übernahm, liegt ziemlich genau zwölf Jahre zurück. Rund ein halbes Jahr später wurde die Sachsen LB endgültig auf die LBBW verschmolzen.
Ist das also nur eine historische Debatte? – Mitnichten. Auch wenn es zugegebenermaßen ein spannendes Lehrstück für die unseriöse Finanzpolitik der sächsischen CDU ist. Nur wenige deutsche Landesregierungen haben es mit einer für die CDU typischen Mischung aus Größenwahn und dem Glauben an die eigene Unfehlbarkeit geschafft, so nachhaltig steuerfinanziertes Landesvermögen zu vernichten.
Lassen Sie mich zunächst etwas weiter in der Historie zurückgehen, um zu verstehen, was eigentlich passiert ist.
1991 wurde auf Beschluss des Landtags die Sachsen LB als Anstalt des öffentlichen Rechts ins Leben gerufen. Ihre Aufgabe war die einer Staats- und Kommunalbank und der Zentralbank der sächsischen Sparkassen. Besondere Bedeutung erlangte sie bei der Erfüllung strukturpolitischer Aufgaben im Freistaat. Diese Aufgaben hat die Bank zuverlässig erfüllt. Sie hat sogar Gewinne abgeworfen und natürlich regelmäßig Ertragssteuern gezahlt, zwar in bescheidenem Umfang, aber immerhin.
Doch bereits Ende der Neunzigerjahre galt: Sachsen ist nicht groß genug für das Rad, das der Freistaat als Eigner drehen wollte. Entgegen den Empfehlungen externer Berater sollte der öffentliche Auftrag der Landesbank systematisch zurückgefahren und die Bank zu einer Kapitalmarktbank umgeformt werden. Eine dauerhafte Eigenkapitalrendite von 15 % war das Ziel, auch wenn das zu keinem Zeitpunkt seriös unterlegt werden konnte. Also musste man wachsen, und das schnell.
Die Bank gründete Tochterstrukturen, auf die sie in Überschreitung der im Errichtungsgesetz festgeschriebenen Kompetenzen Patronatserklärungen abgab. Aber das Finanzministerium schritt nicht ein. Ein interessantes Nebenereignis ist dabei, dass das Innenministerium zeitgleich den sächsischen Kommunen mitteilte, dass solche Patronatserklärungen eine derartige Verpflichtungswirkung entfalten, dass sie grundsätzlich unzulässig seien und rechtsaufsichtlich nur im äußersten Ausnahmefall genehmigt werden könnten. Doch egal, das Finanzministerium wollte davon nichts wissen und träumte weiter von 15 % Eigenkapitalrendite.
Bis Ende 2006 wurden die über verschiedene Konstrukte abgewickelten Kapitalmarktgeschäfte auf 41 Milliarden Euro ausgeweitet. Das entsprach fast dem Dreifachen des damaligen Landeshaushaltes. Dem stand ein Kernkapital von 1,4 Milliarden Euro gegenüber. Anders gesagt: Die eigentlich bei Gründung der Bank festgeschriebenen Aufgaben machten zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mehr 20 % des Geschäftsvolumens aus. Der Rest bestand aus Zocken, Risikogeschäften, Immobiliendeals, die man offenkundig nur teilweise durchschaute, und einer Augenzu-und-durch-und-es-wird-schon-gutgehen-Mentalität.
Selbst die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht stufte das neue Geschäftsmodell als unseriös und nicht tragfähig ein und ging davon aus, dass die Landesbank bei der kleinsten Störung auf den Finanzmärkten wenn schon nicht kollabieren, so doch in schwerstes Fahrwasser geraten würde, und zwar mit unabsehbaren Folgen für den Landeshaushalt. Egal, das Finanzministerium träumte weiter von 15 % Eigenkapitalrendite.
Doch dann ging es plötzlich recht schnell. Tatsächlich führten bereits erste Störungen des Finanzmarktes zu Notverkäufen aus dem Portfolio und brachten die Bank in eine existenzbedrohende Schieflage. Das Tragische war, dass erst rund vier Wochen vor der Veräußerung der Bank an die LBBW dem Finanzministerium dämmerte, dass das ganze Projekt im ganz großen Schiffbruch enden wird. Bis dahin gab man sich mit der Versicherung der Banker
zufrieden, dass die Liquidität gesichert sei und es keinen Anlass zur Panik gebe. Wie gesagt, das CDUFinanzministerium duckte sich weg und träumte von dauerhaft mindestens 15 % Eigenkapitalrendite. Oder wie es der Rechnungshof in einem vernichtenden Gutachten zu den Ursachen des Landesbankdesasters im März 2009 formulierte: „Es war unverantwortlich, dass angesichts der Größenordnung der Geschäfte und der vollen Haftung des Freistaates Sachsen für alle Risiken keine intensivere Diskussion über die jeweiligen Entwicklungen geführt wurde.“ Jeder, der die nüchtern zurückhaltende und an belegbaren Fakten orientierte Ausdrucksweise des Rechnungshofes kennt, weiß, dass das im Grunde die höfliche Umschreibung für den Totalausfall des Finanzministeriums ist.
Wir können rückblickend eigentlich noch von Glück reden, dass die vom damaligen Finanzminister und späteren Ministerpräsidenten Milbradt forcierte und mit den Stimmen der CDU im Landtag bereits in Gesetzesform gegossene Gründung des Sachsenfinanzverbundes per Volksentscheid 2001 gestoppt wurde und die kommunalen Sparkassen nicht mit der Landesbank und der SAB zwangsverbunden wurden. Sonst hätte der Größenwahn der Sachsen LB womöglich den gesamten öffentlichrechtlichen Finanzsektor im Freistaat mit in den Abgrund gerissen.
Aber kehren wir von unserem Exkurs in die Gegenwart zurück; denn das Lehrstück hält noch immer an, meine Damen und Herren. Dazu mehr in der zweiten Runde.
Das war Herr Brünler für die Fraktion DIE LINKE. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Abg. Liebhauser. Herr Liebhauser, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE fordert in ihrem Antrag zum jetzigen Zeitpunkt eine umfassende Bilanz zum Verkauf der Sachsen LB sowie darüber hinaus noch einen Bericht des Sächsischen Rechnungshofes zu den finanziellen und wirtschaftlichen Folgen dieses Verkaufs.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wundere mich schon über diesen Antrag, wenn ich ehrlich bin. Denn vor etwas mehr als einem Jahr, am 26. April 2018, sprach Kollege Tischendorf an dieser Stelle noch ganz anders – ich zitiere –: „Dazu muss ich Ihnen sagen, dass wir im Haushalts- und Finanzausschuss – egal, von welchem Finanzminister – immer ins Bild gesetzt worden sind; am Anfang etwas zu spät, das haben wir kritisiert. Dann sind wir immer ins Bild gesetzt worden.“ Sie sehen, meine Damen und Herren, wir sind bisher umfassend in Kenntnis gesetzt worden.
Im zuständigen Haushalts- und Finanzausschuss wurden wir quartalsweise ausführlich über den aktuellen Stand
informiert. Zudem erhielt der Sächsische Landtag einmal jährlich einen Bericht über den Vollzug der Höchstbetragsgarantien und über die Einnahmen sowie Ausgaben des Garantiefonds. Auch die Öffentlichkeit wurde regelmäßig in Kenntnis gesetzt.
Über diesen Stand hinaus gibt es aktuell keine neuen Erkenntnisse, die diesen Antrag rechtfertigen würden. Für eine reine haushalterische Aufbereitung liegen noch nicht alle Fakten auf dem Tisch. Wie Sie wissen, braucht es erst noch die Auflösung des Fonds, bevor ein Abschluss erfolgen kann. Das wird sicher noch einige Monate dauern. Wenn es Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von den LINKEN, darüber hinaus jedoch um eine politische Aufarbeitung geht, dann wissen Sie aus vielen Diskussionen, die hier geführt wurden, dass die politische Verantwortung für die Sachsen LB die damalige Regierung übernommen hatte und zudem die Mitglieder des damaligen Vorstandes juristisch zur Verantwortung gezogen wurden.
Wir alle sind uns in der Bewertung einig: Die Finanzkrise und die Verfehlungen des Managements der Sachsen LB waren für uns alle ein Schlag ins Gesicht, und natürlich hätte ich mir persönlich eine bessere Verwendung der 1,87 Milliarden Euro gewünscht. Diese Mittel fehlen zweifellos im Haushalt. Aber ich bin froh, dass es uns im Freistaat Sachsen gelungen ist, den Notverkauf der Sachsen LB souverän bewältigt zu haben. Letztendlich sind wir dabei mit einem blauen Auge davongekommen. Auch das, sehr geehrte Damen und Herren, ist vorausschauende Haushalts- und Finanzpolitik.
Meine Verwunderung über Ihren Antrag beruht aber noch auf einem anderen Grund: Nach anfänglichen politischen Differenzen sind wir in den vergangenen Jahren bei diesem Thema insgesamt sehr fair und konstruktiv miteinander umgegangen, weil uns allen hier im Hohen Haus bewusst war, welche große Last damit verbunden ist. Es ist uns parteiübergreifend gelungen, diese Aufgabe zu meistern. Wir liegen heute in den letzten Zügen, um die Höchstbetragsgarantie abzuschließen. Wenn die Sealink, also die Gesellschaft, liquidiert und der Garantiefonds aufgelöst ist, sollten wir gemeinsam einen Schlussstrich ziehen.
Dann ist es auch an der Zeit, dem Sächsischen Landtag und der Öffentlichkeit einen abschließenden Bericht vorzulegen. Dieser wurde vom Finanzministerium in seiner Stellungnahme bereits angekündigt und ist vorgesehen. Aber zum heutigen Zeitpunkt einen weiteren Zwischenbericht abzugeben, wie von Ihnen gefordert, ist unnötig. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der LINKEN ist ein willkommener Anlass, in dieser Legislaturperiode nochmals über die Sachsen LB zu sprechen. Aber mein Vorredner Kollege Liebhauser hat bereits deutlich gemacht, dass wir in den letzten Jahren umfassend informiert worden sind: im Haushalts- und Finanzausschuss über 20-mal; denn quartalsweise haben wir Informationen erhalten, und auch im Parlament sind wir jährlich durch eine Drucksache über den Stand der Sachsen LB informiert worden. Vom Kollegen Brünler wurde ebenfalls deutlich gemacht, wie die Lage vor gut zwölf Jahren war.
Im Sommer 2007 ist die Sachsen LB in massive Schieflage geraten und wurde abgewickelt. Wir haben damals 2,75 Milliarden Euro vorgehalten, um die Risiken abzudecken. Es waren damals Risiken – ich möchte daran erinnern – von fast 45 Milliarden Euro, die angehäuft wurden. Insofern konnten wir – ich sage ungern: froh sein und uns damals glücklich schätzen –, dass wir das Risiko für den Freistaat auf 2,75 Milliarden Euro beschränken konnten. Das war trotzdem viel zu viel Geld. Dass wir am Ende ziemlich genau 1,871 Milliarden Euro ausgegeben, also eine gute Milliarde – in Anführungszeichen – gespart haben, ist gut, denn diese Milliarde konnten wir in den Freistaat, in Zukunftsaufgaben investieren. Wir haben das Geld auch für den Zukunftssicherungsfonds und für den Breitbandausbau verwendet und es für den Freistaat gut angelegt.
Trotzdem ist jeder dieser 1,871 Milliarden Euro, die wir ausgeben mussten, ein Euro zu viel. Ich erinnere mich, dass von der schwarz-gelben Vorgängerregierung das Sachsen-LB-Desaster benutzt wurde, um Kürzungen zu rechtfertigen. Wir haben damals bereits gesagt, dass dies nicht nötig gewesen wäre; aber es ist immer wieder aufgegriffen worden. Das ist bedauerlich, keine Frage, Frau Kollegin Schubert.
Nun möchte ich trotzdem gern einige Perspektiven nennen. Ich habe ganz klar gesagt, von den 1,8 Milliarden ist jeder Euro einer zu viel, und wir hätten das Geld in Sachsen sehr gut anders verwenden können. Aber wenn man die Perspektive auch einmal auf andere Bundesländer ausweitet, dann können wir festhalten, dass wir – es ist vielleicht mehr als mit einem blauen Auge – auf jeden Fall noch besser weggekommen sind als viele andere Bundesländer. Ich erinnere nur an die HSH Nordbank: 14 Milliarden Euro, die Schleswig-Holstein und Hamburg aufbringen mussten. Wir haben 5 Milliarden Euro bei der Bayerischen Landesbank. Für die WestLB, an die wir die Sachsen LB übrigens im Frühjahr 2007 beinahe noch verkauft hätten, hat Nordrhein-Westfalen am Ende 8 Milliarden Euro hinlegen müssen und die WestLB komplett zerschlagen, und selbst die LBBW, die die Sachsen LB weitestgehend übernommen hat, musste 3 Milliarden Euro Rückstellung realisieren.
Dies alles sind sehr, sehr hohe Zahlen. Es sind Gelder, die wir in den öffentlichen Haushalten gut für andere Aufgaben gebraucht hätten, die wir aber dann nicht nutzen
konnten, und in Sachsen, wie gesagt, die 1,8 Milliarden Euro ebenfalls nicht. Trotz allem kann aber, denke ich, niemand behaupten, dass in den letzten Jahren in irgendeiner Form Intransparenz geherrscht hätte. Ich halte es auch für richtig, dass man am Ende abrechnet. Aber man rechnet eben ganz am Ende ab, und der Garantiefonds ist noch nicht an seinem Ende angelangt. Es laufen noch die letzten Verhandlungen. Es sind noch 70,5 Millionen Euro in diesem Fonds, die für die Abwicklung des Ganzen gebraucht werden. Wenn dies vorliegt, können wir gern zu einer Endabrechnung kommen – aber zu gegebener Zeit und wahrscheinlich in der nächsten Legislatur.
Insofern ist der Antrag ein willkommener Anlass; aber wenn man hineinschaut und die Fragen, die darin formuliert sind, sieht, dann ist er eben nichts anderes als ein Schaufensterantrag zum Ende der Legislaturperiode. Das erkennen wir an, aber wir werden ihn als Fraktion und als Koalition ablehnen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Drucksache 6/13082: „Nicht benötigte Garantiefondsmittel zur Förderung von Projekten im ländlichen Raum verwenden“ – wir hatten bereits eine von der AfD beantragte Debatte über die Landesbank. Als ich vorhin der Diskussion und den Ausführungen von Herrn Brünler zuhörte, musste ich feststellen: Die CDU saß lethargisch in ihren Reihen. Als ich Ihnen vor reichlich einem Jahr dasselbe erzählt habe, haben Sie auf unseren Antrag mit Emotion, mit Aufgeregtheit, mit Betroffenheit und Wut erwidert.
(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Ja, weil Sie grundsätzlich andere Intentionen haben! Das ist nicht Ihr Ernst, oder?!)
Aber ganz grundsätzlich Danke an die Linksfraktion für diesen Antrag, der kurz vor der richtungsentscheidenden Landtagswahl am 1. September noch einmal den Fokus auf das größte Finanzdebakel in der 29-jährigen Regierungsgeschichte der CDU in Sachsen legt. Herr Gebhardt, wenn Sie aber jetzt denken, Sie erhalten unsere Zustimmung zu Ihrem Antrag,
Denn eine ehrliche Bilanzziehung des LandesbankDebakels kann erst dann erfolgen, wenn die Zweckgesellschaft vollständig liquidiert ist. Das Thema ist aber einfach zu schön, um sich als Politiker einer Oppositionspartei jetzt einfach wieder auf seinen Platz zu setzen, deshalb werde ich jetzt weiter ausführen.
Die CDU-geführte Staatsregierung hat mit der Gründung der eigenen Landesbank, mit der Expansion der Landesbank ins Ausland und mit der anschließenden mangelnden Kontrolle der irischen Tochtergesellschaft, die sich mit riskanten Hypothekengeschäften verspekulierte, ein
beispielloses Finanzfiasko verursacht. Zur Abwendung der Insolvenz der Landesbank hat die CDU-geführte Staatsregierung eine Garantieerklärung für Ausfallrisiken – wir haben es gehört – über 2,75 Milliarden Euro übernommen. Daraufhin musste der Freistaat bis heute rund 1,9 Milliarden Euro Garantiezahlungen leisten. Dieses CDU-Landesbank-Debakel und seine Folgen beschäftigen uns im Haushaltsausschuss seit vielen Jahren, und, Herr Liebhauser, ich muss zugeben: Im Haushalts- und Finanzausschuss sind wir ordentlich über die Abwicklung von Sealink informiert worden – regelmäßig, allerdings immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit und mit einer relativ spärlichen Pressemitteilung des Finanzministeriums nach außen.
Aus dieser Krise müssen wir für die Zukunft unsere Lehren ziehen. Windige Spekulationsgeschäfte, die Steuergelder unter CDU-Aufsicht vernichten, darf es nie wieder, wirklich nie wieder geben. Expansionsbestrebungen ins Ausland darf es nicht mehr geben und wird es mit der AfD in Zukunft auch nicht geben.
Das Ziel des Antrages, eine umfassende Bilanz der Folgen des CDU-Debakels zu ziehen, sehen wir jedoch als sinnvoll an. Dieses hat jedoch aus unserer Sicht erst dann zu erfolgen, wenn die Verwendung der angesparten Gelder in Garantiefonds vollständig ausgekehrt ist.
Interessant ist aber ein anderer Faktor: Die eigenmächtige Entnahme von circa einer Milliarde Euro durch die Staatsregierung halten wir für rechtswidrig. Damit erfolgte nämlich im Haushaltsvollzug 2018 die Aufstockung von Fördergeldern, die es der Regierung ohne Entscheidung des Landtages ermöglichte, viel Geld zu verteilen. Ein Schelm, wer im Wahlkampfjahr Böses dabei denkt. Hierzu würde uns die Bewertung des Sächsischen Rechnungshofes besonders interessieren.