Wenn diese in den Großstädten sind, entsteht dort ein Kampf zwischen denen, die schwach sind und wenig haben,
und denen, die neu dazugekommen sind, aber auch denjenigen, die wenig haben, weil sie hier keine auskömmliche Arbeit haben. Das heißt, diese beiden Gruppen streiten sich am Ende um den verbleibenden günstigen Wohnraum.
Das gehört zur Wahrheit auch dazu. Aber das hat von Ihnen leider noch niemand gesagt. Deshalb danke ich auch Herrn Barth, dass er diese Frage gestellt hat.
(Zuruf des Abg. René Jalaß, DIE LINKE – Albrecht Pallas, SPD: Dann müssten Sie ja für den sozialen Wohnungsbau sein!)
Meine Damen und Herren! Sie müssen einfach nachbessern. Wenn Sie diese großen Probleme nicht angehen und nur im Kleinen versuchen nachzubauen, dann ist diese Politik keine soziale Politik, sondern eine asoziale Politik.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es bricht nicht gleich der Sozialismus aus, wenn im begründeten Einzel
fall Enteignungen stattfinden. Das ist einfach bundesrepublikanische Normalität. Wenn es um generelle Enteignung ginge, wie in der DDR, dann wären wir GRÜNEN deutlich dagegen, darauf können Sie sich verlassen.
Ein Hinweis an Kollegen Fritzsche: Für die Überlegungen, dass dieses Geld vom Bund zielgerichtet für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt und möglichst verdoppelt wird, sprechen sich auch Ihre Unionskollegen aus. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an Herrn Rehberg, CDU, oder an, als er noch im Amt war, Herrn Ramsauer, CSU. Diese haben das zum Thema gemacht und sogar darüber diskutiert, ob sie das nicht noch rechtsverbindlicher machen können oder das Geld wieder wegnehmen.
Wir möchten auch darauf hinweisen, und zwar aus dem Grund, dass hier kein Klassenkampf ausbricht: Natürlich gibt es unter Wohnungs- und Hauseigentümern genauso viele Miethaie und Spekulanten, wie es ganz normale private Leute gibt, die dort ihr ganzes Erspartes hineinversenkt haben; genauso wie es auch einige Fonds geben mag, in denen manche Leute ihr Rentenkapital darin haben, aus dem man als Angestellter privat seine Riesterrente oder was auch immer für eine Rente herausbekommt. Es ist nicht gut oder böse, Hauseigentümer oder Mieter zu sein, aber das führt nicht dazu, dass wir die Probleme in den Großstädten nicht ernst nehmen müssten.
Wenn wir dort diese Dynamik mit den steigenden Mieten und dem knappen Wohnraumangebot haben, dann haben wir ein Problem, und dann müssen wir es lösen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen – besonders an Herrn Kollegen Fischer gerichtet, der, glaube ich, nicht mehr anwesend ist –: Die Wohnungsprobleme der großen Städte Leipzig und Dresden werden wir nicht in Coswig lösen können. Das ist mir auch fast zu absurd, als dass ich das jetzt im Einzelnen noch einmal erläutere.
Wird noch eine weitere Runde gewünscht? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung, Herr Minister Prof. Wöller, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Es ist ein in der Sächsischen Verfassung verankertes Menschenrecht. In einem reichen Land darf niemand gezwungen sein, auf der Straße zu leben, nur weil er die Miete für seine Unterkunft nicht bezahlen kann.
Sehr vieles, was wir seit mehreren Tagen öffentlich hören, und manches von dem, was heute in diesem Hohen Hause
gesagt worden ist, verfehlt die Realität. Die Realität ist, dass wir weder in Dresden noch in Leipzig, geschweige denn sonst irgendwo in Sachsen eine Wohnungsmarktsituation haben, die als Wohnungsnot bezeichnet werden kann.
Die Realität ist, dass die Liste der günstigsten Großstadtmieten von Chemnitz angeführt wird. Sowohl Dresden als auch Leipzig liegen unter den TOP 10 der 77 deutschen Großstädte mit der niedrigsten Mietbelastung.
Die Realität ist, dass Dresden und Leipzig wachsende, attraktive Städte sind, und das auch, weil ihre vergleichsweise günstigen Mieten eine große Anziehungskraft haben. Realität ist auch, dass in beiden Städten die Mieten steigen. Aber der Anstieg der Angebotsmieten in unseren beiden wachsenden Städten liegt nach wie vor unter dem bundesweiten Durchschnitt.
Die Realität in Sachsen ist: Leipzig und Dresden sind völlig zu Recht begehrte, dynamische Lebensräume. Dafür haben wir im Freistaat mit vielfältigen Förderungen über drei Jahrzehnte sehr viel investiert, nicht zuletzt im Städtebau, im Wohnungsbau und im öffentlichen Personennahverkehr, den wir mit mehreren Millionen Euro jährlich zu Recht auch subventionieren.
Das heißt aber auch, dass Mieten steigen oder damit manchen Neu-Dresdnern den Weg in das Umland mit seinen günstigen Mieten, hohen Leerständen und guten ÖPNV-Verbindungen weisen. Allein entlang der gut getakteten S-Bahnlinie Meißen – Pirna liegen wunderschöne Städte mit Leerstandsquoten von 8 bis 12 % und mit Angebotsmieten, deren Mediane zwischen 5,50 Euro und 6,00 Euro liegen.
Darum fördern wir auch im Umland von Dresden und Leipzig die vielen kleineren Städte in Sachsen, die attraktive Alternativen sind. So stärken wir den ländlichen Raum und entlasten die Großstädte. Gleichzeitig fördern wir in Dresden und in Leipzig den Bau von Sozialwohnungen. Das tun wir mit Augenmaß und natürlich im begrenzten Umfang. Wichtiger als kommunal verwaltete Belegwohnungen ist aus meiner Sicht die direkte Förderung der betroffenen Bürger, die es sich nicht leisten können.
Daher hatte sich Sachsen für eine Dynamisierung und Erhöhung des Wohngeldes eingesetzt. Gemeinsam mit anderen Bundesländern ist es gelungen, beides in den aktuellen Entwurf des Wohngeldgesetzes aufzunehmen.
Meine Damen und Herren! Eine große Herausforderung im ländlichen Raum ist die schwierige Bevölkerungsent
wicklung. Die bekannten demografischen Entwicklungen werden durch die Wanderung der jungen Menschen, die in die Schwarmstädte ziehen, noch verschärft. Im Ergebnis kämpfen die Wohnungsmärkte der Gemeinden im ländlichen Raum mit teilweise sehr hohen und weiter wachsenden Leerstandszahlen und gleichzeitig mit der Anforderung, den Wohnungsbestand für die wachsende Zahl der älteren Menschen passfähig zu machen. Ohne die jahrelange Rückbauförderung im Städtebau wäre die Leerstandssituation noch viel schwieriger.
Leerstand bedeutet niedrige Mieten und – auch das kam in der Debatte zum Ausdruck – in deren Folge Schwierigkeiten bei der Refinanzierbarkeit der zu sanierenden Wohnungen. Der Gebäudebestand wird auf Verschleiß gefahren. Dringend notwendige Anpassungen, zum Beispiel seniorengerechte Wohnungen, sind so nur sehr schwer möglich. Wir suchen derzeit nach Lösungen, um im Zusammenspiel von Städtebauförderung und Wohnraumförderung diese Herausforderung zu meistern. Es sind nicht wenige Bürgermeister und Oberbürgermeister, mit denen wir auch persönlich Gespräche führen, die auf dieses Problem hingewiesen haben. Es gibt teilweise Leerstandsquoten von über 30 %.
Bereits jetzt fördern wir den seniorengerechten Umbau von Mietwohnungen und auch von Eigenheimen. Allein im vergangenen Jahr haben wir die Anpassung von rund 1 500 Wohnungen gefördert. Das verstehe ich unter einer sozial gerechten Wohnungspolitik. Konkrete Lösungen für konkrete Probleme, auch und gerade für ältere und behinderte Mitmenschen.
Meine Damen und Herren! Im letzten Jahr haben wir eine weitere Förderung eingeführt, die sich speziell auf den ländlichen Raum bezieht. Zinsgünstige Darlehen mit bis zu 80 000 Euro für den Bau, den Erwerb oder die Einrichtung von Eigenwohnraum und bis zu 40 000 Euro, was die Sanierung betrifft. Langlaufende Darlehen mit einer Laufzeit von 25 Jahren, einem niedrigen Zins – derzeit 0,75 % – und mit nachrangiger Besicherung, das heißt außerhalb des Bankrechts. Das macht es so attraktiv, gerade weil junge Familien, die keine Sicherheit haben, oder Senioren, die nicht mehr einen so langen Beleihungsauslauf haben, davon im Wesentlichen profitieren.
So wird Wohnraum und Wohneigentum gefördert. Das ist auch dringend notwendig, denn Sachsen hat mit 33 % die geringste Eigentumsquote aller Flächenländer. Wohnraum bietet aber nicht nur einen sicheren Rahmen für das Aufwachsen von Kindern, sondern ist gleichzeitig eine wichtige Altersvorsorge und hilft jungen Menschen mit Familie, Beruf und Familie gut zu vereinbaren. Nebenbei formuliert: Wohneigentum ist auch ein Beitrag zum Thema Sicherheit in der Nachbarschaft, im Ortsteil und in der Kommune.
Auch das ist ein wichtiges Element einer gerechten Sozialpolitik. Natürlich fördern wir in Dresden und in Leipzig den Bau und die Sanierung von Sozialwohnungen für Geringverdiener. Das machen wir mit Augenmaß und in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Kommunen
Dresden und Leipzig. Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen das Ziel nicht mit den Mitteln verwechseln. Ziel ist nicht, vordergründig sozialen Wohnungsbau zu betreiben und fördern, sondern bezahlbaren Wohnraum für Geringverdiener zu schaffen.
Ein Mittel hierfür ist die soziale Wohnraumförderung, und es ist aus meiner Sicht noch nicht einmal das Mittel der ersten Wahl, denn wir wissen bereits, dass der soziale Wohnungsbau nicht das wirtschaftlichste Instrument ist. Was die soziale Treffsicherheit anbelangt, so gilt auch, dass wir mit Fehlbelegungen zu kämpfen haben. Ich habe mir neulich noch einmal das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesinnenministerium für Wirtschaft und Energie bezüglich des Wohnungsbaus zu Gemüte geführt. Wir haben derzeit eine Fehlbelegung von über 23 % in der Bundesrepublik Deutschland.
Das heißt, jede vierte sozial geförderte Wohnung wird von Menschen bewohnt, die mehr als das Durchschnittseinkommen verdienen, die also überhaupt nicht berechtigt sind. Damit geht teure Förderung am Ziel vorbei. Auch darüber müssen wir diskutieren, weil der Euro auch in der sozialen Wohnraumförderung nur einmal ausgegeben werden kann.
Abgesehen von der Schwierigkeit, dass wir damit auch soziale Brennpunkte schaffen, obwohl wir eigentlich eine Durchmischung erreichen wollen. Das alles wollen wir nicht.
Das Soziale im Wohnungsbau besteht darin, das Angebot an bezahlbaren Wohnungen zu erhöhen. Mir hat noch
niemand erklären können, wie wir durch die Verwaltung des Mangels eine einzige Wohnung mehr bezahlen.
Mir hat noch niemand erklären können, wie wir durch Enteignung eine einzige Wohnung mehr bezahlen können. Deshalb sind Sie, Herr Schollbach, und DIE LINKEN Experten im Verwalten des Mangels. Aber mir geht es darum, Angebote zu schaffen und damit auch die Preise zu senken. Dass unsere Strategie passt, zeigen die Zahlen in Dresden. In den Jahren 2016 und 2017 ist der Wohnungsbestand um 2 000 Wohnungen stärker gewachsen als die Zahl der Haushalte. Das ist in keiner anderen deutschen Großstadt der Fall, sondern dort ist es eher umgekehrt.