Haben damit alle ihre Stimme abgegeben, die das tun wollten? - Dann beginnen wir mit der Auszählung.
Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Mit Ja votierten 13 Abgeordnete, mit Nein 58, vier enthielten sich der Stimme, 41 Abgeordnete waren nicht anwesend. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus der Abstimmung ist eines zu erkennen, nämlich daß die meisten Mitglieder dieses Hohen Hauses - das zieht sich durch alle Fraktionen - der Einladung eines die Menschenwürde verachtenden Tyrannen durch eine sozialdemokratische Regierung zustimmen. Das wurde hiermit protokollarisch festgehalten.
Ich möchte aber eines nicht versäumen: Ich danke allen, die unseren Antrag unterstützt haben. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bloß gut, daß es in unserem Lande keine gesetzliche Wohnungslosenstatistik gibt. Allein die allmonatliche Veröffentlichung der Arbeitslosenstatistik gleicht einem zyklischen Horrortrip.
Frau Helmecke, die eine Aktuelle Debatte zur Problematik der drastischen Arbeitslosigkeit für angemessen hielt, nahm schon Bezug auf den krisenhaften Zustand der Wirtschaft in unserem Bundesland. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Jedoch scheint es mir angemessen, von der Landesregierung in den Ausschüssen für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten einen Bericht zu fordern, der Auskunft darüber gibt, warum die Arbeitslosigkeit bisher nicht bekämpft werden konnte, ja warum sie sich sogar erhöht hat.
Bis 1994 wurde durch die CDU-Landesregierung und seitdem noch mehr durch die SPD-PDS-Landesregierung eine ganze Palette sogenannter arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen ergriffen. Arbeitsbeschaffungsund Strukturanpassungsmaßnahmen, Fortbildung und Umschulung bzw. später Förderung der beruflichen Weiterbildung oder das schleunigst aus dem Westen importierte Dualsystem der Berufsausbildung hießen die Zauberformeln.
Ich würde zwei Vorschläge machen. Der erste Vorschlag: Gehen Sie etwas dichter an das Mikrofon. Sie sind etwas weit weg.
Das sind die Zauberformeln, die den mitteldeutschen Ausnahmezustand, der im Zusammenhang mit der Zerlegung, der Stillegung oder der Privatisierung der DDRKombinate und dem Ausbleiben neu zu grün-dender Ersatzunternehmen entstand, beseitigen sollten.
Mit großem Aufwand wurden öffentliche Mittel in die Förderung insbesondere des sogenannten zweiten Arbeitsmarktes gepumpt. Millionen von D-Mark erreichten dabei leider nicht ihren Adressaten, der da Arbeiter mit Familie hieß. Aber das ist ein anderes, sozusagen parteiübergreifendes Thema, auf das ich nicht näher eingehen möchte.
Knapp zehn Jahre nach der Wiedervereinigung sind die öffentlichen Fragen an unsere Landesregierung erlaubt: Warum gibt es heute mehr Arbeitslose denn je? Warum gibt es daraus resultierend eine soziale Verelendung in unserem Bundesland? Warum steht unser Bundesland, Herr Dr. Höppner, sehr geehrte Frau Dr. Kuppe, wirtschaftlich am schlechtesten in Deutschland da? Überall sind bescheidene Erfolge erreichbar, auch in mitteldeutschen Bundesländern, wie zum Beispiel in Sachsen und in Thüringen.
Ich will gleich eine Antwort auf die Fragen vorwegnehmen. Bei uns haben sich die Alt- und Neukommunisten eingeschlichen, in schlimmster Weise in das System integriert, das sie zuvor bekämpften. Aber 293 000 Nichtsahnende haben diese Wirtschaftsblockade ja gewählt. Nun stehen sie auf der Straße, sind schwer enttäuscht, bereuen zutiefst. Immerhin hat die mitteldeutsche Bevölkerung erkannt, daß die Grünen in Landesparlamenten nichts verloren haben.
Wie weit man Sachsen-Anhalt ins Abseits manövriert, zeigen bedeutende Wirtschaftsunternehmen, die lieber in Sachsen Fuß fassen und einen weiten Bogen um das Magdeburger Modell machen.
Herr Höppner, bitten Sie doch Ihren Kollegen König Kurt um Amtshilfe. Hören Sie auf, um die halbe Welt zu fliegen, um eine Handvoll Arbeitsplätze mitzubringen, die dann Ihre Reisetätigkeit legitimieren sollen.
Wir empfehlen einen Besuch bei unserem österreichischen Nachbarn. Konsultieren Sie die österreichische Industrie, um Industrieansiedlungen in Sachsen-Anhalt herbeizuführen. Das ist doch naheliegend im doppelten Sinne.
Der Wohnungsleerstand ist die Auswirkung einer Flüchtlingswelle aus dem Soziland. Unsere Partei stellt hier und heute die Förderpolitik dieser Landesregierung in Frage. Vollziehen Sie eine Kehrtwende! Geben Sie Fehler zu! Kommen Sie von einer kurzfristigen Förderpolitik, die keine festen Wirtschaftsstrukturen hervorgebracht hat und bringen wird, hin zu einer primären Verantwortungsverlagerung auf die Privatwirtschaft.
Es nützt nichts, 30 Millionen DM Steuergelder in irgendeine kleine private Bimmelbahn zu investieren, wenn dadurch vielleicht 20 Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Art der Förderung ist unverhältnismäßig und deswegen verantwortungslos.
Die Eigenverantwortung der Wirtschaft muß gestärkt werden. Die arbeitsmarktpolitischen Förderungen können die Ausnahme, jedoch nicht die Regel sein.
Die Wirtschaft ist systematisch drogenabhängig gemacht worden. Diese Droge heißt Geld, Geld, das unter Umständen sozialen Einrichtungen, Familien und deren Kindern gestrichen werden muß, um es den kränkelnden Wirtschaftsunternehmen tröpfchenweise wieder zugute kommen zu lassen.
Die Folgen sind die berühmt-berüchtigten Mitnahmeeffekte, die sich aus dem kurzfristigen Nutzenkalkül der Unternehmer ergeben. Gefordert sind jedoch längerfristig stabile Verhaltensmuster der Unternehmer. Dafür brauchen die Unternehmen natürlich Aufträge, vielleicht gerade öffentliche Aufträge. Immer wieder mißbrauchen Politiker der Altparteien ihren Einfluß, wenn es um die Vergabe öffentlicher Mittel und Aufträge geht.
Wir verlangen von der Landesregierung, insbesondere über die Nachhaltigkeit der wesentlichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie ABM, SAM und FbW für die bis zu 25jährigen, für die 25- bis 45jährigen sowie für die 45- bis 65jährigen zu berichten und Zeugnis abzulegen.
Wo ist das Ergebnis der gigantischen Förderung des öffentlichen Arbeitsmarktes geblieben? Warum tritt kein Effekt ein?
Vor dem Hintergrund dieser extrem hohen Arbeitslosenquote in Sachsen-Anhalt ist die Frage nach der Kompetenz der Regierung zu stellen. Eine Kompetenz, die solche Ergebnisse hervorbringt, ist keine. In Kompetenzfragen also an der eigenen Regierungsnase ziehen, auch wenn es weh tut.
Welchen Sinn machen denn Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vor dem Hintergrund unzureichender investiver Maßnahmen? Zukunftsorientierte Politik darf nicht darauf abzielen, Menschen in Arbeitslosigkeit zu bringen.
Eine Verteufelung der Arbeitslosen, wie es durch die Arbeitgeberverbände von Zeit zu Zeit passiert, hat zu unterbleiben. Gleichwohl muß die Arbeit natürlich bezahlbar bleiben. Es sei aber auch gesagt, daß wir kein Lohndumping in Mitteldeutschland akzeptieren; denn die Lebenshaltungskosten sind hier genauso hoch oder höher als im Westen Deutschlands.
Doch lassen Sie mich, meine Damen und Herren, wenn ich über die extrem hohe Arbeitslosigkeit in unserem Bundesland spreche, auf die Förderung der beruflichen Erstausbildung zu sprechen kommen.
Die Demographen lesen auch nur im Kaffeesatz. Herrscht im Jahr 2010 ein dramatischer Nachwuchsmangel oder nicht? - Besser, man geht davon aus, daß im nächsten Jahrzehnt eine Fortdauer der hohen Nachfrage nach Lehrstellen bleibt. Mit einer Erhöhung der Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft wird nicht zu rechnen sein, schätzten Profis wie Professor Burkhard Lutz ein. Insgesamt deuten die Empfehlungen und Hinweise von Lutz auf deutliche Mängel in der bisherigen Förderpolitik der Landesregierung hin, obwohl die Landesregierung den Auftrag zur Herstellung des Gutach
tens zur Beurteilung ihrer eigenen Förderpolitik in bezug auf die berufliche Erstausbildung auslöste.
Aber interessant ist auch, welche immensen Almosen die EU auf uns herabregnen läßt. In den nächsten sechs Jahren soll unser wirtschaftlich verarmtes Bundesland ganze 1,4 Milliarden DM aus dem Euro-päischen Sozialfonds für eine gezielte und aktive Arbeitsmarktpolitik erhalten.
Dabei hat Deutschland im vergangenen Jahr sage und schreibe über 43 Milliarden DM in den europäischen Haushalt eingezahlt. Davon fließen in sieben Jahren ganze 1,4 Milliarden DM - das sind durchschnittlich 200 Millionen DM pro Jahr - zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nach Sachsen-Anhalt zurück. Knapp 43,1 Milliarden DM gehen weg, und 200 Millionen DM das sind 0,46 % - rollen dann unter großer Dankbarkeit zurück nach Sachsen-Anhalt.
Unsere Aufforderung an die Landesregierung zur öffentlichen Darlegung der Nachhaltigkeit ihrer arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen erhalten wir aufrecht, da wir aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation den berechtigten Verdacht haben, daß die Landesregierung in den letzten sechs Jahren Milliarden D-Mark ohne Nachhaltigkeit und mit fehlender wirtschaftlicher Kompetenz verbraten hat. Das heißt, die Steuergelder, natürlich auch die EU-Pfennige, wären als knallharte Wirtschaftsinvestitionen für die Zukunft unseres regionalen Standortes sinnvoller angelegt. Das ist unsere Forderung für die Zukunft. Ihrer Unterstützung gilt der Dank der Arbeitslosen. - Danke.