Sachsen-Anhalt hat Schulden von 28,9 Milliarden DM ich spreche noch von D-Mark, denn dieses Jahr haben wir sie noch; ich wollte keinen Euro -; das heißt, jeder Sachsen-Anhaltiner vom Großvater bis zum Kleinkind hat von dieser Landesregierung 13 500 DM Schulden verpasst bekommen. Im Jahr 1994 waren es noch 4 500 DM. 1,6 Milliarden DM des Landeshaushaltes müssen 2002 bei einem Haushaltsvolumen von rund 20 Milliarden DM zur Schuldentilgung bereitgestellt werden. Die Zinsbelastung in Sachsen-Anhalt beträgt stolze 8,2 %. Sie ist damit doppelt so hoch wie in Thüringen
oder in Sachsen. Meine Damen und Herren! Welche Investitionen könnten mit diesen fehlenden 860 Millionen angeschoben werden!
Zur Deckung des Haushalts müssen nach wie vor Kredite aufgenommen werden. Das bedeutet, täglich müssen 4,4 Millionen DM zur Schuldentilgung verwendet werden. Die Verschuldung Sachsen-Anhalts ist seit dem Amtsantritt dieser Minderheitsregierung kontinuierlich gestiegen. Die Schuldenquote liegt in diesem Jahr bei 37,5 %. Das bedeutet einen weiteren „Spitzenplatz“ für Sachsen-Anhalt. Hier haben wir wenigstens mal einen.
Vielleicht schaut selbst Sachsen-Anhalt einmal über den eigenen Tellerrand hinaus, zum Beispiel ins Nachbarland Österreich. Dort hat es die FPÖ nicht nur in Kärnten, sondern auch im Bund geschafft, die Verschuldung in nur zwei Jahren auf null zu fahren.
Meine Damen und Herren! Diese Schuldenpolitik ist das Grundproblem dieses Haushaltes. Die Gesamteinschätzung dieses Haushaltsplanentwurfs kann deshalb nur lauten: Er ist ein konkretes Dokument für das Versagen rot-roter Finanzpolitik.
Das Gesamtvolumen von rund 20 Milliarden DM ist nur geringfügig kleiner als das Volumen des Haushalts 2001. Eine globale Minderausgabe in Höhe von rund 300 Millionen DM ist vorsorglich schon einmal eingeplant worden. Es bleibt allerdings das Geheimnis dieser Landesregierung, wie diese globale Minderausgabe erwirtschaftet werden soll, noch dazu, wenn man bedenkt, dass die Steuereinnahmen nach jetziger Kenntnis weiter sinken werden.
Wenn bei der Wirtschaftsförderung und beim Sozialen gespart wird, dann soll nach Auffassung dieser Landesregierung doch wenigstens nicht bei den Personalausgaben gespart werden.
Ich denke, meine Damen und Herren, die Ärmsten und sicherlich auch die heute auf dem Domplatz demonstrierenden Behindertenverbände verstehen das schon.
Allein der Etat für Personalausgaben des Landes wird auf Vorjahresniveau eingefroren. Er beträgt bei einem Haushaltsvolumen von rund 20 Milliarden DM immerhin stolze 5,45 Milliarden DM. Jeder kann sich ausrechnen, dass dies etwas mehr als einem Viertel des Gesamthaushalts entspricht.
Meine Damen und Herren! Auch dies bedeutet einen „Spitzenplatz“ für Sachsen-Anhalt und nicht die sattsam bekannte rote Laterne. Das bewertet sich, glaube ich, von selbst.
Die Mittel für Investitionen und Hochbau werden um einen Betrag von knapp 250 Millionen DM gekürzt. Nur wenige Bauprojekte werden begonnen. Das ist ein katastrophales Signal. Das bedeutet nämlich die Arbeitslosigkeit für weitere 5 000 Bauarbeiter.
Dafür wird natürlich - das hält der Herr Ministerpräsident sicherlich für ganz wichtig - weiter an der Residenz des Ministerpräsidenten Dr. Höppner, genannt „Möwe“ - und allgemein unter diesem Namen auch bekannt -, in Berlin festgehalten, koste es, was es wolle. Nur schade, dass er sie wohl nicht mehr beziehen kann.
Wie schon in den vergangenen Jahren, meine Damen und Herren, können auch im Jahr 2002 aus Geldmangel Bundes- und Europamittel nur noch zu rund einem Viertel ausgeschöpft werden.
Für unsere Fraktion wäre es auch interessant zu wissen, was das Land die Experimente des Ministers Herrn Dr. Harms gekostet haben. Wir haben gerade eine seiner Bankrotterklärungen hören müssen.
Meine Damen und Herren! Die größten Opfer müssen die Kommunen bringen. Mit großem Schwung streicht Herr Gerhards ihnen Mittel in einer bisher nicht da gewesenen Höhe. Die strukturellen Kürzungen bei den Investitionsmitteln nehmen den Kommunen die Finanzierungsgrundlagen - Sie alle wissen das - für erforderliche Infrastrukturmaßnahmen. Negative Folgen für Handwerk und Gewerbe, öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen sind unvermeidlich. Das alles trägt zur weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation im Lande bei. Das heißt mehr Arbeitslosigkeit, mehr Abwanderung, vor allem von jungen Leuten aus Sachsen-Anhalt.
Daran ändert auch das einmalige Kreditprogramm nur wenig. Es führt eher zu weiterer unangemessener Verschuldung der Kommunen.
Meine Damen und Herren! Die Finanzkürzungen gefährden mittelfristig etwa weitere 25 000 Arbeitsplätze. Wer da noch von einer vernünftigen Wirtschafts- und Finanzpolitik spricht, verhöhnt Arbeitslose und den Mittelstand.
Meine Damen und Herren! Das heißt in aller Deutlichkeit: Mit der Zukunft dieses Landes wird gespielt; mit diesem Haushaltsplan ist eine Verdoppelung der Zahl der Insolvenzen und der Abwanderungszahl vorprogrammiert.
Ich habe allerdings eine andere Meinung als Herr Professor Böhmer. - Herr Professor Böhmer, Sie sagen, Sie wissen keinen Ausweg aus dem finanziellen Dilemma.
Doch, es gibt einen. Der beruht auf einer florierenden Wirtschaft; denn nur eine florierende Wirtschaft füllt den Steuersäckel des Landes.
Dann werden wir wieder mehr Arbeitsplätze haben; dann wird die Kaufkraft gestärkt. Das gilt allerdings nur, wenn die Politik in diesem Land grundlegend geändert wird. Betriebe, Investitionen müssen her.
Wir haben an dieser Stelle mit einem unserer Anträge bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft gefordert.
Es mutet schon etwas ironisch an, dass damals eben dieser Finanzminister Gerhards erklärt hat, das wüsste er schon alles und eine Opposition bräuchte er schon gar nicht.
Der vorgelegt Haushaltsplanentwurf ist jedenfalls nicht dazu geeignet, die Wirtschaft voranzubringen und Arbeitsplätze zu schaffen. Sie haben offenbar Ihre Kenntnisse überschätzt, Herr Gerhards.
Meine Damen und Herren! Dennoch gibt es Hoffnung. Wir sind ja schließlich das Land mit den meisten Denkmalen. Das jedenfalls rief der Ministerpräsident den etwa 100 Zuhörern bei der Urania zu. Darf man dem Zeitungsbericht glauben, dann brach das Publikum angesichts dieser Beschwörung statt in Beifall wie auf Befehl in schallendes Gelächter aus.
Ich spreche den letzten Satz. - Ich gebe zu, auch ich muss an mich halten. Wenn die Lage für die Menschen hier nicht so ernst wäre, dann würde auch ich jetzt in schallendes Gelächter ausbrechen. - Danke schön.
Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass wir die Generaldebatte vor der Mittagspause beenden wollen. Es spricht deshalb jetzt als Nächster der Abgeordnete Herr Scharf für die CDU-Fraktion. Bitte, Herr Scharf.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon eine denkwürdige Haushaltsrede, die hier gehalten worden ist. Manches stimmt offensichtlich mit der Wahrnehmung der Bürger nicht überein.
Ich habe einen Bericht aus der „Welt“ vom 13. Dezember 2001 über eine Umfrage im Osten vom renommierten Unternehmensberatungsinstitut McKinsey. Im Hinblick auf die Frage, kann man in der Region, in der ich wohne, alles in allem gesehen sehr gut leben, belegt Sachsen-Anhalt sicher den 16. Platz von 16 zu vergebenden Plätzen.
Ich frage: Warum nehmen die meisten Bürger des Landes Sachsen-Anhalt die Qualität der Politik in diesem Land offensichtlich anders wahr, als die Regierung dies selbst darstellt?
Herr Ministerpräsident, ich möchte Sie fragen - zumindest mir geht es manchmal so nach Veranstaltungen; manche klappen, manche klappen nicht -, ob Sie sich, wenn Veranstaltungen nicht klappen, fragen: Sieht der ganze Saal eine Angelegenheit oder eine Sache falsch? Oder bin ich derjenige, der vielleicht in mich hineinhören muss und mich ernsthaft befragen muss, ob ich bestimmte Sachverhalte richtig sehe, darstelle und beurteile? Wenn die Bevölkerung massenhaft anders urteilt als Sie, stellt sich diese Frage ernsthaft.
Es könnte allerdings für manchen zu spät sein, diese Frage für sich zu bedenken. Ich will damit sagen: Wer nach dem 21. April 2002 hier mitregiert, wenn es eine neue Regierung gibt, steht noch nicht fest. Der Wähler als Souverän wird dies entscheiden. Ich glaube, alle Parteien denken sehr tief darüber nach, wo sie im Moment stehen. Es dürfte sich da keiner so sicher sein.
Meine Damen und Herren! Wir sind bei den Haushaltsberatungen zugegebenermaßen in diesem Jahr in einer außergewöhnlich schwierigen Situation. Aber es wäre vollkommen falsch zu sagen, diese Situation ist schicksalsbestimmt und nur fremdbestimmt.
Sie hat auch die Ursache in Fehlern, die in den letzten Jahren hier permanent Jahr für Jahr begangen worden sind.
Meine Damen und Herren! Ich will nur ganz kurz an einige wenige Punkte erinnern. Im Jahr 1995, als Sie sich damit gefeiert haben, dass Sie alle kw-Vermerke außer Kraft gesetzt haben,
ist zum ersten Mal das Steuer des Personalhaushalts aus dem Ruder geraten. Das haben Sie nie wieder richtig eingefangen.
Auch so manche Entscheidung, die jetzt schmerzhaft in Bezug auf die MLU getroffen werden muss, wäre einfacher zu treffen gewesen sein, wenn wir seit 1995 auch in diesem Bereich kontinuierlich mit kw-Vermerken gearbeitet hätten. Sie haben Entscheidungen über Jahre vor sich hergeschoben.