Interessant, aber nicht neu sind zum Beispiel Überlegungen zur Ansiedlung größerer Unternehmen. Davon reden wir seit vielen Jahren. Sie bieten dazu nichts Neues.
Die Bedeutung von Forschung und Entwicklung ist unstrittig, der Ausbau der Infrastruktur ebenso. Er vollzieht sich in diesem Land. Wünschenswert wäre zwar ein größeres Tempo, aber er findet jedenfalls statt.
Einige Vorschläge sind zum Teil neu, aber kaum interessant; denn es wird nicht gesagt, woher das dafür notwendige Geld kommen soll. Herr Professor Böhmer, Sie haben in der Haushaltsdebatte gesagt, das Sie sich für den Nachweis des Geldes nicht verantwortlich fühlen, das möge die Regierung tun. Wenn Sie nach der Wahl regieren wollen, müssen Sie es aber zumindest schon andeuten; Sie lassen es aber offen.
Unterbelichtet bleibt zum Beispiel die Berufsausbildung. Dies ist ein wachsendes Problem angesichts schon heute fehlender Fachkräfte. Dazu kommt von Ihnen nichts Neues.
Außerdem wollen Sie Vorfahrt für private Unternehmen im kommunalen Bereich. Ich weiß nicht, ob Sie die Erfahrungen Ihrer eigenen Fachleute beachtet haben. Ich wohne seit einem Dreivierteljahr in Naumburg. Die Technischen Werke Naumburg als kommunales Unternehmen funktionieren dort offenbar sehr gut und zum Vorteil der Stadt. Vielleicht fragen Sie beim ehemaligen Oberbürgermeister, Ihrem Fraktionskollegen Curt Becker, nach, wie er diese Dinge sieht. Ich bin sicher, er sieht sie völlig anders, als Sie sie in Ihren Punkten aufgeschrieben haben.
(Herr Dr. Bergner, CDU: Da gehen Sie von einer falschen Annahme aus! - Zuruf von Frau Feuß- ner, CDU)
- Es ist ja gut. Sie werden das sicherlich weiter qualifizieren. Das ist normal. Aber einen solchen prinzipiellen Fehler schon in das Programm zu schreiben ist bedenklich.
Zum Titel der Aktuellen Debatte: Wirtschaftswachstum allein sichert die Zukunft nicht. Ich kann über die generelle Problematik von Wachstumsgrenzen aus Zeitgründen keine weiteren Ausführungen machen. Eines möchte ich jedoch sagen: Angesichts Ihrer Darstellungen zur Arbeitsmarktpolitik wird offenkundig, dass Sie mit Wirtschaftswachstum die Massenarbeitslosigkeit beseitigen wollen.
Natürlich muss die Wirtschaft ihren Beitrag leisten. Dieser Meinung sind wir auch. Sie wird es aber nie allein schaffen. Insofern sind Ihre Positionen zur Arbeitsmarktpolitik und zur Wirtschaftspolitik sowie zum Wachstum illusionär, weil objektiv nicht möglich und somit unvertretbar.
Interessant und neu ist Ihre Position zu den Löhnen; das finde ich jedenfalls. Zumindest Produktivitätssteigerungen wollen Sie an die Beschäftigten weiterreichen.
Wenn ich Sie, Herr Gürth, richtig verstanden habe, wollen Sie Fachkräfte mit besseren Löhnen im Land halten. Dieser Meinung sind wir schon lange. Sie waren jedoch bisher die Verfechter der Niedriglohnstrategie. Sie weichen jetzt davon ab. Gut, das ist ein Nachweis für die Lernfähigkeit der CDU. Das kann dem Land nur gut tun.
Der Presse ist zu entnehmen, dass Herr Ludewig, der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung, Ihr Programm erarbeitet hat. Herr Ludewig war danach aber auch Chef der Deutschen Bahn AG. Angesichts der dort wenig geglückten Weichenstellung bleibt zu hoffen, dass dies für Sachsen-Anhalt besser gelingt.
Wie sagte der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit im Sinne von mehr Zupacken, von mehr Gestalten: Wir brauchen mehr Handwerker, weniger Mundwerker. Recht hat er. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion! Im Juni dieses Jahres habe ich zur Begründung des Antrages der FDVP-Fraktion „Arbeitsplätze schaffen durch Betriebsansiedlungen in Sachsen-Anhalt“ gesagt, dass all die Arbeitslosen im Land und die, die nur so wenig Geld verdienen, dass es kaum zum Leben reicht, sich bei all den Erfolgsmeldungen dieser Landesregierung, die wir auch heute wieder gehört haben, verwundert die Augen reiben und sich fragen werden, ob sie wohl in einem anderen Lande leben.
Heute, meine Damen und Herren von der CDU, - das muss ich gestehen - reibe ich mir die Augen, dass ausgerechnet Sie, Herr Gürth, diese Aktuelle Debatte beantragt haben; denn damals haben Sie gesagt - das darf ich bitte zitieren -:
„Wer aber dem Antrag der FDVP zustimmen möchte, der benötigt ein gehöriges Maß an Optimismus. Die FDVP fordert die Landesregierung auf, Vorschläge für neue Rahmenbedingungen und neue wirtschaftspolitische Maßnahmen etc. zu erarbeiten. Das setzt doch den Glauben voraus, dass diese Landesregierung, die sieben Jahre Zeit hatte, etwas zu ändern, nun plötzlich etwas anderes macht.“
Ja, Herr Gürth, darin ist Ihnen natürlich zuzustimmen. Aber jetzt muss ich doch die Frage stellen: Haben Sie jetzt den Glauben wiedergefunden? Haben Sie jetzt den Glauben, dass diese Landesregierung in diesem Land etwas ändern kann? Oder ist all das, was wir heute bereden, einfach nur Wahlkampf oder soll ich es „Wahlkampfsanierungssanitäterdebatte“ nennen?
In einem stimme ich Ihnen natürlich zu: Aktuell ist diese Debatte in Sachsen-Anhalt leider Gottes allemal. Aber sei es, wie es sei. Unsere Auffassung ist noch dieselbe wie im Juni. Diese Landesregierung hat die Verantwortung für alles und sie hat sie auch weiterhin. Sie wird sie auch bis zur Wahl behalten, und zwar für alles, was in diesem Lande geschieht oder nicht geschieht.
Wir können nahtlos an die damalige Debatte anknüpfen: Die PDS ist in Markt- und Wirtschaftsfragen nicht kompetent.
Im Juni hat sie sich gar nicht zu Wort gemeldet. Heute haben wir Herrn Dr. Süß gehört. - Herr Süß, zum Wirtschaftswachstum konnte ich Ihren Leitlinien rein gar nichts entnehmen.
Von der Landesregierung - das habe ich schon gesagt - kommen die gleichen Erfolgsmeldungen: Diese Landesregierung macht alles richtig, sie macht alles toll - das haben wir gestern, glaube ich, auch schon einmal gehört - und die Opposition braucht sie dazu nicht.
Das Schlimme daran ist Folgendes: Diese Landesregierung hat insgesamt kein Konzept und sie ist nach wie vor - ich nenne es einfach so - orientierungslos; denn bei all den Erfolgsmeldungen, die Frau Ministerin Budde heute in einer langen Rede verkündet hat, müssen natürlich die Fragen erlaubt sein: Warum sind wir dann immer noch Schlusslicht bei der Arbeitslosigkeit? Warum haben wir immer noch die niedrigste Selbständigenquote und die wenigsten Betriebsansiedlungen, die höchste Abwanderung junger und gut ausgebildeter Fachkräfte, die geringste Investitionsquote in allen Bereichen? Diese Litanei ließe sich beliebig fortsetzen.
Heute, meine Damen und Herren, hat mich, ehrlich gesagt, die Hoffnung verlassen, dass mit einer Aktuellen Debatte über den Wahlkampf hinaus etwas für SachsenAnhalt erreicht werden kann. Ich könnte nun in der Art einer tibetanischen Gebetsmühle all das wiederholen, was nötig wäre, um Sachsen-Anhalt in der Wirtschaft voranzubringen und damit Arbeitsplätze zu schaffen.
Aber das haben wir, glaube ich, im Juni ausführlich vorgetragen. Die Landesregierung hat es bisher nicht be- griffen. Sie hat es auch aus dieser Diskussion heraus nicht begriffen und sie wird es auch in Zukunft - die Hoffnung darauf habe ich verloren - nicht begreifen.
Wirtschaftswachstum heißt für uns auch heute noch, es zu schaffen, Betriebe in Sachsen-Anhalt anzusiedeln und damit auch - das habe ich im Juni auch gesagt - die dramatische Unternehmenslücke zu schließen. Ich verweise auf die mehr als 40 000 Unternehmen, die bei uns fehlen. Es geht darum, diese Lücke auszufüllen, das heißt vorhandene Unternehmen insgesamt zu stärken, neue anzusiedeln und neue Unternehmen zu gründen und damit auch Synergieeffekte auszulösen. Dann könnten - das wiederhole ich - laut Institut für Wirtschaftsforschung in Halle rund 200 000 Arbeitsplätze in SachsenAnhalt geschaffen werden.
Die Grundbedingung dafür ist natürlich, dass eine Regierung bestimmte notwendige Eigenschaften hat, die da heißen: Kritikfähigkeit, Veränderungsbereitschaft und Sensibilität für Entwicklungen. Nur eine Regierung, die genau diese drei Eigenschaften hat und diese drei Eigenschaften auch verinnerlicht, schafft Rahmenbedingungen, meine Damen und Herren, die unserem Land die Wende zu einer positiven Wirtschaftspolitik mit Betriebsansiedlungen und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen sichern würden.
Ich denke, wir haben heute von Frau Ministerin Budde wieder eindrucksvoll erlebt, dass diese rot-rote Landesregierung nicht bereit ist, genau diesen Wechsel herbeizuführen.
Ein Grund - aber es ist nur einer - dafür ist natürlich, dass sie einen - ich sage es einmal so - gewaltigen Klotz am Bein hat, mindestens einen Klotz, der sie insgesamt in ihrer Mobilität behindert. Dieser Klotz will in SachsenAnhalt künftig sogar mitregieren.
Ich erinnere an die Sprüche von Frau Genossin Hein. Herr Süß, diese Sprüche habe ich in Ihren Leitlinien heute nicht gehört. Sie haben sie, glaube ich, vergessen. Vielleicht nehmen Sie sie nachträglich noch auf; denn das sind ja die Meinungen Ihrer Mitglieder, die alles verstaatlichen wollen. Das hat Frau Genossin Hein auch öffentlich bekundet.
Wir halten diese Aktuelle Debatte insgesamt deshalb für ungeeignet, irgendetwas an der verfahrenen Situation dieses Landes zu ändern.
Ich möchte abschließend Folgendes sagen: Die FDVP hat ein ganz klares Wirtschaftskonzept für SachsenAnhalt nach der Wahl.
(Lachen bei der SPD und bei der PDS - Herr Dr. Süß, PDS: Lassen Sie mal gucken! - Zuruf von Ministerpräsident Herrn Dr. Höppner - Hei- terkeit bei der SPD und bei der PDS)
- Herr Süß, meine Damen und Herren von der SPD und auch Herr Ministerpräsident, auf das Lachen bin ich natürlich vorbereitet. Sie sind ja überaus berechenbar. Aber Ihr Lachen klingt mir ein bisschen wie das berühmte Pfeifen im Walde. Was die Wahl betrifft, sind diese Ängste übrigens insgesamt berechtigt. Das sei jedenfalls noch einmal gesagt. Wir sind bereit - das betone ich -, Verantwortung für dieses Land zu übernehmen. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Wiechmann, ich kann nur sagen: Wir schlottern schon vor Angst vor Ihrem Wirtschaftskonzept.
Meine Damen und Herren! Wer die Frage der Wachstums- und Wirtschaftsentwicklung in unserem Land seriös diskutieren will, muss von einer Schwächen-, aber auch von einer Stärkenanalyse ausgehen. Da sich die Opposition bisher ausschließlich an den Defiziten abgearbeitet hat - Herr Gürth hat eine Kostprobe dafür geliefert -, will ich die Gelegenheit nutzen, auf einige unbestrittene und unbestreitbare Daten und Fakten zur Wirtschaftsentwicklung hinzuweisen, aus denen sich deutlich unsere Stärken ergeben.
Dabei lohnt es sich durchaus, ein paar Zahlen zu bemühen, zumal bisher der Eindruck vermittelt wurde, unser Land belege durchgängig letzte Plätze. Aber genau das ist ausgemachter Unsinn.
- Ja, ich komme gleich darauf zu sprechen, wie man sozusagen Zahlen unseriös interpretiert. Damit will ich beim Bruttoinlandsprodukt anfangen.
Beim Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen kann man nämlich für Sachsen-Anhalt feststellen, dass wir über dem Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer liegen. Sachsen-Anhalt liegt mit 75 522 DM pro Erwerbstätigen weit vor Sachsen und Thüringen. Sachsen weist ein Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen in Höhe von lediglich 72 520 DM und Thüringen eines in Höhe von 72 010 DM auf.