Das der Grundschule mit festen Öffnungszeiten zugrunde liegende integrative Konzept sah Minister Dr. Harms durch die Regelung in § 2 der vorgesehenen Verordnung nicht als gefährdet an. Diesem Standpunkt schlossen sich die Fraktionen der SPD und der PDS in der Ausschussberatung an. Sie sprachen sich deshalb für die Beibehaltung des am 12. Oktober 2000 durch den Landtag beschlossenen Gesetzes aus.
In der abschließenden Abstimmung im Ausschuss wurde der Gesetzentwurf der Fraktion der FDVP mit 1 : 8 : 3 Stimmen und der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU mit 3 : 8 : 1 Stimmen abgelehnt.
Im Namen des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft empfehle ich dem Landtag die Annahme der vorliegenden Beschlussempfehlung. - Schönen Dank.
Danke sehr. - Für die nun folgende Fünfminutendebatte wurde folgende Reihenfolge vorgesehen: PDS, DVU-FL, SPD, FDVP und CDU. Für die PDS-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Hein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand stellt heute mehr infrage, dass die Schule reformiert werden muss. Hinsichtlich der Kritik an den Lernleistungen von Kindern und Jugendlichen besteht nahezu durchgängig Konsens. Nicht einmal die Tatsache, dass sich das Lebensumfeld von Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren tiefgreifend verändert hat, wird von irgendjemandem ernsthaft bestritten. Nur wenn es darum geht, die Schule entsprechend diesen veränderten Lebensbedingungen ein bisschen gerechter zu gestalten, bricht zünftiger Streit vom Zaune.
In der Tat scheiden sich diesbezüglich die Geister. Die einen wollen wieder Kopfnoten einführen und plädieren für eine strengere Leistungsauslese, die anderen für
eine Reformierung des inneren Systems der Schule, in dem das Lernen besser auf die veränderten Lebensverhältnisse von Kindern abgestimmt und schon deshalb eine bessere Bildung möglich ist.
Wenn man die Schule verändern will - das haben alle Schulformen bitter nötig - macht es einen gewissen Sinn, bei der Grundschule anzufangen. Dort werden immerhin wesentliche Grundlagen für die bessere Beherrschung von Kulturtechniken gelegt. Das kann und wird sich auf alle weiterführenden Schulen positiv auswirken. Allerdings sind wir sehr gut beraten, wenn wir uns bemühen, dabei zusätzlichen Stress für die Kinder und Jugendlichen zu vermeiden. Dann muss man sich eben dem veränderten Lebensrhythmus der Kinder stellen.
Das und nichts anderes soll mit der Grundschule mit festen Öffnungszeiten erreicht werden. Es soll am Ende nicht mehr oder weniger Betreuung, sondern mehr Lernen herauskommen. Das ist das grundlegende Missverständnis zwischen den Streitparteien, das bis heute nicht ausgeräumt ist.
Bei den Debatten in Sachsen-Anhalt wirkt erschwerend, dass in den alten Bundesländern, wo es Vorbilder für die Grundschule mit festen Öffnungszeiten gibt, mit diesem Schulangebot vor allem die fehlenden nachmittäglichen Betreuungsangebote kompensiert werden sollen. Das brauchen wir in Sachsen-Anhalt tatsächlich nicht.
Für die PDS-Fraktion steht ausdrücklich im Vordergrund, dass mit diesem Angebot die Qualität der Schule erhöht wird. Alles andere hätten wir abgelehnt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass wir dem Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, die dem Denkschema der alten Länder folgt, ablehnend gegenüberstehen und deshalb beide Beschlussempfehlungen annehmen werden.
Wir wollen - ich wiederhole das gern - die Erhöhung von Bildungsqualität, auch wenn das von sehr vielen heute bezweifelt oder nicht gesehen oder zumindest ignoriert wird.
Es kommt jetzt allerdings darauf an, die Voraussetzungen für die Umsetzung des Gesetzes zügig zu schaffen. Dabei ist unserer Ansicht nach schon wieder zu viel Zeit ins Land gegangen, ehe Klarheiten geschaffen werden konnten. Allerdings muss ich sagen, dass diesbezüglich auch die Initiative der CDU nicht sonderlich dienlich gewesen ist; denn sie hat dazu beigetragen, Unsicherheiten bei Schulen und Hortträgern zu schaffen und nicht etwa abzubauen; aber das war ja auch nicht ihr Ziel.
Die PDS wird sich in den nächsten Monaten wie schon in den vergangenen darauf konzentrieren, die Probleme, die im Zuge der Umsetzung auftreten, insbesondere was die Sicherung der Qualität der Grundschule mit festen Öffnungszeiten und die nachmittägliche Betreuung betrifft, aufzunehmen und um Lösungen zu ringen. Uns sind gewiss schon eine ganze Reihe von Problemen bekannt. Noch sind nicht alle gelöst. Dafür sind wir in jeder Debatte offen, nicht aber für ein ständiges Infragestellen des gesamten Ansatzes. - Danke schön.
Danke sehr. - Für die Fraktion der DVU-FL erteile ich der Abgeordneten Frau Brandt das Wort. Bitte, Frau Brandt.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Bereits als wir uns im Oktober 2000 mit diesem Thema beschäftigten, war unsere Position eindeutig klar: Wir lehnten den Vorstoß der Landesregierung in Bezug auf die Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten ab. Daran wird sich auch heute nichts ändern. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass bezüglich der bevorstehenden praktischen Umsetzung des Gesetzes zur Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten in erster Linie den betroffenen Eltern mehr Gehör und Mitentscheidungsrecht gewährt werden muss.
Die Kritik einiger Bürgerinitiativen richtet sich vor allem dagegen, dass an den Grundschulen des Landes Sachsen-Anhalt ab August 2001 für alle Schüler eine Anwesenheitspflicht von täglich fünfeinhalb Stunden vorgeschrieben ist. Eine Sprecherin der Bürgerinitiative „ABC schützen“ brachte es auf den Punkt, indem sie sagte, die Eltern würden mit dem Gesetz bevormundet und ein Stück weit entrechtet.
Wir stehen auf dem Standpunkt, dass es für die Eltern Alternativen geben muss, Alternativen dahin gehend, dass Eltern entscheiden können, ob ihr Kind eine freiwillige Betreuung in der Schule annehmen oder besser ein individuelle Nachmittagsgestaltung zusammen mit den Eltern oder einem Elternteil in Anspruch nehmen sollte.
Im Übrigen ist Freiwilligkeit stets besser als Zwang. Das ist für Sie, meine Damen und Herrn von der PDS und von der SPD, schwer verständlich, aber es ist so.
Konträr erklärte sich Herr Kultusminister Harms, indem er konstatierte - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident -:
„Hauptmerkmale des Konzepts seien eine Verschmelzung von Unterrichtung, Erziehung und unterrichtsbegleitender Betreuung durch pädagogische Mitarbeiter.“
Auch damals hat sich die Exekutive permanent in die Erziehung der Kinder eingemischt und deren Eltern zu bevormunden versucht. Parallelen von damals zu heute sind nicht mehr zu leugnen. Deshalb sehen wir in dem Gesetz einen staatlichen Eingriff in die Erziehungs- befugnisse der Eltern und in das Familienleben.
Eines kristallisiert sich bereits heute heraus: Eine generelle Reform der Grundschulpädagogik muss in Angriff genommen werden, um weiteren Schaden von Schülern und Eltern abzuwenden. Es muss endlich Rechtssicherheit für alle Beteiligten geschaffen werden. - Ich bedanke mich.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Es geht um Schule und wir können wieder einmal Schülerinnen und Schüler, diesmal des Gymnasiums Rüsternbreite aus Köthen sowie Schülerinnen und Schüler der LingnerSekundarschule Jessen, begrüßen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von Marie von Ebner-Eschenbach ist uns folgendes Zitat überliefert worden:
In diesem Sinne kann aus der Sicht der SPD-Landtagsfraktion in der heutigen und damit mittlerweile vierten Beratung zur Grundschule mit festen Öffnungszeiten nicht mehr nach dem Ob oder Warum gefragt werden. Dazu gibt es nach einem ordnungsgemäßen parlamentarischen Beratungsverfahren einen klaren Landtags- beschluss vom Oktober 2000.
Die Diskussionen, die im Zusammenhang mit den beiden heute nochmals zu behandelnden Gesetzentwürfen im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft, aber auch darüber hinaus geführt wurden, haben nicht dazu beigetragen, die mit der Verabschiedung der Gesetzes getroffenen Entscheidungen infrage zu stellen. Ganz im Gegenteil: Im Ergebnis einer Vielzahl von Gesprächsrunden mit Eltern, Lehrkräften und Kommunalpolitikern kann konstatiert werden, dass es an der Notwendigkeit einer Grundschulreform keinen Zweifel gibt.
Überwiegend positiv wird auch das pädagogische Rahmenkonzept für die Gestaltung eines natürlichen Lern- und Lebensrhythmus innerhalb eines täglich gleich bleibenden Zeitrahmens bewertet. Der Wechsel von An- und Entspannung, von Lernarbeit, individueller Förderung und Freizeitbetreuung bietet die Chance, den physiologischen und psychologischen Voraussetzungen eines Grundschulkindes besser gerecht zu werden.
Das uns im Rahmen eines weiteren Gesprächs von Vertretern der Elterninitiative „ABC schützen“ vorgestellte Gegenkonzept verneint genau diesen Ansatz. In ihm sollen Unterrichts- und Betreuungszeiten nicht mehr integrativ verbunden, sondern, wie gehabt, aneinander gereiht werden. Wo bleibt da - zuzüglich der Nichtbeachtung der zukünftigen Regelungen zur Hortbetreuung - der innovative Ansatz? Für die verfassungsrechtliche Legitimation der kritisierten Anwesenheitspflicht gibt es eindeutig bejahende Urteile in der Rechtsprechung.
Im Übrigen mutet es schon mehr als merkwürdig an, wenn zwei sich in ihrer Zielrichtung unterscheidende Bürgerinitiativen - die eine forderte eine Reduzierung der Erziehungsleistung des Staates, die andere fordert eine Ausweitung der Betreuungsleistungen des Staates - plötzlich zusammenfinden.
Ein Großteil der Eltern konzentriert sich jedoch auf berechtigte Fragen zur konkreten praktischen Umsetzung und Vorbereitung, so unter anderem: Auf welche Art und Weise werden die Lehrkräfte und die pädagogischen
Wie können sich die Eltern an der Erarbeitung eines spezifischen Schulkonzepts beteiligen? Welche zusätzlichen Informationsmaterialien stehen zur Verfügung?