Protokoll der Sitzung vom 09.03.2000

(Beifall bei der CDU)

Die Einsparungen bei den Sozialhilfeausgaben greifen vorwiegend bei Personen, die einen Altenheimplatz in Anspruch nehmen. Aus den Antworten zu den Fragen II/10 und III/7 wird deutlich, daß die Zahl der Empfänger von Sozialhilfe um zwei Drittel zurückgegangen ist. Das heißt, es ist eine Umkehr erfolgt, und es ist offensichtlich erkennbar, in welch erheblichem Maße das Land Geld gespart hat.

Ich möchte jetzt nicht im Detail auf das Frage-AntwortSpiel der Großen Anfrage eingehen. Ich meine, es ist gut, daß wir eine Bestandsanalyse auf dem Tisch haben. An dem Status quo ändert sich nichts. Es sollten jetzt endlich die Probleme offensiv angegangen werden, und um der Sache willen sollte eine Lösung gefunden werden. Da steht als erstes das Problem der Altlasten, das bis heute nicht gelöst ist, weil die Landesregierung diese Problematik nur halbherzig angegangen ist und sie letztendlich durch die Haushaltssperre des Finanzministers wieder ad acta gelegt wurde.

(Zustimmung bei der CDU und von Frau Krause, PDS)

Dadurch sind die pflegebedürftigen Menschen in den Einrichtungen, die vor Juli 1994 modernisiert wurden, erheblich benachteiligt, weil die Investitionskosten auf den Pflegesatz umgelegt werden.

Anders als stationäre Einrichtungen müssen ambulante Pflegedienste in Sachsen-Anhalt ihre Investitionskosten selbst tragen und sind angehalten, diese auf die Leistungsempfänger umzulegen. Dies führt zu hohen, mitunter unzumutbaren Kosten für die Leistungsempfänger. Diese Ungleichbehandlung kann und darf von der Landesregierung politisch nicht gewollt sein.

Der dazu vorliegende Beschluß des Landtages von Sachsen-Anhalt vom April 1999 ist bis heute nicht vollständig umgesetzt, wozu aber die Landesregierung verpflichtet ist. Ebenso ist in Sachsen-Anhalt nicht geklärt, welche Pflege Pflegebedürftige mit der sogenannten Pflegestufe 0, die heute noch in Heimen leben, in Zukunft erhalten sollen.

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß das Pflegeversicherungsgesetz bezüglich einer besseren Betreuung von gerontopsychiatrisch erkrankten pflegebedürftigen Menschen nachgebessert werden muß. Obwohl dies der Landesregierung bekannt ist und mit steigender Lebenserwartung die Zunahme von gerontopsychiatrischen Fällen und Demenzkranken abzusehen ist, ist die Landesregierung bis heute nicht aktiv geworden - außer mit verbalen Ankündigungen.

Auch die Bundesregierung hat laut Koalitionsvertrag versprochen, für diesen Personenkreis aktiv zu werden und einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Bisher ist nichts Konkretes auf dem Tisch, obwohl zwei Ressorts unabhängig voneinander, zum einen das Bundesministerium für Frauen, Familie und Senioren und zum anderen das Gesundheitsministerium, sich damit befassen.

Offen bleibt für die CDU-Fraktion die Frage, warum die Landesregierung von Sachsen-Anhalt dem Entwurf des Pflegezukunftssicherungsgesetzes auf Antrag der Länder Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen im Bundesrat nicht zugestimmt hat. Das Pflegezukunftssicherungsgesetz sieht vor, daß aus den Überschüssen der Pflegeversicherung von derzeit ca. 10 Milliarden DM

(Herr Dr. Nehler, SPD: Das ist aber nicht aktuell!)

abzüglich der notwendigen Rücklage ein Kapitalstock gebildet werden soll, um eine Weiterentwicklung und Konsolidierung der Pflegeversicherung zu ermöglichen und eine dauerhafte Finanzierbarkeit zu sichern. Gleichzeitig soll durch diesen Gesetzentwurf der Begriff der Pflegebedürftigkeit ergänzt werden, so daß Personen mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen, vor allem die Gruppe der Demenzkranken, berücksichtigt werden.

Es ist wichtig, ein verstärktes Problembewußtsein der Gesellschaft hinsichtlich der Demenz, eine verbesserte Akzeptanz von Demenzpatienten und eine Stärkung der Pflegekraft betroffener Familien zu schaffen.

Darüber hinaus hat die Demenz eine volkswirtschaftliche Bedeutung. Für Deutschland konnten modellhaft die Kosten für die Versorgung von 1,1 bis 1,5 Millionen Demenzpatienten im Jahr 1993 auf rund 64 Milliarden DM jährlich beziffert werden.

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Ende.

70 % dieser Kosten werden von den Angehörigen getragen. Deshalb besteht zur Sicherstellung einer angemessenen Versorgung älterer Einwohner in Deutschland ein erheblicher Handlungs-, Finanzierungs- und Koordinierungsbedarf.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Die Probleme, die sich aus der Pflegeversicherung ergeben, sind für alle lösbar, sofern es der politische Wille der Landesregierung ist; denn ein Blick in andere Bundesländer zeigt, daß es möglich ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Auch Sie haben erheblich überzogen, Frau Liebrecht. Ich muß Sie leider so wie alle anderen auch behandeln.

Für die PDS-Fraktion spricht nochmals Herr Dr. Eckert. Bitte, Herr Dr. Eckert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich bestreitet die PDS-Fraktion nicht, daß von der Pflegeversicherung wichtige Impulse in die Pflegelandschaft, in die Entwicklung von Pflegeinfrastruktur gegeben worden sind. Aber wir bestreiten, daß sie nur und ausschließlich positiver Natur waren. Es ist in verschiedenen Studien gerade von Wirtschaftsinstituten nachzu-lesen, daß nach wie vor bestimmte Sachen angemahnt werden.

Unbestreitbar ist, daß es eine Verbesserung im Heimbereich gegeben hat.

(Zuruf von Frau Stange, CDU)

Das war in vielen Fragen auch notwendig. Aber wir bezweifeln, daß der Ausbau, das Angebot und die allgemeinen Voraussetzungen für die Arbeit der ambulanten Angebote den Anforderungen, die aufgrund der demographischen Entwicklung auf unser Land zukommen, gerecht werden. Das Land - leider auch im Konsens mit vielen anderen Bundesländern - investiert in Strukturen, die mittelfristig bzw. langfristig kaum finanziert werden können. Das ist unsere Kritik.

Wir vermissen auch ernsthafte Überlegungen, Pflege als gesellschaftliche Aufgabe vieler Ressorts, nicht nur des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Jugend zu begreifen. Das ist leider auch nachzulesen im Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsbericht 1998/99, wo die Verantwortung für die Lösung dieser Frage allein den im Gesundheits- und Sozialwesen tätigen Menschen zugeschrieben wird.

Insofern ist es richtig angemerkt, daß es unbestreitbar positiv ist, wenn Mittel aus dem Bauministerium für den Umbau von Wohnungen verwendet werden. Aber ist das tatsächlich eine Aufgabe nur zweier Ministerien?

Der zweite Punkt betrifft die Qualitätssicherung. Sie haben das selbst als offenes Problem dargestellt. Vor allem würde ich Qualitätssicherung und aktivierende Pflege miteinander verbinden. Das ist ein großes Problem, eine große Aufgabe, und das ist auch kompliziert.

Wenn wir den Grundsatz „ambulant vor stationär“ haben - diesen Grundsatz unterstützen wir auch -, erwarten wir natürlich, daß sich dieser Vorrang auch im Bereich des Einsatzes investiver Mittel widerspiegelt. Wenn wir die Qualität als sehr wichtig ansehen, so gehört zu Qualität und aktivierender Pflege auch soziale Betreuung, und zwar nicht nur irgendwie als Bestandteil, sondern geradezu als Voraussetzung. Aber auch das ist leider in der Antwort nicht deutlich geworden.

Daß vor allen Dingen über arbeitsmarktpolitische Maßnahmen diese Frage sichergestellt wird, das ist unser Problem und unsere Kritik an der Angelegenheit. Deshalb sollte man versuchen, wenigstens darüber zu diskutieren und eine Lösung für diese Fragen zu finden.

Drittens eine Anmerkung zu der Aussage „ursprüngliche Ziele sind erreicht“. Sie sind per Trick erreicht. Nach wie vor bezahlt die Pflegeversicherung in der Stufe I im stationären Bereich 500 DM mehr als vorgesehen, in der

Stufe II 400 DM mehr als vorgesehen; in der Stufe III ist es identisch. Wenn diese Übergangsfinanzierung in den Pflegestufen abbricht bzw. aufgehoben wird, fällt die Hälfte in die Sozialhilfe zurück.

(Zustimmung von Frau Bull, PDS, und von Frau Krause, PDS)

Genau das ist der Punkt. Wir mahnen auch hierbei an, zu überlegen, wie man das regeln könnte.

Einen letzten Punkt zu der Frage Zukunftssicherungsgesetz in der Pflege, eingebracht von Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg. Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen: Für mich bleibt die Frage offen, warum die von Verbänden in vielen Anhörungen seit 1996 geforderte Erweiterung des Pflegebegriffs nicht damals schon umgesetzt wurde. Und weiter muß ich ganz einfach sagen: Die Konstituierung eines Kapitalstocks ist für uns nicht die Lösung für die in der Pflege bestehenden Probleme der Finanzierung, sondern das ist für uns das Einfallstor, um auch auf diesem Gebiet entsprechende Entwicklungen in Gang zu bringen, um dieses Problem einer Privatisierung zuzuführen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der PDS)

Danke sehr. - Damit ist die Aussprache zur ersten Großen Anfrage beendet. Die zweite Große Anfrage wird sogleich aufgerufen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe die zweite Große Anfrage auf:

Trinkwasserversorgung in Sachsen-Anhalt

Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 3/2257

Antwort der Landesregierung - Drs. 3/2518

Für die Debatte wurden folgende Reihenfolge und Redezeiten vorgeschlagen: PDS-Fraktion sechs Minuten, DVU-FL-Fraktion fünf Minuten, SPD-Fraktion acht Minuten, FDVP-Fraktion fünf Minuten und CDU-Fraktion sechs Minuten.

Ich erteile für die CDU-Fraktion Herrn Hacke das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine bedarfsgerechte Versorgung unserer Bevölkerung mit dem Lebensmittel Wasser bedeutet, daß eine qualitative und quantitative Bereitstellung dieses Grundnahrungsmittels auf lange Sicht gesichert sein muß. Bei der Sicherstellung der Trinkwasserversorgung bekommt der Begriff der Nachhaltigkeit eine ganz besondere, sogar eine lebenswichtige Bedeutung für uns und alle nachfolgenden Generationen.

In den letzten Jahren hat sich die CDU-Fraktion besonders der Abwasserentsorgung zugewandt und so den Gewässerschutz, den Schutz unserer Flüsse und Seen, und den Schutz unseres Grundwassers in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen gestellt.

Sie alle wissen, daß diese Probleme noch lange nicht gelöst sind, auch wenn es so aussieht, daß wir nach den technischen Problemen aus den Zeiten vor der

Wende nun auch die investitionsbedingten finanziellen Probleme der Nachwendezeit langsam lösen werden.

Meine Damen und Herren! Es liegt uns fern, neue Probleme zu thematisieren, ohne die alten gelöst zu haben. Doch zwischen einer hochwertigen Trinkwasserversorgung und einer ökologisch unbedenklichen Abwasserentsorgung bestehen enge Zusammenhänge. Einerseits sind diese durch den Naturkreislauf gegeben. Andererseits bestehen in den meisten Gemeinden enge betriebswirtschaftliche und damit finanzielle Verflechtungen.

Vor diesem Hintergrund hielten wir es für angebracht, unsere Landesregierung einmal zum derzeitigen Stand der Trinkwasserversorgung und den damit verbundenen Problemen zu befragen.

Bevor ich zu den Einzelheiten unserer Anfrage komme, möchte ich es nicht versäumen, zu erwähnen, daß die Erstellung dieser Anfrage nicht wenig Arbeit gemacht hat. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß die Beantwortung der Fragen den Eindruck hinterläßt, daß sehr sorgfältig und gewissenhaft gearbeitet wurde. Sie haben sicherlich alle schon die Erfahrung gemacht, daß dies bei der Beantwortung von Anfragen nicht immer selbstverständlich und gesichert ist.

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU)