Die Landesregierung ist gern bereit, in den entsprechenden Ausschüssen über diesen Erlaß zu berichten.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Für die Fünfminutendebatte sind Beiträge der CDU, der SPD und der PDS angekündigt worden. Ich bitte jetzt Frau Liebrecht, für die CDU-Fraktion das Wort zu ergreifen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht auf die Situation binationaler gleichgeschlechtlicher Paare eingehen, denn ich denke, dies ist bereits in aller Ausführlichkeit bei der Einbringung getan worden.
Die Beschlußempfehlungen sind in den Ausschüssen für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport sowie für Inneres gegen die Stimmen der CDU-Fraktion gefaßt worden und zielen darauf ab, daß die Landesregierung im Sinne des Runderlasses des hessischen Innenministeriums eigene Landesregelungen zur aufenthaltsrechtlichen Berücksichtigung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften erarbeitet.
In der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 1996 wird unter anderem ausgeführt, daß eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, sofern keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Damit sind den Ausländerbehörden Kriterien für eine sorgfältige Ermessensentscheidung gegeben.
Gleichzeitig sind mit dem Erlaß von 1997 des Innenministeriums von Sachsen-Anhalt die Regierungspräsidien darauf hingewiesen worden, daß der Nachzug des ausländischen Partners einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit einem Deutschen im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 15 in Verbindung mit § 7 des Ausländergesetzes über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beansprucht werden kann.
Nach Auffassung des Innenministeriums Sachsen-Anhalts ist eine Ermessensentscheidung immer zugunsten von Betroffenen auszuüben. Ebenso möchte ich darauf verweisen, daß die geringe Anzahl von Fällen - in den letzten Jahren sprechen wir von sechs Fällen - keine Erlaßregelungen rechtfertigt.
Aus den dargelegten Gründen lehnt die CDU-Fraktion die Erarbeitung bzw. das Inkrafttreten eines Runderlasses ab.
Außerdem, meine Damen und Herren Abgeordneten, sollten wir uns dessen bewußt sein, daß die Entscheidung, einen Runderlaß zu erarbeiten bzw. in Kraft treten zu lassen, keinen Beitrag dazu leistet, Überreglementierungen abzubauen,
zumal nach Aussage des Innenministeriums von Sachsen-Anhalt kein dringender Handlungsbedarf besteht.
Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau Schmidt zu uns. Bitte, Frau Schmidt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß zunächst sagen, daß ich mich darüber gewundert habe, daß zu diesem Thema noch einmal eine Debatte vorgesehen wurde. Wir waren uns im Ausschuß an sich einig darüber, daß über die Ausschußempfehlung ohne Debatte abgestimmt werden sollte. Nun gut, jetzt ist es so. Ich möchte mich sehr kurz fassen, da das Thema in der 12. Sitzung bereits ausführlich debattiert worden ist.
Die Ausschußsitzungen waren schwierig genug, und ich bin froh darüber, daß wir zu einer Einigung, wie sie in der Beschlußempfehlung vorliegt, gekommen sind.
Es ist wieder darüber gesprochen worden, daß eine Regelung nicht erforderlich sei. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf die Anhörung hinweisen, die dazu stattgefunden hat. Daß eine Regelung notwendig ist, hat gerade diese Anhörung gezeigt. Vielleicht kommt dabei die Dunkelziffer, die wir alle nicht richtig einschätzen können, die aber nach Aussagen der Verbände sehr hoch ist, mit zum Tragen.
Ich bin jedenfalls froh, daß wir diese Beschlußempfehlung erarbeiten konnten. Unsere Fraktion wird ihr selbstverständlich zustimmen, damit die Ermessensregelung vom Tisch kommt und eine Verwaltungsvorschrift erarbeitet wird.
Ich höre gern, daß die Landesregierung bereits daran arbeitet; denn es gibt einen sehr engen Terminrahmen, und ich würde schon darum bitten, daß er eingehalten wird. Leider mußten wir uns erst letztens wieder mit einem Fall befassen, den wir schon eine Weile vor uns herschieben. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der herrschenden Rechtsprechung werden Partnerinnen und Partner gleichgeschlechtlicher Lebens-gemeinschaften nicht als Familienangehörige angesehen.
- Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wenn Sie zuhören würden, würde ich Ihnen das noch einmal erklären. - Sie haben keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nach den Vorschriften über Familiennachzug.
Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch in seinem Urteil vom 27. Februar 1996 festgelegt, daß ausländischen Partnerinnen und Partnern gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften nach § 30 des Ausländergesetzes eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden kann. In diesem Spannungsfeld bewegt sich diese Diskussion.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes hat einen Ermessensspielraum eröffnet, und kaum jemand wird den ernsthaft bezweifeln. Die Frage ist nur, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion,
Sowohl im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland als auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention ist der Schutz des privaten und des Familienlebens verankert. Die Bundesrepublik ist verpflichtet, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu schützen. Dazu gehört auch das Recht auf Wahl des Partners und auf sexuelle Orientierung. Insofern müssen lesbische und schwule Partnerschaften gleichberechtigt behandelt werden.
Bisher ist es nicht möglich, daß Lesben und Schwule ihre Partnerschaft im Sinne einer Ehe rechtlich anerkennen lassen. Aus diesem Grund haben Partner gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften nach der allgemeinen Rechtsauffassung nicht den Status von Familienangehörigen.
Es gibt zwar das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit; wenn dem ausländischen Partner oder der ausländischen Partnerin jedoch das Aufenthaltsrecht nicht erteilt wird, beschneidet der Staat hiermit das Recht auf die freie Entfaltung der Partnerschaft und sowie das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit beider Partner, vor allem des deutschen Partners, der unter dem Schutz des Grundgesetzes steht. Dieses wird in diesem Falle nicht gewahrt.
Generell ist die Bundesrepublik verpflichtet, der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechend das private und Familienrecht zu schützen, und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, gilt nicht nur für Menschen mit deutschem Paß. Insofern müssen ausländische Partnerinnen und Partner gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften die Möglichkeit haben, eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen.
In Sachsen-Anhalt wird seit 1997 über diese Problematik der binationalen Paare diskutiert. Es gab Gespräche mit dem Ministerpräsidenten, verschiedene Talkrunden in diesem Land und im letzten Jahr eine Anhörung dazu. In Sachsen-Anhalt gab es bisher sechs Fälle. In fünf Fällen wurde positiv entschieden - auch das muß gesagt werden -, aber eben immer aufgrund des Ermessens.
Ähnlich wie bei heterosexuellen Paaren steigt auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren der Anteil der binationalen Partnerschaften. Inzwischen wird in Deutschland jede sechste Ehe
zwischen deutschen und ausländischen oder zwischen ausländischen und ausländischen Partnern geschlossen. In Sachsen-Anhalt sind das seit der Wende 5 000 Ehen.
Zu den Argumenten, die immer wieder gegen einen Erlaß vorgebracht werden: Zunächst heißt es, daß etwas Entsprechendes im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen sei und eine Bundesregelung ausreichen würde. Wie Sie alle wissen, ist die Diskussion um eine eingetragene Partnerschaft oder eine Ehe gleich
geschlechtlicher Partner nicht weit vorangekommen, und ich glaube auch nicht, daß wir sie noch in dieser Legislaturperiode bekommen werden. Ob in dieser Regelung ausländerrechtliche Belange berücksichtigt werden, ist ungewiß.
Weiterhin wird immer wieder behauptet, daß mit diesem Erlaß dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet werde. Ich kann dazu nur folgendes sagen, meine Damen und Herren: Ich kenne keine Deutsche und auch keinen Deutschen, die bereit sind, Unterhaltsverpflichtungen einzugehen, nur um jemandem einen Gefallen zu tun. Wer das Ausländergesetz umgehen will, wird nach wie vor Scheinehen in Kauf nehmen, und dabei muß er sich nicht einmal vor Behörden outen.
Festzustellen ist, daß in Verwaltungsvorschriften steht, daß bezüglich der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung in Fällen von binationalen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nach dem Ermessen zu entscheiden ist. Die Ministerin hat das schon gesagt. Deshalb braucht das Land neben der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift eine landesspezifische Lösung, um einerseits sicherzustellen, daß die einzelnen Ausländerbehörden nicht unterschiedlich entscheiden, und um andererseits Betroffenen Anhaltspunkte zu geben, welche Aussichten auf Erfolg ihr Antrag hat.
Liebe CDU-Fraktion, binationale Paare müssen sich dann nach wie vor in den Behörden outen; sie müssen, auch wenn eine Landesregelung besteht, nach wie vor Rechenschaft über den Charakter ihrer Partnerschaft geben. Ich denke, wir sollten gerade diesen Betroffenen Leitlinien und ein bißchen Sicherheit im Land geben. Danke.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Wir stimmen ab über die Beschlußempfehlung in der Drs. 3/2666. Wer dieser Beschlußempfehlung seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei zwei Enthaltungen ist die Be-schlußempfehlung mehrheitlich angenommen worden.