Wir sollten an dieser Stelle handeln, wir können nicht noch bis zum Jahr 2003 warten. In den Verhandlungen solche Dinge aufzunehmen, das schließt doch unser Antrag gar nicht aus, im Gegenteil, das befürworten wir sogar.
Der Herr Minister hat noch einmal um das Wort gebeten. Sie haben Gelegenheit, danach nochmals zu sprechen.
Frau Feußner, damit hier kein Missverständnis entsteht: Die SPD hat beantragt, auf der Grundlage des gültigen Tarifvertrages nachzuverhandeln.
Die Intention, die Sie hier vertreten, ist, die Landesregierung solle das umsetzen. Sie haben es einfach missverstanden.
Es geht der SPD und auch der Landesregierung darum, jetzt, das heißt mindestens für das kommende Schuljahr, schon zu veränderten Regelungen zu kommen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass wir sagen: Das machen wir mit den Tarifpartnern und nicht als einseitige staatliche Aktion. Sonst gibt es überhaupt keinen Unterschied.
Jetzt besteht die Möglichkeit, noch einmal zu sprechen. Wer möchte das tun? - Frau Feußner, bitte schön.
Ich möchte an dieser Stelle, Frau Präsidentin, nur noch ergänzen: Wenn wir ab nächstem Schuljahr eine Regelung treffen wollen, muss das unter dem jetzt gültigen Tarifvertrag im Gespräch mit den Tarifpartnern laufen.
Meine Damen und Herren! Da es keine weiteren Wortmeldungen zu dieser Debatte gibt, kommen wir zur Abstimmung.
Von der CDU-Fraktion wurde eine Ausschussüberweisung beantragt. Ein solcher Antrag bedeutet immer, dass sowohl der Ursprungsantrag als auch der Änderungsantrag in den Ausschuss zu überweisen sind. Wer dem Antrag auf Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Bei zahlreichen Befürwortern einer Überweisung gibt es dennoch eine Mehrheit gegen die Überweisung.
Damit ist in der üblichen Reihenfolge abzustimmen, zunächst über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion in Drs. 3/5059. Wer stimmt dem Änderungsantrag zu? Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag angenommen worden.
Ich lasse jetzt abstimmen über den Antrag in der soeben beschlossenen Fassung. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltung der CDU-Fraktion und von Kolleginnen und Kollegen aus der FDVPFraktion ist hierfür eine Mehrheit zustande gekommen. Wir haben den Tagesordnungspunkt 17 abgeschlossen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ereignisse seit dem 11. September überschlagen sich. Fast stündlich erreichen uns Meldungen, die uns nachdenklich stimmen und auch mit Sorge erfüllen. Unsicherheit breitet sich aus, weil wir von einer Lösung des Konflikts, von einer Beendigung des Krieges gegen Afghanistan weit entfernt sind, uns vielleicht von einer Lösung immer weiter entfernen.
Die Bilder von schrecklicher Zerstörung, von Toten, von Hungernden, von Flüchtenden erreichen in den Medien eine Häufigkeit, die schon wieder die Gefahr der Gewöhnung beinhaltet. Schon werden Stimmen laut, dass viele Menschen diese Bilder und Berichte in den unterschiedlichen Medien nicht mehr ertragen können. Oft ist es nicht Herzlosigkeit oder gar Gefühlskälte, die derartige Handlungen bewirkt; vielmehr dienen diese auch dem Schutz davor, die eigene Psyche weiter diesen Grausamkeiten auszusetzen. Das alles ist verständlich, birgt
Wenn wir uns unablässig dafür einsetzen, dass menschliches Leid, die Opfer von Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit nie vergessen werden dürfen, dann ist das eine Aufforderung, die sich nicht nur aus aktuellem Anlass erklärt. Nein, meine Damen und Herren, dieses Leid von Vertreibung, Deportation und auch Zwangsarbeit begleitet die menschliche Existenz seit Jahrzehnten, ja seit Jahrhunderten. Niemand darf sich damit abfinden, dass Jahre vergehen, die Wunden heilen und die Schmerzen gelindert sind. Erinnern und darüber sprechen zu können wirkt oft heilsam für den Einzelnen und beugt vor, dass Geschichte verdrängt wird und dem Vergessenwerden anheim fällt.
Aber es geht dabei nicht nur um eine vielleicht als Therapie für den Einzelnen wirksame Geschichts- und Lebensbewältigung. Nein, es geht auch darum, jetzt lebenden und künftigen Generationen zu vermitteln, wie viel Leid, wie viel Elend und Tod durch Kriege, Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit gegeben war und dass sich dies nicht wiederholen darf. Doch ernüchtert stellen wir fest, dass sich wie in einem nicht aufzuhaltenden, fast schicksalhaften Kreislauf all das wiederholt, wenn auch in anderen Regionen und mit anderen Völkern.
Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion hatte in den vergangenen Jahren bereits mehrfach Anträge gestellt, die den Opfern von Vertreibung, Deportation und auch Zwangsarbeit galten. Dabei ging es nicht nur um Rechtsansprüche der in Sachsen-Anhalt lebenden deutschen Heimatvertriebenen und deren Nachkommen, es ging auch darum, dass der Landtag sich für ein zentrales Mahnmal einsetzen möge, damit sich nie wieder Vertreibung wiederhole, sondern Frieden und Versöhnung das Leben zwischen den Völkern bestimme. Die Ächtung von Vertreibung und Entrechtung aus Anlass des Tages der Heimat war ebenso Inhalt unserer parlamentarischen Anträge wie der Antrag zur Außerkraftsetzung der Benes-Dekrete in der Tschechischen Republik.
Aber die Debatten hier im Landtag waren zumeist geprägt - jeder mag sich daran erinnern - durch teils hasserfüllte Angriffe und entsprechende Wortwahl der linksextremistischen PDS, das Schweigen der SPD und die Zögerlichkeit der CDU, diesem Anliegen durch eigene Stimme und Zustimmung Unterstützung zu geben. Die von unserer Fraktion beantragten namentlichen Abstimmungen zeigten dann auch den Menschen in SachsenAnhalt, welche Abgeordneten die den Interessen der Wähler entsprechende Haltung einnehmen und welche Abgeordneten diese Interessen missachten.
Wir haben durch Flugblätter, Briefaktionen und viele persönliche Gespräche mit Vertriebenen erfahren, dass diesen unverständlich ist, dass parteipolitische Interessen gegen jegliche Vernunft anrennen und inhaltlichsachliche Vorgaben dabei keine Rolle spielen. In bewährter Weise werden Anträge genannten Inhalts von den roten kungelnden Fraktionen der SPD und PDS abgeschmettert, um die Wortwahl von Herrn Fikentscher zu verwenden.
Die salbungsvollen Worte der SPD auf Veranstaltungen zum Tag der Heimat, wie wir sie im September wieder erlebt haben, enthüllen sich eben doch nur als geheuchelt und auch rituell erzwungen. In einem Grußwort anlässlich des 11. Tages der Heimat hier in Magdeburg stellte ich klar - ich darf zitieren -:
„Gewiss ehrt uns, dass die Initiativen der FDVPFraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, für die Interessen der Heimatvertriebenen einzutreten und die berechtigten Forderungen der Heimatvertriebenen immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen, vom geschäftsführenden Vorstand des Bundes der Vertriebenen anerkannt werden. Aber wir verhehlen nicht, dass das allein nicht ausreicht.“
Trotz des Abschmetterns unserer Anträge bleiben wir standhaft. Wir wollen verhindern, dass Heimatvertriebene zum politischen Spielball und je nach Bedarf für politische Interessen zeitweilig benutzt werden. Eine solche Haltung, eine solche Einstellung von Politikern dieses Landes haben die Heimatvertriebenen nach all ihrem Leid und den unsäglichen Opfern weder verdient, noch sollten die Heimatvertriebenen das einfach hinnehmen.
Meine Damen und Herren! Unser Anliegen besteht darin, die Heimatvertriebenen darin zu bestärken, dass Heimat nicht nur ererbt, sondern auch stets seelisch und geistig erworben und bewahrt wird. Vergessen wir auch nicht, dass sich Vertriebene in vielen Jahren mit Mühe und Fleiß unter oft unsäglichen Anstrengungen ein neues Heim schufen, in Sachsen-Anhalt Fuß fassten und dennoch ihre Heimat nicht vergaßen oder sie gar verleugneten.
Viele Menschen blieben auch gedanklich ihrer Heimat treu, aus der sie vertrieben und verjagt wurden. Diese Menschen verloren nicht nur während der Vertreibung liebe Menschen, auch Hab und Gut, sondern sie mussten darüber auch schweigen und durften die Erinnerung nur im Herzen tragen.
All das, meine Damen und Herren, muss uns Mahnung sein, geeint und stark gegen die Vertreibung in vielen Regionen der Welt und inmitten Europas vorzugehen und uns zu wehren. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass sich in diesem Hohen Hause nicht alle der Vernunft entziehen, den deutschen Opfern von Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit die längst überfällige Ehrung und Würdigung zuzusprechen.
Unser Antrag beinhaltet, dass der Landtag beschließen möge, die Landesregierung aufzufordern, auf die Bundesregierung dahin gehend einzuwirken, den 5. August alljährlich zum nationalen Gedenktag für die deutschen Opfer von Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit zu erheben.
Meine Damen und Herren! Um all jenen zu begegnen, die mit sattsam bekannten Ablehnungsgründen in die Debatte ziehen, sei gesagt, dass es auch bei diesem Gedenktag nicht um die Aufrechnung menschlichen Leides geht, das auf unterschiedlichen, nicht immer feindlichen oder gegnerischen Seiten zu verzeichnen war. Der 5. August ist für solche Argumente oder einfach nur Ablehnung nicht geeignet, weil er an jenen denkwürdigen Tag erinnert, den 5. August 1950.
Vor mehr als 50 Jahren fanden sich in Stuttgart die erwählten Vertreter von Millionen Heimatvertriebenen zusammen, um - ich darf zitieren - „nach reiflicher Überlegung und nach Prüfung ihres Gewissen zu beschließen, dem deutschen Volk und der Weltöffentlichkeit gegenüber eine feierliche Erklärung abzugeben, die die Pflichten und Rechte festlegt, welche die deutschen Heimatvertriebenen als ihr Grundgesetz und als unum
Diese Zielstellung wurde aufgenommen in die an diesem Tage beschlossene Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Es wurde daran erinnert, dass über zwölf Millionen Deutsche durch Flucht und Vertreibung seit 1944/45 ihre Heimat hatten verlassen müssen und über zwei Millionen Menschen dabei den Tod fanden.
Für die ideologischen Hardliner in diesem Hohen Hause sei aber noch gesagt, dass diese Charta der Heimatvertriebenen zu einer Zeit Ziele festlegte und die Heimatvertriebenen sich zu Zielen bekannten, die noch heute ohne jeden Abstrich unterzeichnet werden können, ja in Wort und Sinn sogar die Grundlage einer europäischen Friedensordnung in Europa begründeten, als der Kalte Krieg von Höhepunkt zu Höhepunkt eskalierte.
Wer diese Charta noch heute ablehnt und wer es ablehnt, diese Charta mit dem einzuführenden Gedenktag zu verbinden, der sollte auch offen zugeben, dass er nichts, rein gar nichts begriffen und auch nichts aus der Geschichte gelernt hat.
„Die Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Wir werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können. Wir werden durch harte, unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau Deutschlands und Europas.
Daher fühlen wir uns berufen zu verlangen, dass das Recht auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und verwirklicht wird. Solange dieses Recht für uns nicht verwirklicht wird, wollen wir aber nicht zur Untätigkeit verurteilt beiseite stehen, sondern in neuen, geläuterten Formen verständnisvollen und brüderlichen Zusammenlebens mit allen Gliedern unseres Volkes schaffen und wirken.“
Meine Damen und Herren! Viele der daraus abgeleiteten Aufgaben wurden erfüllt, eben weil diese Grundsätze der Charta die Richtschnur des Handelns der Politik der damals noch jungen Bundesrepublik Deutschland wurden. Wir sollten uns aber in Erinnerung rufen, dass die Menschen in der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR davon ausgeschlossen waren, dieser Charta ebenfalls ihre Stimme zu verleihen.