Protokoll der Sitzung vom 13.09.2001

(Zustimmung bei der CDU)

Aber diese 800 Millionen DM hatten wir noch nicht eingestellt, obwohl wir ahnten und hofften, dass wir sie bezahlen müssten. Ich bitte Sie einfach, in dem Protokoll über die damalige Diskussion im Plenum nachzulesen. „Finanzplanung des Finanzministers Böhmer ist glatte Makulatur; Böhmer soll zurücktreten“, hat damals der finanzpolitische Sprecher der SPD - Herr Präsident - laut in diesem Saal gefordert.

(Heiterkeit bei der CDU)

Das waren Diskussionen, an die ich mich erinnere.

(Herr Bischoff, SPD: Gutes Erinnerungsvermö- gen!)

Heute ist in den Einzelplan 08 etwa die Hälfte des Betrages, etwa 1,3 Milliarden DM, eingestellt, und wir bekommen von der Bundesregierung attestiert, dass wir wegen unserer finanzpolitischen Konsolidierungspolitik nicht in der Lage seien, alle GA-Mittel abzurufen.

Meine Damen und Herren! Dazu fiele mir auch allerhand ein, das können Sie mir glauben. Aber das kann ich mir heute sparen, denke ich. Ich möchte lieber sagen: Es hat keinen Zweck, mit solchen populistischen Parlamentsritualen diese Probleme lösen zu wollen.

Aber eines ist sicher: Wir brauchen nicht einen neuen Minister, der auch kein Geld drucken kann; wir brauchen insbesondere eine Mehrheit in diesem Lande, die stabil genug ist, die notwendigen schwierigen und mit Sicherheit nicht immer wohlfeilen Entscheidungen durchzutragen, damit die Zukunftsfähigkeit des Landes SachsenAnhalt erhalten werden kann. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der DVU - Herr Dr. Daehre, CDU: Bravo!)

Herr Professor Böhmer, sind Sie bereit, zwei Fragen zu beantworten? - Haben Sie ja gesagt?

Herr Gallert, bitte stellen Sie Ihre Frage.

Die Analyse, die Sie zu der Haushaltssituation des Landes Sachsen-Anhalt getroffen haben, ist sicherlich Ihre Position und bedarf auch nicht groß einer Diskussion unsererseits. Ich habe nur eines vermisst, Herr Böhmer, und zwar schon das dritte Jahr hintereinander. Die CDU spricht von „notwendigen, möglicherweise schmerzhaften unpopulären und einschneidenden Maßnahmen“, um die Haushaltssituation zu konsolidieren. Möglicherweise haben Sie Recht und möglicherweise haben Sie sie in der Tasche. Nur, das dritte Jahr hintereinander verraten Sie uns nicht, welche Maßnahmen Sie denn treffen würden. Das ist mein Problem dabei.

(Unruhe bei der CDU)

Sagen Sie uns doch mal, welche unpopulären, einschneidenden Maßnahmen Ihrer Meinung nach getroffen werden müssten. Dass wir die gutachterliche Tätigkeit auf die Hälfte oder auf ein Viertel reduzieren sollen, ist ganz bestimmt nicht eine Forderung, die Strukturen erneuern könnte.

Herr Kollege Gallert, wenn wir den Haushalt kritisch durchsehen, sehen wir vielleicht noch eine disponible, hin- und herschiebbare Masse zwischen 150 und 180 Millionen DM. Auf mehr kommen wir nicht. Alles andere sind grundsätzliche Maßnahmen, in die nur durch das Gesetzgebungsverfahren eingegriffen werden könnte.

(Herr Gallert, PDS, und Frau Dr. Sitte, PDS: Ja!)

Wir wissen beide, dass dies die Aufgabe einer Regierung und nicht die Aufgabe der Opposition ist. Das muss wohl klar sein.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Vor- schläge können Sie aber machen!)

- Ja, damit ihr uns dann fertig macht.

Augenblick, Herr Professor Böhmer. Es gibt eine zweite Frage, eine Frage der Vizepräsidentin Frau Stolfa. Bitte, Frau Stolfa, stellen Sie Ihre Frage.

Herr Professor Böhmer, ich hatte gedacht, meine Frage müsste sich jetzt erübrigen. Ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört, weil ich Ihnen immer aufmerksam zuhöre; es ist immer interessant. Sie sagten, bei den Kommunalfinanzen dürfe man auf keinen Fall kürzen. Das wäre also nicht das Gebiet, auf dem Sie schmerzhaft einsparen wollen.

Also eine Antwort - es ist auch eine Aufgabe der Opposition, wenn man nicht als Populist oder so etwas dastehen will -: Wo würden Sie wirklich - nur einmal ein Beispiel - schmerzhaft einsparen wollen? - Damit man das auch einmal in der Öffentlichkeit kundtun kann.

(Lachen und Unruhe bei der CDU)

Sehr verehrte Frau Stolfa, mit der Begründung, damit wir das auch einmal in der Öffentlichkeit kundtun können, sage ich: Das ist nicht die Aufgabe der Opposition.

(Oh! und Lachen bei der SPD und bei der PDS - Frau Dr. Sitte, PDS: Nächstes Jahr wollen Sie regieren! - Unruhe)

- Aber Moment. Wir sind ja noch nicht fertig. Bleibt mal schön ruhig. - Frau Stolfa hat mir eben nicht sehr aufmerksam zugehört. Ich habe nicht gesagt, dass wir bei den Kommunalfinanzen überhaupt nicht kürzen wollen. Das habe ich mir verkniffen. Ich habe deutlich gesagt, dass ich Verständnis dafür habe, dass die Kommunalpolitiker darüber sehr verärgert sind, weil ihnen etwas ganz anderes versprochen wurde.

(Frau Stolfa, PDS: Okay!)

Aber den Satz, den sie eben zitiert hat, habe ich so nicht gesagt. Damit auch das klar ist.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Daehre, CDU: Richtig zuhören! - Frau Stolfa, PDS: Dann habe ich es falsch verstanden!)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Der CDU-Fraktion verbleibt ein Rest an Redezeit von vier Minuten. Sie können davon noch Gebrauch machen. - Jetzt spricht der Vorsitzende der SPD-Fraktion Herr Dr. Fikentscher. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir leisten im Parlament eine ernsthafte und wichtige Arbeit. Wenn wir dabei den angemessenen Ton finden, so erscheint es mir trotz der bedrückenden Last, die auf uns liegt, vertretbar, heute über bedeutende Fragen der Gestaltung unseres Landes zu sprechen.

Wir diskutieren heute über einen Haushaltsplanentwurf, der eine klare politische Botschaft enthält. Sie lautet: Kurs halten auf dem Weg für mehr Innovation und Gerechtigkeit. Und wer sich ernsthaft mit dem Zahlenwerk beschäftigt hat, wird dieser Aussage nicht widersprechen können.

Damit wird ein Satz bestätigt, der in keiner Haushaltsdebatte fehlen darf und dessen Richtigkeit auch heute wieder zu bestätigen ist: Ein Haushalt ist ein in Zahlen gegossenes politisches Programm.

Und wie jedes Programm, das mit Sinn für die Realitäten geschrieben und beschlossen wurde, hat auch der Haushalt seine Grenzen, die am besten mit dem Satz beschrieben werden: Geld kann man nicht beschließen.

Ich weiß sehr wohl, dass gegen diese schlichte Einsicht immer wieder versucht wird anzurennen. Einige sind dafür besonders anfällig. Aber selbst die PDS hat in dieser Frage während der letzten Jahre viel dazugelernt. So jedenfalls verstehe ich die Worte von Frau Kollegin Sitte, die kürzlich mit den Sätzen zitiert wurde: „Es geht zum Beispiel nicht mehr an, viele Forderungen im sozialen Bereich zu stellen, die nicht zu finanzieren sind.“

(Herr Gürth, CDU, pfeift)

Sie zog daraus die Schlussfolgerung: „Für uns ist die Zeit der Bequemlichkeit vorbei.“

Der Landesregierung braucht man solche Weisheiten nicht erst zu sagen. Sie hat nach Einschätzung meiner Fraktion ihre Aufgabe voll erfüllt. Sie hat innerhalb der Grenzen unserer Möglichkeiten einen Haushaltsplanentwurf vorgelegt, der eine gute Entwicklung unseres Landes ermöglicht.

Heute und in den Ausschussberatungen werden wir darlegen, woran das politische Programm zu erkennen ist. Wir werden allerdings auch zu erklären haben, was nicht als politisches Programm fehlgedeutet werden darf, nur weil zahlreiche verständliche Wünsche nicht erfüllt werden können. Spätestens beim Thema Kommunalfinanzen werde ich darauf noch zurückkommen.

Meine Damen und Herren! Es heißt zu Recht, dass die Haushaltsberatungen Höhepunkte der Arbeit eines Parlaments sind und das Haushaltrecht das Königsrecht des Parlaments ist. Gemessen an dieser Bedeutung und verglichen mit den vergangenen Jahren haben wir in den öffentlichen Diskussionen und in den veröffentlichten Meinungen im Vorfeld dieser Beratungen wenig gehört und gelesen. Ich erkenne darin einen Hinweis darauf, dass der Haushaltsplanentwurf wenig Angriffsflächen bietet und den Notwendigkeiten in unserem Land entspricht.

Dass die Opposition - und wir haben das gerade erneut gehört - dies nicht so sieht, hat wohl eher rituelle Gründe.

(Herr Becker, CDU: Na, na! - Herr Prof. Dr. Böh- mer, CDU: Das stand so im Manuskript! - Zuruf von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Mit einer einzigen Ausnahme hörten wir nirgendwo die Forderung nach einer höheren Neuverschuldung.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Sie müssen sich mehr der Realität anpassen!)

- Herr Kollege Bergner, Kollege Böhmer hat gleich am Anfang gesagt, dass es nicht die Pflicht der Opposition sei, die Regierung zu loben, sondern dass es die Pflicht sei, im Regierungsentwurf etwas zu finden, was sie nicht in Ordnung findet. Das gehört dazu und das ist ja wohl auch unstrittig.

(Herr Becker, CDU: Kontrolle ist besser! - Herr Scharf, CDU: Es ist nicht unsere Pflicht, den Haushalt vorzulegen! Das dürfen wir nicht ein- mal!)

- Eben. Sie haben gar nicht das Recht dazu.

(Herr Scharf, CDU: Genau!)

Mit einer einzigen Ausnahme hörten wir nirgendwo die Forderung nach einer höheren Neuverschuldung. Das finde ich beruhigend; denn ich bin der Auffassung, dass sich in diesem Landtag keine Mehrheit für mehr Schulden finden darf und finden wird.

Es wird also dem Landtag vorbehalten bleiben, kritisch zu diskutieren und einzelne Haushalte auf den Prüfstand zu stellen. Wir haben vorhin von Herrn Kollegen Böhmer gehört, dass Sie dazu eine Reihe von Vorschlägen bereithaben. Und darauf sind wir gespannt. Wir werden gern darüber diskutieren, welche Schwerpunkte bzw. Prioritäten anders gesetzt werden sollten.