Protokoll der Sitzung vom 15.12.2000

Wir plädieren für eine Überweisung in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und von der Regie- rungsbank)

Ich danke sehr. - Für die Fraktion der FDVP erteile ich dem Abgeordneten Herrn Wolf das Wort. Bitte, Herr Wolf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Fremdsprache zu beherrschen war noch nie ein Nachteil, und schon gar nicht, wenn es sich um eine verbreitete Sprache handelt. Englisch und Internet sind schwer zu trennen, ob nun das Internet privat oder wirtschaftlich genutzt wird - die Beherrschung einer internationalen Sprache, zumeist Englisch, ist in der von diesem Pult beschworenen „Informationsgesellschaft“ schwer verzichtbar. Diese existierte zwar schon vor der Regierungserklärung, aber immerhin wurde sie bemerkt.

Im Allgemeinen - das wurde immer wieder bemängelt - ist der deutsche Bürger mitunter etwas träge beim Erlernen einer Fremdsprache. Inzwischen geriet die deutsche Umgangssprache zu einem Konglomerat von Schlagwörtern und wird fast selbst zur Fremdsprache. Bei weitem sind nicht alle Wörter substituiert. Die deutsche Sprache im Kern wird also bleiben. Den einen freut es, den anderen ärgert es - der Kultur wird es bekommen.

Ab wann macht es nun Sinn, eine Fremdsprache zu erlernen und welche sollte man erlernen? - Die Fremdsprache sollte so früh wie möglich erlernt werden, das steht unumstritten fest. Kinder haben in der Hinsicht eine schnelle und hohe Auffassungsgabe.

Es gibt in Sachsen-Anhalt sogar 40 Kindertagesstätten, in denen auf spielerische Art und Weise eine Fremdsprache erlernt werden kann. Nur, ist ausgerechnet das der richtige Zeitpunkt? Manche Kinder beherrschen in dem Alter noch nicht einmal ihre eigene Muttersprache. Es ist schon bedenklich, im Kindergartenalter damit anzufangen, da die Fortführung beim Erlernen einer Fremdsprache erst wieder in den höheren Klassenstufen ansetzt.

In dem Antrag ist ein möglicher Beginn nicht konkret gefasst, obwohl aus bildungspolitischer Sicht der CDU - so ist im Internet zu lesen - bereits im 3. Schuljahr eine Fremdsprache in spielerischer Form in den Unterricht integriert werden sollte. Warum überlassen Sie in Sachsen-Anhalt die Entscheidung der roten Landesregierung? Hat die CDU-Fraktion vergessen, dass sie Oppositionspolitik zu betreiben hat und nicht als leiser Vermittler zwischen erbosten Eltern und der Landesregierung auftreten sollte?

Sicherlich ließe sich das Gefüge der Anzahl der Wochenstunden und die Gewichtung der zu unterrichtenden Fächer verändern, um das notwendige Stundenpotenzial entstehen zu lassen. Jedoch sehen wir dann die Gefahr, dass wichtige Fächer wie Lesen, Schreiben und Rechnen zugunsten einer Fremdsprache eventuell auf ein Minimum gekürzt werden.

Wollen Sie etwa die Grundschule mit festen Öffnungszeiten, um diesen Spielraum zu gewinnen? Wollen Sie diesen Spielraum aus den Zeiten für Spiel und Entspannung gewinnen? - Das bleibt unklar.

Welche Lernziele sind zu erreichen? - Wenn man in der Grundschule eine Fremdsprache erlernt, dann muss das Lernziel der direkte Anschluss in den weiterführenden Klassen sein. Hierzu nenne ich die Förderstufe und das Gymnasium. Wenn Sie das Fremdsprachenfach Englisch nehmen, dann müssen Sie den gesamten Lehrplan für die einzelnen Klassenstufen neu gestalten. Das würde einen immensen Aufwand, nicht nur finanziell, bedeuten.

Die Frage nach der Anzahl der Grundschulen scheint uns unerheblich, denn dann sollten alle Grundschulen in das Konzept eingeschlossen werden. Schüler, die an einer Grundschule ohne Fremdsprache unterrichtet werden, wären benachteiligt. Eltern, die ihre Kinder in einer solchen Schule wissen wollen, müssten sich um einen Platz in der betreffenden Grundschule bemühen und höhere Fahrtkosten in Kauf nehmen und vielleicht sogar Schulgeld bezahlen.

Wenn dieser Fremdsprachenunterricht eingeführt werden soll, dann bitte flächendeckend und keine Zweiklassenbildungsgesellschaft.

Woher soll in diesem Land das Geld für die Qualifizierungsmaßnahmen kommen? Wie real sind die Vorstellungen? Bleibt es nur bei Qualifizierungsmaßnahmen oder ist zu erwarten, dass zusätzlich Lehrer eingestellt werden, da der derzeitige Personalbestand diese zusätzliche Aufgabe eventuell nicht übernehmen kann?

Ihr Begehren wird den Altlehrern aus den Reihen von SPD und PDS garantiert nicht in jedem Punkt schmecken, da sie ohnehin der Meinung sind, dass die Schüler mit dem derzeitigen Lernpensum immens überfordert seien und ein zusätzliches Fach von den Schülern nicht zu bewältigen sei.

Wir wollen uns dennoch der Notwendigkeit der Erweiterung des Fremdsprachenunterrichts nicht generell verschließen; die Bedenken haben wir aber genannt.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Für die PDS-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Stolfa. Bitte, Frau Stolfa.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir teilen das Anliegen der CDU-Fraktion vollständig. Auch wir wollen eine Erörterung im Ausschuss mit dem Ziel, dass ein vernünftiges Konzept erarbeitet und vorgelegt wird, das sichert, dass wir tatsächlich zu Fortschritten bezüglich der Einführung des Fremdsprachenunterrichts - das kann Russisch, Englisch oder Französisch sein; es ist also nicht an Englisch gebunden - an den Grundschulen kommen können. Dies ist nötig.

Die Landesregierung hat deutlich gemacht, dass sie dazu bereit ist. Es gibt aber offensichtlich Gesprächsbedarf. Wir haben deshalb kein Problem mit dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion. Über diesen wäre allerdings direkt abzustimmen, es sei denn, die CDU-Fraktion möchte beide Anträge in den Ausschuss überwiesen haben, sodass wir uns noch über das Verfahren verständigen müssten. Aber ich denke, das würde das auch mit abdecken, und wir hätten im Ausschuss genügend Zeit, zu beraten und Schritte zu bereden. Ich halte es für vernünftig, dem Änderungsantrag direkt zuzustimmen und damit Ihren Antrag in geänderter Form anzunehmen.

(Herr Scharf, CDU: Das machen wir doch!)

(Beifall bei der PDS)

Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der Abgeordneten Frau Brandt.

Herr Präsident! Werte Herren und Damen! Noch rechtzeitig beginnen wir in diesem Parlament, uns über die Zukunft unserer Kinder Gedanken zu machen. Denn ein Fiasko wie mit den nicht vorhandenen Computerspezialisten in Deutschland können wir uns nicht mehr erlauben.

Das zu erwartende vereinte Europa verlangt von weitsichtigen Politikern, dass sie zukunftsorientierte und bürgernahe Politik machen. Wenn Sie jetzt von mir polemisches Geschwafel erwarten, muss ich Sie ent- täuschen.

(Frau Bull, PDS: Das ist mal etwas ganz Neues!)

Polemisieren können andere besser als ich. Denn mit der Zukunft unserer Kinder darf man kein Schindluder treiben.

Kennt man die Sprache der Nachbarnationen, kann man effektiver Handel treiben, forschen, aber auch gemeinsam feiern. Im Zuge der Osterweiterung der EU wird es besonders notwendig werden, auch die russische Sprache an Grundschulen lernwillige Schüler zu lehren. Die französische Sprache ist die Sprache der Kunst, der Gourmets, der Verliebten, und Englisch, eine Weltsprache, muss einfach für jeden Grundschüler angeboten werden.

Meine Herren und Damen! Zusätzlich anfallende Kosten für die Ausbildung von Fremdsprachenpädagogen werden ohne Zweifel das Staatssäckel belasten; denn Bundes- und Landesfinanzen sind ja durch die Mehreinnahmen aus der Ökosteuer eng bemessen. Aber diese Kosten sind eine Investition in die Zukunft.

Ein Fremdsprachenstudium dauert, wenn der Studierende sich voll auf das Studium konzentrieren kann, mindestens vier Jahre. Wir können natürlich nicht mehr so lange warten und unsere Kinder vertrösten.

Die Suche nach schnellen Lösungen darf uns natürlich nicht von der gegenwärtigen Lage an den Schulen ablenken. Gespräche mit Schülern und Eltern müssen einer Expertenkommission des Kultusministeriums und des Parlaments einen möglichst genauen Überblick verschaffen, um die Ausbildung für Fremdsprachenlehrer vorzubereiten.

Auch wir fordern die Landesregierung auf, so schnell wie möglich im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft über vorbereitete Konzepte und eingeleitete Maßnahmen für die zukünftige Gestaltung des Fremdsprachenunterrichts an unseren Grundschulen zu berichten. - Danke.

(Zustimmung von Herrn Kannegießer, DVU-FL)

Danke sehr. - Jetzt hat noch einmal die Abgeordnete Frau Feußner das Wort. Bitte, Frau Feußner.

Ich verzichte auf einen Redebeitrag. Das ist ja einhellig. Ich wollte nur noch sagen, dass wir uns dem Änderungsantrag der SPD anschließen und dann dem Antrag in geänderter Form zustimmen.

Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag abstimmen. Dann wird über den so geänderten Antrag insgesamt abgestimmt.

Wer sich also dem Änderungsantrag, der von der Abgeordneten Frau Kauerauf vorgetragen worden ist, anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Jetzt stimmen wir ab über den so geänderten Antrag der Fraktion der CDU. Wer sich dem so geänderten Antrag anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Er ist einstimmig angenommen worden. Recht herzlichen Dank. Damit ist der Tagesordnungspunkt 36 erledigt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 37:

Beratung

Keine Abkopplung der Beamtenbesoldung insbesondere im Polizei- und Justizvollzugsdienst von der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst

Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/3980

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Dr. Bergner. Nach ihm spricht der Kultusminister Dr. Gerhards. Dann folgt eine Fünfminutendebatte in der Reihenfolge PDS, DVUFL, SPD, FDVP, CDU. Bitte, Herr Dr. Bergner.

Herr Präsident, wenn die Stunde nicht so weit vorgerückt wäre, könnte ich diesen Versprecher vom Kultusminister Gerhards mit Blick auf die Hochschulfinanzen gut belegen. Aber das ist eine andere Frage, über die wir jetzt nicht reden wollen.

Meine Damen und Herren! Um das zu erwartende Gegenargument gleich aufzunehmen: Natürlich wissen wir, dass die konsumtiven Ausgaben und insbesondere die Personalkosten in unserem Haushalt nicht weiter wachsen dürfen. Wir wissen, dass wir demzufolge bei der Gestaltung der Tarife in besonderer Weise zum Augenmaß verpflichtet sind.

Dies alles soll nicht bestritten werden. Nur, gerade in einer Situation, in der man bei der Tarifentwicklung nicht großzügig sein kann, ist man besonders gehalten, Gerechtigkeit walten zu lassen bzw. keine Verwerfungen vorkommen zu lassen. Und das ist der Punkt, um den es uns geht.

Wenn man sparen will, hätte man bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst, für die Arbeiter und Angestellten einen entsprechenden Tarif aushandeln können, der gleichzeitig die Ausgabenzuwächse, die sich im Beamtenbereich ergeben, mit einbezieht.

Was wir aber kritisieren und was der Gegenstand unseres Antrages ist, ist, dass eine Tarifentscheidung, die für Arbeiter und Angestellte getroffen wurde, - am 21. Dezember stehen die Entscheidungen dazu im Bundesrat an - nun verzögert auf den Beamtenbereich übertragen werden soll.

Wir glauben, dass das Land Sachsen-Anhalt einen besonderen Grund hat, an dieser Stelle dem Verfahren zu widersprechen. Denn anders als andere Bundesländer haben wir nicht den großen Personalkörper verbeamteter Lehrer. Die beträfe es in diesem Fall überhaupt nicht; die Frage der Tarifangleichung bzw. der Übernahme des Tarifabschlusses für den Beamtenbereich betrifft vielmehr zwei große Personalkörper, die Polizei und den Justizvollzug. Und eine Tarifentwicklung, die genau diese Gruppen ausnimmt und von Sachsen-Anhalt im Bundesrat auch noch befürwortet wird, wirft ein fatales Licht auf den Umgang mit dem Anliegen der inneren Sicherheit in unserem Lande.

Wir alle wissen, dass sich unsere Polizeibeamten und die Beamten des Justizvollzuges nun nicht unbedingt in hohen Besoldungsgruppen befinden. Wir alle wissen, dass es hier tatsächlich um ein durchaus verständliches soziales Anliegen geht, das dem der Arbeiter und Angestellten, die Gegenstand der Tarifverhandlungen waren, durchaus vergleichbar ist.