Im Gegensatz zu einer Vielzahl anderer Freizeitaktivitäten, die direkt oder indirekt umweltschädigend wirken können, leisten die Jäger einen unschätzbaren Dienst bei der Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen. Meine Kollegin Frau Wernicke wird dann noch kurz auf diesen Umstand eingehen.
Es ist deshalb in der heutigen Zeit kaum noch begründbar, weshalb die Ausübung des Jagdrechts mit einer Aufwandsteuer belegt wird.
All die genannten Argumente sprechen eindeutig für eine Abschaffung der Jagdsteuer, wie es bereits im Freistaat Bayern erfolgt ist. Die dargelegten Gründe haben in Sachsen übrigens dazu geführt, dass bereits die Hälfte der Landkreise und kreisfreien Städte auf eine Erhebung der Jagdsteuer verzichtet. Wir konnten bei einer Anhörung feststellen: Im Freistaat Sachsen ist es nur noch ein Landkreis, der Jagdsteuer verlangt.
Wenn wir uns einmal den Umfang der Jagdsteuer anschauen, der etwa im vergangenen Jahr bei den Landkreisen eingegangen ist, so sind es gerade mal 320 000 DM. Das muss man dann auf alle Landkreise, die diese Steuer erheben, verteilen. Bedenkt man, dass diese Gelder mit hohem Verwaltungsaufwand erhoben werden, so bleiben unterm Strich für die öffentliche Hand selbst in finanziell angespannten Zeiten, wo wir nach Finanzierungsquellen Ausschau halten, bestenfalls zu vernachlässigende Beträge übrig.
Wir glauben deshalb, mit der Abschaffung dieser Ministeuer wird ein sinnvoller Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung geleistet. Zur landesweiten Abschaffung der Jagdsteuer bedarf es einer ausdrücklichen Regelung im Kommunalabgabengesetz. Würde man lediglich § 3 Abs. 2 KAG aufheben, so könnten Kommunen auf den Gedanken verfallen, im Rahmen ihres Steuerfindungsrechts auch weiterhin vergleichbare Abgaben zu erheben.
Wir sind auch der Auffassung, dass dieses Gesetz erst zum 1. Januar 2001 in Kraft treten sollte, um denjenigen Landkreisen, die derzeit noch Jagdsteuer erheben, hinreichend Zeit einzuräumen, sich auf die Veränderung einzustellen.
Wir meinen, dass dieser Gesetzentwurf im Innenausschuss und im Landwirtschaftsausschuss zu behandeln ist, und bitten um Ihre Zustimmung zur Überweisung.
Danke sehr. - Für die Landesregierung spricht jetzt der Innenminister Herr Dr. Püchel. Bitte, Herr Dr. Püchel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Becker, Sie haben dies mit einer solchen Inbrunst vorgetragen, dass ich die Vermutung habe, dass Sie zurzeit dabei sind, die Jagdprüfung abzulegen, um als Ruheständler dann in Ruhe
(Zustimmung von Herrn Dr. Rehhahn, SPD - Oh! und Heiterkeit bei der CDU - Zuruf von Herrn Schomburg, CDU)
Zum Zweiten: Wer hat denn die Ministeuer eingeführt? KAG von 1991, Mitverantwortung: Curt Becker. Keine Frage, man lernt dazu, genau wie ich auch dazulerne.
Jetzt komme ich zu dem Antrag selbst. Mit dem vorliegenden Antrag will die CDU-Fraktion die Jagdsteuer aufs Korn nehmen und zum Abschuss freigeben. Fraglich ist allerdings nur, ob der Schuss nicht nach hinten losgeht. Denn mit der Jagdsteuer gerät eine der letzten Einnahmemöglichkeiten der Kreise in Gestalt einer örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuer unter Beschuss, die ihre Grundlage im Steuerfindungsrecht der Kommunen nach Artikel 105 des Grundgesetzes findet.
Dieses Steuerfindungsrecht hat das Land SachsenAnhalt mit der Schaffung einer Möglichkeit für die Erhebung einer Jagdsteuer im KAG den kreisfreien Städten und den Landkreisen überlassen. Die Entscheidung über die Erhebung einer Jagdsteuer fällt also vor Ort durch eine Satzung, beschlossen in der kommunalen Vertretungskörperschaft. Was zwingt uns eigentlich, dies zu ändern?
Die Regelung ist auch im Ländervergleich nichts Besonderes. Sie sagten es bereits. Von den Flächenländern haben außer Bayern alle diese Regelung. In dem vorliegenden Gesetzentwurf wird lediglich eine allgemeine Kritik an der Jagdsteuer erhoben, die sich im Kern auf vier Punkte stützt; sie sind eben von Herrn Becker schon genannt worden.
Unstrittig ist, dass der Jagdverband ein anerkannter Naturschutzverband ist und dass Revierinhaber Zeit und Geld in die Erhaltung, Pflege und Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume investieren. Daraus kann man aber keinen Verzicht auf die Steuererhebung ableiten; denn diese Maßnahmen sind nicht ganz uneigennützig, wie mir ein passionierter Jäger erklärt hat. Schließlich dienen sie auch dem Erhalt und der Steigerung der Attraktivität des Reviers und damit auch der Verbesserung der Jagdmöglichkeiten.
Die vermeintliche Ungleichbehandlung durch die unterschiedliche Besteuerung verschiedener Freizeitaktivitäten ist verfassungsrechtlich mehrfach überprüft worden. In seiner Entscheidung vom 10. August 1989 stellte das Bundesverfassungsgericht zur Jagdsteuer unmissverständlich fest, dass der Gesetzgeber nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt, wenn er sich für die Besteuerung der Jagdausübung, aber gegen eine Besteuerung anderer Freizeitaktivitäten, wie zum Beispiel Pferdesport, Motorsport, Golf oder Flugsport, entscheidet.
Auch die Befreiung landeseigener Jagdbezirke von der Besteuerung ist keine Ungleichbehandlung; denn in der bereits erwähnten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht ebenfalls festgestellt, dass eine Differenzierung der Besteuerung zwischen privaten Jagdbezirken und Jagdbezirken der Gebietskörperschaften ebenfalls nicht gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung veranlasst also weder hinsichtlich der Frage der vorgetragenen Un
gleichbehandlung der Freizeitaktivitäten noch zu der als ungerecht empfundenen Freistellung der landeseigenen Jagdbezirke gesetzgeberische Aktivitäten.
Auch die Behauptung, die Erhebung erbringe nur geringe Einnahmen, denen ein hoher Verwaltungsaufwand gegenüberstehe, stimmt so nicht, lieber Herr Becker. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes betrug die Jagdsteuer im Zeitraum 1993 bis 1999 insgesamt 1,7 Millionen DM.
Im Jahre 1999 verteilte sich das Aufkommen in Höhe von 322 190 DM auf zwölf Landkreise, wobei die Spanne von 2 024 DM bis 75 038 DM reichte.
liegt der Verwaltungsaufwand bei ca. 2 500 DM. Bezogen auf die Einnahmen der einzelnen Landkreise ist die Erhebung im Regelfall also auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit noch gerechtfertigt. Im Übrigen ist die Entscheidung, ob der Verwaltungsaufwand die Steuererhebung rechtfertigt, letztlich vor Ort zu treffen.
Meine Damen und Herren! Auch im Hinblick auf die Finanzbeziehungen zu den Gemeinden ist die Einnahme durch die Jagdsteuer nicht zu vernachlässigen. Eine Verringerung der Einnahmen der Landkreise durch die Abschaffung der Jagdsteuer hätte, wenn andere Einnahmequellen nicht erschließbar wären, Auswirkungen auf die Kreisumlage. Bei dem Kreis mit einem Aufkommen von 75 000 DM ist dies nicht unerheblich.
Zu meinem großen Erstaunen gehen die Verfasser des Gesetzentwurfs wie selbstverständlich davon aus, dass die Änderung für den Landeshaushalt keine Auswirkungen hat. Meine Damen und Herren! So lange liegen die Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts zum ÖPNV-Gesetz und zum KiBeG noch nicht zurück, dass die wesentlichen Aussagen bereits in Vergessenheit geraten sein könnten. Im Wesentlichen wurde damals ausgeführt, dass - ich zitiere -
„Artikel 87 Abs. 3 der Landesverfassung LSA eine Schutzfunktion für die Kommunen in der Weise erfüllt, dass der Gesetzgeber bei jeder Aufgabenübertragung die damit verbundenen finanziellen Belastungen berücksichtigen muss.“
Diese Kernaussage bedeutet aber im Umkehrschluss, Herr Becker, dass man die Frage stellen muss, ob der Gesetzgeber, sobald er durch ein Verbot vorhandene Einnahmemöglichkeiten der Kommunen beschränkt, nicht verpflichtet ist, für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Ich denke, das ist doch der Fall.
Meine Damen und Herren! Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass erstens steuer- und grundrechtliche Überlegungen eine Abschaffung der Jagdsteuer nicht erforderlich machen und dass zweitens aus haushalts- und finanzausgleichsrechtlicher Sicht ein Verzicht auf die Erhebung der Jagdsteuer keineswegs unproblematisch ist, im Gegenteil.
Wir sollten daher keinen Schnellschuss vornehmen, sondern sollten - bevor zum Halali auf die Jagdsteuer geblasen wird - über den vorliegenden Gesetzentwurf mit der gebotenen Sachlichkeit sorgfältig, auch im Sinne
Danke. - Für die Fraktion der FDVP erteile ich der Abgeordneten Frau Helmecke das Wort. Bitte, Frau Helmecke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Steuern sind über den Einnahmezweck hinaus Instrumente der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Steuern machen aber nur dann einen Sinn, wenn die Kosten noch einen Nutzen belassen. Das gilt für den Bund, die Länder, die Landkreise und die kreisfreien Städte.
Eine der unsinnigsten Steuern im Land Sachsen-Anhalt ist die Jagdsteuer. Durch sie werden jährlich etwa 300 000 DM eingenommen, während nicht feststell- bar ist, welche Ausgaben der Verwaltungsaufwand verursacht, der erforderlich ist, um die Einnahmen zu sichern. Die Ausgaben erreichen geschätzt einen sechsstelligen Betrag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute haben sich die Verhältnisse im Bereich der Jagd geändert. Das Jagdrecht ist nicht mehr standesbezogen und auch nicht mehr vermögenden, privilegierten Schichten vorbehalten. Es wird vielmehr von allen Bevölkerungsgruppen wahrgenommen. Dabei kann offen bleiben, ob die Mehrzahl der Revierpächter in Sachsen-Anhalt Rentner und Vorruheständler sind oder auch nicht.
Die Jagdsteuer ist aber nicht nur deshalb nicht mehr zeitgemäß, weil sich das Bild der Jägerschaft in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten deutlich gewandelt hat, sondern sie ist auch deshalb nicht mehr zeitgemäß, weil die Inhalte der Jagd und damit auch der Jägerschaft verändert wurden. Im Vordergrund der Ausübung des Jagdrechts steht nicht mehr die Jagd. Die CDU hat hierzu umfangreiche Nachweise erbracht.
Dagegen ist aber die Argumentation der Jäger, sie würden, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein, Unterstützungshandlungen leisten - diese Unterstützungsleistungen, die als Amtshilfe qualifiziert werden, werden für die Abschaffung der Jagdsteuer herangezogen -, für uns nicht nachvollziehbar. Die Erhebung der Steuer ist eine Seite, das Erbringen von persönlichen Leistungen - mögen sie auch noch so lobenswert sein - ist nicht die Kehrseite der Medaille. Gleiches sollte gleich und Ungleiches sollte ungleich bewertet werden.
Die Jagdsteuer gegen persönliche Leistungen von Dritten aufrechnen oder sie mit diesen verrechnen zu wollen, ist rechtsdogmatisch natürlich nicht zulässig. Das weiß sicherlich auch die CDU. Damit soll nur eine Atmosphäre geschaffen werden, die dazu beiträgt, die unsinnige Jagdsteuer abzuschaffen. Für diese Abschaffung sprechen aber nicht Vergleiche mit anderen Sportarten, sondern die Sachbezogenheiten eines KostenNutzen-Vergleichs.
Folgt man dem Beispielkatalog der Fraktion der CDU, würden sich für die regionalen Gebietskörperschaften weitere Steuern eröffnen. Am Ende stünde eine Steuer zur Steuer, die wiederum einer Steuer unterworfen sein würde.
Die Jagdsteuer ist so unsinnig wie die einstmals erhobene Zuckersteuer, die Salzsteuer und die Maggisteuer. Meine Damen und Herren! Wer weiß denn heute noch, dass wir mit der Sektsteuer immer noch die Kriegsmarine des Kaisers Wilhelm II. aufbauen, ausrüsten und gestalten? Die eben genannten Steuern gehören ebenfalls abgeschafft.
Zu dem Antrag der CDU ist abschließend zu bemerken, dass eine Aufhebung des § 3 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes als ausreichend zu erachten ist, um den Kopf der Jagdsteuer zu entfernen. Die Begründung, dass die bloße Aufhebung dazu führen würde, dass die Kommunen im Rahmen ihres Steuerfindungsrechts weiterhin vergleichbare Steuern erheben würden, überzeugt nicht, Herr Becker. Für die Steuerfindung hat gerade die Fraktion der CDU einige Möglichkeiten eröffnet, auf die die Landkreise zurückgreifen könnten, wenn nach § 3 Abs. 2 des Entwurfs nur die Jagdsteuer nicht erhoben wird. Konsequenterweise sollte oder müsste § 3 Abs. 2 des Entwurfes lauten: Jagdsteuern und vergleichbare Steuern werden nicht erhoben.
Gleichwohl kann die Fraktion der Freiheitlichen Deutschen Volkspartei dem Antrag der CDU zustimmen. Weitergehende Probleme sollten behandelt werden, wenn sich die Problematik stellt. Einer Ausschuss- überweisung stimmen wir zu. - Ich danke Ihnen.
Danke sehr. - Für die Fraktion der SPD spricht jetzt der Abgeordnete Herr Barth. Bitte, Herr Barth, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Becker, mein Kompliment, Sie leisten wirklich gute Lobbyarbeit. Die Jäger in unserer Fraktion sind begeistert.