Protokoll der Sitzung vom 10.03.2000

(Unruhe)

Der Ausschuß für Finanzen befaßte sich mit den Anträgen abermals in seiner Sitzung am 1. März 2000. Mit Verweis auf die Rede des Finanzministers in der ersten Beratung am 8. Oktober 1999 -

Entschuldigung, Herr Professor Trepte. - Meine Damen und Herren! Ich muß Sie bitten, die Plätze einzunehmen

und etwas ruhiger zu sein oder, wenn Sie wichtigeres zu tun haben, den Raum zu verlassen. Es ist sonst beim besten Willen nichts zu verstehen. - Entschuldigung, bitte schön.

Mit Verweis auf die Rede des Finanzministers in der ersten Beratung am 8. Oktober 1999 und die inzwischen erreichte Gesetzeskraft der ersten und zweiten Stufe der sogenannten Öko-Steuer lehnte die SPD-Fraktion diesen Antrag erneut ab. Die Sprecher der CDU-Fraktion und der PDS-Fraktion verwiesen darauf, daß bereits in Kraft getretene Gesetze auch nachgebessert werden könnten und daß sich der Antrag auch auf die nachfolgenden Stufen dieser sogenannten Öko-Steuerreform beziehe.

Auch wurde durch die PDS-Fraktion festgestellt, daß die betroffenen privaten Haushalte durch das Steuerrechtsänderungsgesetz für die Jahre 1999, 2000 und 2002 sowie durch die Liberalisierung des Strommarktes nicht im Sinne einer Kompensation entlastet würden, wie sowohl der Finanzminister als auch die SPD-Fraktion in den Ausschußsitzungen argumentierten.

Der Ausschuß für Finanzen empfiehlt gegen die Stimmen der SPD-Fraktion dem Landtag von SachsenAnhalt in der Drs. 3/2777, dem Antrag der PDS-Fraktion in unveränderter Fassung zuzustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Professor Trepte. - Vor der Debatte der Fraktionen hat der Finanzminister Herr Gerhards um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden heute zum drittenmal über das Thema ökologische Steuerreform und den Auftrag an die Landesregierung, Kompensationen herzustellen.

Das erstemal haben wir vor fast einem Jahr darüber diskutiert. Damals, am 12. März 1999, ging es um einen Antrag der CDU, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Das zweitemal wurde am 8. Oktober 1999 - Herr Professor Trepte, Sie sagten es bei der Einbringung der Beschlußempfehlung - darüber gesprochen, und heute zum drittenmal.

Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen, meine Rede habe ich schon zweimal gehalten, ich wiederhole das nicht, sondern verweise darauf. Sie haben nichts Neues gesagt. Wir werden nachher in der Debatte auch nichts Neues hören. Im Ausschuß wurde das Thema hinauf und herunter beraten.

Wir haben zwei unterschiedliche Positionen. Die eine Position vertreten die Oppositionsparteien, die andere die Regierung und die sie tragende Fraktion. Die erste Position besagt: Was immer auch geschieht bei der Öko-Steuer - die Landesregierung soll dafür sorgen, daß alle Betroffenen in diesem Lande komplett davon befreit werden.

Die andere Position heißt: Wir haben eine Lenkungswirkung. Die ist gewollt. Die trifft auch einige, die damit

relativ schwer umgehen können. Aber diejenigen, die damit nicht umgehen können, erhalten einen Ersatz, indem die Regelsätze entsprechende Anpassungen erfahren. Alles andere ist so gewollt und muß auch so bleiben. Die Landesregierung und auch der Landeshaushalt sind nicht dafür da, dafür zu sorgen, daß Kompensationen an jeder Stelle erfolgen.

Im übrigen sage ich noch einmal, es ist hoffnungslos, zu glauben, wir könnten irgendeine Veränderung auf der Bundesebene erreichen, weil das, was dort gewollt ist, ökologisch sinnvoll ist und weil es nicht der Zweck einer Umverteilung ist, die Umverteilung anschließend in jedem Punkt wieder zu korrigieren. Anderenfalls brauchte man es nicht zu tun.

Wir wollen, daß sich das Verhalten auch in ökologischer Hinsicht ändert. Das heißt nun einmal, daß das manchem hinsichtlich des Budgets ein bißchen weh tun wird. Sonst würde es nämlich nichts nützen. Dabei muß es auch bleiben.

Deshalb sieht die Landesregierung auch im Ergebnis der Debatte im Ausschuß keinen Anlaß, ihre Position zu ändern. Sie sieht auch keinen Anlaß, im Bund dafür einzutreten, daß die Wirkungen weitgehend oder gar vollständig, wie es in einem der Anträge heißt, rückgängig gemacht werden. Wir müssen nicht dafür sorgen, daß in Regelsätzen entsprechend kompensiert wird; denn das geschieht nach dem Gesetzeswerk ohnehin.

Deshalb besteht aus der Sicht der Landesregierung kein Anlaß, hierzu weitergehende Zusagen zu machen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Die vereinbarte Fünfminutendebatte der Fraktionen findet in der Reihenfolge FDVP-, CDU-, PDS-, DVU-FL- und SPD-Fraktion statt. Für die Fraktion der FDVP spricht jetzt die Abgeordnete Frau Wiechmann. Bitte schön.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was wir heute besprechen, ist zwar alles nicht neu, Herr Minister Gerhards, aber ich denke, es ist trotzdem brandaktuell.

Wenn Sie von ökologischer Sinnhaftigkeit oder von ökologisch sinnvoll sprechen, meine ich, daß in meinem Redebeitrag einiges dazu gesagt wird - worüber Sie vielleicht ein bißchen tiefergehend nachdenken sollten -, was an dieser sogenannten Öko-Steuer ökologisch sein soll.

Die PDS-Fraktion hat ihren Antrag so formuliert, wie sie das üblicherweise immer macht. Denn Doppelzüngigkeit wird mehr und mehr zu Ihrem Markenzeichen, meine Damen und Herren von der PDS. Sie haben zwar nichts gegen die ökologische Steuerreform, die eigentlich keine ist, aber sie wollen einen kleinen Teil der Menschen davon ausnehmen, der ihrer Meinung nach unzumutbar davon betroffen ist.

Der Denkfehler - hierin stimme ich Ihnen, Herr Minister Gerhards, ausnahmsweise einmal zu - in Ihrem Antrag ist der, daß Sie sich aus einem Gesamtsystem ein paar

Punkte heraussuchen und sagen, hier müsse man nachbessern.

(Zuruf von Herrn Krause, PDS)

Für die FDVP-Fraktion besteht jedoch keineswegs nur an einigen Stellen Kompensationsbedarf, sondern das gesamte Konzept hat nach unserer Meinung einen falschen Ansatz, und es gehört ersatzlos gestrichen.

Ich will das auch begründen. Da stellen Schüler in einer Diskussionsrunde fest, daß eine Öko-Steuer möglichst zum umweltbewußteren Leben beitragen soll und daß es vielleicht gut gewesen wäre, die Bahnpreise zu senken. Denn, so stellen sie weiter fest, sonst ist es keine Öko-Steuer, sondern der Begriff „Öko“ wird für andere Zwecke mißbraucht.

Meine Damen und Herren, Sie werden mir beipflichten, daß das eine zwar einfache, aber überzeugende und erleuchtende Erkenntnis ist, weil sie nämlich genau den Punkt trifft, und zwar von Schülern getroffen. Warum aber - die Frage stellt sich einfach - hat eine solche Erkenntnis die für die sogenannte Öko-Steuer verantwortlichen Politiker nicht erleuchtet?

Geht man aber davon aus - ich gehe einfach einmal davon aus -, daß auch diese Leute wissen, wovon sie reden, dann bleibt nur eine Antwort: Hier wird bewußt gemogelt. Da soll das Zauberwort „Öko“ das Denken des Volkes vernebeln. Eine Weile mag das ja klappen. Aber auch dauerhaft? - Ich denke, nicht.

Da lese ich zum Beispiel: „2 DM je Liter ist ein guter Anfang, mehr nicht.“ - Ulrike Mehl, SPD. Weiter: „Wir müssen an einer weiteren Verteuerung der Benzinpreise festhalten.“ - Klaus Hasenfratz, SPD. „Für mich sind 4 bis 5 DM je Liter denkbar.“ - Klaus-Peter Puls, SPD. Dann doch noch: „Zugleich müsse der Ausbau des Schienennetzes gefördert werden.“ - Jürgen Hinze, SPD. Ein einziger der gefragten Politiker hat also eine Erkenntnis, wie sie schon Schüler in der Schule haben.

Was passiert hier also, meine Damen und Herren? Der öffentliche Personennahverkehr erhöht seine Preise. Die Deutsche Bahn AG verteuert das Bahnfahren massiv um bis zu 4 %. Das ist unter anderem zurückzuführen auf die sogenannte Öko-Steuer, die eigentlich gar keine ist. Taxiunternehmen müssen die Preise erhöhen, Fuhrunternehmen müssen erhebliche Mehrbelastungen tragen, andere kleine und mittlere Unternehmen klagen über steigende Kosten, Einzelhändler werden zusätzlich geschröpft und natürlich der Bürger, und das nicht nur an der Tankstelle, sondern mannigfach an der Steckdose, bei der Heizung, beim Gas und beim Einkaufen.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: So ist es!)

Dazu noch, meine Damen und Herren, der Betrug mit dem angeblichen Umweltschutz.

Aber bitte, ich will auch das erläutern. Was ist denn nun daran Öko? Welcher Autofahrer soll denn ermuntert werden, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wenn einerseits die Preise dafür erhöht werden und andererseits das Liniennetz der Busbetriebe in Sachsen-Anhalt reduziert wird, und zwar von 1994 bis 1998 um etwa 25 %. Das trifft auch auf das Netz der Deutschen Bahn AG zu.

Die Kommunen legen gestiegene Kosten auf die Bürger um. Wer spart, zahlt also trotzdem drauf. Einzelhändler, kleine und mittlere Betriebe geben die zusätzlichen Kosten ebenfalls an ihre Kunden weiter.

Wohlgemerkt, meine Damen und Herren von der PDS, ich rede nicht von großen Marktketten oder von Großbetrieben, sondern ich rede von der Stütze unserer Wirtschaft, die ohnehin im Wettbewerb nur schwer bestehen kann.

Aber, meine Damen und Herren, - das wissen Sie alle nicht mehr konkurrenzfähig zu sein, das bedeutet Arbeitsplatzverlust. Aber - wir haben es gestern wieder gemerkt - was sind schon ein paar Arbeitsplätze mehr oder weniger in Sachsen-Anhalt bei einer zugegebenen Arbeitslosenquote von über 20 %?

Sie, Herr Ministerpräsident Höppner, haben all dem im Bundesrat zugestimmt, und das trotz des Vetos des Landtages. Wahrlich ein Bärendienst für Sachsen-Anhalt, und ich denke, darauf können Sie auch ganz besonders stolz sein.

Nach dem Gesetzeswirrwarr zur Scheinselbständigkeit und zur Neuregelung der 630-Mark-Jobs nun die ÖkoSteuer-Arbeitsplatzvernichtungsmaschine. Die von RotGrün regierte Republik, meine Damen und Herren, die wird sich noch die Augen reiben.

Ich bin zwar - trotz allem - erstaunt, mit welcher Engelsgeduld die Menschen die sogenannte ÖkoSteuer hingenommen haben. Aber ich denke, mittlerweile haben sie erkannt, was für ein Mogelpaket uns mit dem Etikett „Öko“ untergeschoben wurde. Die Menschen haben auch erkannt, wer ihnen diesen tollen Segen beschert hat. Die Menschen in Sachsen-Anhalt wissen, daß die Mächtigen nur dann machen, was sie wollen, wenn ihnen niemand auf die Finger klopft. Wie das geht, ist in Sachsen-Anhalt noch in guter Erinnerung.

Ich glaube, ich brauche es nicht noch einmal zu wiederholen, Sie können dies in unserem Änderungsantrag nachlesen: Wir sind gegen das Konzept einer sogenannten ökologischen Steuerreform. Aber im Gegensatz zur Fraktion der CDU, Herr Kollege Bergner - er ist leider nicht da -, haben wir uns auch für die konkrete Formulierung dieser Forderung entschieden.

Wir lehnen deshalb die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Finanzen ab und bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDVP)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Scharf.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister Gerhards, es war sehr gut, daß Sie heute morgen so deutlich gesagt haben, daß Sie an diesem Kurs festhalten wollen. Um so deutlicher müssen wir noch einmal darauf hinweisen, daß dieser Kurs falsch ist und falsch bleibt und auch so bezeichnet werden muß.

(Beifall bei der CDU)

Die Öko-Steuer ist unsinnig und ein falscher Name für eine reine Energiesteuererhöhung. Diese Wahrheit muß immer wieder genannt werden.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Wolf, FDVP)

Diese Energiesteuererhöhung hat keinerlei Lenkungsfunktion, im Gegenteil. Diese Öko-Steuer hat nichts mit Umweltschutz zu tun, aber viel mit Einnahmenverbesserung. Produzierendes Gewerbe wird ab einer bestimmten Grenze weniger mit Steuern belastet. Dies kann doch wohl nicht die versprochene Lenkungsfunktion sein.