Noch ein Wort zum Aktionsbündnis. Wissen Sie, man sollte nicht so tun, als ob das eine weiße Taube wäre, die ohne politischen Hintergrund durch die Gegend fliegt. Sie haben um sich herum eine Initiative gegründet und Vereine versammelt, die mittelständische Unternehmen vertreten. Das ist Ihr gutes Recht.
Aber Sie können jetzt nicht so tun, als ob das völlig unpolitisch wäre; denn in diesem Aktionsbündnis sind treibende Kraft und Mitglied die Mittelstandsvereinigung MIT - in Klammern CDU. Sie können so tun, als ob das überparteilich wäre, aber dies ist eine CDU-Mittelstandsvereinigung. Dort ist die Liberale Initiative Mittelstand Mitglied. Auch das ist eine politische Mittelstandsvereinigung.
Das ist Ihr gutes Recht, aber tun Sie doch nicht immer so, als ob Sie sozusagen mit der nackten Wirtschaft in die Öffentlichkeit gehen würden und das Ganze gar keine politische Motivation hätte.
Wenn der stellvertretende Sprecher des Aktionsbündnisses der Abgeordnete Herr Gürth ist, der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, dann ist das alles noch in Ordnung, wenn Sie nicht ständig so tun würden, als ob es nur die Wirtschaft wäre, die in diesem Aktionsbündnis völlig unpolitisch ihre Dinge voranbringt.
Sie haben dieses Aktionsbündnis bewusst dafür genutzt. Sie haben im Vorfeld auch nur bestimmte Leute gebeten, dabei mitzumachen. Es gibt auch bei anderen Parteien Vereinigungen, die die Unternehmer zusammenfassen. Das können Sie alles tun, aber Sie dürfen dann nicht hinterher behaupten, das Ganze wären unpolitische Aktionen gewesen. Das waren sie nicht.
Ich möchte auch, obwohl wir heute keine wirtschaftspolitische Debatte führen, mit einer Mär, die Sie immer wieder vorbringen, nämlich die von der Investitionsquote, die Kennzeichen für die Rahmenbedingungen und Grundlage für die Wirtschaftsentwicklung und die Wirtschaftspolitik sei, ein Stück weit aufräumen.
Ja, Herr Gürth, die Investitionsquote ist mit entscheidend für den Haushalt. Jeder Abgeordnete wird versuchen, sie im Haushalt so hoch wie möglich zu halten, weil es eine entsprechende Kennzahl ist. Aber sie ist es nicht allein.
Schauen Sie sich doch bitte den Wirtschaftshaushalt an. Sollen wir, um die Investitionsquote nach oben zu bringen, mit der Mittelstandsförderung im Bereich der Beratung aufhören? Sollen wir mit der Außenwirtschaftsförderung, mit der Exportförderung aufhören? Sollen wir mit der Ausbildungsförderung aufhören? Sollen wir mit der Netzwerkförderung aufhören? Sollen wir auch mit der Förderung von Forschung und Entwicklung, von Innovationsassistentenprogrammen, mit Maßnahmen zur Überwindung des Fachkräftemangels und anderem aufhören? Das alles sind, rein theoretisch gesehen, konsumtive Elemente im Haushalt.
Ich werde das nicht nur an der Investitionsquote festmachen lassen. Ich werde mich auch nicht an dieser plakativen Gegenüberstellung beteiligen. Für mich kommt es letztlich darauf an, was mit den einzelnen Programmen im Haushalt machbar ist. Ob sie dann rein theoretisch konsumtiv oder investiv sind, ist vordergründig vielleicht ganz nett zu beschreiben, aber vom Inhalt her ist das völlig egal, wenn sie der wirtschaftlichen Entwicklung in diesem Land helfen. Dazu brauchen wir beide Komponenten.
Frau Ministerin, ich verstehe nach Ihren Ausführungen den Sachverhalt noch weniger, als ich ihn vorher verstanden habe.
Solange der Wirtschaftsminister Gabriel hieß und Sie Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten waren, war davon auszugehen, dass ein Gesetzentwurf der CDU so beraten wird, dass er gestern im Plenum in zweiter Lesung hätte verabschiedet werden können.
Nachdem Herr Gabriel nicht mehr Wirtschaftsminister ist und Sie Wirtschaftsministerin sind, haben sich die Spielregeln geändert. Ich habe von Ihnen keine Erklärung dafür bekommen - es kann sich folglich nur um einen persönlichen Akzent handeln, den Sie setzen wollen -, wie dieser persönliche Akzent aussieht, welches persönliche Signal, welchen persönlichen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung, welchen persönlichen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit Sie mit dieser Entscheidung in Ihrem neuen Amt leisten wollten.
Das Problem ist, dass Sie immer meine Erklärung ausblenden. Ich habe nämlich schon mehrmals erklärt, dass genau das nicht mein Ansinnen war. Jeder Wirtschaftsminister, auch Herr Gabriel, hätte, wenn er sich vor der Ausschussberatung seinen Arbeitsstand im Ministerium angeschaut hätte - was er getan hätte, wenn er noch Minister gewesen wäre -, zu der gleichen Schlussfolgerung kommen müssen. Das hat weder etwas mit einem Ministerwechsel zu tun noch mit einer persönlichen Note oder einer persönlichen Schwerpunktsetzung.
Sie können sich sicher sein, dass meine persönliche Schwerpunktsetzung nicht darin bestehen wird, ein Mittelstandsförderungsgesetz einzubringen. Meine persönliche Note - wenn Sie mich nach dem Mittelstandsförderungsgesetz fragen - wird es sein, dass ich im Kabinett dafür geworben habe und auch die Zustimmung dafür bekommen habe, dass dies auch praktiziert wird.
Das ist nämlich nicht selbstverständlich. Eine Mittelstandsklausel gibt es in keinem anderen Land. Eine Mittelstandsklausel muss aber praktiziert werden, und zwar durch alle Häuser hindurch. Ansonsten macht das gar keinen Sinn. Darin sehe ich meine Verantwortung.
Jeder Minister, der vor der Beratung im Ausschuss den Arbeitsstand aufgenommen hätte, hätte das Gleiche getan. Er hätte das Kabinett damit befasst, und dann wäre entschieden worden, ob dies nochmals ein Gesetzentwurf der Landesregierung geworden wäre oder nicht.
Sie mögen das gern ausschlachten wollen - Sie tun es ja auch -, dass das nun gerade an der Schnittstelle, beim Übergang vom Minister Gabriel zur Ministerin Budde, passiert ist, aber Sie kommen damit inhaltlich kein Stück weiter.
Lassen Sie sich noch eines sagen: Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass der Gesetzentwurf sehr lange im Ausschuss gelegen habe. Herr Gürth hat auch Recht ich habe gesagt, dass ich den Ärger verstehen kann -, wenn er sagt, dass seitens der SPD-Fraktion nicht zu allen Zeiten die Auffassung bestanden habe, dass ein Gesetz zur Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes notwendig sei. Wir haben bei der Einbringung darüber diskutiert und waren damals noch anderer Auffassung. Das ist richtig, Herr Gürth. Das habe ich auch nie abgestritten.
Sie wissen aber ganz genau, wer das Ganze wieder in Gang gesetzt hat, wer innerhalb der SPD-Fraktion dafür gesorgt hat - nämlich ich als Ausschussvorsitzende zusammen mit meinem Arbeitskreis -, dass diese Anhörung stattfindet, dass es einen konstruktiven Umgang damit gibt, nachdem die Mittelstandsinitiative existierte
und wir gesagt haben: Okay, diese Mittelstandsinitiative erfüllt nicht alle Aspekte, die in dem Gesetzentwurf stehen.
Sie wissen es ganz genau, wer diesen Prozess wieder in Gang gesetzt hat. Deshalb muss ich sagen, was das persönliche Miteinander angeht - das ist zwar nicht das Thema der Debatte -, ist schon ein Stück Enttäuschung dabei.
Das kann ich teilen, Herr Gürth. Denn Sie wussten alles. Sie haben bewusst daraus eine Pressekampagne gemacht, die diesem Mittelstandsförderungsgesetz und dem Anliegen nur schadet. Es wäre durchaus auch ein anderer Weg gangbar gewesen.
Ich habe es Ihnen angeboten. Es hätte nur zwei Sitzungen bedurft. Wir hätten in Ruhe im Ausschuss darüber debattiert. Ich hätte Ihnen nicht die Initiative streitig gemacht. Ich hätte auch nicht mit Pressemeldungen darauf reagieren müssen.
Frau Ministerin, Herr Dr. Bergner hat noch eine zweite Frage. Sind Sie bereit zu antworten? - Bitte, Herr Dr. Bergner.
Denn es geht um die Frage des Umgangs der Regierung mit dem Parlament. Es ist richtig und ich bezeuge auch als Fraktionsvorsitzender, dass Herr Gürth die Auffassung in der Fraktion vertreten hat, dass wir eine Zeit lang den Eindruck haben mussten, dass Sie in dem Anliegen durchaus eine Verbündete der Initiatoren, das heißt der CDU, sind und befürworten, ein solches Mittelstandsförderungsgesetz in die zweite Beratung zu bringen. Umso unverständlicher ist das retardierende Moment, das Sie nunmehr gesetzt haben. Sie begründen es mit der Aussage, es seien Ihnen nach der Amtsübernahme im Wirtschaftsministerium plötzlich berechtigte Bedenken gekommen.
- Ja, die Amtsübernahme, das wissen wir alles. Ein solcher spontaner Wechsel in einem Schlüsselressort ist auch kein Vertrauenssignal für das Land SachsenAnhalt gewesen. Aber das ist Ihnen nicht anzulasten.
Wenn ich das, was der Herr Ausschussvorsitzende berichtet hat, ernst nehme, so ist über den Beratungsgegenstand schon länger im Ausschuss beraten worden.
Ich gehe davon aus - so erlebe ich es in anderen Ausschüssen -, dass das Fachressort an den Beratungen Anteil nimmt. Dazu gibt es entsprechende Parlamentsreferenten und andere mehr.
Ich frage Sie, warum hat man in dem gesamten Beratungsgang, solange Herr Gabriel Minister war, keine Bedenken angemeldet? Wenn es berechtigte Bedenken gegeben haben sollte - Sie haben bisher noch kein einziges berechtigtes Bedenken genannt -, warum sind diese in der gesamten Beratungszeit nicht geäußert worden? Plötzlich, mit dem Amtsantritt der neuen Ministerin wird eine Schublade geöffnet, die bisher verschlossen war. Plötzlich sind Bedenken da, die es vorher nicht gegeben hat. Ich kann mir dies nicht erklären. Können Sie mir das bitte erläutern?