Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

Herr Minister, eine Frage sei mir an dieser Stelle - obwohl Sie es verneint haben - doch gestattet: Hat die Landesregierung tatsächlich juristisch eindeutig geprüft und somit abgesichert, daß die HSB solche Einschränkungen hinnehmen muß?

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Nationalparkgesetz sind zudem Regelungen enthalten, welche den Wegeplan, in welchem die Wege, die Loipen und auch die Hütten enthalten sind, und den Nationalparkplan, in welchem die Aufgaben und die Ziele für die Zukunft aufgeführt werden, betreffen. Warum werden diese Pläne nicht gleichzeitig mit dem Nationalparkgesetz herausgegeben und behandelt?

(Zustimmung bei der CDU)

Da sie zum Gesetz gehören, müssen sie auch gleichzeitig mit dem Gesetz zumindest beraten werden.

Abschließend beschränke ich mich noch auf einen Hinweis zur Ausweisung der Zonen. Auch hierbei muß noch einmal nachgearbeitet werden. Ich nenne ein Beispiel: In Drei Annen-Hohne stehen das Jugendwaldheim „Drei Annen“ sowie ein recht bekanntes Hotel. Daß gerade hier keine Zone ohne Wegegebot ausgewiesen wurde, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Die Spiele und die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen wie Wanderungen, Waldläufe, Arbeiten im Wald und - nicht zu vergessen - die Freizeit am Nachmittag sind eng mit dem Wald verbunden. Daß sich Kinder an ein wie auch immer geartetes Wegegebot halten, glaube ich nicht. Die Kinder sollen ja gerade an diesem Ort in den Wald gehen, um dort zu lernen. Es muß also, um die Jugendarbeit auf dem bisherigen Niveau zu halten, eine Erweiterung der Zone ohne Wegegebot erfolgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letz- ten zehn Jahren haben die Nationalparkverwaltung, die Landkreise, die HSB und der Brockenwirt gut zusammengearbeitet. Durch zu starke Reglementierungen wird der Eindruck erweckt, daß die Beteiligten nicht vertrauenswürdig seien. Für ein eigenverantwortliches Handeln der Partner, die man braucht, ist dies nicht zuträglich.

Meine Damen und Herren! Trotz der geäußerten Bedenken freuen wir uns auf eine intensive Beratung in den Ausschüssen. Angesichts der Tatsache, daß die Landesregierung den Entwurf ihres Gesetzes in der Fassung in den Landtag eingebracht hat, die sie auch in die Anhörung gegeben hat - er ist also unverändert; das heißt, daß keine der eingegangenen Stellungnahmen Einzug in den jetzt vorliegenden Entwurf gefunden hat -, beantragen wir die Beratung im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, weil wir der Meinung sind, daß über die regionalen Aspekte und die regionale Entwicklung in diesem Ausschuß sachgerechter und objektiver beraten werden kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Oleikiewitz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die CDU offensichtlich mit Freude die Diskussion in den Ausschüssen erwartet und hier signalisiert hat, daß sie diesem Gesetz grundsätzlich zustimmen wird, und weil der Minister alles gesagt hat, was zu dem Entwurf zu sagen ist, möchte ich meine Rede zu Protokoll geben, um das Fest heute abend nicht länger hinauszuschieben. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Das war ein Wort!)

(Zu Protokoll:)

Monate vor dem Beschluß der letzten Volkskammer haben sich Vertreter des grünen runden Tisches Magdeburg, an dem ich für die SPD teilnahm, mit der Zukunft der schon damals zum Teil unter Naturschutz stehenden Gebiete im Hochharz, mit der Entwicklung der Brockennutzung und mit der Brockenbahn befaßt.

Klar war uns schon 1990, daß der Erhalt und die Pflege der einzigartigen Naturausstattung von Hochharz und Brockenkuppe absolute Priorität bei allen Fragen der zukünftigen Entwicklung des Gebietes haben müssen.

Klar war uns auch, daß getreu der Praxis in anderen Gebieten Deutschlands die Gefahr bestand, daß insbesondere der Gipfel des „deutschen Berges“ zu einem erstrangigen Ziel touristischer Vermarktung werden würde, nachdem er viele Jahrzehnte der Öffentlichkeit entzogen war.

Deswegen haben sich die Vertreter am grünen runden Tisch auch für eine maßvolle und am Schutzziel ausgerichtete wirtschaftliche Entwicklung ausgesprochen. Das führte übrigens auch dazu, daß wir damals maximal fünf Zugfahrten der Brockenbahn zulassen wollten. Die heutigen Tatsachen bestätigen unsere damaligen Befürchtungen.

Es war ein Glücksumstand der Geschichte, daß die letzte Volkskammer die historische Weitsicht hatte, eine Reihe von einmaligen Natur- und Landschaftsvergesellschaftungen der damaligen DDR den Status von Nationalparken zu geben - für damalige bundesdeutsche Verhältnisse ein unmöglicher Akt.

Sicher hatten wir damals nicht die Zeit, die nach den damaligen westdeutschen Verwaltungs- und Gesetzesvorschriften vorgeschriebenen Beteiligungen und Anhörungen durchzuführen. Es bleibt allerdings eine Tatsache, daß wir ohne die damalige Entscheidung heute nicht über einen Nationalpark reden könnten.

Der Streit um die Rechtmäßigkeit der Nationalparkverordnung begleitet uns seit dieser Zeit. Wirtschaftliche Nutzung der Brockenkuppe, Anzahl der Fahrten der Brockenbahn, Einrichtung alpiner Abfahrtsstrecken waren dabei die Schlagworte. Lange Zeit schien ein Kompromiß zwischen den streitenden Parteien nicht möglich.

Heute legt nun die Landesregierung den Entwurf für ein Nationalparkgesetz vor, der versucht, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen zu schaffen.

Nach Auffassung der SPD-Fraktion sind die hier vorgeschlagenen neuen Festlegungen sowohl aus der Sicht des Naturschutzes als auch aus der Sicht von Wirtschaft und Tourismus akzeptabel. Auch wenn in den Anhörungen öffentlich noch nicht alle ihre Zustimmung zum Entwurf so richtig zeigen wollten, für uns ist das optimal Mögliche, das maximal Zuträgliche für Flora und Fauna erreicht worden.

Nach meiner persönlichen Überzeugung ist der Nationalpark nicht nur ein Gewinn für das Land SachsenAnhalt; vielmehr paßt er sich präzise in die weitgehenden Ziele deutscher und europäischer Umweltpolitik ein.

Die Tatsache, daß seit dem Volkskammerbeschluß inzwischen fast zehn Jahre vergangen sind, bedeutet auch, daß eine Anpassung der VO aus verschiedenen Gründen erforderlich ist. Diesem Anliegen folgt der vorliegende Entwurf. Minister Keller hat dazu entsprechende Ausführungen gemacht, die ich hier nicht wiederholen will.

Ich bitte Sie im Namen der SPD-Fraktion, dem Vorschlag des Ministeriums zu folgen und den Gesetzentwurf in die Ausschüsse für Raumordnung und Umwelt, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten sowie für Recht und Verfassung zu überweisen.

Vielen Dank. - Für die DVU-FL-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Montag.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Harz, das nördlichste Mittelgebirge Deutschlands, hat zwei Nationalparkanlagen, den Nationalpark Hochharz in Niedersachsen und den Nationalpark Harz in SachsenAnhalt, welche aneinandergrenzen. Mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung scheint doch ein breiter Konsens gefunden worden zu sein.

Der Harz ist der Touristenmagnet Nr. 1 in SachsenAnhalt. Gerade auf die symbolträchtige, aber sehr sensible Brockenkuppe strömen seit der Wende täglich im Durchschnitt 12 000 Menschen, so daß zum Erhalt der Flora und Fauna unbedingt ein Gesetz nötig war.

Wir glauben, daß das uns vorliegende Gesetz von allen Seiten mitgetragen werden kann, weil es den Belangen der Natur und des Tourismus Rechnung trägt. Wir begrüßen auch die Herauslösung der Flächen zwischen dem Großen und dem Kleinen Winterberg, damit der Harzort Schierke mehr Skisportmöglichkeiten anbieten und vielleicht an seinen Status aus den 30er Jahren wieder anknüpfen kann, als er als das Sankt Moritz des Nordens bezeichnet wurde.

Etwas bedenklich erscheint es uns allerdings, wenn man per Gesetz das Betreiben der Brockengastronomie wie im § 10 Abs. 3 dieses Entwurfes regeln will, muß doch der Pächter der Brockengastronomie in erster Linie an die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens denken. Dieses sollte unserer Meinung nach in den Durchführungsbestimmungen enthalten sein. Auch sollte man so kulant sein, touristische Rodelveranstaltungen am Ortsrand der Gemeinde Schierke nicht von Sondergenehmigungen abhängig zu machen.

Ein touristisches Kleinod hat man sich allerdings entgehen lassen, und zwar das ehedem geplante, für zwei Nationalparkanlagen gedachte Nationalparkzentrum Eckertal an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze bei Stapelburg. Man hätte dort den gesamten Harz repräsentieren können; denn den Harzbesuchern ist es letztendlich egal, in welchem Bundesland sie sich befinden. An Absichtsbekundungen hat es auf beiden Seiten nicht gefehlt, aber schließlich soll es am mangelnden Geld gelegen haben. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, daß das Nationalparkzentrum von keiner Seite mit der nötigen Intensität verfolgt wurde.

Auf jeden Fall trägt dieser Gesetzentwurf zum Erhalt der Natur im Harz bei, ohne die Belange des Tourismus zu sehr einzuschränken. Deshalb wird unsere Fraktion diesem Entwurf zustimmen.

(Herr Scharf, CDU: Das kommt erst noch!)

Vielen Dank. - Für die PDS-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kasten. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte darum bitten, meine Rede zum Brockennationalpark zu Protokoll geben zu dürfen.

(Beifall)

In Anbetracht des Zeitverzuges von rund eineinhalb Stunden und der Entwicklung des Themas ist das aus meiner Sicht vertretbar. Sie haben es ja bestätigt.

Wir schlagen eine Überweisung in den Umweltausschuß zur federführenden Beratung vor. Zusätzlich würden wir eine Überweisung in den Ausschuß für Recht und Verfassung begrüßen.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

(Zu Protokoll:)

Die PDS-Landtagsfraktion unterstützt grundsätzlich den von der Landesregierung am 22. Juni 2000 in den Landtag eingebrachten Gesetzentwurf über den Nationalpark Harz des Landes Sachsen-Anhalt. Sie schlägt vor, den

im Entwurf um rund 3 000 ha erweiterten Nationalpark Hochharz dann Brockennationalpark zu nennen. Dieser Nationalpark hätte mit der namentlichen Ein-beziehung des bekanntesten und höchsten Berges Norddeutschlands, dem Brocken, einen im höchsten Maße identitätsstiftenden „Markenbegriff“.

Der vorliegende Gesetzentwurf setzt einen Standard, der in keinem Fall weiter aufgeweicht werden darf. Eine Unterstellung des Nationalparks unter die Mittelinstanz wird von uns abgelehnt.

Einige Widersprüche und Ungenauigkeiten - wie die fehlende Einbeziehung des sachsen-anhaltischen Teils der Eckertalsperre, der Umgang mit der Brockenstraße, die Einbeziehung von Forstwegen an der Nationalparkgrenze, die Nutzung des Schienenweges zwischen Schierke und Brocken, die Nutzung der Brockenkuppe - sollten im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens geklärt werden. Dabei muß sich der Tourismus im Nationalpark grundsätzlich den Schutzzielen des Nationalparks unterordnen.

Wer sich jetzt, wie es Vertreter des im Jahr 1999 Nationalparkgemeinde gewordenen Ortes Ilsenburg tun, querstellt, torpediert den Konsens, den Minister Keller und seine Fachleute in Jahren mühevoller Kleinarbeit ausgelotet haben. Es ist beachtenswert, mit welcher Gelassenheit Minister Keller mit seinem Nationalparkgesetz den Konsens und Ausgleich gesucht hat. Wer jetzt bremst und auf den Diskussionsstand von Anfang der 90er Jahre zurückfällt, der schadet nicht nur sich selbst, sondern auch dem Schutz des Harzgebirges und der nachhaltigen Entwicklung nicht nur des sachsenanhaltischen Teils des Harzes. Abschließend kann das nur heißen: Den Brockennationalpark jetzt umsetzen!

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kasten. Sie haben erlebt, wie schnell man sich Sympathien holen kann.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Ich darf dann die Anträge zusammenfassen. Es ist eine Überweisung in den Umweltausschuß federführend beantragt worden, zusätzlich die Überweisung in den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und durch Herrn Kasten soeben die Überweisung in den Ausschuß für Recht und Verfassung. Wünsche, den Gesetzentwurf in weitere Ausschüsse zu überweisen, bestehen offensichtlich nicht. Dann stimmen wir darüber ab.

(Herr Scharf, CDU: Nein, nein!)

- Bitte, Herr Scharf.

Herr Präsident, da gibt es noch einen kleinen Streit. Ich denke, Sie sollten zunächst nur über die Ausschußüberweisung abstimmen lassen, denn es gibt unterschiedliche Auffassungen, ob die federführende Beratung im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten oder im Ausschuß für Raumordnung und Umwelt erfolgen soll.