wenn wir uns unsere Wohnungsmärkte anschauen, dann sind die Maßnahmen, die wir daraus unterstützen, gerechtfertigt. Es wurde mehrfach gesagt, dass wir in Sachsen eine sehr geringe Eigentumsquote haben. Das ist durchaus ein soziales Thema, das man in Angriff nehmen kann. Ich denke, das machen wir.

Abschließend will ich ganz klar sagen: Wer sich gegen die Enteignung von Wohnungsunternehmen stellt, ist nicht neoliberal, sondern verteidigt unser Grundgesetz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Die SPD-Fraktion, Herr Abg. Pallas, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte in der zweiten Runde auf Gesagtes reagieren und beginne zunächst mit der Kritik der LINKEN, die ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, und zwar die Kritik an der SPD; nicht nur, weil es die SPD ist, die im Bund erst für die Mietpreisbremse und auch für deren Weiterentwicklung sorgt, die sich für Verbraucherschutzinteressen einsetzt, die dafür gesorgt hat, dass die Modernisierungsumlage abgesenkt wird. Nicht nur, weil es die SPD ist, die sich in der Koalition in Sachsen für die Einführung des soziales Woh

nungsbaus und eine millionenschwere Förderung eingesetzt hat.

Nein, vor allem kann ich es nicht nachvollziehen, weil es DIE LINKE ist, die zum Beispiel in der Landeshauptstadt Dresden sozusagen in Regierungsverantwortung ist. Sie tragen Verantwortung für die Steuerung des Unternehmens „Wohnen in Dresden“. Ich habe vorhin schon ausgeführt, dass es dieses Unternehmen leider nicht geschafft hat, die vom Freistaat Sachsen zur Verfügung gestellten Mittel in Projekte des sozialen Wohnungsbaus umzusetzen. Das wird sich sicher bessern, aber auch das gehört zur Wahrheit. Dann stellen Sie sich hierhin und üben harsche Kritik. Das muss ich einfach zurückweisen,

(Beifall bei der SPD)

umso mehr, als die Situation in Dresden bis heute von der damaligen Entscheidung bestimmt wird, die Woba zu verkaufen. Herr Schollbach, das kann ich Ihnen nicht ersparen: Zur Ehrlichkeit gehört eben auch, dass die damalige PDS-Fraktion zur Hälfte diesem Verkauf zugestimmt hat.

(Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

Es sei Ihnen zugestanden, dass es seitdem einen Wanderungsprozess aus der PDS heraus gegeben hat.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Nicht seitdem, sondern in dem Moment!)

Aber die damalige Hälfte der PDS-Fraktion, die auf dem Ticket der Partei PDS in Dresdner Stadtrat gesessen hat, hat mit der CDU, der FDP und der Bürgerfraktion zusammen die Dresdner Woba verkauft. So und nicht anders ist die Lage.

(Beifall bei der SPD)

Noch ein Wort zur Frage der Enteignung und damit zusammenhängenden Themen. Ich bitte das richtig zu verstehen. Gerade in den Städten, wo wir jeden Zentimeter Immobilie, Wohnraum brauchen, ist es ein Unding, dass manche Eigentümer ganz gezielt Grundstücke unbebaut lassen, um im Laufe der Zeit einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Da gibt es Möglichkeiten, die weit unter der Enteignung liegen, wo die Kommunen tätig werden können. Ein Stichwort ist hier die Bebauungspflicht aus dem Baurecht. Dafür gibt es wirklich viele Instrumentarien.

Wir können es uns aber nicht bieten lassen, dass am Ende Eigentümer dazu beitragen, dass sich die Mietpreise weiter erhöhen. Deshalb muss dieser Bestandteil der bundesrepublikanischen verfassungs- und baurechtlichen Wirklichkeit weiterhin als Drohszenario bestehen bleiben und als Ultima Ratio zur Anwendung kommen können.

Aber klar ist auch: Das, was wir brauchen, ist Wohnraum. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum. Da muss gebaut werden. Der Markt richtet das nicht. Deshalb brauchen wir den sozialen Wohnungsbau und die entsprechende öffentliche Förderung.

An dieser Stelle noch ein Wort zu Herrn Fischer. Ich finde es unsäglich, wenn sich jemand hier hinstellt und sagt: Solange Leerstand im ländlichen Raum herrscht, wird er den sozialen Wohnungsbau in den Städten bekämpfen.

Das kann doch nicht die Wahrheit sein. Gerade weil wir so unterschiedliche Probleme haben und weil Mieterinnen und Mieter in Stadt und Land unter der Situation leiden, dürfen wir die Großstädte und die ländlichen Regionen nicht gegeneinander ausspielen. Wir müssen es zusammendenken. Darum geht es, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dafür müssen wir die uns zur Verfügung stehenden Instrumente und deren Wirksamkeit genau überprüfen, und das tun wir auch in der Koalition. Wir müssen für mehr Gerechtigkeit am Wohnungsmarkt sorgen, egal ob in Klein-, Mittel- oder Großstädten oder in den ländlichen Räumen. Es zählen mietpreispolitische Maßnahmen, wie Kappungsgrenze und Mietpreisbremse, ebenso dazu wie Zuschussförderung für Bautätigkeit. Dazu gehört auch deren Erweiterung, damit kleine und mittlere Einkommen irgendwann davon profitieren können und nicht gezwungen sind, aus ihrem angestammten Stadtteil wegzuziehen, da die Mietpreisentwicklung dort ein Wohnen unmöglich macht.

Darum geht es doch. Niemand will den Leuten irgendetwas vorschreiben, aber es kann nicht sein, dass wir die Probleme im ländlichen Raum dadurch lösen, dass die Mieterinnen und Mieter in den Städten weiter leiden müssen.

Es gibt ein Hemmnis bei dieser Frage: Es ist das Denken in Gebietskörperschaften. Das wird ein Stück weit aufgelöst durch die regionalen Planungsverbände, aber ich denke, dort müssen wir noch besser werden.

Bitte zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Wir brauchen integrierte Entwicklungskonzepte, interkommunal abgestimmte Flächen- und Siedlungsentwicklung, gemeinsame Wohnraumversorgungskonzepte und – das haben wir bereits gehört – eine attraktive Anbindung der Städte in ihr Umland durch ÖPNV- und SPNV-Ausbau.

Bitte zum Schluss kommen.

Dann haben wir eine Chance, diese Entwicklung zum Wohl aller Mieterinnen und Mieter und Sächsinnen und Sachsen zu verbessern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)