Protokoll der Sitzung vom 20.01.2000

In der Praxis dürften diese Fälle allerdings nur selten vorkommen. Außerdem wären die Kostensteigerungen in Folge der maßvollen stufenweisen Stromsteuererhöhung ohne weiteres verkraftbar.

Was den angesprochenen Personennah- und Personenfernverkehr angeht, so betragen die Steuererhöhungen bei der Stromsteuer für den Schienenbahnverkehr jährlich nur 0,25 Pfennig je Kilowattstunde und bei der Mineralölsteuer jährlich nur 3 Pfennig pro Liter. Die Mineralölsteuererhöhung im genehmigten Linienverkehr mit Bussen oder Sammeltaxen bis zu 50 km erfolgt ebenfalls in Schritten von nur 3 Pfennig je Liter.

Mit diesen Steuerbegünstigungen trägt das Gesetz den umwelt- und verkehrspolitischen Zielen Rechnung, die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel gegenüber dem Individualverkehr zu begünstigen. Die verbleibenden Steuererhöhungen sind gering, aber berechtigt. Durch sie sollen die Verkehrsbetriebe dazu angehalten werden, ihren Fahrzeugpark nach und nach mit besonders sparsamen und umweltfreundlichen Fahrzeugen auszustatten. Durch diese Steuererhöhungen bedingte Fahrpreisanpassungen dürften sehr bescheiden ausfallen und sind deshalb sozial verträglich.

Gerade das letzte Jahr hat deutlich gezeigt, daß der Kostenfaktor Kraftstoff durch die Entwicklung der Rohölpreise und die Entwicklung des Dollarkurses weitaus nachhaltiger beeinflußt wird als durch die vorsichtige Steuererhöhung. Inzwischen sind die Kraftstoffpreise regional teilweise sogar unter das Niveau vor Inkrafttre

ten der zweiten Stufe der ökologischen Steuerreform gesunken.

(Zuruf von Frau Wiechmann, DVU)

- Am Wochenende! - Auch die höheren Kraftstoffkosten der Unternehmen des Güternah- und Güterfernverkehrs werden weit stärker durch die Entwicklung der Rohölpreise als durch die Mineralölsteuererhöhungen bestimmt. Die Steuererhöhung wirkt sich deshalb auf die Kostenstruktur dieser Betriebe nur marginal aus.

Die CDU/CSU-FDP-Bundesregierung hat die Mineralölsteuer in der Vergangenheit im übrigen weit stärker angehoben, ohne die Steuermehreinnahmen über eine Senkung der Lohnnebenkosten an Unternehmen und Arbeitnehmer zurückzugeben. Von diesem Entlastungseffekt werden aber auch die Unternehmen des Güternah- und -fernverkehrs profitieren. Wettbewerbsverzerrungen gegenüber ausländischen Verkehrsunternehmen sind nicht zu erwarten, da auch diese durch die Mineralölsteuererhöhungen belastet werden. Die Einfuhr ausländischen Kraftstoffs ist nur durch Auffüllen des Hauptbehälters des Lkw - bei Einfuhr aus Staaten außerhalb der EU gibt es eine Beschränkung auf 200 Liter je Lkw möglich und deshalb begrenzt.

Aus diesen Gründen sieht die Landesregierung zur Zeit keine Notwendigkeit, steuerrechtliche Vergünstigungen für das Transportgewerbe einzuführen.

Hinsichtlich des Werksverkehrs sprechen ähnliche Gründe gegen steuerrechtliche Sonderregelungen. Der Anteil der Transportkosten an den gesamten Produktionskosten ist darüber hinaus sehr gering, so daß deren stufenweise Erhöhung durch eine mäßige Anhebung der Mineralölsteuer vernachlässigt werden kann.

Frage 2, zu deren Beantwortung ich jetzt komme, unterstellt, daß auf die angesprochenen Bevölkerungskreise erhebliche finanzielle Belastungen zukommen. Dem muß widersprochen werden. Die Öko-Steuererhöhungen sind sehr maßvoll und belasten deshalb auch Rentner, Sozialhilfeempfänger usw. nicht in unzumutbarer Weise, soweit man einen normal üblichen Energieverbrauch unterstellt.

Die Liberalisierung des Strommarktes wird darüber hinaus auch in Sachsen-Anhalt zu Preissenkungen führen, die die Stromsteuererhöhungen mittel- und langfristig deutlich übersteigen. Das heißt, sie werden zu Kostenentlastungen führen.

Am 1. Januar dieses Jahres sind außerdem weitere Steuerrechtsänderungen in Kraft getreten, die insbesondere die Bezieher kleinerer Einkommen entlasten. Das Kindergeld ist je Kind um 20 DM erhöht worden. Für die nächsten Jahre plant die Bundesregierung zusätzliche erhebliche Nettoentlastungen, die nicht zuletzt den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen zugute kommen.

Die in erster Linie aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen der Bundesregierung zu erwartenden höheren Nettoeinkommen der Arbeitnehmer werden nach Ablauf der für die nächsten zwei Jahre vorgesehenen Rentenanpassung entsprechend dem Inflationsausgleich auch den Rentnerinnen und Rentnern höhere Bezüge garantieren. Die Entlastung der Wirtschaft bei Steuern und Sozialabgaben wird zudem über preiswertere Produkte auch den sozial schwächeren Bevölkerungskreisen helfen.

Auf die in Umschulung befindlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen ebenfalls keine höheren Belastungen zu. Die Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld, die Arbeitslosenhilfe und das Unterhaltsgeld bei beruflicher Weiterbildung ist das Nettoeinkommen. Da dieses ab Januar 2000 durch den niedrigeren Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung und eine geringere Steuerbelastung gestiegen ist, ist auch dieser Personenkreis Nutznießer dieser ökologischen Steuerreform.

Auch Sozialhilfeempfänger haben nicht mit einer Verschlechterung ihrer Lebenssituation zu rechnen. Soweit die Lebenshaltungskosten tatsächlich steigen sollten, sieht das Sozialhilferecht hierfür einen Ausgleich vor.

(Unruhe - Zuruf: Das ist zu schnell!)

Herr Minister, Sie sind offensichtlich nicht mehr zu verstehen. Sie müssen Ihr Redetempo etwas reduzieren.

(Herr Sachse, SPD: Es hallt so! - Herr Miksch, fraktionslos: Sie lesen die ganze Zeit schon ab! Das ist doch langweilig! Das ist gar nicht erlaubt nach der Geschäftsordnung!)

- Ich würde sagen, das lege ich dann schon fest.

Ich gebe zu, es handelt sich um relativ trockene Fakten. Aber wenn die Fragen so gestellt werden, dann muß das auch entsprechend beantwortet werden. Ich werde den Schluß meiner Rede in einem langsameren Tempo absolvieren.

Soweit die Lebenshaltungskosten tatsächlich steigen sollten, sieht das Sozialhilferecht hierfür einen Ausgleich vor. Die Energiekosten sind mit einem angemessenen Anteil im Warenkorb berücksichtigt und beeinflussen deshalb automatisch die jährliche Neufestsetzung der Sozialhilferegelsätze. Somit haben die Empfänger von Leistungen nach dem Bundessozialhilfe-gesetz durch die ökologische Steuerreform keine finanziellen Belastungen zu tragen.

Die Landesregierung sieht aus den dargelegten Gründen derzeit keinen Anlaß, Initiativen zum Ausgleich angeblicher finanzieller Einbußen der besagten Bevölkerungskreise zu ergreifen. Wir werden die weitere Entwicklung allerdings aufmerksam beobachten.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Minister.

Wir kommen nun zu Frage 2. Der Abgeordnete Herr Büchner, ebenfalls DVU-Fraktion, fragt nach den Landestätigkeiten bei insolvenzgefährdeten Großunternehmen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

1. Beabsichtigt die Landesregierung im Lande Sachsen-Anhalt die in Insolvenz oder die in Insolvenz

gefahr geratenen sachsen-anhaltinischen Konzerne in Anlehnung an die in jüngster Vergangenheit geübten Bundestätigkeiten durch Landesbürgschaften wirtschaftlich zu retten?

2. In welcher Weise unterstützt die Landesregierung kleine und mittelständische Unternehmen im Lande Sachsen-Anhalt, bei denen Arbeitsplätze verlustig gegangen sind oder verlustig zu gehen drohen, wenn die Kausalkette hierfür bei insolventen Großunternehmen in Gang gesetzt wurde?

(Zustimmung bei der DVU)

Für die Landesregierung antwortet wiederum Minister Herr Gabriel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte um Nachsicht, daß ich das jetzt relativ kurz beantworte.

(Heiterkeit - Frau Bull, PDS: Das sehen wir gerne nach!)

Zu 1: In Sachsen-Anhalt befindliche Konzernteile können auf der Basis tragfähiger Unternehmenskonzepte unterstützt werden, sofern nach EU-Vorschriften eine Bürgschaftsgewährung zulässig ist. Dabei werden die Ermessensspielräume im Interesse der Unternehmen, im Interesse des Erhalts der Arbeitsplätze maximal ausgenutzt. Darauf können Sie sich verlassen.

Zu 2: Die Landesregierung unterstützt kleine und mittlere Unternehmen im Rahmen genehmigter Förderprogramme auf Antrag und nach Einzelfallprüfung. Ich bitte um Nachsicht, daß ich die Programme, deren Richtlinien auch in Broschüren allgemein zugänglich sind, nicht anführe. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Frage 3 stellt der Abgeordnete Herr Weich von der DVU-Fraktion zu dem Thema Kinder im Karneval vor Alkohol schützen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Was gedenkt die Landesregierung zu veranlassen, um das in der letzten Karnevalssaison von betrunkenen Kindern und Jugendlichen zum Teil geprägte Stadtbild zu vermeiden?

2. Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, um eine größere Verantwortungsbereitschaft bei den Gewerbetreibenden zur Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen zu erzielen? - Danke.

(Zustimmung von Herrn Wolf, DVU)

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Kuppe.

Namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt.

Zu 1: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich einer Zunahme des Alkoholkonsums von Kindern und Jugendlichen in dem von Ihnen genannten Zeitraum vor. Gleichwohl sieht die Landesregierung die Drogen- und Suchtprävention gerade im Kinder- und Jugendbereich als eine Aufgabe von hoher Bedeutung an. Diese ist langfristig und dauerhaft angelegt.

Zu 2: Für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen sind originär die Jugendämter und die Ordnungsämter zuständig. Bei Bedarf wird die Polizei hinzugezogen. Vertreter aus Industrie und Werbung werden in die Präventionsarbeit der Landesregierung einbezogen. Das schärft nach unserer Einschätzung deren Verantwortungsbewußtsein und Verantwortungsbereitschaft.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke, Frau Ministerin.

(Herr Weich, DVU, meldet sich zu einer Zusatz- frage)

- Herr Weich, Sie möchten eine Nachfrage stellen. Bitte schön.

Erstens. In welcher Weise hat die Landesregierung die Maßnahmen zum Zweck der Suchtvorbeugung in der Jugendhilfe verstärkt und auf eine verstärkte Kooperation zwischen der Jugendhilfe und der Schule hingewirkt?