Wir haben selbstverständlich auch vollstes Verständnis dafür, dass Eigentümer von Gebäuden, ob nun Privatpersonen, Genossenschaften oder Wohnungsbaugesellschaften, verärgert sind über Beschmierungen - ich benutze hierbei ausdrücklich nicht das Wort „Graffiti“ -, die sehr kostenintensiv beseitigt werden müssen.
Der erneute Ruf nach mehr Repression, nach Strafverschärfung ist auch an dieser Stelle völlig fehl am Platze, auch wenn er jedes Jahr wiederholt wird. Fällt der Politik à la „Richter Gnadenlos“ wirklich als erstes und nicht erst als letztes Mittel immer nur die Forderung nach repressiven Maßnahmen ein, ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verwenden, inwieweit sinnvolle Konzepte zur Vorbeugung vorgelegt werden könnten? Für uns wäre dies ein Armutszeugnis für die Politik.
Man kann nicht verlangen, dass sich jeder Politiker wie der Münchner Oberbürgermeister sein Badezimmer mit
Graffiti ausgestalten lässt, aber jeder Verantwortliche sollte über die Möglichkeiten nachdenken, die seine Stadt oder seine Gemeinde hat, ob nicht Flächen für Jugendliche zum Besprayen zur Verfügung gestellt werden können.
Nun zur rechtlichen Beurteilung. Manchmal genügt ein Blick ins Gesetz, und so mancher Antrag hätte sich erledigt. Ich habe im neuesten Strafrechtskommentar aus dem Jahre 2001 vom Beck-Verlag München von Dr. Schönke und Dr. Schröder nachgelesen und dort unter der Kommentierung zu § 303 StGB, das heißt zur Sachbeschädigung, auf Seite 2343 ff. nachgelesen. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich zitieren:
„Schließlich kann als Sachbeschädigung die dem Eigentümerinteresse zuwiderlaufende Zustandsveränderung zu werten sein, zum Beispiel die nicht mühelos behebbare Verunstaltung. Die Gegenmeinung in Bundesgerichtshof 29.129 schränkt den Eigentumsschutz ohne sachliche Notwendigkeit zu sehr ein und lässt zudem keine klare Grenze zu den Fällen erkennen, in denen wie bei Statuen, Gemälden und Baudenkmälern auch nach dem BGH eine Veränderung der äußeren Erscheinung als Sachbeschädigung zu beurteilen ist. Sie übergeht den Umstand, dass der betroffene Eigentümer durchaus die Zustandsveränderung als Beschädigung seiner Sache empfindet. Unerheblich ist, ob die beeinträchtigte Sache zuvor ansehnlich war. Voraussetzung ist nur, dass ein vernünftiges (nachvoll- ziehbares) Interesse des Eigentümers an der Aufrechterhaltung des bisherigen Zustandes besteht und dessen Wiederherstellung nicht ohne einige Mühe und Zeitaufwand möglich ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Instandsetzung nur über eine Substanzverletzung oder ohne eine solche Folge möglich ist.“
Das heißt, es bedarf nach unserer Rechtsauffassung keiner Strafverschärfung, um dem geschädigten Eigentümer die Möglichkeit zu geben, einen Strafantrag zu stellen, und Sachbeschädigung ist ein Antragsdelikt.
Die zivilrechtliche Seite der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen ist damit aber für die Betroffenen in keiner Weise leichter geworden. Diesen langen Weg hat er trotzdem vor sich.
In diesem Zusammenhang sollte auf die im Frühjahr 2001 vorgelegte Reform des Strafverfahrens geschaut werden, die unter anderem vorsieht, einen strafgerichtlichen Wiedergutmachungsvergleich einzuführen, der eine endgültige einvernehmliche Einigung über den Schadensausgleich noch in der Hauptverhandlung ermöglicht. Ergänzend dazu werden weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche in nahem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ermittlungs- und Strafverfahren geprüft. Darüber lohnt es sich zu diskutieren und nicht immer wieder über den Ruf nach Strafverschärfung.
Nach unserer Rechtsauffassung haben sich sowohl der CDU-Antrag als auch der Änderungsantrag der SPD durch Veränderung in der Rechtsauslegung erübrigt. Wir werden beiden Anträgen deswegen nicht zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insbesondere wende ich mich an dieser Stelle an die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, die der Rede unserer Justizministerin sehr aufmerksam gefolgt sind und diese auch teilweise kommentiert haben. Die Schlussfolgerungen sind nun eindeutig, und so wird es Sie nicht verwundern oder überraschen, dass die SPDFraktion Ihren Antrag ablehnt,
und dies aus folgenden Gründen: Zum einen sind wir mit der Arbeit unserer Landesregierung, wie Sie wissen, sehr zufrieden.
(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD - Herr Dr. Bergner, CDU: Das ist ja schön! - Zuruf von Herrn Scharf, CDU)
- Herr Dr. Bergner, ich komme gleich noch auf Sie zu sprechen, keine Angst. - Die Landesregierung setzt sich seit Jahren bundesweit mit der nötigen Intensität und Konsequenz dafür ein, dass Graffitis, die gegen den Willen des Eigentümers angebracht werden, auch strafrechtlich verfolgt werden können. Den Ausführungen der Justizministerin insbesondere zu den Aspekten der Prävention ist in der Sache also nichts hinzuzufügen. Die Ausführungen finden unsere uneingeschränkte Zustimmung.
Es bedarf also gar nicht erst der Anregungen und Aufforderungen zum Handeln, die in Ihrem Antrag enthalten sind. Das ist mit der Grund dafür zu sagen, wir lehnen den Antrag ab. Einem Antrag, der einfach unnötig ist, weil wir das alles ja bereits tun, müssen wir nun wirklich nicht mehr zustimmen.
Zum anderen wissen wir alle und Sie haben es zitiert, Herr Dr. Bergner, dass wir am 7. Mai 1999 den Beschluss gefasst haben, den Sie zitiert haben: Der Landtag spricht sich dafür aus, dass Graffiti-Schmierereien als Straftaten verfolgt werden können.
Das Handeln der Landesregierung steht im Einklang mit diesem Beschluss. Sie haben zu Beginn Ihrer Rede gesagt, dass die SPD-Fraktion im Jahr 1999 Ihrem Antrag zugestimmt hat. Das ist aber nicht ganz richtig. Wir haben Ihrem Änderungsantrag zugestimmt, und zwar auf der Basis der damals bereits bekannten Aktivitäten der Landesregierung, nicht Ihrem Ursprungsantrag. Das werden Sie sicherlich auch wissen oder Sie sind in der Lage, das nachzulesen.
Und ich erinnere Sie daran, Herr Dr. Bergner, dass Sie gerade deswegen auch seinerzeit die Justizministerin für ihr Engagement in dieser Sache gelobt haben. Auch das ist nachzulesen.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wenn Sie das also alles wissen - das habe ich mich nun bei der Vorbereitung dieser Rede gefragt -, warum stellen Sie diesen Antrag überhaupt?
(Herr Kühn, SPD: Das ist wegen der Jungen Union, weil die da oben sitzen! - Heiterkeit bei der SPD - Lachen bei der CDU, bei der DVU und bei der FDVP)
- Genau, lieber Kollege Kühn. Genau das ist der Punkt. Wenn ich bisher, Herr Dr. Bergner, nur vermutet habe, Sie wollten jede noch so ungeeignete Gelegenheit ergreifen, um in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwekken, dass Sie aktive Sicherheitspolitik machen, dann bin ich jetzt davon überzeugt, dass Sie halt Wahlkampf machen. Das ist ja legitim. Aber Sie kommen auch diesmal wie regelmäßig zu spät.
Sie fordern die Landesregierung zum Handeln auf. Das tut sie schon längst. Sie fordern die Unterstützung für ein Gesetzesvorhaben, das die Landesregierung dem Grundsatz nach bereits seit Jahren verfolgt.
Alles in allem erscheint Ihr Antrag als Wahlkampfmanöver. Das hätte ich, wie gesagt, an Ihrer Stelle als Opposition vielleicht auch gemacht.
Sicherheitspolitik, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, wird von unserer Landesregierung in bestmöglichem Umfang erfolgreich umgesetzt. Wenn Sie das nicht so wissen -
(Zustimmung bei der SPD - Herr Becker, CDU: Das Polizeigesetz, das wissen Sie doch genau! - Weitere Zurufe von der CDU)
Die SPD macht dank des Innenministers bestmögliche Sicherheitspolitik. Sie kennen das alles. Die Bürgerinnen und Bürger wissen es. Die Bürgerinnen und Bürger honorieren es. Meine Damen und Herren! Sicherheitspolitik ist und bleibt die Domäne der SPD in diesem Lande,
(Beifall bei der SPD - Oh! und Unruhe bei der CDU - Zurufe von Herrn Gürth, CDU, und von Herrn Becker, CDU)
Deswegen mache ich Ihnen einen Vorschlag zur Güte: Meine Damen und Herren, wenn Sie in der Sache vorankommen wollen, wenn Sie die Sache befördern wollen - Sie haben die Intentionen der Ministerin gehört; wir wollen in der nächsten Woche ja auch zustimmen -, dann stimmen Sie jetzt unserem Änderungsantrag zu. Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jüngling, ich muss sagen, wenn es uns um Wahlkampf gegangen wäre, dann hätten Sie jetzt den wirkungsvollsten
Sie haben nämlich, mein Lieber, mit Ihren selbstgefälligen Ausführungen gezeigt, wie weit Sie von den Realitäten in unserem Land abgehoben haben. Dies ist der Punkt.
Lassen Sie einmal die Hausbesitzer Ihre Rede lesen, die frühmorgens beschmierte Wände sehen, wenn sie auf die Straße gehen. Dann werden Sie sehen, wie sie beim nächsten Mal wählen werden, wenn sie es mit solch einer Realitätswahrnehmung zu tun haben.
Die Sache ist schon deshalb nicht überflüssig, weil das Problem drückt. Sehen Sie sich in den Städten um und reden Sie mit den Betroffenen.
Der zweite Punkt. Frau Ministerin, eines verstehe ich nicht: Überflüssig - wir tun es ja sowieso. - Ich kann Ihnen viele Beispiele nennen, bei denen die Landesregierung ganz dankbar ist, wenn sie in ihrem Handeln durch ein Votum des Parlaments unterstützt wird. Nun will ich hoffen, dass das nicht davon abhängt, wer gerade der Antragsteller ist.