Problem plötzlich verschwunden wäre. Ich habe mit Ausländern gesprochen, mit Schwarzafrikanern, die mir gesagt haben: Tut etwas um unseres Ansehens in dieser Gesellschaft willen.
So wie wir während der Fußballeuropameisterschaft wegen der zehntausenden friedlichen Fußballfans die wenigen hundert gewaltbereiten Hooligans bekämpfen müssen, so müssen wir auch die Minderheit der Ausländer nach Recht und Gesetz behandeln und die Möglichkeiten des Rechtsstaats einsetzen, wenn sie in dieser Weise gegen unsere Rechtsverordnung verstoßen.
Daß dort ein Hintergrund existiert, der über die Kriminalitätsstatistik hinausgeht, kann ich aus allerjüngster Erfahrung belegen. Ich habe die Zeitungsberichte nicht gelesen, ich bin aber überrascht, daß das in der Zeitung Niederschlag gefunden hat.
Ich bin in der Tat am Dienstag, nachdem es eine heftige Diskussion um den Brief von Herrn Kupke gegeben hatte, noch einmal mit dem Triebwagen der Linie 6 in Halle gefahren. Ich habe das beobachtet, was man auch vor dem Brief von Herrn Kupke beobachten mußte.
Ein sehr sportlicher und sehr kräftiger Schwarzafrikaner mit dunkler Sonnenbrille stand im Wagen. Am Markt stiegen vier Jugendliche ein, die rein äußerlich so aussahen, daß die Drogenbeauftragte in Halle immer von „meiner Klientel“ spricht. Nach kürzester Zeit war zu sehen, daß sich ein lebhafter Handel mit Tütchen und Gegenleistungen in der Straßenbahn abspielte.
Meine Erregung war so groß, daß ich auf die Gruppe zugegangen bin und gefragt habe: Was macht ihr hier? Die Antwort war Aggression. Der Schwarzafrikaner zog sich sofort zurück. Die Jugendlichen wollten handgreiflich gegen mich vorgehen. Einer sagte: „Ich hau‘ dir in die Fresse.“
Das war ein Jugendlicher, dem ich am Rande der Händel-Festspiele ein Geldstück gegeben habe, als er mich am Markt anbettelte, weil ich ihn für besonders bedürftig hielt.
Der Fahrer dieses Straßenbahnwagens hielt an, kontrollierte die Fahrausweise und warf die vier Personen, die sich gegen mich aggressiv verhalten hatten, aus der Straßenbahn. Bei der nächsten Haltestelle stieg ein weiterer Schwarzafrikaner ein. Es war zu erkennen, daß zwischen dem verbliebenen Schwarzafrikaner und dem zugestiegenen ein intensiver Informationsaustausch über mich Störenfried, der ein Handelsgeschäft unterbrochen hatte, stattfand.
Ich sage das aus folgendem Grund: Ich habe versucht, mir vorzustellen, welchen Eindruck das auf die Fahrgäste in der Straßenbahn macht, die das Tag für Tag auf dem Weg zur Arbeit und anderenorts feststellen, die feststellen - solche Aussagen habe ich -, daß gestohlene Kaffeemaschinen gegen Drogen in der Straßenbahn getauscht werden.
Meine Damen und Herren! Wird nicht, indem wir diese Zustände dulden, einfach die Augen davor verschließen,
(Starker Beifall bei der CDU - Beifall bei der FDVP und bei der DVU-FL - Frau Fischer, Mer- seburg, CDU: Jawohl!)
Ich will eines sagen: Als ich bei der Rückfahrt am Markt wieder ausstieg, sprach mich ein Mann an und sagte: Kupke hat recht. Haben Sie es gesehen? - Dieser Mann ist ein türkischer Staatsbürger. Ich darf seinen Namen nicht nennen, weil er mich aus Sorge vor den DealerRingen und vor deren Belästigungen gebeten hat, seinen Namen nicht öffentlich bekanntzumachen. Ein türkischer Staatsbürger, der in unserem Land friedlich seinen Geschäften nachgeht, sagt: Ihr hier müßt etwas unternehmen, und Kupke hat recht. - Nach dieser Straßenbahnfahrt habe ich mehrere Schlußfolgerungen gezogen.
Meine erste Schlußfolgerung: Wenn der Ministerpräsident die Hälfte der Kraft, die er dazu aufgewandt hat, Herrn Kupke in die Nähe von Volksverhetzern zu stellen,
dazu verwendet hätte, den Brief zu prüfen und in hallesche Straßenbahnen einzusteigen, hätte ich einen anderen Zustand vorgefunden.
Frau Präsidentin, mein letzter Satz lautet: Der Ministerpräsident sollte überlegen, ob er die Vorwürfe gegen Herrn Kupke nicht doch zurücknimmt. - Danke schön.
Meine Damen und Herren! Ich möchte klarstellen, daß ich allen Kollegen die gleiche Überziehung der Redezeit zugebilligt habe, ehe ich unterbrochen habe. Ich bitte solche Unterstellungen zu unterlassen.
Herr Dr. Bergner hat als letzter Diskussionsredner gesprochen. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zu den Drs. 3/3269 und 3/3308.
Es ist zunächst über den Änderungsantrag der FDVPFraktion in Drs. 3/3308 abzustimmen. Wer stimmt zu? Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist dieser Änderungsantrag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.
Ich lasse über den Ursprungsantrag in Drs. 3/3269 abstimmen. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.
Gemäß § 67 unserer Geschäftsordnung hat Herr Professor Dr. Spotka darum gebeten, eine persönliche Bemerkung machen zu dürfen. Bitte, Herr Professor Spotka. Sie haben dafür drei Minuten Zeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin persönlich angegriffen worden und möchte deshalb folgendes erklären:
Erstens. Für verbale oder körperliche Gewalt gegen Menschen, die anders aussehen, anders denken, anders glauben, gibt es keine Entschuldigung. Deshalb, Herr Gebhardt, hat der Kreisverband der CDU auf seiner Vollversammlung das Papier, das Sie zitiert haben, zurückgewiesen und ein neues Papier erarbeitet. Deshalb begrüße ich die unmißverständlichen Worte von Vertretern der Landesregierung und aller Parteien in Dessau in Richtung gewaltbereiter Rechtsextremisten.
Aber, Herr Dr. Fikentscher, ich hätte mir andererseits auch genauso klare Worte der Entrüstung und Mißbilligung in die andere Richtung gewünscht, als ein deutscher Polizist in Ausübung seines Dienstes an der Tankstelle in Bernburg von schwarzafrikanischen Drogendealern niedergestochen worden ist und nur durch Zufall am Leben blieb.
Zweitens. Unser Drogenproblem wird vor allen Dingen dadurch bestimmt, daß geltendes Recht nicht konsequent zur Bekämpfung der Drogenszene angewandt wird,
daß der Staat, daß Politiker und Parteien die Bevölkerung mit diesem Konflikt allein lassen und damit unfähig erscheinen, die zunehmenden Spannungen zwischen Bevölkerung und immer dreister agierenden Dealern abzubauen.
Dort aber, wo scheinbar eine Teilkapitulation der Strafverfolgungsbehörden stattfindet, wo sich der Staat scheinbar aus seiner Verantwortung zurückgezogen hat, weil er nicht konsequent dagegen vorgeht, entstehen ein gefährliches rechtsfreies Vakuum und der Nährboden für rechtsradikales Gedankengut.
Eine selbstverleugnende Asylpolitik, die Mißbrauch duldet, und ein Rechtsstaat, der in der Verfolgung straffälliger Asylbewerber außer Kraft gesetzt wird, indem bestehende Gesetze nicht konsequent angewandt werden, zerstört die Grundlagen der Solidarität.
Drittens. Es ist eine unglaubliche Verdrehung der Tatsachen, von Ursache und Wirkung, daß diejenigen, die Polizei, Justiz und Behörden zu einem entschlossenen Vorgehen gegen die Drogenszene auffordern,
um Selbstjustiz und Gewalt kein Einfallstor zu bieten, des Schürens von Ausländerfeindlichkeit bezichtigt werden.
Sehen Sie sich bitte um, Herr Fikentscher. Nicht Bayern, Herr Gebhardt, wo angeblich die großen Scharfmacher sitzen, ist, was die ausländerfeindlichen Übergriffe betrifft, das Problemland Nr. 1, sondern Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es nachweislich die meisten Angriffe auf Ausländer. Das ist nicht deshalb so, weil irgend jemand dort Ausländerhetze betreiben würde, aber in Bayern wird konsequenter als in Nordrhein-Westfalen gegen Gewalt von links und rechts und auch gegen Asylmißbrauch vorgegangen.
In Düsseldorf hat man sich mit einem Konzept der Drogenprävention des Drogenproblems am Hauptbahnhof entledigt, das auch von den Ausländern beherrscht gewesen ist. Nachdem diese Drogenszene um den Hauptbahnhof von Düsseldorf weg ist, hat sich die Situation zwischen Ausländern und Wohnbevölkerung wesentlich entspannt. Nicht die Diskussion über den Asylmißbrauch, sondern der ungelöste Konflikt zwischen dealenden Asylbewerbern und der Bevölkerung ist mit Auslöser von Gewaltbereitschaft.
Herr Kollege, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie den Rahmen einer persönlichen Bemerkung weit gesprengt haben. Das ist von der Geschäftsordnung nicht mehr gedeckt.