Zu sechstens, zu den Interessen der Bürger, die Sie immer wieder so hoch halten, und zu siebentens, zu der staatlichen Reglementierung, werde ich gleich noch etwas sagen.
Der Entwurf ist das Ergebnis eines - zumindest teilweise - zähen Ringens um Inhalte und Formulierungen. Das Ergebnis kann sich auch aus unserer Sicht sehen lassen, nicht nur aus der Sicht des Ministers, sondern auch aus der Sicht der Fraktion. Es ist ein ausgewogenes und wohl durchdachtes Konzept, um insbesondere die kleinen Gemeinden und die bisherigen Verwaltungsgemeinschaften für die Zukunft fit zu machen.
Bei der Vorstellung der Leitbildes vom Dezember 1999 ging es darum, sie für die Zukunft fit zu machen. Dazu gab es ein Geleitwort, in dem es hieß: Wer die Fakten sehe, werde feststellen, dass im Land Sachsen-Anhalt Reformbedarf auf allen Ebenen bestehe; eine Reform müsse jedoch ganzheitlich und in möglichst konzentrierter Form erfolgen.
Hiermit und auch mit den anderen Vorschaltgesetzen erfolgt die entsprechende Verwaltungsmodernisierung und die notwendige Anpassung kommunalrechtlicher Vorschriften. Die erwähnten drei Vorschaltgesetze müssen im Zusammenhang gesehen werden. Damit ist der Grundstock dafür gelegt, dass in der nächsten Legislaturperiode die kommunale Ebene des Landes mit ihren kleinräumigen und teilweise ineffizienten Verwaltungsstrukturen modernisiert werden kann.
Es bleibt daher nach wie vor unverständlich - ich kann darüber nur den Kopf schütteln -, warum sich die CDU in Sachsen-Anhalt einer Reform dieser Strukturen so vehement widersetzt. Sie würden bei dem Zurückdrehen doch letztlich das Chaos verursachen. Für eine dreistufige Landesverwaltung mit 21 Landkreisen und weit mehr als 1 000 Gemeinden auf der kommunalen Ebene ist das Land einfach zu klein. Wir sind den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, die für ihre Steuergelder zu Recht eine ordentliche Gegenleistung fordern, eine Reform an Haupt und Gliedern schuldig.
Zugegeben: Eine Reform, soll sie wirklich etwas bewegen, kann nicht allen Interessen gerecht werden. Das sehen wir bei den Debatten immer wieder. Die Zeit der Kleinstgemeinden ist jedoch vorbei. Alle Gemeinden müssen den Bürgerinnen und Bürgern im Land einen einheitlichen Mindeststandard an Verwaltungsdienstleistungen anbieten können. Dazu sind die geforderten Mindestgrößen notwendig.
Das Verbandsgemeindeeinführungsgesetz enthält zahlreiche Instrumente, um dem befürchteten Identitätsverlust vorzubeugen. Das können Sie doch nicht leugnen. Ich erinnere an die Ortschaftsverfassung sowie an die plebiszitären Elemente, die allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit bieten, sich auch in einer Verbandsgemeinde einzubringen.
Ich muss in Anbetracht dessen, was die CDU in den vergangenen Wochen im Land veranstaltet hat, nochmals auf Sie zurückkommen. In der Zeitung vom 6. September 2001 war zu lesen, dass ein von den Fraktionen der SPD und der PDS in den Innenausschuss eingebrachter Änderungsantrag den Unmut der Kommunen weckt. Herr Daehre ging damals darauf ein und sagte: Das ist der falsche Weg. - Der Zeitungsartikel ist sicherlich der falsche Weg, das ist wohl richtig.
Des Weiteren wurde aus einem Änderungsantrag zitiert, der am Tag des Interviews bereits überholt war, weil wir
dann schon einen anderen Änderungsantrag eingebracht hatten. Es wurde bereits am 4. September 2001 im Innenausschuss angekündigt, dass die Regelung noch einmal verändert wird.
Darüber hinaus enthielt der Artikel auch andere falsche Tatsachen. So konnte man dort lesen, dass die freiwillige Phase bisher bis zum Juli 2004 festgelegt sei. - Das ist falsch. Es muss in aller Deutlichkeit richtig gestellt werden: Das Ende der freiwilligen Phase war auch bisher auf den 31. Oktober 2002 festgeschrieben.
Man kann natürlich auch versuchen, mit bewusster Desinformation und Unkenntnis Politik zu machen und Unruhe in der Bevölkerung zu stiften.
Nebelstrategie, Herr Becker, ist auch keine Zukunftsstrategie. Das bringt nichts. Wir sollten über die Sache diskutieren. Wir sind von dieser Sache so sehr überzeugt, dass wir dieses Gesetz heute beschließen werden.
Ich könnte noch eine ganze Reihe von Dingen aufzählen, aber ich glaube, die Debatte hat gezeigt, dass es wichtig ist, diesen Gesetzentwurf heute in der Fassung der vorliegenden Beschlussempfehlung zu beschließen, damit die Gemeinden nunmehr in der freiwilligen Phase bis 31. Oktober 2002 die Gelegenheit bekommen, sich auch im Rahmen dieses Modells für die Zukunft fit zu machen. Dazu stehen wir; das möchten wir. Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.
Herr Becker, Sie sind auf dem Holzweg. Ich hoffe, dass Sie am 21. April 2002 diesen Holzweg aufgezeigt bekommen; denn wir werden dann mit dem richtigen Weg auch die entsprechenden Wahlanteile bekommen. Danke schön.
Herr Kollege Hoffmann, ich habe zwei Fragen. Die eine bezieht sich auf die Terminierung und auf den Begriff Freiwilligkeit. Ich frage Sie: Wie bewerten Sie, obwohl dieses Gesetz, das Verbandsgemeindeeinführungsgesetz, noch nicht verabschiedet ist, die Entscheidungen zu der Überlegung der Gemeinden Barleben, Ebendorf und Meitzendorf zur freiwilligen Bildung der Gemeinde Mittelland? - Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage. Sie haben davon gesprochen, dass Verwaltungsdienstleistungen angeboten werden müssen - darin stimme ich Ihnen zu -, dass aber die Zeit der Kleinstgemeinden - ich weiß nicht, wie Sie diese definie
ren; nach den Regeln des Gesetzes müssten die Gemeinden mit weniger als 1 000 Einwohnern gemeint sein - vorbei sei. Kann es sein, dass Sie, weil der Begriff „Verwaltung“ sowohl im Wort „Verwaltungsleistungen“ als auch in den Worten „kommunale Selbstverwaltung“ auftaucht, bei der ganzen Diskussion zwischen „Verwaltung“ und „kommunaler Selbstverwaltung“ etwas durcheinander bringen?
Zunächst zum Zweiten: Natürlich bringe ich da nichts durcheinander. Im Gegenteil, es gibt verwaltungswissenschaftliche Untersuchungen, es gibt die Vorlage des Leitbildes, es gibt kistenweise Material, das belegt, dass die entsprechenden Strukturen so sein müssen, um letztlich -
- Ja, sie müssen mindestens so sein. Es gibt natürlich politische Kompromisse, Herr Jeziorsky, die wir schließen müssen, um eine Mehrheit hinzukriegen. Ich wünschte mir auch - das habe ich im Ausschuss immer wieder gesagt -, dass es nur Einheitsgemeinden mit 10 000 oder 15 000 Einwohnern gäbe; aber es gibt Kompromisse und das ist nun einmal das Wesen der Demokratie.
Zur ersten Frage: Darüber haben wir auch schon öfter gesprochen. Es gibt einen Auftrag für die Erarbeitung eines Gutachtens auf der Grundlage der Verflechtungsanalyse zu der Stadt-Umland-Problematik. Im Bereich Mittelland, den Sie ansprachen, ist es so, dass zwar die Gemeinden über eine freiwillige Fusion verhandelt und diese Verhandlungen auch erst einmal bis zu diesem politischen Punkt gebracht haben, dass wir aber immer wieder gesagt haben: Solange das Gutachten nicht vorliegt, kann es keine Genehmigung auf der Grundlage des Zweiten Vorschaltgesetzes geben. Das ist dort auch in dieser Weise formuliert.
Es kann also erst nach Vorlage des Gutachtens - das wird etwa im November der Fall sein - darüber gesprochen werden, ob es eine Genehmigung dafür gibt oder nicht. Möglicherweise sagt das Gutachten ja etwas anderes aus, aber dem können wir nicht vorgreifen.
- Herr Jeziorsky, es ist nicht alles freiwillig, was sich jemand eben einmal so in der Urdemokratie in der Schweiz oder wo auch immer ausdenkt. Wir haben Rahmenbedingungen gesetzt.
Freiwilligkeit würde auch bedeuten, dass jede Gemeinde mit 488 Einwohnern irgendwo auch freiwillig eigenständig bleiben könnte.
Diese Gemeinden sind nicht fit für die Zukunft. Wir müssen bestimmte Rahmenbedingungen setzen. Dafür haben wir als Landtag unsere Verantwortung gegenüber
(Beifall bei der SPD - Unruhe bei der CDU - Zu- rufe von Herrn Tögel, SPD, von Frau Ludewig, CDU, und von Frau Wernicke, CDU)
Meine Damen und Herren! Wir sind damit am Ende der Debatte. Ich bitte darum, dass sich die Wellen wieder glätten, sodass in Ruhe abgestimmt werden kann.
Es ist abzustimmen über die Drs. 3/4922, also über die Beschlussempfehlung. Ich lasse zunächst abstimmen über Punkt a der Beschlussempfehlung. Darin wird vorgeschlagen, die Drs. 3/4353, also den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU, abzulehnen. Wer stimmt in diesem Punkt der Beschlussempfehlung zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung und zahlreichen Gegenstimmen ist der Beschlussempfehlung in diesem Punkt gefolgt worden.
Wir kommen nun zu Punkt b der Beschlussempfehlung und dabei zunächst zur Abstimmung über die selbständigen Bestimmungen des Gesetzentwurfs. Meine Damen und Herren! Ich frage immer nach, um das Verfahren abzukürzen, wie wir das schon oft trainiert haben, wann Sie eine gesonderte Abstimmung zu einem Paragrafen oder zu einem bestimmten Punkt wünschen.
Artikel 1 Abschnitt 1 - immer der Empfehlung des Ausschusses folgend -, § 1, § 2; Abschnitt 2, § 3, § 4; Abschnitt 3 §§ 5, 6, 7, 8; Abschnitt 4 § 9, § 10; Abschnitt 5 § 11, § 12, § 13, § 14; Abschnitt 6 § 15, Abschnitt 7 §§ 16, 17 und 18. Wer stimmt der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Eine Enthaltung, zahlreiche Gegenstimmen. Damit ist dem Artikel 1 mit Mehrheit zugestimmt worden.
Ich rufe jetzt Artikel 2 auf, und zwar die Nrn. 1 bis 9. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei gleichem Abstimmungsverhalten ist Artikel 2 zugestimmt worden.