Protokoll der Sitzung vom 10.03.2000

(Lachen bei der PDS)

Aber das darf doch wirklich nicht der Stil und der Ernst in diesem Parlament sein.

Im übrigen: Der Vergleich mit den anderen Gutachten diskriminiert diese und ist anmaßend. Wenn die Gutachten mit einer solchen Aneinanderreihung von politischen Platitüden umrahmt gewesen wären,

(Herr Becker, CDU: Wo ist denn eine Platitüde?)

hätte es keine Antragstellung und sicherlich auch keine Überweisung gegeben.

(Zustimmung bei der PDS)

Diesmal bin ich nicht mit Ihnen einer Meinung, Herr Becker.

(Heiterkeit bei der SPD)

Kurzum: In dem Papier sind diskussionsfähige Gedanken enthalten. Das betrifft vor allem die Anlage und die Anlage zur Anlage. Jedoch haben wir es hierbei mit keinem für die parlamentarische Beratung aufbereiteten Antrag zu tun.

(Herr Kühn, SPD, lacht)

Die CDU-Fraktion hat uns wiederum einen Wischiwaschi-Antrag vorgelegt. Wenn Sie die Kraft nicht haben, Ihre Einsichten und Forderungen in Inhalt und Form so aufzubereiten, daß der Landtag damit umgehen kann, dann müssen Sie wohl besser darauf verzichten.

(Zustimmung bei der PDS und bei der SPD - Herr Schomburg, CDU: Wenn Sie nicht damit umgehen können, ist das Ihr Problem!)

Der Verzicht würde sich aber bezüglich seiner Schmerzhaftigkeit in Grenzen halten, da die Forderungen in der ersten Anlage, wie Frau Budde schon sagte, mehrheitlich beschlossen, in der Enquete-Kommission beraten wurden. Das sagen Sie ja auch. Die 16 nicht mit einem Sternchen versehenen Vorschläge sind zum großen Teil in den anderen Gutachten zu finden, die aufgenommen worden sind. Diese können Sie in geeigneter Form in die noch zu führende Diskussion um die Funktional- und Verwaltungsreform einfließen lassen.

Wir lehnen die Überweisung in den zeitweiligen Ausschuß ab und raten Ihnen: Machen Sie, um in der Sprache Ihres Antrages zu bleiben, Ihre Hausaufgaben!

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Herr Becker, darf ich Ihr Armheben von vorhin so verstehen, daß Sie eine Frage stellen wollten?

(Herr Becker, CDU: Ich verzichte jetzt! - Heiter- keit bei der CDU)

Für die Fraktion der FDVP spricht jetzt die Abgeordnete Frau Wiechmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihr Einverständnis vorausgesetzt, würde ich diesen Beitrag gern zu Protokoll geben, da ihn eigentlich Herr Rudi Wiechmann halten sollte, der heute leider erkrankt ist.

(Zu Protokoll:)

Man hat den Eindruck, daß die in vielen Bereichen angemahnten Reformen zwischenzeitlich zur Reformitis verkommen.

Von der jetzigen SPD-Regierung Tätigkeiten zu erwarten, hieße auf ein Wunder zu hoffen. Wunder außerhalb der Weltwunder gibt es aber wenige.

Die Regierung Höppner ist auch nicht andeutungsweise inhaltlich in diese Richtung zu bringen. Sie zeichnet sich, und ich zitiere Herrn Höppner sinngemäß, durch ausgeprägte Inkompetenz aus. An der Zahl sind nicht zwei, sondern drei, Herr Höppner - so der Mathematiker.

Zum Antrag der Fraktion der CDU ist zunächst zu bemerken, daß der Begriff der Verwaltung nicht hinreichend herausgearbeitet ist, der von der Reform erfaßt werden soll. Denn der Begriff der Verwaltung wird nicht nur für den öffentlichen Bereich, sondern auch im privaten als Gegensatz zum Produktionsbereich verwendet.

Im öffentlichen Bereich wird der Begriff der Verwaltung aber umfassend verstanden; er schließt öffentliche Einrichtungen und Unternehmen einschließlich produktiver Tätigkeiten ein.

Die CDU möge daher den Begriff der Landesverwaltung näher definieren. Gleiches gilt zu den Unterscheidungen zwischen Verwaltung im materiellen wie auch im formellen Sinne. Vom Begriff der Landesverwaltung erfaßt sein dürften auch Private, die nur beauftragt oder beliehen sind. Ob die CDU-Fraktion diesen Adressatenkreis ebenfalls in ihre Reformbemühungen einbeziehen will, dürfte zweifelhaft sein.

Die von der CDU geforderte ständige Aufgabenkritik ist eine Selbstverständlichkeit. Dagegen fehlt der Exekutive die Möglichkeit, eine Rechtsbereinigung zu betreiben. Die Exekutive kann nur Denkanstöße für eine Rechtsbereinigung geben.

Es bestehen keine Bedenken gegen die Forderung, einen dreistufigen Landesaufbau beizubehalten. Dabei ist allerdings der Widerspruch aufzuklären, der dadurch entsteht, daß auf der einen Seite eine Aufgabenverlagerung vom Land auf die Kommunen vorgenommen werden soll, während eine personelle und Kompetenzbündelung bei der Mittelbehörde eingreifen soll, denn die Mittelbehörden sind doch die einer obersten Landesbehörde unmittelbar unterstehenden Behörden, die für einen Teil des Landes zuständig sind.

Daß bei Aufgabenverlagerungen vom Land auf die Kommunen die Kommunen mit den finanziellen und sächlichen Mitteln ausgestattet werden müssen, ist zwar eine Selbstverständlichkeit; bis zum Landesgesetzgeber scheint diese Selbstverständlichkeit aber bisher nicht durchgedrungen zu sein.

Etwas merkwürdig erscheint die Forderung nach Stärkung der politischen Führungsfunktionen der Ministerien, denn niemand hat die Ministerien gebeten, reine Verwaltungstätigkeiten auszuüben. Die Ministerien ha

ben sich bisher immer Verwaltungstätigkeiten angemaßt, von denen die sachbearbeitende Verwaltung mehr versteht. Die „Wasserköpfe“ sind ein Ergebnis der Ministerien selbst.

Man geht nicht fehl in der Annahme, daß bei Schaffung eines Ministeriums ohne jede Kompetenz sich ein Kompetenzselbstläufer ergibt, der in kurzer Folgezeit zum Ruf nach Personalaufstockung führt.

Man geht daher nicht fehl in der Annahme, daß mit der Reduzierung der Kompetenzen für die Ministerien auch eine Reduzierung der Ämter der Minister einherzugehen hat. Es würde ohnehin niemandem auffallen, daß Minister fehlen würden, wenn deren Anzahl um die Hälfte verringert werden würde.

Hemmschuh für die Umsetzung einer wirksamen Verwaltungsreform scheint immer noch das fehlende Landesorganisationsgesetz zu sein. Blicke in andere Bundesländer seien deshalb angeraten, wenn man Gesetzentwürfe selbst nicht formulieren und einbringen kann.

Die von der CDU geforderte Bündelung der Kräfte und Vermeidung von Doppelgleisigkeit kann allein unter Bezugnahme auf die beigefügte Anlage nicht nachvollzogen werden. Als Arbeitspapier mag sie ausreichend sein.

Ergänzungen wären an allen Punkten der Anlage vorzunehmen. Da aber der Antrag der CDU von hier aus als Arbeitspapier verstanden wird, würde sich die Fraktion der FDVP einer Überweisung in den Ausschuß nicht widersetzen.

Liegt das Einverständnis des Parlaments vor, daß die Rede zu Protokoll gegeben wird? - Dann verfahren wir so.

Die Fraktion der DVU-FL verzichtet auf einen Redebeitrag. Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muß schon sagen, das waren Argumente, mit denen hat nun keiner gerechnet,

(Heiterkeit bei der SPD und bei der PDS)

weil sie im Grunde nicht stichhaltig sind.

(Lachen bei der SPD und bei der PDS)

Frau Dr. Paschke, ich habe Ihnen eigentlich immer zugehört und Ihre Argumente gewogen. Aber ich habe gemerkt, daß Sie diesmal völlig daneben gegriffen haben.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD und bei der PDS - Zuruf von Frau Dr. Paschke, PDS)

Denn was wollten und was wollen wir? Wir haben gesagt, bitte, hier ist ein Eckpunktepapier. Natürlich steht hier oben Anlage. Wie soll es denn anders sein? Es kann ja nur ein Antrag auf Befassung als Anlage beigefügt werden. Technisch ist das gar nicht anders möglich.

Was steht da alles drin?

(Heiterkeit bei der SPD)

Frau Ministerpräsidentin, da muß ich natürlich sagen, ich kann es beim besten Willen nicht verstehen, wie Ihre Hoffnung auf Mitarbeit gedämpft sein kann.

Frau Budde, das läßt schon einiges erahnen. Sie sprechen da von „aufgemotzt“. Entweder ihr macht mit oder...

(Herr Dr. Daehre, CDU: Richtig!)

Also, mit so einer Knüppel-aus-dem-Sack-Politik haben wir uns eigentlich noch nie abgefunden. Das werden wir auch nicht tun.