Protokoll der Sitzung vom 29.06.2001

Meine Damen und Herren! Ich denke, es gab einen guten Grund dafür, zu sagen: Sie haben die Sache vor die Wand gefahren, und wir mussten anpacken und einen Neuanfang in diesem Land machen.

(Beifall bei der SPD - Oh! und Lachen bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Sieben Jahre regieren Sie!)

Meine Damen und Herren! Ich will den Fakten nichts mehr hinzufügen; das ließe sich noch lange fortsetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin übrigens auch lernfähig. Das will ich ausdrücklich sagen. Ich habe mir vorgenommen, ich werde in diese berühmte Kochshow von Biolek „Alfredissimo“ lieber nicht gehen, sonst reden wir im Landtag demnächst über Kochrezepte. - Vielen Dank.

(Heiterkeit und starker Beifall bei der SPD und bei der PDS - Zustimmung von der Regierungs- bank)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren, Sie erwarten von unseren Stenografen hoffentlich nicht, dass sie alle Zurufe aufgenommen haben. Das waren sehr viele.

(Frau Weiß, CDU: Ha, ha, ha!)

Die Debatte wird, da die PDS-Fraktion auf einen Beitrag verzichtet hat, fortgesetzt durch den Beitrag von Herrn Dr. Fikentscher für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Böhmer, Sie haben die eigentliche Begründung für die Aktuelle Debatte noch nachgeliefert, aber ich kann nur sagen: Es gibt keine Pflicht zur Beantragung von Aktuellen Debatten. Wenn einem nichts einfällt, kann man das auch unterlassen

(Zustimmung von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner)

und muss nicht unbedingt eine Talkshow zum Vorwand nehmen. Das ist nicht sehr überzeugend gewesen.

Aber Sie haben uns mit diesem Thema immerhin eine Kuriosität geliefert, die möglicherweise noch in die Geschichte dieses Landtages eingehen wird. Damit haben Sie jedenfalls in zweierlei Hinsicht etwas geliefert, was vielleicht doch bemerkenswert ist. Einerseits machen Sie mich besorgt um uns Abgeordnete und andererseits zeigen Sie, dass man aus parteilichem Blick heraus wenigstens bei der CDU-Fraktion tatsächlich schwarz und weiß verwechseln kann. Denn die Wirklichkeit, die sich in dieser Talkshow abgespielt hat, war genau umgedreht. Das werde ich gleich noch erklären.

Besorgt machen Sie mich deswegen, weil sich herausstellt, dass die Belastungen der Abgeordneten unaufhör

lich steigen. Jedenfalls muss man das jetzt befürchten, denn nun müssen die Abgeordneten auch noch sämtliche Politunterhaltungssendungen im Fernsehen anschauen, damit sie überhaupt wissen, was in der nächsten Landtagssitzung ein Thema sein könnte.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regierungsbank)

Wenn wir heute bei dieser Debatte hohe Einschaltquoten erreichen, wird vielleicht eine Serie daraus.

(Heiterkeit bei der SPD)

Falls das eintritt, beantrage ich jetzt schon für meine Fraktion bei der Landtagsverwaltung, dass sie einen für alle Abgeordneten erreichbaren Videodienst einrichtet, damit sie die Politunterhaltungssendungen der letzten Wochen nachträglich in ihren Büros sehen können. Bei dieser Vielzahl des Angebotes kann man überhaupt nicht erwarten, dass die Abgeordneten von selbst darauf kommen; denn man weiß ja nicht, was Sie beim nächsten Mal alles beantragen. Dies jedenfalls sollten wir allen Ernstes ins Auge fassen, vorausgesetzt, Sie machen das weiter, was Sie jetzt begonnen haben.

Kurios ist aber auch, dass Sie - soweit nur zu einer eher komischen Seite - Verschiedenes direkt miteinander verwechselt haben. Ich habe mir natürlich auch das Video besorgt. Ich habe es natürlich auch noch einmal angeguckt und vor- und zurückgespult. Dabei sind wir darauf gekommen, dass die Äußerungen unseres Ministerpräsidenten in vier Punkten - er hat das schon im Einzelnen dargelegt - alle ganz sauber und korrekt waren.

(Herr Scharf, CDU: Falsch! - Herr Gürth, CDU: Falsch! Alle falsch gewesen!)

Vielleicht war das eine oder andere umgangssprachlich ausgedrückt. Ich habe die Zahlen geprüft. Ich habe mir auch ein paar Tabellen herausgesucht. Ich will und kann diese jetzt nicht vorlesen. Alle diese Zahlen, alle diese Behauptungen sind korrekt. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden.

In der ganzen Sendung gab es allerdings zwei unrichtige Äußerungen. Eine kam von Herrn Goppel von der CSU. Er hat gesagt, dass Minister Heyer Wirtschaftsminister sei.

(Heiterkeit bei der PDS)

Das nehmen wir ihm nicht sehr übel. Immerhin vermutet er bei uns auch beim Verkehrs- und Bauminister so viel wirtschaftspolitische Kompetenz, dass er ihn für einen Wirtschaftsminister halten könnte. Das ist immerhin bemerkenswert.

(Herr Bischoff, SPD, lacht)

Die zweite unrichtige Äußerung kam vom Kollegen Merz von der CDU/CSU-Fraktion. Er hat nachhaltig behauptet, dass in „Meck-Pom“ die höchste Arbeitslosigkeit herrsche.

(Lachen und Zustimmung bei und Zurufe von der CDU)

Der Ministerpräsident, auf Wahrheit bedacht, hat ihn darauf hingewiesen, aber Herr Merz war verstockt.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der PDS - Zurufe von der CDU)

Er behauptete weiterhin, in „Meck-Pom“.

(Herr Dr. Daehre, CDU: Darüber freut ihr euch noch? - Lachen bei der SPD und bei der PDS - Herr Dr. Daehre, CDU: Mein lieber Mann!)

Stellen Sie sich vor, meine Freunde von der SPD-Fraktion in „Meck-Pom“ würden jetzt so reagieren wie Sie, dann würden sie in Schwerin eine Aktuelle Debatte über die rufschädigenden Äußerungen des Kollegen Merz in einer Talkshow beantragen. Wo kämen wir da hin?

Meine Damen und Herren! Bei genauer Betrachtung ist es also genau umgedreht. Sie haben schwarz mit weiß verwechselt oder Sie waren im falschen Film. Vielleicht finden Sie auch einmal den richtigen heraus. - Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS und von der Regierungsbank - Herr Dr. Daehre, CDU: Das ist der Beifall für die rote Laterne! Prima!)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Auch die Fraktion der DVU hat auf einen Beitrag verzichtet. Ich erteile deshalb jetzt der Abgeordneten Frau Wiechmann für die FDVP-Fraktion das Wort. Bitte, Frau Wiechmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den Fernsehauftritten haben wir in diesem Hohen Hause, glaube ich, so unsere Erfahrungen. Ich erinnere an die Rede eines SPD-Abgeordneten zum Untergang der „Titanic“, eine Rede, die sich unserer Meinung nach nahtlos einfügte in die Geschichte von Käpt’n Blaubär und Hein Blöd in der Sonntagsvormittagssendung mit der Maus. Ich glaube, Sie kennen sie alle. Wir alle wussten dann zwar mehr über den Untergang der „Titanic“, ahnten aber zumindest, dass so der von der SPD selbst herbeigeführte desolate Zustand der Landesfinanzen vielleicht ungewollt, aber doch treffend umschrieben wurde.

Wer dann glaubt, die SPD vermöge sich in ihren Fernsehauftritten nicht zu steigern, irrt sich. Auch wenn sich der Herr Ministerpräsident nicht den bohrenden und intelligenten Fragen der kleinen Maus stellte - am Abend des Sonntags sah er seine große Stunde gekommen, meine Damen und Herren. Selbstverständlich ist es Herrn Dr. Höppner selbst überlassen, aufzutreten und zu schwätzen, wo es ihm beliebt, und da er für Letzteres berühmt und berüchtigt ist - Journalisten schätzen übrigens derartige Plaudereien sehr als Lückenfüller im Sommerloch -, wird der 17. Juni 2001 sicherlich auch nicht der letzte Auftritt gewesen sein.

Aber die Krönung - so unser Vorschlag - zur Repräsentation des Landes und der Sachsen-Anhaltiner wäre ein mit Zlatko geträllertes Lied beim nächsten Grand Prix, wobei - das ist auch wieder unser Vorschlag - Dr. Höppner mit Schlafmütze - Sie erinnern sich alle an das schöne Bild - und roter Laterne in der Hand dem Lied dann auch die landestypische Prägung verleihen könnte.

Meine Damen und Herren! Ich gestehe, dass ich im Unterschied zur CDU, die den Auftritt des Ministerpräsidenten so wie viele Bürger als empörend und peinlich empfand, an dieser Stelle Milde walten ließ, weil ich von Dr. Höppner von vornherein gar nichts anderes erwartet hatte. Man ist eben über diese Auftritte des Ministerpräsidenten nicht überrascht, wenn man die

medienpolitische Weisheit berücksichtigt, die über Politiker verbreitet ist. Es gibt nämlich eine sichere Methode - ich darf das hier zitieren - herauszufinden, wann Politiker nicht die Wahrheit sagen, nämlich dann, wenn sie die Lippen bewegen.

Nun war es schon deshalb ausgesprochen günstig, dass Herr Dr. Höppner an genau diesem Fernsehabend nur wenig die Lippen bewegte; aber wenn er sie bewegte, war das schon wieder eine Bewegung zu viel.

(Zustimmung bei der FDVP - Zuruf von Herrn Rahmig, SPD)

Deshalb sollte auch die CDU-Fraktion an dieser Stelle ein klein wenig Nachsicht mit Herrn Dr. Höppner walten lassen, für den ja das Fernsehen sicherlich auch eine Geltungsbedürfnisanstalt verkörpert.

Meine Damen und Herren von der CDU, ganz verständlich ist mir deswegen auch Ihre Aufgeregtheit über den Fernsehauftritt des Herrn Dr. Höppner nicht. Gönnen Sie ihm doch einfach die Freude, wenn er im Stile des Wäschekammerexperten Boris lauthals ausruft: Ich bin drin!

(Heiterkeit bei der CDU)

Das heißt natürlich nicht im Internet, sondern im Fernsehen. Die Fernsehauftritte des Dr. Höppner - da gebe ich einmal seine Worte wieder - entzaubern ihn doch in aller Öffentlichkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDVP)

Jetzt kann sich jeder ein Bild, sein Bild von diesem Ministerpräsidenten und seiner Politik nicht nur ausmalen, sondern er kann es sich machen. Und wenn einer kläglich und immer haarscharf an der Wirklichkeit vorbeischrammt, erfüllt er doch nur, was Lothar Späth von solchen Politikern annimmt; denn er hat gesagt: Es gibt Politiker, die meinen von nichts etwas verstehen zu müssen, weil man nur so unbefangen über alles Mögliche reden könne. Allerdings gestehe ich: Wenn eine solche Erkenntnis für den Ministerpräsidenten unseres Landes zutrifft, dann wird es wirklich kritisch, dann sollte nach Auffassung der FDVP-Fraktion Dr. Höppner nicht über seinen nächsten Auftritt in den Medien nachdenken, sondern seinen unverzüglichen Abtritt vollziehen.

Das ist nicht die Forderung des Tages, aber es ist die Chance im nächsten Jahr. Das ist konsequenter, als mit medizinischen oder politischen Sanierungsangeboten zu operieren. Derartige Versuche, meine Damen und Herren von der CDU, enden meist als Blamage, ähnlich wie die CDU-Sanierer den Fernsehauftritt des Dr. Höppner als empörend und peinlich empfunden haben.

Ja, meine Damen und Herren, es gibt gravierende Probleme in diesem Land, existenzielle Probleme. Sie gilt es zu lösen und genau darüber müssen wir an dieser Stelle reden und nicht über den lächerlichen Auftritt des Dr. Höppner im Fernsehen. Und wir müssen über den Imageschaden reden, den dieser Auftritt für SachsenAnhalt verursacht hat. - Danke schön.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Ich führte bereits aus, dass in der Aktuellen Debatte keine Beschlüsse gefasst werden. Damit ist das zweite Thema im Rahmen der Aktuellen Debatte beendet und der Tagesordnungspunkt 1 abgeschlossen.