Protokoll der Sitzung vom 15.09.2000

Zusammenfassend gilt: Die antragstellende PDS-Fraktion muss zur Kenntnis nehmen, dass die Rechtslage eine Verwirklichung des von ihr Geforderten ohne Einzelfallbezug nicht zulässt. Ich plädiere allerdings dafür, dass im Ausschuss über die gesamte Problematik vom Innenministerium vorgetragen wird. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDVP-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Weich.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der linksextremen PDS nimmt sich wiederum eines Lieblingsthemas an, das zur Spielkiste der Kommunisten gehört.

(Herr Dr. Süß, PDS: Hören Sie doch auf mit sol- chem Blödsinn! Meine Güte!)

Hätte man doch die Güte gezeigt, das Verständnis geäußert, die Liebe praktiziert, als noch der unselige Erich Honecker im Amt war, und sich der Vietnamesen angenommen, die schnöde und kaltherzig nach einem minimalen Fristablauf in das kommunistische Nordvietnam verfrachtet wurden!

Das Gedächtnis ist kurz, die Vergesslichkeit groß und die Bereitschaft ausgeprägt, in die Tasche anderer zu greifen, um Leistungen zu bezahlen, die man selbst nicht erbringen will.

Quartieren Sie doch, meine Damen und Herren von der PDS, jeweils eine Kosovarenfamilie in Ihren Besitztümern ein und gehen Sie mit gutem Beispiel voran, bevor Sie es zulasten der Allgemeinheit fordern. - Das soll zum Tatsächlichen ausreichen.

Darüber hinaus fordern Sie von der Landesregierung rechtlichen Unsinn ein; denn Sie wissen oder Sie sollten wissen, dass Sie die Rückführung ausreisepflichtiger Kosovaren nicht dadurch verhindern können, dass Sie die Landesregierung zu rechtswidrigen Taten auffordern.

Schauen Sie doch einmal in § 111 des Strafgesetzbuches, und Sie werden eine verblüffende Entdeckung machen. Danach macht sich strafbar, wer unter anderem öffentlich zu einer rechtswidrigen Tat auffordert. Bleibt die Aufforderung ohne Erfolg, so droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.

Ausreisepflichtige Ausländer ohne Aufenthaltslegitimation haben Deutschland zu verlassen. Sie sind ausreisepflichtig und machen sich nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 des Ausländergesetzes strafbar, wenn sie den Aufenthalt in Deutschland nicht beenden.

Den Interessen der so genannten Bürgerkriegsflüchtlinge wird durch das Rechtsinstitut der Duldung hinreichend entsprochen. Letzteres bedeutet aber nur - das sollten Sie von der PDS sich merken -, dass die Abschiebung zeitweise ausgesetzt ist, die Duldung also an das Vorliegen eines der gesetzlich vorgesehenen Gründe gebunden ist. Mit ihrer förmlichen Erteilung wird weder die Ausreisepflicht aufgehoben noch unterbrochen, noch gar der Aufenthalt des ausreisepflichtigen Ausländers legalisiert.

Die Pflicht zur Abschiebung bleibt unberührt, sie wird nur zeitlich verschoben. Die Duldung vermittelt als Teil des Vollstreckungsverfahrens keinen rechtmäßigen Aufenthalt. Sie taugt damit grundsätzlich nicht als Vorstufe für eine Genehmigung und Verfestigung des Aufenthalts oder als Grund für den Bezug von Sozialleistungen. Sie bewahrt den Ausländer aber vor Bestrafung und Ausweisung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts. Zudem ermöglicht sie je nach Arbeitsmarktlage die Erteilung einer Arbeitserlaubnis trotzt unrechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland.

Bereits unter der Geltung von § 17 Abs. 1 des Ausländergesetzes aus dem Jahr 1965 hatte sich die Duldung zum Aufenthaltsrecht zweiter Klasse entwickelt, indem die Ausländerbehörden mit ihrer Hilfe aufgrund humanitärer und politischer Überlegungen Angehörigen von Ostblockstaaten und Bürgerkriegsflüchtlingen teilweise einen Verbleib im Inland ermöglicht hatten. Eine derartige Verfahrensweise lief zwar den ursprünglichen Absichten des Gesetzgebers zuwider, war aber später mittelbar von diesem anerkannt worden.

Die Folgen einer langjährigen zweckwidrigen Inanspruchnahme dieses vollstreckungsrechtlichen Instituts zur Begründung von Bleiberechten und die Unsicherheiten der mit der Duldung verbundenen Rechtsstellung mussten untragbar erscheinen. Letztlich wurde durch das weitere Ermessen zur Duldung die Verpflichtung zur Abschiebung unterlaufen und die Notwendigkeit begründet, Vertrauen und Besitzstand durch immer neue Altfallregelungen zu schützen.

Dem soll durch die strikte Regelung der §§ 55 und 56 des Ausländergesetzes begegnet werden. Asylbewerber unterliegen diesen Bestimmungen nicht uneingeschränkt, weil ihr Aufenthalt verfassungsrechtlich vorgezeichnet ist.

Das, meine Damen und Herren von der linksextremen PDS, ist die Rechtslage. Was Sie tätigen, ist nicht mehr und nicht weniger als die offene Aufforderung zum Rechtsbruch und zur Begehung von Straftaten. Sie hatten schon immer ein besonderes Verhältnis zum Recht, wenn es um die Sicherung egoistischer Ziele geht: absahnen, abkassieren, einstecken - koste es, was es wolle.

(Unruhe bei der SPD und bei der PDS - Frau Fi- scher, Leuna, SPD: Aufhören!)

Ihrem Antrag kann man nicht ernsthaft näher treten. Er ist als rechtswidrig und kriminell einzustufen. - Danke schön.

(Beifall bei der FDVP - Zurufe von der PDS)

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Jeziorsky.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im November vergangenen Jahres haben sich die Innenminister und Innensenatoren von Bund und Ländern auf einige wichtige Beschlüsse in Bezug auf die Frage der Kosovo-Albaner einvernehmlich geeinigt, im Übrigen auch im Einklang mit Feststellungen der Innen- und Justizminister der Europäischen Union. Ich will nur auf einige dieser gefassten Beschlüsse ein- gehen.

Die Innenminister und Innensenatoren von Bund und Ländern sind sich darin einig, dass die Rückkehr von Kosovo-Albanern in das Kosovo möglich ist, dass die Voraussetzungen für die Schutzgewährung entsprechend dem Ausländergesetz für die im Rahmen der beiden Evakuierungsaktionen aus Mazedonien übernommenen Flüchtlinge entfallen sind und dass somit die für eine Ausreise erforderlichen ausländerrechtlichen Schritte rechtzeitig einzuleiten sind.

Die Minister sind sich insoweit einig und appellieren deshalb an die im Laufe der Jahre nach Deutschland geflohenen Kosovo-Albaner ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht, sich auf eine baldige freiwillige Rückkehr vorzubereiten und es nicht auf Zwangsmaßnahmen ankommen zu lassen. Die Rückkehr ist nicht in ihr Belieben gestellt. Sofern der Ausreisepflicht nicht freiwillig nachgekommen wird, muss auch mit zwangsweisen Rückführungen gerechnet werden.

Darüber hinaus - das betrifft nicht nur Kosovo-Albaner - haben die Innenminister Einigkeit darüber erzielt, dass alle jugoslawischen Staatsangehörigen, die in Deutschland kein Bleiberecht haben, in ihre Heimat zurückkehren müssen. Unbeschadet des Vorrangs der freiwilligen Ausreise sind gegebenenfalls auch Zwangsmaßnahmen anzuwenden. Insbesondere hat die Rückführung von Straftätern Priorität.

Das ist Beschlusslage der Innenministerkonferenz, die vor zehn Monaten stattfand. Jeder Betroffene wusste es also und war aufgefordert, dem Vorrang der Freiwilligkeit zu genügen. Es war jedem klar, dass auch die Länder handeln werden, wenn diesem Vorrang nicht Genüge getan wird.

Der Innenminister hat seine Erlasslage für SachsenAnhalt hier ausführlich geschildert. Er liegt mit dieser Erlasslage voll im Einklang mit den Beschlüssen der Innenministerkonferenz vom November vergangenen Jahres.

Ich darf Sie, Herr Innenminister, als Vertreter der CDUFraktion namens meiner Fraktion auffordern: Bleiben Sie dabei; setzen Sie Ihre Erlasslage um!

(Zustimmung bei der CDU)

Eine Debatte oder eine Diskussion zu diesem Antrag im Ausschuss halte ich für völlig überflüssig. Der Antrag der PDS-Fraktion ist abzulehnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion hat noch einmal der Abgeordnete Herr Gärtner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich mache es ganz kurz.

Herr Weich, ein letzter Satz zu Ihnen. Ich freue mich darauf, dass in zwei Jahren Ihr Aufenthalt in diesem Parlament beendet ist.

(Starker Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD - Frau Wiechmann, FDVP: Zum Glück ha- ben Sie das nicht zu entscheiden! - Zuruf von Herrn Weich, FDVP)

Nun zu den Beiträgen der Fraktionen. Ich denke, ich kann es kurz machen.

Erstens. Frau Leppinger, ich würde es gut finden, wenn auch der Landtag von Sachsen-Anhalt sich zu dem Beschluss des Bundestages vom Juli verhält. Ich glaube, das würde unserem Innenminister Rückenstärkung geben für die Verhandlungen auf Bundesebene, die sich wohl etwas schwierig gestalten, soweit ich das bislang gehört habe. Darüber sollten wir gemeinsam nachdenken.

Zweitens. Wir sollten gemeinsam darüber nachdenken, inwiefern eine solche Härtefallkommission sinnvoll und zweckmäßig ist. Auch das ist ein Punkt, über den wir, denke ich, weiter diskutieren sollten.

Drittens. Ich will den Innenminister noch einmal eindringlich bitten, im Rahmen der Fachaufsicht insbesondere auf die Ausländerbehörden dahin gehend einzuwirken, dass das Grundprinzip eingehalten wird und tatsächlich Vorrang hat, damit das, was sich in Magdeburg abgespielt hat, nicht noch einmal passiert. Ich denke, das kann nicht im Sinne der liberalen Flüchtlingspolitik unseres Landes sein.

Viertens. Ich möchte nicht, dass der Antrag versandet. Deshalb wird unsere Fraktion einer Überweisung zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt und kommen zur Abstimmung über die Drs. 3/3595. Es ist beantragt worden, diesen Antrag in den Innenausschuss zu überweisen. Wer folgt diesem Vorschlag? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist mehrheitlich in den Ausschuss überwiesen worden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben damit den Tagesordnungspunkt 31 abgeschlossen und sind am Ende der 23. Sitzungsperiode des Landtages angelangt.

Ich berufe den Landtag zu seiner 24. Sitzungsperiode für den 12. und 13. Oktober 2000 ein. Die nächste Sitzung des Ältestenrates findet am 5. Oktober statt.

Die Sitzung des Landtages ist damit geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg.

Ende der Sitzung: 17 Uhr.

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Herausgegeben vom Landtag von Sachsen-Anhalt

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