Protokoll der Sitzung vom 01.03.2001

Allerdings kann auch hier die Intention nicht verwundern, kennt man doch den Absender der Anfrage. Erstens, meine Damen und Herren von der PDS, geistert in Ihren Köpfen immer noch das staatliche Erziehungsmonopol herum. Das hat sich erst jüngst bei Ihrer Zustimmung zur zwangsweisen Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten gezeigt - quasi eine von innen abgeschlossene Schule mit abgezogenem Schlüssel.

(Zustimmung bei der FDVP - Frau Stolfa, PDS: Oh!)

Sie betrachten Kinderbetreuung immer noch nach dem Motto: Mama und Papa müssen arbeiten, um die Kohle zu verdienen - sofern das in Sachsen-Anhalt überhaupt noch möglich ist -, und Kind ist in Staatsgewahrsam gut versorgt.

Unsere Vorstellung von der Erziehung unserer Kinder und Jugendlichen ist eine andere: Die Erziehung obliegt primär den Eltern. Was wir brauchen, sind gut gebildete und nicht verpolitisierte Kinder und Jugendliche. Wir brauchen weltoffene Menschen und keine Generation, die mit ideologischen Brettern vor dem Kopf ins Leben entlassen wird.

Das heißt aber auch, meine Damen und Herren, dass die Politiker, die auch hier in diesem Hause sitzen und die Verantwortung tragen, Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass Eltern die Möglichkeit erhalten, Berufswunsch und Kindererziehung in Einklang zu bringen. Dazu müssen natürlich die finanziellen Grundlagen geschaffen werden.

Durch die KiBeG-Novelle passierte aber genau das Gegenteil. Da die SED-Erben dieses Gesetz aber mitgetragen haben, das heißt, Elternbeitragserhöhungen überhaupt erst ermöglicht haben, wird natürlich an solchen Sachen so wenig wie möglich gerührt.

Es hilft Ihnen auch nicht, Frau Dr. Kuppe, von den knappen Ressourcen zu reden; denn eines ist sicher: Würden

all die verschwendeten Millionen, von denen wir mittlerweile wissen, beispielsweise in die Förderung unserer Kinder und Familien gesteckt, dann wäre so manche junge Familie vor Beitragserhöhungen bewahrt geblieben und der Kinderwunsch würde vielleicht nicht mehr nur am Geld festgemacht.

Vordergründig steht also auch das Problem der Finanzierung, die Bereitschaft zur Finanzierung vonseiten des Landes natürlich.

Dass die Senkung der Landespauschalen und die damit verbundene Elternbeitragserhöhung einen „Diskussionsprozess“ im Lande auslöste - wie Frau Dr. Kuppe geschrieben hat -, ist wohl mehr als untertrieben. Der Prostest war massiv; ich darf an die immer noch laufende Volksinitiative „Für die Zukunft unserer Kinder“ erinnern, die Sie zwar mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern versucht haben, aber bisher nicht mit Erfolg. Von meiner Seite auch an dieser Stelle: Viel Erfolg für die Volksinitiative.

(Lachen bei der SPD)

An all dem wird möglichst nicht gerührt. Insofern bin ich den Fragestellern doch dankbar, dass sie das KiBeG heute hier noch einmal thematisiert haben.

Was, meine Damen und Herren, nützt das schönste Erziehungskonzept, wenn es keiner mehr nutzen kann? Hier liegen die wichtigsten Aufgaben für uns als Politiker. Den Familien, meine Damen und Herren, die sich Kinder wünschen, die sie großziehen, erziehen, ganzheitlich auffangen und stützen und die darüber hinaus auch dafür Sorge tragen, dass der Generationenvertrag in Deutschland noch einigermaßen funktioniert,

Kommen Sie bitte zum Ende, Frau Wiechmann. Auch Sie haben die Redezeit überzogen.

- ich spreche den letzten Satz - diesen Familien mit ihren Kindern muss die Fürsorge dieser Landesregierung gelten. Für sie muss es wirksame Bündnisse geben. An dieser Stelle möchte ich daran erinnern. - Danke schön.

(Beifall bei der FDVP)

Die Gelegenheit zu einem Schlusswort hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Weiher. Bitte, Frau Dr. Weiher.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch einige kurze Bemerkungen zu den unterschiedlichen Beiträgen zu machen. Es zeigt sich ganz deutlich, dass das Thema Kinderbetreuung nach wie vor ein Schwerpunkt in der Behandlung im Landtag bleiben wird. Wir tun gut daran, uns auch weiterhin den Problemen, die damit zusammenhängen, zu stellen und diese zumindest zu lösen versuchen.

Ich unterstütze die Aussagen der Ministerin, dass Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt eine qualitativ hochwertige und finanziell gesicherte Betreuung sein soll, um bundesweit vorzeigbar zu bleiben. Gerade deshalb bleibt die Verantwortung für uns als Land, auch in den nächsten Jahren durch eine gesicherte finanzielle Beteiligung

und entsprechende Rahmenbedingungen Eltern und Kindern einen Besuch von Kinderbetreuungseinrichtungen zu ermöglichen, der nicht über Gebühr ihren Geldbeutel strapaziert.

Die Probleme, die nun in einzelnen Einrichtungen auftreten können - wie es Frau Wernicke beschrieben hat -, oder auch generelle Fragen, die damit zusammenhängen, nehmen wir sehr ernst und werden uns auch weiterhin bemühen, zu Lösungen beizutragen.

Zu den Fragen der integrativen Betreuung ein paar Worte. Natürlich sind auch wir dafür, dass der Weg von einer Abschottung zu einem gemeinsamen Leben von behinderten und nicht behinderten Kindern führen muss. Es bleibt aber dabei die Frage unbeantwortet, ob die Qualität in den integrativen Einrichtungen gleich geblieben ist oder sich vielleicht sogar verbessert hat. Dazu sind nämlich keinerlei Aussagen erfolgt, bzw. es sind schon einige Aussagen erfolgt, und zwar dahin gehend, dass zum Beispiel der Bedarf an qualifiziertem heilpädagogischen Personal nicht gedeckt ist. Auch die Frage, die mit den sonderpädagogischen Qualifizierungen zusammenhängt, ist bei weitem noch nicht beantwortet.

Wenn also die sonderpädagogischen Einrichtungen zugunsten der integrativen Einrichtungen jetzt nicht mehr bestehen, dann bejahen wir dies, fordern aber gleichzeitig, dass die Qualität in diesen Einrichtungen entsprechend der Behinderung der Kinder gewährleistet sein muss und alle notwendigen und möglichen Bedingungen geschaffen werden.

(Zustimmung bei der PDS)

Zu dem Rundumschlag von Frau Feußner wollte ich eigentlich nach dem Beitrag von Herrn Bischoff kaum noch etwas sagen. Vielleicht aber noch einige Bemerkungen: Es war keine Anfrage zum Problem der Volksinitiative, Frau Feußner. Es war eine Anfrage zu den Problemen, die sich aus dem Vollzug des Kinderbetreuungsgesetzes ergeben, gerade im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung der pädagogischen und erzieherischen Qualität in den Einrichtungen. Ich denke, dazu kann man schon eine ganze Menge aus den Antworten herauslesen.

Es gab im Übrigen einen Beschluss des Landtages - Frau Feußner, so weit zu den 18 Millionen -, die Auskömmlichkeit der Pauschalen zu überprüfen und gegebenenfalls daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Das hat unsere Fraktion getan. Wir haben 18 Millionen DM für den Haushalt beantragt, die dann tatsächlich auf die Pauschalen aufgeschlagen worden sind.

Sie haben, wenn ich mich recht erinnere, sogar 34 Millionen DM beantragt, allerdings mit der Begründung, der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit zu genügen

(Frau Feußner, CDU: Richtig!)

und nicht um die Pauschalen zu erhöhen. Das muss man auch ganz klar sagen.

Die Zahlenakrobatik, die zum Beispiel Herr Schulze im „Bitterfelder Spatzen“ leistet, ist die eines schlechten Jongleurs und nicht die eines guten. Das muss man auch deutlich sagen.

(Zustimmung bei der PDS - Herr Schulze, CDU: Es geht um die Tarife!)

Wir werden nach wie vor versuchen, uns den Problemen der Kinderbetreuung zu widmen, auch alle Fragen, die

damit zusammenhängen, aufwerfen und gegebenenfalls auch versuchen, parlamentarische Lösungen zu finden bzw. unsere Anträge und Anfragen auch dafür zu nutzen, um eine qualitativ gute Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt zu gewährleisten. - Danke.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD)

Frau Feußner hat eine Frage. Sind Sie bereit zu antworten? - Frau Feußner, bitte stellen Sie Ihre Frage.

Frau Weiher, ist Ihnen bekannt, dass im Gesetz die Absenkung der Pauschalen ganz konkret festgehalten ist, sodass eine konkrete Erhöhung der Pauschalen eigentlich nicht möglich ist, nämlich nur unter der Voraussetzung - wie Sie das eben begründet haben -, Tariferhöhungen auszugleichen? Das heißt, die eigentliche Pauschale ist so geblieben und die Tariferhöhung ist in dem Sinne ein Durchlaufposten.

Jetzt möchte ich Sie fragen: Was haben konkret die Betroffenen, in dem Fall die Eltern, die Beiträge an die Kommunen bzw. an die Einrichtungen zahlen, und auch die Kommunen davon?

(Herr Bischoff, SPD, lacht)

Es ist doch nur ein Durchlaufposten für Tariferhöhungen, aber Sie reden von einer Erhöhung der Pauschalen.

(Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Frau Feußner, Sie haben sicherlich damit Recht, dass im Gesetz die Pauschalhöhen festgelegt worden sind. Das ist damals - daran werden Sie sich auch erinnern - ausgehend davon passiert, dass man der Meinung war, für eine etwas weniger als achtstündige Betreuung Pauschalen ausreichen zu müssen, weil der Durchschnitt der betreuten Kinder diesen Bedarf hätte.

Es hat sich gezeigt, dass das nicht der Fall ist. Wir haben damals, als wir das Kinderbetreuungsgesetz novelliert haben, schon darauf hingewiesen, dass es, wenn sich herausstellt, dass die Auskömmlichkeit der Pauschalen nicht gewährleistet ist, Möglichkeiten geben muss - die sind im § 17 Abs. 8 verankert -, um ent- sprechende Ausgleiche vorzunehmen.

Die Tarifanpassungen, die vorgenommen werden, sind nicht nur Durchlaufposten, weil eine tarifliche Entwicklung von 5,1 %, die die jetzige Erhöhung sozusagen ausmacht, so im Jahr nicht zu erwarten ist. Es kommt also zu einer deutlichen Entlastung der Kommunen, der Träger und der Eltern.

(Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD, und von Herrn Dr. Rehhahn, SPD - Zuruf von Herrn Schulze, CDU)

Ich denke nicht, dass die Landesregierung diese Tarifanpassung bzw. die Erhöhung, die den erhöhten Betreuungsbedarf berücksichtigt, zurücknehmen wird. Der wird bleiben. Wir werden es sehr klar verfolgen, wie sich das in diesem Jahr in den Einrichtungen darstellen wird. Im Gesetz gibt es die Möglichkeit, dass der Betreuungsbedarf jährlich vorzuweisen ist. Daran werden auch wir

gegebenenfalls unsere parlamentarische Aktivitäten ausrichten.

(Zustimmung bei der PDS und von Herrn Sachse, SPD)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zur Großen Anfrage abgeschlossen. Der Tagesordnungspunkt 1 ist beendet.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 2:

Fragestunde - Drs. 3/4266

Entsprechend § 45 der Geschäftsordnung des Landtages findet auf Antrag monatlich eine Fragestunde statt. Es liegen neun Kleine Anfragen vor.