Bei der Lösung dieser gewiss schwierigen Aufgabe bedarf es der Zusammenarbeit und nicht der Konfrontation.
An dieser Stelle muss klargestellt werden, dass Unterrichtsausfall an vielen Schulen vielerlei Gründe hat. 80 % des Unterrichtsausfalls beruhen auf Krankheit der Lehrkräfte. Wenn auch jede nicht erteilte Unterrichtsstunde schmerzt, wird es aus organisatorischen Gründen nicht möglich sein, für jeden Ausfall eine adäquate Vertretung zu finden. Dies ist nicht allein ein sachsenanhaltinisches Problem, sondern ein Problem aller Bundesländer.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Gegen Unterrichtsausfall muss das Mögliche getan werden, jedoch wird er nie gänzlich zu beheben sein.
Ich habe deshalb etwas weiter ausgeholt, weil die Antragsteller generell von einer mangelnden Unterrichtsversorgung an den Schulen sprechen und den Eindruck vermitteln wollen, dass durch die von ihnen vorgeschlagenen Regelungen das Problem der bedarfsgerechten Unterrichtsversorgung in Mangelfächern gelöst werden könnte.
Bei der Unterrichtsversorgung in Mangelfächern sind zusätzliche Erschwernisse zu überwinden. Was sind eigentlich Mangelfächer? Wir haben heute diesbezüglich bereits mehrere Definitionen gehört: moderne und alte Fremdsprachen, Kunst, Musik, Religion und Ethik. Eine Änderung des Fächerspektrums - darüber ist man sich im Klaren - ist in den nächsten Jahren zu erwarten. So zählen auch schon die naturwissenschaftlichen Fächer einschließlich Mathematik dazu.
Im Schulverwaltungsblatt des Landes vom Mai dieses Jahres wurden die Stellen für das neue Schuljahr ausgeschrieben. Zusätzlich wurde darauf hingewiesen, dass in den Fächern Englisch, Französisch, Kunsterziehung und Musik auch Bewerberinnen und Bewerber mit einer anderweitigen als der ausgeschriebenen zweiten Lehrbefähigung eingestellt würden.
Jedoch zeigen die Erfahrungen nicht nur dieses Jahres eine Diskrepanz zwischen der ausgeschriebenen Stellenzahl in diesen Fächern und der notwendigen Zahl an Bewerbern. Zwar wurden bisher erfreulicherweise - es wurde bereits gesagt - 224 Lehrkräfte eingestellt. Das Verfahren ist auch noch nicht abgeschlossen, da ein Restteil der ausgeschriebenen Stellen noch nicht besetzt werden konnte, leider aber wieder in den so genannten Mangelfächern. An dieser Stelle liegt das eigentliche Problem.
Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft beschäftigt sich gegenwärtig auf der Grundlage eines Landtagsbeschlusses mit der mittel- und längerfristigen Sicherung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden Lehrkräftebedarfs an Schulen. Das wurde bereits erwähnt. Wir hatten dazu ein Expertengespräch und werden die Stellungnahmen laufend im Ausschuss auswerten, um Rückschlüsse und Handlungsempfehlungen für die weitere parlamentarische Arbeit zu gewinnen.
Ich möchte zusammenfassen: Mit unserem Änderungsantrag wollen wir dieses Problem auf der Grundlage des Tarifvertrags und einer Einvernehmensherstellung der Tarifparteien abmildern helfen. Ein klarer diesbezüglicher Auftrag des Parlaments an die Landesregierung wäre dabei sicherlich nützlich. Wir bitten deshalb um eine Direktabstimmung über unseren Änderungsantrag. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Werte Herren und Damen! An den Schulen des Landes Sachsen-Anhalt ist eine partielle Unterrichtsunterversorgung festzustellen. So fallen jährlich an den Schulen von Sachsen-Anhalt rund 750 000 Unterrichtsstunden aus. Betroffen davon sind besonders Fremdsprachen, naturwissenschaftliche Fächer, Sport und Musik, aber auch andere Fächer. Diese Situation kann man schon als eine Art Notstand an unseren Schulen mit weitreichenden negativen Folgen betrachten.
Die sich daraus ergebenden Folgen sind unter anderem: Fachunterricht wird überall gekürzt bzw. fällt gänzlich aus. In der Endkonsequenz werden Lernziele nicht mehr erreicht - ein Zustand also, der nicht länger hingenommen werden kann.
In einem ansonsten hochtechnisierten Land wie Deutschland können ca. vier Millionen Menschen nicht oder nur sehr schlecht lesen oder schreiben. Das ist keine Zahl, die wir erfunden haben. Dies geht von einer Schätzung der Unesco aus. Auch in Sachsen-Anhalt kann man keine genaue Statistik über die Verbreitung des Analphabetismus führen, weil - ich zitiere - „die Dunkelziffer einfach zu hoch ist“ - so Frau Deckstein, Sprecherin des Kultusministeriums des Landes.
Die Schüler von heute sollen einmal die Meister von morgen sein. So sagt man jedenfalls. Doch wenn der Staat bzw. das Land seinen Bildungsauftrag nicht mehr erfüllt, Bildungswege quasi vermauert, wird wohl nichts daraus.
Wir geben zu bedenken, dass es die künftigen Arbeitgeber sind, die sich letztlich für oder gegen einen Bewerber entscheiden. Und diese stellen hohe Anforderungen an die schulischen Leistungen. Hier liegt also der Hase im Pfeffer. Ohne einen kontinuierlich und ordnungsgemäß durchgeführten Fachunterricht an den Schulen von Sachsen-Anhalt werden vordergründig unsere Kinder und Jugendlichen die künftigen Verlierer sein - aber nicht nur sie allein. Nein, wir alle werden in absehbarer Zeit die verfehlte Bildungspolitik dieser Landesregierung auf vielfältige Art und Weise zu spüren bekommen.
Ein wesentlicher Punkt hierbei ist die Besoldung unserer Lehrer in Sachsen-Anhalt. Solange neue und damit junge Lehrer nach neuem Recht und damit zwangsläufig finanziell niedriger eingestuft werden als ältere Lehrer, welche ihre Ausbildung zu DDR-Zeiten beendeten, muss sich die Landesregierung nicht wundern, dass diese jungen Lehrerinnen und Lehrer unserem Land den Rücken kehren und ihre Zukunft in anderen Bundesländern suchen. Das Dilemma daran ist jedoch, dass diese abgewanderten Pädagogen zur Erfüllung des Bildungsauftrags hierzulande fehlen.
Bis hierzu eine beständige und dauerhaft tragende Lösung gefunden wird, sind wir der Meinung, dass Lehrerinnen und Lehrer in diesen so genannten Mangelfächern im Interesse der Schülerinnen und Schüler gut bezahlte Mehrstunden über ihr festgelegtes Arbeitszeitpensum hinaus leisten sollen. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir denken, dass es jetzt geboten ist, über den Unterrichtsausfall vor allen Dingen in den Mangelfächern nachzudenken und zu handeln. Wenn wir warten, bis wir eine Fortführung des jetzigen Tarifvertrags haben, der im Jahr 2003 ausläuft, dann verstreichen noch einmal zwei Jahre, ohne dass etwas getan wird. Das kann es nicht sein.
Wir müssen jetzt nach kurzfristigen Lösungen suchen. Über längerfristige Lösungen - das habe ich übrigens bereits in meinen Ausführungen gesagt - haben wir im Ausschuss diskutiert. Diesbezüglich gehe ich mit allen Fraktionen konform, die an dieser Stelle vorgetragen haben, dass wir darüber nachdenken und dass gute Ansätze vorhanden sind. Aber es geht jetzt um eine kurzfristige Lösung.
Was mich ganz besonders verunsichert, Herr Harms, ist Ihre Angabe im Hinblick auf die Unterrichtsversorgung. Sie sprechen von 100 %. Die Statistik ist das eine. Aber die Realität sagt eben etwas anderes. Wir haben keine 100-prozentige Unterrichtsversorgung und in den Mangelfächern gleich gar nicht.
Sie können mir doch nicht sagen, dass wir 100 % Unterrichtsversorgung im Land haben, wenn reihenweise Unterricht an den Schulen ausfällt. Es kann zum Teil kein Lateinkurs oder kein Französischkurs gebildet werden, weil einfach die Lehrkräfte fehlen. Und warum soll man nicht Lehrern die Möglichkeit eröffnen, freiwillig solche Kurse gegen entsprechende Entlohnung anzubieten?
Das hebelt den Tarifvertrag übrigens nicht aus. Ich habe in einem Gespräch mit unserem damaligen Fraktionsvorsitzenden Herrn Dr. Bergner und Herrn Lippmann genau dieses Problem besprochen. Er war der Meinung - im Übrigen ist er der Verhandlungspartner im Hinblick auf den Tarifvertrag -, dass dies durchaus möglich ist. Heute sagen Sie mir etwas anderes, nämlich dass die Gewerkschaft dies ablehnen würde. Dann müssen wir ihn noch einmal zu einem Gespräch einladen.
Uns hat er ausdrücklich gesagt, dass diese Regelung möglich wäre und dass dies nicht den Tarifvertrag aushebelt. Diesbezüglich haben wir unterschiedliche Meinungen und das sollten wir klären.
Ich möchte das Problem dadurch auch nicht in Gänze lösen. Das ist vielleicht missverstanden worden. Das können wir durch ein solches Angebot nicht. Das ist uns vollkommen klar. Wir haben gesagt, das sind Ansätze. Das sind Entkrampfungen. Das ist ein Minimieren dieses Unterrichtsausfalls. Dass wir dadurch das Problem in Gänze lösen, davon habe ich nicht gesprochen. Aber wir sollten doch versuchen, Ansätze zu schaffen, um zu
Des Weiteren möchte ich sagen, Herr Kultusminister Harms, mir ist zum Beispiel ein Fall bekannt, in dem das bereits praktiziert wird. Sie sagen, das wäre tarifrechtlich nicht möglich. Ich kenne eine Person. Mit der habe ich neulich gesprochen. Ich kann Ihnen den Namen bei Gelegenheit nachliefern. Den werde ich an dieser Stelle nicht nennen. Mit dieser Person haben Sie genau so verhandelt. Er leistet auf freiwilliger Basis Mehrstunden, um den Unterricht im Unterrichtsfach Latein abzudecken.
Da können Sie mir jetzt nicht sagen, das ist tarifrechtlich nicht möglich. Das schließt das wohl aus.
Ich würde aber Folgendes vorschlagen: Wenn Sie unseren Antrag richtig gelesen haben, dann haben Sie gelesen, dass wir geschrieben haben, nach Ausschöpfung bisheriger Möglichkeiten. Der Änderungsantrag der SPDFraktion ist eine der Möglichkeiten, die wir hiermit einbezogen haben. Ich würde sagen, dass unser Antrag diesen mit beinhaltet.
Deshalb schlage ich vor, dass wir beide Anträge in den Ausschuss überweisen und dort noch einmal diskutieren. Dort können wir auch die Tarifpartner einladen. Die können uns genau sagen, ob unser Vorschlag tarifrechtlich möglich ist. - Vielen Dank.
Frau Feußner, geben Sie mir Recht, dass der Bildungsausschuss sicher nicht der Ort ist, an dem die Tarifpartner verhandeln?
Die zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, dass die Tarifverhandlungen nicht erst in ein oder zwei Jahren stattfinden, sondern dass derzeit durchaus Verhandlungen laufen? Das heißt, dass unser Antrag zur richtigen Zeit kommt, um dem Kultusminister Handlungsfreiheit zu geben, und dass natürlich alles, was passiert, nur auf der Grundlage eines geltenden Tarifvertrags passieren
Frau Mittendorf, wir wollen das Vertragsrecht des Tarifvertrages hier überhaupt nicht brechen. Dass derzeit Verhandlungen laufen, die sehr schwierig sind, ist uns allen bekannt. Das konnten wir der Presse entnehmen. Das ist nicht die Frage.
Natürlich muss man die Fortführung des Tarifvertrages jetzt vorbereiten, nicht erst im Jahr 2003, wenn er ausläuft. Aber er gilt noch bis zum Jahr 2003. Wenn es also einen Anschlusstarifvertrag gibt, kann ich mit anderen Regelungen erst im Jahr 2003 kommen. Ich kann in den jetzt gültigen Tarifvertrag nicht mehr irgendwelche Dinge einbauen.
Wir sollten an dieser Stelle handeln, wir können nicht noch bis zum Jahr 2003 warten. In den Verhandlungen solche Dinge aufzunehmen, das schließt doch unser Antrag gar nicht aus, im Gegenteil, das befürworten wir sogar.