Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

Ich hoffe, dass dies nicht notwendig wird; denn das würde bedeuten, dass verunsicherte, unkritische, erpressbare und kadavergehorsame Journalisten dem Intendanten, aber nicht der Rundfunkfreiheit gedient haben. Dann, meine Damen und Herren, müssen wir über Herrn Reiter, Herrn Mühlfenzl, aber auch über die drei damals CDU-regierten Länder und deren Ministerpräsidenten deutlich reden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Kollege Kühn, Ihr Redebeitrag war tatsächlich nicht angemeldet. Wir haben uns noch einmal vergewissert. Die DVU-Fraktion bleibt bei ihrem Verzicht? - Dann spricht jetzt Herr Schomburg für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es so, dass wir uns heute nach dem ersten Antrag der FDVP-Fraktion und einem Antrag der CDUFraktion auf Selbstbefassung im Ausschuss für Kultur und Medien das dritte Mal über dieses Thema unterhalten.

Wir sehen allerdings im Unterschied zur SPD auch heute schon Nachfragebedarf. Vor wenigen Tagen hat die Fraktionen ein Schreiben des Bürgerkomitees erreicht, das erst heute früh auf meinem Schreibtisch lag. Darin greift das Bürgerkomitee Leipzig einen Artikel aus der „Mitteldeutschen Zeitung“ aus der vergangenen Woche auf, in dem berichtet wird, dass eine prominente Mitarbeiterin des Mitteldeutschen Rundfunks quasi als Geburtstagsgeschenk zu ihrem 50. Geburtstag die Zusage vom Chefredakteur erhalten hat, demnächst wieder auf dem Bildschirm erscheinen zu dürfen.

Unabhängig davon, welches Ergebnis die neuerliche Prüfung durch die Gauck-Behörde ergeben hat, wäre dies für uns durchaus ein nachfragenswerter Vorgang an den Intendanten und an die Mitglieder des Personalausschusses. Auch ich schließe mich den Genesungswünschen für den Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg, Herrn Polte, an und hoffe, dass er baldmöglichst gesund wird, um diese Fragen im Personalausschuss zu stellen. Dort gehören sie zunächst einmal hin. Aber wir werden nicht umhinkommen, uns auch im parlamentarischen Raum mit diesem Thema zu beschäftigen.

Uns ist sehr wohl bewusst, dass der vorliegende Antrag der FDVP-Fraktion abgelehnt wird. Wir werden ihm allerdings zustimmen. Um in der Kontinuität zu bleiben, wir sehen Nachfragebedarf. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall bei der FDVP)

Frau Wiechmann, Sie haben noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich befassen wir uns heute das dritte Mal mit diesem Thema. Ich darf Sie aber daran erinnern, dass gerade unser Antrag während der letzten Plenarsitzung nicht umfassend eingebracht wurde. Deshalb musste diese umfassende Begründung so noch einmal vorgetragen werden, um die Problematik ins Bewusstsein zurückzuholen.

Ich denke, Herr Kühn, es handelt sich beim MDR um einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der einen besonderen Informationsauftrag und eine besondere Verantwortung gegenüber den Zuschauern, den Gebührenzahlern hat; denn die Gebühren dürfen die Leute zahlen, also haben sie auch das Recht auf eine umfassende Information.

Auch uns hat der erwähnte Brief erreicht. Wir können nicht davon ausgehen, dass wir das Problem vor uns herschieben können, nach dem Motto von Herrn Kühn, wenn sie selbst nicht tätig werden wollen, müssten wir einmal später etwas tun. Auf diese Art und Weise können wir das Problem nicht lösen.

Ich muss Ihnen sagen, dass die ablehnende Reaktion der Abgeordneten der SPD-Fraktion und der PDS-Fraktion für uns durchaus erklärbar ist. Außenstehende meinen dazu zutreffend und spöttisch, dass dem Landtag die Hände deshalb gebunden sind, weil die Abgeordneten im Glashaus sitzen und nicht mit Steinen auf andere werfen können, da sich die Fraktionen von SPD und PDS beharrlich weigern, in den eigenen Reihen eine Stasi-Überprüfung zuzulassen.

(Herr Ernst, SPD: Das ist doch falsch! Das ist völliger Unsinn! - Zuruf von Frau Kauerauf, SPD)

- Das kann man alles im Protokoll nachlesen.

(Herr Ernst, SPD: Ja, eben!)

Nein, meine Damen und Herren, wir werfen keine Steine. Wir lehnen das ab. Sie erinnern sich, die grünen Steinewerfer von einst sitzen heute in der Bundesregierung.

(Zurufe von der SPD)

- Ja, Frau Lindemann, das ist so. Das können Sie auch nicht vom Tisch wischen. Aber das war nur ein kleiner Einwurf.

Wir wollen endlich Transparenz, und zwar die notwendige Transparenz hinsichtlich der Vorgänge im MDR erhalten. Das ist keineswegs die heile Welt des MDR, die zerstört werden soll, eben weil es keine heile Welt des MDR gibt. Davon zeugen nicht nur Untersuchungen der Unternehmensberatung Roland Berger über das Betriebsklima und das Personalmanagement, sondern auch die öffentlich bekundeten Meinungen von Mitarbeitern des MDR.

Zum Beispiel hat die Journalistin Grit Hartmann, seit 1992 feste freie Mitarbeiterin beim MDR, zuletzt Redakteurin und Chefin vom Dienst, über die Stimmungslage beim MDR im Leipziger Stadtmagazin „Kreuzer“ geäußert, dass die Diskussion schon längst über die Stasibelasteten Mitarbeiter hinausgeht und die Glaubwürdigkeit aller Journalisten einschließt. Die Diskussion über das Selbstverständnis ist in den Redaktionen sehr heftig, wird aber von der Führungsetage mit Argumenten gebremst wie „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“ oder „Journalisten sind ein eigenes Kapitel und jeder hat schon einmal gelogen“.

Die Journalistin Grit Hartmann schrieb wörtlich:

„Zu welchen Bewertungen der avisierte neue Personalausschuss kommt, weiß ich nicht; denn nach elf Jahren wird wohl keinem der Betreffenden mehr gekündigt werden.“

Es geht auch darum, die Deformation öffentlich zu machen, die im MDR und seinem Sendegebiet konserviert wurde.

Wir haben erfahren, dass die Leitungen im Internet nach den Sendungen zur Stasi heißliefen. Kurz und treffend zusammengefasst war eine Zuschauerfrage, warum der MDR überhaupt auf diese alten Kader zurückgegriffen habe. Auch diese Frage muss man sich stellen. - Eigentlich kennt jeder die Antwort. Nun komme ich zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Kühn. Diese Gefahr besteht.

(Frau Fischer, Leuna, SPD: Es ist doch gut!)

Diese Leute fügen sich gern und widerspruchslos ihrem neuen Herrn. Sie sind die idealen Diener, die genau das machen, was man ihnen sagt. Kritik kennen diese willfährigen Helfer nicht.

(Zurufe von der SPD)

Ich denke, dass wir das Gift der Verharmlosung nicht zulassen dürfen. Die Demokratie braucht Transparenz. Das ist so, Frau Lindemann. Vielleicht wollen Sie das nicht. Vielleicht ist für Sie Demokratie etwas anderes. Aber für mich braucht sie Transparenz.

(Frau Lindemann, SPD: Sie haben die Demokra- tie erfunden!)

Für die Gesellschaft bringt es einen Gewinn an Sensibilität, für die Demokratie, für die Opfer ein Stück Wiedergutmachung und für die große Mehrheit der Anständigen, Frau Lindemann, ein Stück Anerkennung. Genau das sollte es uns wert sein. Deshalb kann ich nur dafür werben, stimmen Sie dem Antrag zu. - Danke schön.

(Beifall bei der FDVP)

Meine Damen und Herren! Wir sind am Ende der Debatte und kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 3/4437. Eine Überweisung ist nicht beantragt worden. Es ist über den Antrag selbst abzustimmen. Wer stimmt dem Antrag der FDVP-Fraktion zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 16 damit beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung

Verwendung der Haushaltsmittel für Insolvenz- und Schuldnerberatungsstellen

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/4482

Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 3/4548

Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 3/4570

Der Antrag der Fraktion der PDS wird eingebracht durch die Abgeordnete Frau Tiedge. Bitte schön, Frau Tiedge.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns ist sehr wohl bekannt, dass sowohl Verordnungsermächtigung als auch Mittelverwendung in der alleinigen Verantwortung der Landesregierung liegen. Aber gerade bei diesem problembeladenen Thema der Finanzierung der Insolvenzberatungsstellen hätten wir uns eine kollegialere Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und dem Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales vorgestellt.

Als vor zwei Jahren die Ausführungsverordnung zur Insolvenzordnung und damit einhergehend auch die Finanzierungsverordnung in Kraft trat, war dem eine breite Diskussion sowohl zu inhaltlichen Schwachpunkten der Insolvenzordnung als auch zu den beabsichtigten Finanzierungsmöglichkeiten vorausgegangen.

Bereits in der Landtagssitzung am 8. Oktober 1998 wurde von uns auf die Problematik der geplanten Finanzierung hingewiesen. Wir hatten damals einen Änderungsantrag eingebracht, der im Parlament mehrheitlich beschlossen wurde. Wir hatten mit diesem Änderungsantrag die Hoffnung verbunden, künftig bei der Bewilligung von Personal- und Sachkosten einen größeren Spielraum offen zu halten.

Im Vorblatt zum Entwurf des Ausführungsgesetzes zur Insolvenzordnung wurde damals darauf verwiesen, dass die Höhe der anfallenden Kosten noch nicht exakt vorausbestimmt werden kann, da Erfahrungswerte fehlen, und deshalb zunächst für eine zweijährige Pilotphase Mittel festgelegt werden.

Nun ist die Pilotphase vorbei und die Praxis hat gezeigt, dass die veranschlagten Mittel weder im Sachkostennoch im Personalkostenbereich ausreichen. Es gab in den zwei Jahren zahlreiche Hinweise von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege, von einzelnen Beratungsstellen, aber auch von Abgeordneten, die sich in Anhörungen über die praktische Umsetzung der Insolvenzordnung informiert hatten.

In der Landtagssitzung am 19. Juni 1998 ist von uns darauf hingewiesen worden, dass die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b BAT-Ost in krassem Gegensatz zu den sehr hohen fachlichen Anforderungen an die Beratungsfachkräfte steht. Die Träger der Beratungsstellen sind nicht in der Lage, den Differenzbetrag bis zur tarifgerechten Entlohnung zu zahlen oder bei den Sachkosten aufzustocken.

Wir hatten immer noch die Hoffnung, dass diese zahlreichen und konkret bezifferten Hinweise bei der Neufassung der Finanzierungsverordnung berücksichtigt werden würden. Bestärkt wurde unsere Hoffnung auch dadurch, dass es uns gelungen war, für das Jahr 2001 zusätzliche Mittel in Höhe von 500 000 DM für die Insolvenzberatungsstellen in den Sozialhaushalt einzustellen.

Erst nach mehrmaligem Nachfragen ist es uns gelungen, in Erfahrung zu bringen, dass die neue Finanzierungsverordnung gleichzeitig die alte ist. Das heißt, es wurde keine Mark mehr eingestellt, weder für den Personalnoch für den Sachkostenbereich. Wir fragen uns nun: Wozu all die Mühe?

Auch dem Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales liegen konkrete Berechnungen vor, die besagen, dass sowohl eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b als auch eine Erhöhung der Mittel für die Sachkosten mit dem eingestellten Geld mög

lich wären. Zwischenzeitlich liegen dem Ministerium die ersten Statistiken vor, aus denen sich ablesen lässt, welche ausgezeichnete Arbeit, sowohl qualitativ als auch quantitativ, täglich in den Insolvenz- und Schuldnerberatungsstellen geleistet wird.

Wartelisten zeugen davon, dass die Beratungsstellen mit dem vorhandenen Personal des Arbeitsanfalls kaum Herr werden können. Wir sind nicht so vermessen, mehr Personal zu verlangen, aber was wir erwarten können, ist eine der Qualifikation und dem Arbeitsanfall angemessene Bezahlung und entsprechend hohe Mittel für die Sachkosten, die es ermöglichen, zum Beispiel notwendige Qualifizierungsmaßnahmen zu bezahlen.