Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 68. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der dritten Wahlperiode. Dazu möchte ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste begrüßen.
Da es die erste Sitzung des Landtages im Jahr 2002 ist, möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren, sowie Ihren Angehörigen ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr wünschen.
Meine Damen und Herren! Das Mitglied des Landtages Frau Dr. Rosemarie Hein hat heute Geburtstag. Ich gratuliere Ihnen im Namen des Hohen Hauses und persönlich. Ich wünsche Ihnen alles Gute, besonders Gesundheit.
Ich komme zur Entschuldigung von Mitgliedern der Landesregierung. Für die heutige Sitzung des Landtages hat sich Herr Finanzminister Gerhards entschuldigt. Er nimmt an der Konferenz der Finanzminister in Berlin teil.
Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Dr. Höppner hat mich mit Schreiben vom 16. Januar 2002 darüber in Kenntnis gesetzt, dass er gemäß Artikel 65 Abs. 3 der Verfassung des Landes SachsenAnhalt Frau Ministerin Karin Schubert am 16. Januar 2002 aus ihrem Amtsverhältnis als Ministerin der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt entlassen und Herrn Minister Dr. Manfred Püchel bis auf weiteres mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Ministers der Justiz neben seinem Amt als Minister des Innern des Landes Sachsen-Anhalt beauftragt hat. - So weit diese Mitteilung. Ich verweise auf die in der Drs. 3/5258 vorliegende Unterrichtung.
Meine Damen und Herren! Frau Schubert war seit 1994 Ministerin der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt. Im Namen des Hohen Hauses sowie persönlich möchte ich Frau Schubert für ihre Tätigkeit im Land Sachsen-Anhalt und insbesondere für ihr Engagement als Ministerin der Justiz herzlich danken.
(Beifall bei der SPD, bei der PDS und von der Regierungsbank - Zustimmung bei der CDU, bei der DVU und bei der FDVP)
Unter ihrer Leitung wurde die Justizreform in SachsenAnhalt weitergeführt und die Leistungsfähigkeit unserer Justiz gestärkt. Ihre Sachkunde und ihre ruhige, besonnene Art im Parlament werden uns in guter Erinnerung bleiben. Ich wünsche Frau Schubert alles Gute, Gesundheit und viel Erfolg in ihrer neuen Tätigkeit.
(Beifall bei der SPD, bei der PDS und von der Regierungsbank - Zustimmung bei der CDU und bei der DVU)
Wir kommen zur Tagesordnung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Tagesordnung für die 37. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. Der Ältestenrat schlägt vor, den Tagesordnungspunkt 4 - Aktuelle Debatte - als ersten Tagesordnungspunkt am morgigen Freitag zu behandeln. Ebenfalls am Freitag sollen die Tagesordnungspunkte 5, 6 und 7 behandelt werden.
Herr Präsident, als wir im Ältestenrat die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte festgelegt haben, war uns nicht bekannt, dass der Wirtschaftsausschuss beabsichtigt, heute in der Mittagspause über die Zukunft des Standortes Waggonbau Ammendorf zu beraten. Das macht wohl nur Sinn, wenn wir die Generalaussprache zu diesem Punkt im Plenum führen, bevor der Wirtschaftsausschuss getagt hat. Deshalb haben sich einige parlamentarische Geschäftsführer noch einmal dieser Frage zugewandt.
Wir würden vorschlagen - die CDU-Fraktion beantragt dies -, dass wir den Tagesordnungspunkt 3 - Erhalt des Waggonbaustandortes Ammendorf - vor dem Tagesordnungspunkt 2, also vor der Aussprache zum Katasterwesen, behandeln. Dann würden wir mit der Mittagspause nicht in Konflikt kommen und könnten die Reihenfolge trotzdem in etwa einhalten. Ich denke, wir würden dann auch für die öffentliche Meinungsbildung einen ordentlichen Beratungsgang erreichen.
Ich mache allerdings darauf aufmerksam, Herr Scharf, dass der Tagesordnungspunkt zum Katasterwesen ursprünglich nach der Mittagspause aufgerufen werden sollte. Das wäre dann ein Austausch.
Ja, genau. Der Beratungszeitpunkt wird dann davon abhängen, wie wir im Zeitplan liegen. Wir werden es nach unserer Auffassung nicht hinbekommen, das Thema Waggonbau Ammendorf vor der Mittagspause zu diskutieren und gleichzeitig zu garantieren, dass sich der Wirtschaftsausschuss in der Mittagspause dieser Frage widmen kann.
Herr Präsident, damit die Ausschüsse in der Mittagspause tagen können, wäre es gut, die Mittagspause nach der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes einzulegen. Anderenfalls hätten wir nämlich eventuell das Problem, dass die Mitglieder zweier Ausschüsse während der Plenarsitzung nicht anwesend sind.
Wenn das Ihre Zustimmung findet, können wir so verfahren. - Ich sehe überall Zustimmung. Dann wird so verfahren. Der Tagesordnungspunkt 3 wird noch vor der Mittagspause abgehandelt.
Ich möchte noch einige Bemerkungen zum zeitlichen Ablauf der 37. Sitzungsperiode machen. Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat darauf verständigt, die heutige Sitzung wegen der um 19 Uhr im Roncalli-Haus stattfindenden parlamentarischen Begegnung mit dem Tourismusverband Sachsen-Anhalt e. V. gegen 18.30 Uhr zu beenden. Die morgige Sitzung beginnt wie immer um 9 Uhr.
Im Zusammenhang mit diesem Tagesordnungspunkt möchte ich auf den Bericht zum gegenwärtigen Stand und zu den Ergebnissen der Arbeit des zeitweiligen Ausschusses Funktional- und Verwaltungsreform/Kommunale Gebietsreform verweisen, der in der Drs. 3/5226 herausgegeben wurde.
Meine Damen und Herren! Die Fraktionen haben sich im Ältestenrat einvernehmlich auf folgendes Verfahren zu diesem Tagesordnungspunkt verständigt: Der Antrag in der Drs. 3/5208 wird durch die Fraktion der CDU eingebracht. Danach wird der Antrag in der Drs. 3/5222 durch je einen Redner der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS eingebracht. Jedem Einbringer stehen für seinen Redebeitrag maximal 15 Minuten Redezeit zur Verfügung. Daran schließt sich eine 90-minütige Debatte an in folgender Reihenfolge: FDVP, DVU, PDS, CDU, SPD.
Zu den Redezeiten: Aufgrund der geänderten Redezeiten für die Einbringung der Drs. 3/5222 verzichten die Fraktionen der SPD und der PDS auf jeweils siebeneinhalb Minuten ihrer Redezeit in der Debatte, sodass keine Fraktion bevorteilt ist. Damit ergeben sich folgende Redezeiten: FDVP fünf Minuten, DVU sechs Minuten, PDS 12,5 Minuten, CDU 22 Minuten, SPD 29,5 Minuten. Der Landesregierung stehen 37 Minuten Redezeit zur Verfügung.
Einbringer zu dem Antrag der CDU-Fraktion ist der Abgeordnete Herr Professor Dr. Böhmer. Die Einbringer zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und der PDS sind die Abgeordneten Herr Dr. Brachmann für die SPD und Herr Gallert für die PDS. Ich bitte jetzt den Einbringer zu dem Antrag der CDU-Fraktion, das Wort zu ergreifen. Bitte, Herr Professor Dr. Böhmer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir unseren Antrag, der Ihnen jetzt vorliegt, eingebracht haben, kannten wir den nachfolgenden Antrag der beiden Regierungsfraktionen noch nicht. Als wir lasen, dass ein solcher Antrag gestellt werden wird, waren wir für kurze Zeit der Meinung, dass sich unser Antrag dadurch möglicherweise erübrigt haben könnte.
Als wir den Antrag durchgelesen haben, mussten wir feststellen, dass die Regierungsfraktionen den Antrag der Fraktion der CDU in der Begründung ihres Antrages letztlich bestätigt haben; denn das, wovon Sie in der Zwischenzeit berichten, wollen wir - Sie auch - schon seit mindestens acht Jahren.
Sie schreiben jetzt in Ihrem Antrag, dass Sie ein wenig vorangekommen sind. Auch bei Ihnen sind in der Einleitung des Antrages die gleichen Zielvorstellungen und Absichten noch einmal beschrieben, die wir bereits - und
zwar mit Ihnen gemeinsam - mit großer Zustimmung dieses Hauses am 3. Juni 1993 im Landtag beschlossen haben. Der damals gefasste Beschluss ist in der Drs. 1/48/2700 B veröffentlicht worden. Bereits damals ist all das beschrieben worden, was Sie auch jetzt wieder als Ziel einer Verwaltungsreform betrachten und dafür als notwendig erachten. In dem Anhang zu Ihrem Antrag führen Sie einige bereits vollzogene Vorschläge und weitere Absichtserklärungen auf.
Der Ministerpräsident Höppner nahm seine Regierungstätigkeit im Jahr 1994 mit der festen Absicht auf, das, was wir im Jahr 1993 gemeinsam beschlossen hatten, in Angriff zu nehmen und durchzuführen. Auch die Fraktion der CDU war mit der Erarbeitung von einzelnen Positionen daran beteiligt. Dazu gibt es entsprechende Papiere. Wir stellen jetzt jedoch fest, dass die Regierungsfraktionen mit ihrem Antrag vom 10. Januar 2002 das beantragen, was wir gemeinsam am 3. Juni 1993 schon einmal als notwendig beschlossen haben.
Sie haben uns bewiesen, dass in den seitdem vergangenen siebeneinhalb Jahren nichts Wesentliches getan worden ist. Es ist viel dazu geredet worden. Es hat viele Kommissionen gegeben. Es sind Gutachten geschrieben und einige Kleinigkeiten bereits vollzogen worden. Alles Wesentliche steht jedoch noch aus und wird in Ihrem Antrag erneut als Absichtserklärung vorgetragen.
Es gibt in dem, was Sie als Anhang zu Ihrem Antrag geschrieben haben, viele Punkte, in denen wir mit Ihnen übereinstimmen, denen die CDU-Fraktion durchaus zustimmen könnte und zu denen die CDU-Fraktion in ihren Arbeitspapieren gleiche Vorstellungen entwickelt hat. Es gibt jedoch ganz wesentliche Aussagen, die in Ihrem Antrag immer noch fehlen und von denen die CDU-Fraktion bereits im Jahr 1993 gesagt hat, dass es notwendige Klärungen sind, die herbeigeführt werden müssen, bevor eine Verwaltungsreform vollzogen werden kann.
Die Abgeordneten dieses Hauses, die wie ich schon lange im Parlament sitzen, haben den Ablauf des gesamten Verfahrens miterlebt. In den frühen 90er-Jahren war es unsere hauptsächliche Aufgabe, funktionsfähige Verwaltungsstrukturen überhaupt erst einmal neu aufzubauen. Ich habe das im Bereich der Finanzverwaltung miterlebt. Ich möchte das alles nicht wiederholen. Die ehemalige DDR wurde zu 93 % durch Abschöpfung aus den volkseigenen Betrieben finanziert und nur zu 7 % aus Steuern. Wir mussten - und zwar so schnell wie möglich - eine völlig neue Finanzverwaltung aufbauen, damit überhaupt funktionierende Strukturen bestehen. Sie haben uns in der ersten Legislaturperiode auch zu Recht kritisiert, wenn das eine oder andere nicht schnell genug in Gang gekommen war.
Als wir mit dem ersten Ministerpräsidenten des Landes, Herrn Gies, im Plenum über die Regierungspräsidien diskutiert haben - daran kann ich mich und können sich viele von den anwesenden Abgeordneten noch sehr gut erinnern -, hat er gesagt: Wir brauchen solche Bündelungsbehörden jetzt. Aber wir werden später noch einmal darüber nachdenken müssen, ob die Verwaltungsstrukturen in der Form beibehalten werden können. Wir haben aber gegenwärtig keine Zeit, zwei, drei Jahre lang darüber nachzudenken, wie die Verwaltung am besten zu gestalten ist. Jetzt müssen wir erst einmal anfangen,
Seitdem ist den Abgeordneten bewusst, dass die Aufgabe besteht, noch einmal grundsätzlich über die Verwaltungsstrukturen in Sachsen-Anhalt nachzudenken. Im Sommer des Jahres 1993 haben wir dies gemeinsam beschlossen.
Jetzt legen Sie einen Antrag vor, in dem Sie sagen: Jawohl, das ist notwendig. Das müssen wir weiterhin machen. Im Anhang bringen wir einige Vorschläge. - Das ist nach Meinung der CDU-Fraktion für einen Zeitraum von zwei Legislaturperioden einfach zu wenig. Hier ist Zeit verschenkt worden.
Meine Damen und Herren! Ich denke, Sie haben auch methodisch Chancen verschenkt. Bei den Verwaltungswissenschaftlern gibt es eine unendliche Fülle an empirischem Material über die Dimensionierung von Verwaltungsbehörden. Ähnlich wie das in anderen Bereichen der Fall ist, gibt es auch in der Verwaltung empirische Untersuchungen darüber, welcher Verwaltungsaufwand für die Erfüllung einer bestimmten Funktion pro 10 000 oder 100 000 Einwohner notwendig ist.
Sie hätten methodisch völlig anders an die Probleme herangehen und sich erst einmal von Verwaltungswissenschaftlern zuarbeiten und Informationen darüber geben lassen müssen, welche Verwaltungsstrukturen für 2,6 Millionen Einwohner im Land Sachsen-Anhalt eigentlich vorgehalten werden müssen, beispielsweise weil wir heute noch darüber sprechen werden - in der Katasterverwaltung. Die Verwaltungswissenschaftler können Ihnen sagen, wie viel Verwaltungsaufwand in einem bundesdeutschen Flächenland durchschnittlich pro 10 000 oder 100 000 Einwohner - wie Sie wollen - betrieben werden muss. Die Verwaltungswissenschaftler können Ihnen auch sagen, wie viele Fachkräfte wir bezahlen müssen, um diese Verwaltungsaufgaben zu erledigen.
Dann kann man sich mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammensetzen und sagen, dass jetzt Zeit für eine erneute Diskussion über die Verwaltungsreform vorhanden ist, weil die wichtigsten Aufgaben aus der Aufbauphase erledigt sind; es geht um die Frage, wie wir das für die Zukunft gemeinsam organisieren wollen.