Protokoll der Sitzung vom 04.05.2000

Es ist von seiten des Landeschorverbandes durchaus nachvollziehbar und aus meiner Sicht auch gerechtfertigt, eine angemessene Außenwahrnehmung einzufordern. Aber - noch einmal frage ich - sollte eine Interessenvereinigung dies nicht aus eigenem Interesse heraus selber tun und leisten können? Herr Professor Spotka hat versucht darzustellen, daß das nicht der Fall ist. Ich kann mich dieser Auffassung nicht ganz anschließen. Ich will einige Fakten, die schon genannt worden sind, heranziehen:

Der Landeschorverband stellt den mitgliederstärksten Verband im Bereich der Laienmusik in Sachsen-Anhalt dar. Ich gehe davon aus, daß sich daraus auch - wir haben vorhin einige Zahlen gehört - ein nicht ganz niedriges Aufkommen an Mitgliedsbeiträgen ableiten läßt. Der Landeschorverband ist außerdem Mitglied im Lan

desmusikrat, der vom Land institutionell gefördert wird und der, wie wir erst kürzlich wieder feststellen durften - der Brief ist mehrfach erwähnt worden -, auch die Interessen des Landeschorverbandes mit großer Eindringlichkeit zu vertreten weiß. Ich mache mir also in dieser Hinsicht weniger Sorgen darum, daß die Interessen der Musik in Zukunft sang- und klanglos an uns vorübergehen müssen.

Jetzt zu meinen eigentlichen Bemerkungen, das einschränkend. Es ist auch nicht so, daß die Laienmusik in unserem Land keine Förderung erfahren würde. Die Projekte des Landeschorverbandes werden in diesem Jahr mit rund 90 000 DM gefördert, wenn man die Lotto-Mittel hinzunimmt, die wir der Landesregierung mit zu verdanken haben. Das - das sage ich ganz deutlich - ist auch gut und richtig so. Das muß sein.

Übrigens - das möchte hier einmal anmerken - beträgt der Anteil der Musikförderung am Kulturhaushalt immerhin 8 %. Zum Vergleich: Der Anteil der Museumsförderung beträgt 6 %, der der Bibliotheksförderung 2 % und der der Förderung der Soziokultur nur magere 1 %, was aber dem Umstand geschuldet ist, daß der Haushalt insgesamt nicht mehr hergibt.

Es ist wohl kein Zufall, daß ich angesichts des uns vorliegenden Antrages dazu komme, über den Kulturhaushalt insgesamt nachzudenken.

(Zustimmung von Herrn Prof. Dr. Spotka, CDU, und von Herrn Schomburg, CDU)

Ich möchte das nur noch in zwei Sätzen deutlich machen.

Es ist nur allzu verständlich, daß der Landeschorverband auf eine institutionelle Förderung seitens des Landes drängt, und das, Herr Schomburg, verdient unsere Aufmerksamkeit. Aber es kann nicht im Interesse der Förderung von Kunst und Kultur sein, die Spielräume im Kulturhaushalt noch weiter zu verengen. Schon jetzt stehen nur noch knappe Prozente des Kulturhaushaltes für die freie Projektförderung und damit eben auch für die Förderung der Breitenmusik zur Verfügung. Wir werden nicht umhin kommen, diese Struktur zu überdenken.

Dafür halte ich den Ausschuß für Kultur und Medien für das geeignete Gremium und plädiere daher für eine Überweisung des Antrages in diesen Ausschuß. - Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Herr Gebhardt hat jetzt für die PDS-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das im Antrag geschilderte Problem der nicht vorhandenen Sicherung langfristig stabiler Arbeitsmöglichkeiten für den beschriebenen Landeschorverband beschäftigt den Landtag, wie Herr Professor Spotka richtig sagte, schon seit Jahren. Auch in der letzten Legislaturperiode spielte das bekanntermaßen schon einmal eine Rolle.

Die PDS-Fraktion steht dem Anliegen des Antrages, eben diese langfristigen Bedingungen zu schaffen, positiv gegenüber; denn die Verdienste des Landeschorverbandes wissen wir sehr wohl zu schätzen. Die Chöre in Sachsen-Anhalt - das wurde schon mehrfach ausgeführt

- spielen eine große Rolle, und das ist auch ein Verdienst der rührigen und engagierten Arbeit der Mitglieder dieses Landesverbandes.

Dennoch reduziert der Antrag der CDU-Fraktion ein Problem der sachsen-anhaltischen Kulturlandschaft, nämlich das Fehlen von langfristiger Planungssicherheit und von stabilen Rahmenbedingungen, auf einen einzigen Verband. Die PDS-Fraktion plädiert für eine umfassende Kulturkonzeption und somit für eine umfassende Klärung der Förderung von Kulturverbänden und -institutionen mit dem Ziel, langfristig stabile Arbeitsbedingungen für die Kulturlandschaft zu schaffen.

Bis zur Klärung dieses Prozesses bzw. bis zur Vorlage eines solchen komplexen Ansatzes sollten wir versuchen, für den von der CDU-Fraktion aufgeworfenen Einzelfall im Fachausschuß nach einer Lösungsmöglichkeit zu suchen; denn wie die Gestaltung von langfristig stabilen Rahmenbedingungen und langfristig stabilen Finanzierungen aussehen könnte, ist im Antrag auch nicht klar formuliert. Hierfür gibt es sicherlich mehrere Modelle, über die wir im Ausschuß auch streiten sollten.

Da die CDU-Fraktion selbst für eine Überweisung in den Ausschuß für Kultur und Medien plädiert hat, denke ich, daß es auch Sinn und Zweck des Antrages und Absicht der CDU-Fraktion war, im Ausschuß gemeinsam darüber zu streiten, wie wir für diesen einzelnen Landesverband zu einer langfristigen Finanzierungsmöglichkeit kommen könnten. Deshalb stimmen wir einer Überweisung in den Ausschuß für Kultur und Medien zu.

Ich warne aber davor, im Ausschuß erneut eine Debatte zu eröffnen und den Landeschorverband mit dem Verein „Miteinander“ zu vergleichen.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Wer hat denn das ge- macht?)

Genausowenig kann man, wie es vorhin schon gesagt wurde, den Verein Grenzdenkmal Hötensleben mit irgendeinem Taubenzüchterverein vergleichen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Für die DVU-FL-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Büchner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte trotz alledem noch einmal auf den Verein „Miteinander“ zu sprechen kommen. Wenn dieser Verein Kirchenlieder unter der Stabsführung von Pastor Tschiche einüben würde, hätten wir nichts dagegen.

(Frau Bull, PDS: Mein Gott! - Weitere Zurufe)

Die Kultur eines Volks ist die Gesamtheit aller Lebensleistungen eines Volkes. Dazu gehört die Musik mit ihrem breiten Spektrum, insbesondere auch die Chormusik. Es geht um Chöre und ihren Erhalt.

(Unruhe)

Deshalb können wir uns nicht der Tatsache verschließen, selbige mit allen Mitteln zu fördern und zu unterstützen. Chormusik, und nicht nur diese Art von Musik, ist völkerverbindend. Wenn wir ein Europa mit viel Kultur haben möchten, dürfen wir uns dem Anliegen des Landeschorverbandes nicht verschließen, sondern er muß

unserer Unterstützung gewiß sein. Deshalb stimmen wir für den Antrag der CDU. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Herrn Kannegießer, DVU-FL)

Herr Professor Dr. Spotka, wünschen Sie noch einmal das Wort?

(Herr Prof. Dr. Spotka, CDU: Danke, Frau Präsi- dentin, ich verzichte!)

- Sie verzichten. - Meine Damen und Herren! Es wurde beantragt, den Antrag der CDU in den Ausschuß für Kultur und Medien zu überweisen.

(Unruhe)

- Wir sind jetzt im Abstimmungsverfahren. Ich bitte Sie, die nötige Ruhe herzustellen.

Wer stimmt der Überweisung zu? - Gegenstimmen? - Ich sehe keine. Enthaltungen? - Sehe ich ebenfalls nicht. Damit ist die Überweisung einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung

Unterstützung der Projekte „Jobrotation“ in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/3055

Ich überlege, ob ich den Begriff „Jobrotation“ neulateinisch ausspreche, wie es gestern bei dem ökumenischen Empfang formuliert wurde. Es bleibt Ihnen überlassen, wie Sie das Wort aussprechen.

Der Antrag wird von der Abgeordneten Frau Dirlich eingebracht.

(Herr Sachse, SPD: Wir sollten deutsch spre- chen!)

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich werde diesen Ausdruck ausdrücklich nicht auf deutsch sagen, weil das Wort „Rotation“ nicht aus dem Deutschen kommt. Tut mir leid.

(Herr Sachse, SPD: Daran haben wir uns ge- wöhnt!)

Ich bleibe bei dem Begriff „Jobrotation“. Ich glaube, das ist für mich einfacher. Das ist man so gewöhnt.

Jobrotation funktioniert zunächst nach einem sehr einfachen Prinzip. Betriebe, die Mitarbeiterinnen weiterbilden wollen, erhalten das Angebot, während der Abwesenheit der jeweiligen Mitarbeiterin eine arbeitslose Stellvertreterin einzusetzen, ohne daß dem Betrieb dadurch zusätzliche Kosten entstehen.

Die Arbeitslosen, die dafür eingesetzt werden, haben die Möglichkeit, sich für die von ihnen erwartete Tätigkeit vorab zu qualifizieren. Die Mitarbeiterin des Betriebes wird paßgerecht nach den Anforderungen des Betriebes aus- oder weitergebildet.

Die Stellvertreterin hat die Möglichkeit, praktische Erfahrungen in einem Betrieb zu sammeln. Damit erhöhen sich ihre Chancen, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, enorm. Das zeigen alle Erfahrungen mit diesem Projekt.

Ein weiterer positiver Nebeneffekt für die Betriebe ist, daß zu Beginn der Maßnahme eine konkrete Bildungsbedarfsanalyse für diesen Betrieb durchgeführt wird. Damit wird den Betrieben eine wertvolle Hilfestellung bei Problemen gegeben, die sie allein nicht bewältigen können. Würden diese Analysen von professionellen Managementfirmen durchgeführt, wären sie für die meisten kleinen und mittleren Unternehmen unerschwinglich.

Auch in Sachsen-Anhalt wurde das Projekt „Jobrotation“ als Modellprojekt durchgeführt. Es hat in Sachsen-Anhalt wie auch in anderen Bundesländern, beispielsweise in Bremen und in Bayern oder seit Jahren in den skandinavischen Ländern, große Erfolge aufzuweisen.