Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

Im Polizeibereich werden Schwerpunkte im Hinblick auf die dezentralen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen in den Polizeibehörden und -einrichtungen gesetzt. Mit dem Runderlass vom 15. August 2000 wird geregelt, dass die bislang unter dem Titel „Familienstreitigkeiten“ geführten Aus- und Fortbildungsveranstaltungen nunmehr unter der Problematik „Häusliche Gewalt“ geführt werden.

In Halle wurde das Interventionsprojekt zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in häuslichen Gemeinschaften ins Leben gerufen und soll von der Polizeidirektion Halle durch eine Erfassung und Auswertung der Fälle begleitet werden.

Man kann also schon aufgrund der kurzen Zusammenfassung, die ich aus zeitlichen Gründen nur in Kurzform vortragen konnte, sehen, dass die Landesregierung dieses Problem sehr, sehr ernst nimmt und fest entschlossen ist, eine Verbesserung der Situation für die betroffenen Frauen und Kinder zu erreichen. Wenn uns die CDU dabei unterstützen will, finde ich das gut.

Ich fasse zusammen: Aus unserer Sicht kann man das Problem nur lösen, wenn man präventiv und repressiv tätig wird. Das heißt, dass man einerseits das Landesprogramm auf gute Füße stellt und andererseits die gesetzlichen Möglichkeiten, die wir haben, nutzt und dann, sobald das Gewaltschutzgesetz der Bundesregierung verabschiedet ist, eingebettet in unsere Gesamtkonzeption in Ruhe und ohne Aufgeregtheit an notwendige gesetzliche Präzisierungen geht. Denn wir haben mit unserem Polizeigesetz ein Instrument geschaffen, das uns handlungsfähig macht, sodass Schnellschüsse nicht erforderlich sind.

Wir werden uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Die DVU-Fraktion hat auf einen eigenen Redebeitrag verzichtet. Für die CDU-Fraktion spricht noch einmal Frau Liebrecht.

Herr Püchel, ich habe Ihnen sehr wohl zugehört und ich muss sagen, wenn Sie die Möglichkeit der Verbesserung der heutigen Lage der Opfer mit der Begründung verweigern, dass das in ein Gesamtkonzept, in eine geschlossene Lösung eingebettet sein muss, dann zementieren Sie eigentlich die schlechte Lage der geschlagenen Frauen.

Ich erinnere mich, dass Sie in der heutigen Fragestunde auf die Frage von Herrn Schomburg im Zusammenhang mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz gesagt haben, es sei ein vorausschauendes Handeln erforderlich. Das glaube ich Ihnen gern. Aber ist nicht für einen besseren Schutz von Frauen und Kindern, die von Gewalt bedroht sind, sofortiges und schnelles Handeln erforderlich? Frauen brauchen ein positives Signal und die Polizeibeamten brauchen eine klare Rechtsgrundlage.

Es ist auch richtig - das habe ich sehr wohl vernommen und das weiß ich auch -, dass das Land Sachsen-Anhalt am 8. Mai den ersten Landesaktionsplan aufgrund des Bundesaktionsplanes vorgestellt hat. Aber auch in diesem Zusammenhang muss man sagen, dass Wort und Taten übereinstimmen müssen.

Vor zwei Jahren hat man zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, um das ambulante Beratungsangebot und die Nachsorge bei den Frauenhäusern qualitativ auszubauen, sodass jetzt Spezialberatungen zur Problematik Gewalt gegen Frauen auf Honorarbasis durch Rechtsanwälte und Psychologen durchgeführt werden konnten.

Aber nachdem die Frauenhäuser und die Beratungsstellen Ende letzten Jahres ein Schreiben vom Ministerium bekommen haben, in dem hieß, dass die Sachkosten für diese Spezialberatungen, die sehr wichtig sind, auf 30 % reduziert werden - auf 30 %, nicht um 30 %! -, dann muss ich schon fragen, inwiefern Worte und Taten übereinstimmen.

Wenn Sie sagen, der Gesetzentwurf sei isoliert, so stimmt das doch gar nicht. Seit dieser Landtag besteht, wird doch ständig etwas dafür getan. Ob das der Aufbau der Frauenhäuser ist, ob das der Aufbau der Beratungsstellen ist, ob das die Installation von Modellprojekten ist, ob das Dinge sind, die man vom Bund aufnimmt und dabei die Erfahrungen einfließen lässt - das ist doch alles nicht isoliert zu sehen.

Deshalb kann ich die Vorwürfe überhaupt nicht verstehen. Es geht nicht darum, wer das Erstrecht hat. Ich denke nur daran, was für eine unendliche Geschichte das Polizeigesetz war. Das hat zwei Jahre gedauert. Da war die CDU auch schon Vorreiter. Darum geht es doch nicht.

Es geht doch darum, dass man um der Sache willen handelt. Sie können uns doch nicht sagen - wie das die Ministerin getan hat -, Sie brauchten keinen Nachhilfeunterricht von der CDU. Das ist für mich eine Frage des Demokratieverständnisses; denn wir können Anträge und Gesetzentwürfe einbringen, ohne vorher die Landesregierung fragen zu müssen.

(Beifall bei der CDU)

All diese Dinge muss man also im Zusammenhang sehen und man darf nichts isoliert sehen. Deshalb sollten Sie noch einmal darüber nachdenken, dass es richtig ist, diesen Gesetzentwurf im Ausschuss zu beraten. Wenn Sie meinen, er sei nicht vollkommen genug, dann sollten Sie Änderungsanträge einbringen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Damit ist die vereinbarte Debatte abgeschlossen und wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

Ein bestimmter Ausschuss, in den der Gesetzentwurf überwiesen werden soll, ist nicht benannt worden. Ich denke, der Innenausschuss wäre zutreffend.

(Herr Scharf, CDU: Ja!)

Wer der Überweisung in den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Zwei. Enthaltungen? - Na, was war denn das nun?

(Herr Siegert, SPD: Ich habe gepennt!)

- Sie haben gepennt. Danke.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der PDS)

Somit habe ich nur eine Gegenstimme und eine große Zahl von Stimmenthaltungen festgestellt. Die Überweisung in den Innenausschuss ist mit Mehrheit beschlossen und damit, meine Damen und Herren, der Tagesordnungspunkt 11 abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Zweite Beratung

Abwicklung der Bodenreform stoppen

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/1149

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung - Drs. 3/4515

Berichterstatter aus dem Ausschuss ist die Abgeordnete Frau Tiedge. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hat in der 16. Landtagssitzung am 11. März 1999 den Antrag eingebracht, die Abwicklung der Bodenreform zu stoppen. Dieser Antrag wurde federführend in den Ausschuss für Recht und Verfassung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen.

Der Ausschuss für Recht und Verfassung hat sich sehr intensiv mit der Problematik beschäftigt, wobei natürlich sehr unterschiedliche juristische, aber auch politische Meinungen aufeinander trafen.

Im Ergebnis der Behandlung des Antrages am 22. April 1999 verfasste der Ausschuss für Recht und Verfassung seine vorläufige Beschlussempfehlung mit dem Inhalt, dass die Landesregierung aufgefordert wird, auf der Grundlage der jüngsten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 17. Dezember 1998 die Verfahren zur Rückführung von Erlösen, soweit sie noch nicht abgeschlossen sind, einstweilen einzustellen. Den Ausschüssen für Recht und Verfassung und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sollte über den Inhalt des neuerlichen Erlasses zur Abwicklung der Bodenreform und über die Möglichkeiten der Rückabwicklung bereits durchgesetzter Rückzahlungen in abgeschlossenen Fällen berichtet werden.

Der mitberatende Ausschuss stimmte dieser Beschlussempfehlung am 29. April 1999 zu.

In der 14. Sitzung des Rechtsausschusses am 9. September 1999 wurde der Antrag erneut beraten. Dabei wurden Informationen darüber erbeten, welche Maßnahmen im Hinblick auf die abgeschlossenen Surrogatfälle und im Hinblick auf die Problematik im Zusammenhang mit der Rückforderung von Bodenreformland und Vertriebenenzuwendungen ergriffen werden könnten.

Diese Fragen wurden sowohl schriftlich als auch mündlich in der 18. Sitzung des Rechtsausschusses am 6. Dezember 1999 beantwortet. Nach der Vorlage eines neuen Beschlussvorschlages durch die PDS-Fraktion wurde das Thema vertagt.

In der 22. Sitzung des Ausschusses am 16. März 2000 stand das Thema erneut auf der Tagesordnung. Dabei beantragte die PDS-Fraktion eine Vertagung, da zunächst das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes abgewartet werden sollte. Diesem Votum folgte der Ausschuss einstimmig.

In der 33. Sitzung des Ausschusses am 25. April 2001 beschlossen die Mitglieder des Ausschusses, sicherlich aus unterschiedlichen Erwägungen heraus, mit einstimmigem Votum, dem Landtag zu empfehlen, den Antrag für erledigt zu erklären, da zwischenzeitlich geschaffene Tatsachen eine weitere Behandlung erübrigen. - Ich danke.

(Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Tiedge. - Im Ältestenrat ist dazu eine Debatte nicht vereinbart worden. Allerdings hat der Abgeordnete Herr Krause um das Wort gebeten. Ich denke, wir einigen uns auf eine Redezeit von fünf Minuten, wie das auch sonst üblich ist.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Seit Oktober 2000 hat sich das Problem der Abwicklung der Bodenreform für die Landesregierung insofern erledigt, als keine neuen Fälle aufgegriffen werden dürfen. Das heißt, mit diesem Datum sind alle neuen Ansprüche des Landes auf Bodenreformland durch die im Gesetz verankerte Verjährungsklausel ausgeschlossen. Dementsprechend ist wohl auch der Ausschuss für Recht und Verfassung aus rechtlich-formalen Gründen zu der jetzt vorliegenden Beschlussempfehlung und der Ältestenrat zu der Entscheidung gekommen, diesen Tagesordnungspunkt ohne Debatte passieren zu lassen.

Dennoch wollen wir als PDS-Fraktion die heutige Möglichkeit nochmals nutzen, um unseren Standpunkt zur Abwicklung der Bodenreform bzw. zum Anliegen unseres ursprünglichen Antrages unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen.

Im März 1999 forderten wir die Landesregierung auf, auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17. März 1998 alle Initiativen zur Abwicklung der Bodenreform einzustellen sowie über alle diesbezüglichen offenen Forderungen gegenüber betroffenen Bürgerinnen und Bürgern ein Moratorium zu verhängen.

Die neue Situation bestand damals darin, dass der Bundesgerichtshof den bis dahin durch den Gesetzgeber vertretenen Standpunkt, dass nämlich das Eigentum an Bodenreformland nicht Nachlassbestandteil von Bodenreformlandempfängern gewesen sei, korrigierte bzw. aufhob. Unmissverständlich erklärte er in seiner Urteilsbegründung, dass die Gesetzesbegründung und alle bis dahin getroffenen Entscheidungen von einer rechtlich falschen Tatsache ausgingen.

Unser Antrag legte zugrunde, dass das auch für die Landesregierung Veranlassung sein müsste, endlich Schluss zu machen mit der Abwicklung der Bodenreform, zumindest aber ein Moratorium ins Auge zu fassen.

Sie kennen unseren und insbesondere meinen generellen Standpunkt zur Abwicklung der Bodenreform. Wir vertreten nach wie vor die Position, dass die Abwicklung der Bodenreform gegen das Grundgesetz und gegen den Vertrag über die Herstellung der deutschen Einheit verstößt. Immer wieder ist von uns darauf hingewiesen worden, dass hier gegen bis dahin eherne Grundsätze im Umgang mit Grundbucheintragungen sowie im Umgang mit Eigentum verstoßen wurde.

Wo bleibt der sonst auch in Juristenkreisen nicht unbekannte Grundsatz, dass Gesetze von der Tatsache her immer menschenrechtsfreundlich auszulegen seien? In Verknüpfung mit dem Modrow-Gesetz wäre das eine gute Möglichkeit, dem Artikel 14 des Grundgesetzes zu entsprechen. Immer wieder stellten wir die alte Frage, warum die Landesregierung von der Kannbestimmung keinen Gebrauch gemacht hat. Sie tat es nicht. Stattdessen war sie der Vorreiter bei der Abwicklung der Bodenreform.

Wir haben darauf aufmerksam gemacht, wie lax die Politik, die Rechtsprechung und letztlich auch die Landesregierungen von Sachsen-Anhalt mit dem Rückwirkungsverbot umgegangen sind. Warum sollte es nicht möglich gewesen sein, die Bodenreform so abzuwickeln, dass daraus eine gefestigte Rechtsposition für die Bodenreformlandbesitzer und deren Erben entstanden

wäre, so wie es das Modrow-Gesetz vorsah? Diese Frage steht nach wie vor im Raum.