Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

Die Länder werden sich im nächsten Jahr intensiv mit der Neugestaltung der dualen Rundfunkordnung befassen. Dabei wird insbesondere die heutige Regelungsdichte, die durch die EU-Fernsehrichtlinie letztlich auch das Mediengesetz des Landes beeinflußt, einer kritischen Prüfung unterzogen werden müssen.

Andere Themen, die uns beschäftigt haben, waren der Jugendschutz und die Medienkompetenz, die meiner Ansicht nach weiterhin der Beobachtung bedürfen und von anhaltender Bedeutung sind. Ich begrüße es daher, daß der Landesrundfunkausschuß seit längerem Projekte der Medienkompetenz unterstützt. Das Mediengesetz bestätigt diesen eingeschlagenen Weg nachdrücklich.

Das Thema Medienkompetenz als Aufgabe unserer Medienanstalten erwähne ich im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen auch aus einem weiteren Grund: Es ist für eine Kooperation der drei mitteldeutschen Medienanstalten prädestiniert. Ich halte es für einen guten Gedanken, daß die drei Medienanstalten der Initiative des Vorsitzenden des Landesrundfunkausschusses Herrn Kühn gefolgt sind und eine verstärkte Zusammenarbeit auch auf anderen Feldern vereinbart haben.

Eine solche Kooperation kann der Profilierung unserer Länder als Medienstandort nur hilfreich sein. Der MDR und die mitteldeutsche Medienförderung beweisen schon heute, daß wir gute Chancen haben, mit anderen Medienstandorten mitzuhalten. Auf diesem Gebiet tut sich einiges. Ich denke, wir sind mit diesem Gesetz und mit den Aktivitäten, die es um dieses Gesetz herum gibt, bei dieser Bewegung dabei, die unser Land voranbringt.

Meine Damen und Herren! Das Mediengesetz markiert eine gewisse Zäsur. Es verabschiedet sich von der Zeit der Einführung des dualen Rundfunksystems. Privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunk sind in unserem Land gut etabliert. Es bestätigt die herkömmliche Rundfunkordnung in der von der EU-Fernsehrichtlinie und vom Rundfunkstaatsvertrag heute vorgegebenen Form. Soweit es zulässig ist, wird in dem Gesetz auf unnötige Reglementierungen verzichtet.

In diesem Zusammenhang erwähne ich, daß der Ausschuß mit großer Mehrheit dem Vorschlag im Hinblick auf die Zulassung regionaler Werbung in den Rundfunkprogrammen zugestimmt hat. Der Ausschuß war, wie auch die Landesregierung mit ihrem Entwurf, der Meinung, daß es sich um ein ausgewogenes Verhältnis der Interessen handelt, zumal wir einen gewissen Zeitraum für die Umstellung eingeräumt haben.

Das Gesetz weist in einem weiten Rahmen von zehn Jahren den Weg in die digitale Zukunft des Rundfunks. Ob dieser Zeitraum wirklich benötigt wird oder ob die Technik und die Wirtschaft schneller sind, wird man sehen. Wir kennen das rasante Tempo der Entwicklung auf diesem Gebiet. Es kann sein, daß wir viel früher

feststellen, daß die neuen Techniken die Welt, auch unsere private Medienwelt, erobert haben. Dann sind wir rechtzeitig auf dem Weg gewesen. Das ist gut so. In diesem Sinne herzlichen Dank. Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke, Herr Ministerpräsident. - Meine Damen und Herren! Bevor wir mit der Debatte fortfahren, freue ich mich, auch in Ihrem Namen Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Prettin in unserem Hause herzlich begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Schnirch.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Name und der Umfang des Gesetzes täuschen ein wenig.

Erstens. Streng genommen handelt es sich nicht um ein Mediengesetz, sondern um ein Rundfunkgesetz.

Zweitens. Es gibt nur sehr wenige echte inhaltliche Neuerungen. Die meisten Änderungen beziehen sich auf den Aufbau des Gesetzes und auf die Einarbeitung anderer, längst geltender Rechtsvorschriften aus bundes- und europaweiten Übereinkommen.

Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, da man so eine Leseversion vor sich hat, die nicht dauernd zum Nachschlagen in anderen Regelungen zwingt. Ich halte dies in einem Bereich, in dem es so oft, wie zum Beispiel bei einem Rundfunkveranstalter, nicht um natürliche Personen geht, für unnötig. Es zeigt jedoch, daß das neue Mediengesetz so gut wie keine medienpolitische Neuerung enthält, sondern vor allem eine synoptische Leistung einiger Mitarbeiter der Staatskanzlei darstellt, allerdings eine große Leistung.

Am Rande sei bemerkt, daß die gewonnene Lesbarkeit zugleich dadurch beeinträchtigt wird, daß durchgehend die männliche und die weibliche Sprachform verwandt wird.

(Zuruf von Frau Bull, PDS)

Zum Gesetz selbst: Inhaltlich begrüßen wir die Regeleinführung des privaten lokalen Fernsehens, das in § 43 geregelt wird.

Eine Mehrheit fand auch der Änderungsantrag der CDUFraktion zu § 11 Abs. 6. Danach können Veranstalter nichtkommerziellen lokalen Hörfunks Vereinbarungen mit anderen Rundfunkveranstaltern über die Lieferung von Programmteilen treffen, soweit dadurch die inhaltliche Verantwortung des Veranstalters und die Eigenständigkeit des Rundfunkprogramms nicht beeinträchtigt werden.

Bei der Zuordnung von Übertragungskapazitäten entscheidet der Ausschuß für Kultur und Medien nicht nur darüber mit, ob sie vergeben werden, sondern auch an wen sie vergeben werden. Auch diese Änderung wurde von der CDU-Fraktion mit vorgeschlagen.

Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf sollte sich der bisherige Landesrundfunkausschuß, der in „Medienanstalt Sachsen-Anhalt“ umgetauft werden soll, zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben uneingeschränkt

an privatrechtlichen Unternehmen beteiligen können. Eine Mehrheit fand jedoch die Forderung der CDUFraktion, die Beteiligung auch künftig auf ein Drittel der Kapital- und Stimmrechtsanteile zu begrenzen.

Der § 27 Abs. 8 des bisherigen Gesetzes über privaten Rundfunk soll am 1. August 2001 außer Kraft treten. Danach muß Werbung nicht mehr im gesamten Verbreitungsgebiet eines zugelassenen Programms zeitgleich verbreitet werden. Das heißt, daß Privatsender dann auch lokale und regionale Werbung aus ihren Studios verbreiten können. Dies macht Rundfunkwerbung auch für kleinere Unternehmen erschwinglich und attraktiv.

Darüber gab es vor und während der Gesetzesberatung besonders mit den beiden großen Zeitungen im Lande viele Gespräche, die durch eine solche Neuregelung ihren Werbungskundenanteil mehr oder weniger stark gefährdet sahen.

Da niemandem ernsthaft daran gelegen sein wird, die hiesige Medienlandschaft zu beeinträchtigen, sind wir sicher alle gefordert, die kommende Entwicklung sorgfältig zu beobachten und erforderlichenfalls auch zu überprüfen.

Die CDU-Fraktion wird dem Mediengesetz zustimmen. Allerdings fordern wir für die Zukunft den Ministerpräsidenten auf, sich mit den in der letzten Ministerpräsidentenkonferenz gemachten Vorschlägen auseinanderzusetzen, wonach der kommende Fünfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch der letzte sein sollte. Mediengesetzgebung findet schon lange nicht mehr in der Echtzeit statt, sondern hinkt fast aussichtslos sowohl den technischen als auch den medialen Realitäten hinterher. Auch die CDU-Fraktion empfindet dies keineswegs nur als faktische Deregulierung, sondern in mancher Hinsicht als bedauerlich, aber eben auch als unabänderlich. Dies ist jedoch, wie gesagt, ein Ausblick in die Zukunft.

Dem vorliegenden Mediengesetz stimmt die CDUFraktion zu. Den Änderungsantrag der PDS-Fraktion lehnen wir ab. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDVP und bei der DVU-FL)

Das Wort hat für die PDS-Fraktion der Abgeordnete Herr Gärtner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion bin ich froh, daß dieses Gesetz zügig und sachlich im Ausschuß behandelt worden ist. Im wesentlichen habe ich bereits während der Einbringung des Gesetzes die Position der Fraktion vorgestellt. Diese Position besteht darin, daß wir dieses Gesetz begrüßen, da es eine gute Grundlage dafür ist, um einerseits insbesondere den anstehenden riesigen technischen Veränderungen Rechnung zu tragen und andererseits auch in Sachsen-Anhalt Medienvielfalt zu wahren und zu qualifizieren. Deshalb wird die PDS-Fraktion für die Beschlußempfehlung stimmen.

Es ist gut, daß endlich auch in Sachsen-Anhalt das Verbot von regionaler Werbung aufgehoben wird. Ich bin der Auffassung, daß die in § 77 enthaltene Regelung einen Kompromißweg darstellt. Ein Außerkrafttreten des entsprechenden § 27 Abs. 8 des alten Privatrundfunkgesetzes zum 1. August 2001 läßt den Zeitungsverlagen

die nochmalige Chance, sich auf diese neue Situation einzustellen.

Lobend zu erwähnen ist weiterhin, daß im neuen Gesetz nichtkommerzieller Hörfunk mit offenen Kanälen de facto gleichgestellt wird. Damit sind gute Ausgangsbedingungen für die im Land geplanten bzw. bereits angelaufenen Modellprojekte gegeben.

Außerordentlich zu begrüßen ist die in § 47 festgeleg- te Zusammensetzung der Versammlung der Landesmedienanstalt. Diesbezüglich wurde eine alte, aus der letzten Legislaturperiode stammende Forderung der PDS-Fraktion aufgegriffen. Künftig sind ein Mitglied der Landesfrauenorganisation und ein Mitglied des Kinder- und Jugendringes des Landes geborene Mitglieder der Versammlung. Das ist ein richtiger und wichtiger Schritt.

Nun zu einem Punkt, zu dem wir heute einen Änderungsantrag eingebracht haben. Es handelt sich in diesem Zusammenhang um den § 57 des Gesetzentwurfes. Ich hatte bereits im Ausschuß angekündigt, daß wir dies im Plenum beantragen werden. Bereits während der Einbringung hatte ich dazu Stellung bezogen und werde es nochmals kurz tun.

Nicht nur nach Auffassung der PDS-Fraktion negiert dieser Paragraph den Grundsatz der Unabhängigkeit der Medienanstalt des Landes. Wir beantragen die völlige Streichung dieses Paragraphen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der PDS und von Herrn Dr. Fi- kentscher, SPD)

Die DVU-Fraktion verzichtet auf einen Debattenbeitrag. Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kühn. Herr Kollege Kühn, Sie haben das Wort.

Das stimmt zwar nicht ganz mit der Rednerfolge überein, die ich auf meinem Papier stehen habe, aber, liebe Frau Präsidentin, ich nehme das Wort gern und trage das vor, was noch offen ist. Bei der einmütigen Zustimmung selbst von Frau Schnirch und der PDS-Fraktion zum Gesetzentwurf der Landesregierung erspare ich es mir, auf die vielen Details, die wir im Konsens behandelt haben, einzugehen.

Meine Damen und Herren! Es ist heute wieder ein- mal soweit. Wir haben die Regularien im Medienbereich auf den aktuellen Stand gebracht, nicht zuletzt auf den aktuellen Stand der Technik.

In dankenswerter Weise hat uns die Landesregierung einen Gesetzentwurf für ein neues Mediengesetz vorgelegt, welches in der Hauptsache drei Aufgaben er- füllt: Zum einen ist es gelungen, mit dem uns vorliegenden Mediengesetz ein umfassendes, neu geordnetes und damit auch besser lesbares Regelwerk zu bekommen; zum anderen trägt das Gesetz der stürmischen technischen Entwicklung in die digitale Medienwelt Rechnung; und zum dritten werden mit dem Gesetz längst überfällige Neuregelungen in einzelnen Bereichen der Rundfunklandschaft und der Aufsichtsbehörde vollzogen.

Meine Damen und Herren! Ich muß kein Prophet sein, um schon jetzt voraussagen zu können, daß unser heutiges Gesetzesvorhaben eine kurze Halbwertzeit haben wird. Wie schon gesagt, die enorme Geschwindigkeit der

Entwicklung digitaler Techniken und der sich daraus ergebenden medialen Möglichkeiten wird uns als Gesetzgeber in Zukunft ständig fordern. Die Möglichkeiten der digitalen Informationsübertragung werden über kurz oder lang den Telekommunikationsmarkt erweitern und durch den Wegfall von Übertragungsengpässen einen Großteil an Regulierung überflüssig machen. Ich denke, darüber sind wir uns in der Branche alle einig.

Das bedeutet am Ende auch, daß der Einfluß der einzelnen Bundesländer bei der Medienaufsicht und bei der Mediengesetzgebung mehr und mehr schwindet. Es wird immer wichtiger, daß die Länder in größeren Strukturen und Standorten zur Ansiedlung von Medienwirtschaft denken und handeln. Ich bin sicher, daß über kurz oder lang ein Medienstandort Mitteldeutschland gewichtiger ist als Ländereinzelinteressen.

Ich glaube auch, daß wir über eine Medienanstalt der Länder demnächst nachdenken sollten. Das heißt nicht, daß sich die Landesmedienanstalten erübrigen werden. Es gibt viele Aufgaben, die auch weiterhin landespezifisch gelöst werden müssen. Ich nenne beispielhaft die Betreuung der privaten Hörfunk- und Fernsehveranstalter im Lande oder

(Unruhe)

Einen Moment, bitte. - Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Lärmpegel zu senken. Das allgemeine Volksgemurmel übertönt den Redner.

- ich kann auch lauter sprechen, Frau Präsidentin -

(Heiterkeit)

als Kernaufgabe der Anstalt die Qualifizierung und Weiterentwicklung der offenen Kanäle im Land; aber auch die Betreuung des nichtkommerziellen Hörfunks in Sachsen-Anhalt gehört dazu. Die medienpädagogische Initiative der Landesmedienanstalt in Form von Medienwerkstätten an Schulen möchte ich in diesem Zusammenhang nicht vergessen. Als letztes Beispiel möchte ich die breite Entwicklung von Medienkompetenz, die bereits von unserem verehrten Ministerpräsidenten lobend hervorgehoben wurde, nennen.