Protokoll der Sitzung vom 10.03.2000

Diese Energiesteuererhöhung hat keinerlei Lenkungsfunktion, im Gegenteil. Diese Öko-Steuer hat nichts mit Umweltschutz zu tun, aber viel mit Einnahmenverbesserung. Produzierendes Gewerbe wird ab einer bestimmten Grenze weniger mit Steuern belastet. Dies kann doch wohl nicht die versprochene Lenkungsfunktion sein.

Übrigens kann überhaupt jeder Versuch, eine Energiesteuererhöhung ohne eine CO2-Komponente durchzuführen, das Ergebnis nicht erreichen, von emissionsintensiver Energie zu emissionsarmer Energie umzusteuern.

Der öffentliche Personennahverkehr - Busse und Bahnen -, über den wir gestern so viel geredet haben, wird allein durch diese Energiesteuererhöhung in den nächsten vier Jahren wahrscheinlich um rund 5 % teurer.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Öko-Steuer entlastet nicht die sozialen Sicherungssysteme. Strukturreformen werden durch Rot-Grün nur verschleppt, aber nicht in Angriff genommen.

Rot-Grün hat mit der Rücknahme der moderaten Reform der CDU-geführten Bundesregierung die Probleme in den Sozialversicherungen noch verschärft. Kurzfristig werden diese über die Steuer anders finanziert. Sie werden jedoch keinesfalls gelöst, die Menschen werden in die Irre geführt.

Auch finanziell stimmt die Rechnung nicht, meine Damen und Herren, denn nach den Plänen der Koalition soll die Energiesteuer im Jahr 2003 rund 38 Milliarden DM erbringen. Die Entlastung der Rentenversicherung wird jedoch mit 20 Milliarden DM vorgerechnet. Selbst wenn wir uns auf diese Rechnung einlassen, sind 18 Milliarden DM eine reine Einnahmenverbesserung des Staates. Dann, denke ich, soll man es auch so nennen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Benzinpreise schnellen in die Höhe, meine Damen und Herren. Zum 1. April 1999 um 0,07 DM, am 1. Januar 2000 sind es schon 0,14 DM. Die viel gescholtenen Mineralölkonzerne sind an der Energiepreiserhöhung im vergangenen Jahr mit 0,05 DM pro Liter beteiligt. Alles andere an der Energiepreiserhöhung, insbesondere den allergrößten Teil beim Benzinpreis selbst, kassiert der Staat durch Steuern. Wo durch eine Öko-Steuer noch eine Lenkungsfunktion erzeugt werden soll, das ist, denke ich, sehr, sehr schwer zu erklären.

Wenn wir schon zur sozialen Komponente kommen: Welcher Pendler im dünnbesiedelten Land SachsenAnhalt soll sich denn durch ein ökologisch bewußtes Verhalten dagegen wehren, daß er nicht mehr pendeln muß? Er muß ganz einfach diese höheren Benzinpreise bezahlen, wenn er zur Arbeit kommen will, egal, wie hoch diese Preise tatsächlich sind.

Deshalb bleibt aus der Sicht der CDU-Fraktion nur ein Weg: Diese Steuer muß weg. Deshalb auch noch einmal die Wiederholung des Änderungsantrages der CDU-Fraktion, den wir zur ersten Lesung schon gestellt hatten.

Wenn es nicht dazu kommt, daß unser Änderungsantrag angenommen wird, dann müssen wir über die einzelnen Punkte der Beschlußempfehlung gesondert abstimmen.

Wir haben im Finanzausschuß dem PDS-Antrag zugestimmt, weil wir nicht wollten, daß das ganze Thema weg ist. Herr Professor Trepte, Sie müssen natürlich zugeben, PDS und CDU sind aus sehr unterschied-lichen Gründen gegen diese „Öko-Steuerreform“. Ihnen geht es auf der einen Seite nicht weit genug. Gleich-zeitig vergießen Sie Krokodilstränen und wollen Kompensation. Wir wollen, daß eine unsinnige Regelung gänzlich vom Tisch kommt. Das sind schon Unterschiede im Ansatz.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDVP)

Nun wird die Frage sein, ob man sich trotz dieser Unterschiede im Ansatz im Plenum auf ein mehrheitsfähiges Abstimmungsergebnis einigen kann. Wenn Sie auf Ihren dritten Punkt verzichten, wird dies mög-lich sein. Wir halten es nicht für möglich, das System der Ermittlung des Warenkorbs, der schließlich für die Steigerungsraten der Sozialhilfesätze herangezogen wird, so zu verändern, daß die Kompensation, wie Sie sie wollen, an dieser Stelle durch diese Maßnahmen systemkonform erreicht werden kann. Das glauben wir nicht.

Herr Professor Trepte, ich glaube Ihnen auch nicht, wie Sie im Ausschuß für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten angekündigt haben, daß, wenn sich der Landtag dafür aussprechen würde, die Regelsätze für die Hilfe zum Lebensunterhalt den zusätzlichen Belastungen anzupassen, die PDS-Fraktion bereit wäre, für eine entsprechende Kompensation zu sorgen. Wo denn? Über den Landeshaushalt? Da muß ich ausnahmsweise dem Finanzminister zustimmen: Das kann doch wohl nicht der richtige Wege sein. Über den Bundeshaushalt bekommen Sie systematisch an dieser Stelle nichts hin. Es hilft nichts, es muß das ganze Gesetz weg. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Wolf, FDVP)

Vielen Dank. - Eine Zwischenfrage von der Abgeordneten Frau Wiechmann. Bitte schön.

Herr Scharf, ich habe eine Frage. Ich habe von Ihnen ganz deutlich vernommen: Das ganze Gesetz muß weg. Nun habe ich Ihren Änderungsantrag vor mir liegen. Darin heißt es, daß der Änderungsantrag, wie Sie ihn schon einmal gestellt haben, bestehen bleiben soll. Dort lese ich, daß die Punkte tatsächlich ersetzt werden sollen. Jeder weiteren Erhöhung soll entschlossen entgegengetreten werden. Wenn Sie dann den Punkt 1 des PDS-Antrages nehmen, den Sie nicht geändert haben wollen, ist dort von Nachbesserung die Rede.

Jetzt verstehe ich natürlich doch nicht ganz und habe das auch Ihren Worten nicht entnehmen können: Wollen Sie das Gesetz nun weghaben, oder wollen Sie nachbessern und jede weitere Erhöhung ausgeschlossen haben?

Das beste wäre natürlich, das Gesetz geht weg. Die Mehrheit dafür sehe ich in diesem Landtag nicht. Die Mehrheit sehe ich auch gegenwärtig im Bundestag nicht.

(Herr Sachse, SPD: Richtig!)

Ich sehe augenblicklich auch nicht die Landesregierung - das muß ich gestehen -, die sich an Beschlüsse des Landtages halten wird, wenn wir beschließen würden, sie soll dafür sorgen, sich so zu verhalten, wie es die Mehrheit des Landtages will.

(Beifall bei der CDU und bei der FDVP)

Deshalb müssen wird uns darüber im klaren sein, es kommt hier nicht auf den letzten Punkt an. Wir werden das Gesetz nicht ändern. Es kommt darauf an, ob wir im Rahmen einer Willensbildung im Landtag von SachsenAnhalt in der Lage sind zu sagen: Landesregierung, tue alles, um diesen falschen Weg, soweit er bis jetzt gegangen wurde, wenigstens an einer Stelle zu stoppen. Besser wäre es, die Entwicklung zurückzudrehen; aber durch das Inkrafttreten von Gesetzen ist der Zug schon ein Stück zu weit abgefahren, auch wenn er auf einem falschen Gleis fährt. Insofern liegen wir in der Intention gar nicht so weit auseinander.

Vielen Dank. Sie haben damit auf ein Problem hingewiesen, auf das ich noch einmal werde aufmerksam machen müssen, wenn es um die Abstimmung geht. Aber das muß ich dann ansagen. Der Antrag von Herrn Scharf wird sich nicht so einfach umsetzen lassen. Ich weise Sie dann darauf hin.

Zunächst spricht für die PDS-Fraktion noch einmal der Abgeordnete Herr Professor Trepte. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meinem vorbereiteten Vortrag muß ich aufgrund der Bemerkungen meiner beiden Vorredner folgendes voranstellen:

Das erste ist, die Beschlußempfehlung des Finanzausschusses wurde mit 7 : 6 : 0 Stimmen beschlossen. Das heißt, alle Fraktionen dieses Hauses, auch die DVU und die CDU, stimmten für den Antrag der PDS. Nur die SPD-Fraktion stimmte dagegen.

Die zweite Vorbemerkung. Frau Wiechmann, es ist richtig, die PDS ist für eine ökologische Steuerreform. Wir haben auch ein Gesamtkonzept für die ökologische Steuerreform auf der Ebene der finanz- und steuerpolitischen Sprecher und Mitarbeiter der PDS-Fraktionen in den ostdeutschen Bundesländern erarbeitet. Jedoch unterscheidet sich unser Gesamtkonzept wesentlich und prinzipiell von der Öko-Steuergesetzgebung der amtierenden Bundesregierung.

Nun will ich etwas Prinzipielles meiner Rede voranstellen. Meine Damen und Herren! Wie jede indirekte Steuer ist auch die Energiesteuer sozial ungerecht. Sie belastet die Haushalte mit niedrigem Einkommen stärker als jene Haushalte mit höherem Einkommen. Seitens der Bundesregierung wird Aufkommensneutralität der Energiesteuer durch Absenkung der Lohnnebenkosten sowohl für die Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer versprochen.

Ob dies so ist, ob die steuerpolitische Gerechtigkeit Tatsache ist, steht noch in Frage. Auf jeden Fall aber gehen die Empfänger von Lohnersatzleistungen, die Rentner, die Studenten und die Sozialhilfeempfänger dabei leer aus. Für sie gibt es überhaupt keine Kompensation. Dies muß korrigiert werden. Das ist das Anliegen unseres Antrages.

Es soll an dieser Stelle nicht wiederholt werden, was bereits gesagt wurde. Zwei Argumente des Finanzministers in der zurückliegenden Debatte sowie ein Argument des Abgeordneten Herrn Gürth im Ausschuß für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten gegen unseren Antrag will ich jedoch hier versuchen zu widerlegen.

Zum ersten. Es wird gesagt, durch die Liberalisierung des Strommarktes partizipieren auch die in unserem Antrag genannten Haushalte an den Strompreissenkungen. Bei Heizöl, Kraftstoffen und bei Gas ist dies natürlich nicht der Fall, Herr Minister. Da gibt es keine Liberalisierung, sondern da gibt es nach wie vor Monopol- und Oligopolsituationen.

Ich sage, von der Strommarktliberalisierung sollen alle Haushalte profitieren. Den erwähnten Haushalten mit durchweg niedrigem Einkommen soll diese marginale Einsparung nicht wieder weggenommen werden. Das ist ein schlimmes Abgleiten in die Verschärfung der sozialen Schieflage, Herr Minister.

Zum zweiten. Herr Minister, in der ersten Beratung zu diesem Antrag am 8. Oktober 1999 haben Sie mir einen Denkfehler vorgeworfen. Frau Wiechmann hat den Vorwurf wiederholt. Er bestünde darin, daß ich das Gesamtpaket der rot-grünen Steuerreform auseinanderpflückte. Sie behaupteten, die Belastungen aus der Energiesteuer würden durch eine Reihe von Entlastungen und von zusätzlichen Zahlungen an die privaten Haushalte weit überkompensiert. Ob das so ist, wäre noch zu prüfen. Zu überprüfen wäre auch - das ist inzwischen klar -, wer hier den Reibach macht, die Empfänger niedriger Einkommen oder die der hohen Einkommen und die Großunternehmen.

Aber auf diese Frage war und ist unser Antrag nicht gerichtet, Herr Minister. Jene Gruppen von Haushalten, die wir in unserem Antrag ansprechen, partizipieren an Ihrem sogenannten Entlastungspaket in keiner Weise. Ich muß Ihnen das Kompliment zurückgeben. Der Denkfehler liegt bei Ihnen, Herr Minister.

Zum dritten. Ich wende mich an die CDU-Fraktion, um sie für ein Ja in der Schlußabstimmung zu gewinnen. Sie haben recht, der Punkt 3 in unserem Antrag, würde er umgesetzt, erhöht die Ausgaben der Landkreise durch Anheben der Regelsätze zur Hilfe zum Lebensunterhalt. Das wollen Sie verhindern. Deshalb haben Sie diesen Punkt abgelehnt. Wir wollen das eigentlich auch.

Ich schlage folgendes vor: Natürlich haben Bundesregierung und Bundestag dieses Gesetz zu verantworten. Also muß auch der Bund die Kompensationslasten tragen. Ich stelle also den Antrag, den Punkt 3 unseres Antrages um folgenden Satz zu ergänzen: „Die entstehende zusätzliche finanzielle Belastung der Landkreise ist durch den Bund zu refinanzieren.“

Die Änderungsanträge, die heute von der FDVP und der CDU - das ist der, der ursprünglich eingebracht wurde - vorgelegt worden sind, zielen nicht auf eine Kompensation der sozial ungerechten zusätzlichen Belastungen der genannten Haushalte ab, sondern darauf, die Öko-Steuer vollständig auszusetzen. Das ist nicht unsere Intention. Deshalb müssen wir diese Anträge ablehnen.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem geänderten Antrag. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Trepte. Wir wissen jetzt, daß es doch ein bißchen schwieriger geworden ist.

Von der DVU-FL-Fraktion war ein Redebeitrag nicht angemeldet worden. Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Dr. Rehhahn. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt, zu dem ich jetzt als letzter sprechen werde, begleitet uns schon seit genau einem Jahr. Es war im März des vergangenen Jahres, als wir uns in diesem Hause erstmals mit dem Thema der ökologischen Steuerreform auseinandergesetzt haben, übrigens auch unter dem Tagesordnungspunkt 19; aber das nur am Rande.

Damals behandelten wir einen Antrag der CDU und einen Änderungsantrag der PDS, der dann letztlich als Beschluß verabschiedet wurde. Diesmal, bei dem Antrag, über den wir jetzt reden, ist es genau andersherum. Also die PDS hat einen Antrag eingebracht, und die CDU hat dazu einen Änderungsantrag gestellt. Aber inhaltlich unterscheiden sie sich nur u nwesentlich.

Nach wie vor geht es um die Kompensation der Belastungen aus der Öko-Steuer für angeblich - ich sage es hier ganz klar und deutlich nochmals - benachteiligte Gruppen unserer Gesellschaft.

Herr Scharf, wenn Sie dem Finanzminister richtig zugehört hätten - ich habe gehofft, Sie hätten es aufgenommen -, hätten Sie festgestellt, hier wird nach dem Nettoprinzip gehandelt.

Herr Trepte, ich muß auch Ihnen noch einmal sagen: Der Finanzminister hat damals in seiner Rede - ich habe das noch einmal nachgelesen - sehr ausführlich über die Frage der Erhöhung des Arbeitslosengeldes, der Sozialhilfe, der Erhöhung der Renten gesprochen und klargemacht, daß das dort mit berücksichtigt werden muß, damit es nicht zu einer unzumutbaren Belastung kommt. Daß es durch die Öko-Steuer zu Belastungen kommt, das vertreten wir. Aber man muß dabei immer auf die Zumutbarkeit achten.

(Frau Stange, CDU: Die Verhältnisse stimmen nicht!)

Seit einem Jahr haben wir hier und auch im Finanzausschuß mit schöner Regelmäßigkeit eine Diskussion zwischen den Fraktionen geführt. Dabei haben nicht alle Fraktionen unbedingt immer zur Sache argumentiert.