(Herr Dr. Bergner, CDU: Ja, das ist das, was die Kommunen geleistet haben! - Minister Herr Dr. Püchel: Das ist der größte Kreis, der gebildet worden ist!)
Aufgrund der Zusammenführung der drei Kreisverwaltungen sind die Kosten der Kernverwaltung um ein Drittel gesunken. Der Einspareffekt wurde nicht durch betriebsbedingte Kündigungen erreicht, sondern durch das konsequente Nutzen der natürlichen Fluktuation, durch Anreize für einen freiwilligen Wechsel zu anderen Ar
Es wurde eben schon dazwischengerufen, der Burgenlandkreis sei der größte im Land. Er hat noch 143 000 Einwohner. Ich betone das „noch“, denn nach der Bevölkerungsprognose werden wir bis zum Jahr 2010 noch etwa zehn Prozent der Bevölkerung verlieren.
Bereits heute haben zwölf der 21 Landkreise weniger als 100 000 Einwohner. Mit durchschnittlich 100 000 Einwohnern pro Kreis liegen wir im Ländervergleich, ohne die Stadtstaaten, auf dem 13., also auf dem allerletzten Platz.
Der Gutachter des Bundes der Steuerzahler SachsenAnhalt, Professor Hesse, knüpft daran die Feststellung an, dass die Unterschiede zu anderen Ländern in der Bevölkerungsdichte nicht den Maßstab rechtfertigen könnten, der in Sachsen-Anhalt für die Kreisgebietsreform von 1994 maßgeblich war. Insofern, so Professor Hesse, sei der Vorstoß der Landesregierung, parallel zu der Strukturreform in der Landesverwaltung auch die Kreisgebietsstruktur anzupassen, verwaltungsökonomisch sinnvoll.
Der Landkreis Aschersleben-Staßfurt, wo ich jetzt wohne, hat noch 103 000 Einwohner. Er hat sich für den Standort Ammendorf, nahe an der A 14 gelegen, um die BMW-Ansiedlung beworben. Die Absage von BMW erfolgte im Dezember 2000. Das heißt, anders als Halle und Magdeburg haben wir es nicht in die Finalistenrunde geschafft.
Offenbar bevorzugt ein Investor wie BMW größere Kommunen, deren administrative und finanzielle Kraft die Gewähr dafür bietet, eine derartige Industrieansiedlung erfolgreich durchzuführen.
Das haben auch die fünf Landkreise der Harzregion erkannt und haben sich deshalb gemeinsam um die Ansiedlung beworben. Ein solches Kooperationsverhältnis mit allen seinen Unwägbarkeiten vermag aber den Wettbewerbsnachteil gegenüber größeren Kommunen nicht wettzumachen.
Meine Damen und Herren! Die meisten Kommunen sind bereits zur Erfüllung ihres jetzigen Aufgabenbestandes nicht optimal aufgestellt. Im Vergleich zu größeren Landkreisen und Gemeinden sind Leistungsdefizite aufgrund mangelnder Spezialisierung von Sachbearbeitern und Mehrkosten bei der Verwaltung der Verwaltung festzustellen.
Mit dieser Feststellung kritisiere ich nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern die Strukturen. Wenn sich Wirtschaftsförderer aus mehreren Kreisen dauerhaft zusammentun können, dann kann der eine seine Fremdsprachenkenntnisse und die andere ihre betriebswirtschaftlichen Kenntnisse erweitern. Zudem sind dann auch mehr Mittel für einen vernünftigen Internetauftritt vorhanden. Solche Qualitätssteigerungen sind allerdings nur möglich, wenn die Synergieeffekte nicht für Kosteneinsparungen genutzt werden müssen.
Herr Rothe, der Abgeordnete Herr Daehre möchte eine Frage stellen oder Zwischenbemerkung machen. Ich
Herr Kollege, ich hatte mich bereits gemeldet, als Sie über die Ansiedlung von BMW in dem Landkreis Aschersleben-Staßfurt, in Magdeburg oder in Halle gesprochen haben. Deshalb jetzt die konkrete Frage: Sind Sie davon überzeugt, dass BMW dahin geht, wo die meisten Einwohner sind, oder dorthin, wo die besten Voraussetzungen von der Landesregierung gegeben werden? Das ist ein Zusammenhang, den Sie uns hier erzählen, zwischen der Nichtansiedlung von BMW und der Größe des Kreises. Meinen Sie das wirklich ernsthaft?
Ich halte es für aufschlussreich, dass in der letzten Runde Großstädte wie Magdeburg, Halle und Leipzig vertreten waren und nicht mehr ein Landkreis mit 103 000 Einwohnern. Ich will es ganz deutlich sagen: Selbst wenn wir keine Funktionalreform machen würden, würden die Gebote der Effizienz und Qualität eine Gebietsreform erfordern. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang zitieren, was der sächsische Innenminister Hardraht am 22. April 2001 in einem Interview mit den Sonntagsnachrichten gesagt hat:
„Wir müssen heute bereits die entscheidenden Schritte führen, um sowohl im kommunalen wie auch im staatlichen Bereich eine positive Haushaltsführung gewährleisten zu können. Wir müssen Freiräume behalten für investive Maßnahmen, für die Verbesserung der Infrastruktur. Wir müssen wie jedes Großunternehmen, wie jede Holding und wie jeder Einzelbetrieb die Betriebskosten in einem mehrgeschichteten Jahresplan absenken, also über vier, fünf oder sechs Jahre hinweg. Insofern steht Sachsen-Anhalts Innenminister, mein Kollege Püchel, vor keinem anderen Problem als wir hier.“
„Unter den zwingenden Gesichtspunkten halte ich eine solche Reform, wie sie jetzt auch in Sachsen-Anhalt durchgeführt wird, für zwingend erforderlich.“
Meine Damen und Herren! Ziel der Funktionalreform ist es, dass Aufgaben möglichst bürgernah, weit unten in der Behördenhierarchie erledigt werden. Wenn eine Hierarchie weiter oben angesiedelt ist, dann sollte sie möglichst leicht erreichbar sein.
Ein Beispiel: Wer im Landkreis Aschersleben-Staßfurt eine nicht ganz kleine Anlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigt haben möchte, der muss sich zurzeit nach Magdeburg bemühen. Künftig wird er
dies im Landratsamt, mit dem er ohnehin zu tun hat, erledigen können. Auch dies macht den Landkreis zu einem attraktiveren Ansprechpartner für Investoren.
Die nach unserem mit der Landesregierung abgestimmten Konzept zur Übertragung auf die Kommunen vorgesehenen Aufgaben sind substanziell und legitimieren eine Maßstabsvergrößerung der Landkreise.
Der Ihnen vorliegende Antrag untersetzt die diesbezüglichen Vorgaben des Zweiten Vorschaltgesetzes. Natürlich handelt es sich um einen Kompromiss. Niemand konnte ernsthaft erwarten, dass das Land sämtliche Aufgaben auf die Kommunen verteilt und sich dann auflöst. Im föderalen Bundesstaat müssen allen Ebenen angemessene Aufgaben verbleiben.
Die Beamten und Angestellten des Landes müssen einsehen, dass die Akzeptanz einer solchen Gebietsreform eine substanzielle Aufgabenverlagerung voraussetzt, und die neu entstehenden Gebietskörperschaften müssen damit leben, dass ihre Aufnahmefähigkeit entsprechend ihrer Größe begrenzt ist.
Die vom Landkreistag geäußerten Wünsche nach Übertragung von Aufgaben sind in unserem Konzept zum weit überwiegenden Teil berücksichtigt worden. Wenn der Landkreistag Regionalkreise befürworten würde, dann könnte er auch ein entsprechend größeres Aufgabenvolumen verlangen. Bei einer Mindestgröße der künftigen Kreise von nur 150 000 Einwohnern können eben manche Aufgaben nicht übertragen werden, wenn man die Kriterien der Wirtschaftlichkeit und der Leistungsfähigkeit ernst nimmt.
Ich kürze meine Rede jetzt ein wenig. - Ich denke, die hochspezialisierten Aufgaben, wie sie in staatlichen Ämtern für große Einzugsbereiche wahrgenommen werden können, kann man nur auf die Gebietskörperschaften der Kreisebene herunterbrechen, wenn deren Zahl deutlich verringert wird. Anderenfalls müsste man zusätzliche Spezialisten einstellen.
Herr Kollege Becker hat vorhin das Beispiel der Landwirtschaftsverwaltung angeführt. Wir haben nicht nur die Dorferneuerung, sondern wir haben sämtliche Aufgaben, mit Ausnahme der EU-Beihilfen, als dem Grundsatz nach kommunalisierbar bezeichnet, selbst eine so schwierige, auch mit technischem Gerät verbundene Aufgabe wie die Flurbereinigung.
Wie wollen sie denn diese Aufgabe auf 24 Körperschaften der Kreisebene herunterbrechen? Das geht nun wirklich nur im Zusammenhang mit einer deutlichen Reduzierung der Zahl der Landkreise. Erst wenn die neuen kommunalen Strukturen entstehen, können die zusätzlichen Aufgaben dorthin verlagert werden. Herr Dr. Brachmann hat das zu Recht noch einmal betont.
Verständlich ist der Wunsch, erst Klarheit hinsichtlich der zu kommunalisierenden Aufgabenbereiche zu schaffen, bevor eine gesetzliche Gebietsreform durchgeführt wird. Diese Klarheit schaffen wir auch. Nach dem Zweiten Vorschaltgesetz, in dem die Grundzüge der Verwaltungsreform beschrieben werden, geschieht dies mit unserem Antrag. Soweit zur Aufgabenübertragung Gesetze geändert werden müssen, wird dies zumindest zeitgleich mit den Gebietsänderungsgesetzen erfolgen.
Für eine gute Idee halte ich die gemeinsame Personalbörse von Landes- und Kommunalverwaltungen, die der Ministerpräsident vorgeschlagen hat. Ich verbinde damit die Erwartung, dass der verstärkte Personalaustausch das gegenseitige Verständnis und in der Folge die Ko
operation zwischen den Angehörigen von Landes- und Kommunalverwaltungen verbessern wird. Wir müssen mit dem Vorurteil aufräumen, in der jeweils anderen Verwaltung und auf der jeweils anderen Ebene säßen Leute, die es nicht können und niemals können werden. In Wahrheit ist es doch wohl so, dass es in jeder Behörde gute und weniger gute Leute gibt.
Ich denke, die Beschäftigten aller öffentlichen Verwaltungen sollten sich ihrer gemeinsamen Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern stärker bewusst werden. Diese interessiert es am Ende herzlich wenig, welche Behörde für sie bestimmte Verwaltungsleistungen erbringt. Die Betroffenen interessieren sich vor allem für Qualität und Kosten dieser Leistungen.
Ebenso wichtig wie die Aufgabenübertragung vom Land auf die Landkreise ist uns die Funktionalreform zwischen den Kreisen und kreisangehörigen Gemeinden. Die PDS-Fraktion hat hierzu den Begriff der interkommunalen Funktionalreform geprägt. Das kommt sicherlich von „Hoch die interkommunale Solidarität“.
Künftig sollen die Bürgerinnen und Bürger alle Verwaltungsgeschäfte des täglichen Lebens in der Gemeinde erledigen können. Wer umzieht, wird mit dem Besuch beim Einwohnermeldeamt auch gleich die Kfz-Ummeldung bei der Gemeindeverwaltung erledigen können. Das Aufsuchen der Kreisverwaltung wird in aller Regel entbehrlich sein.
Es freut mich, dass diesem Teil des Entschließungsantrags ein von den kommunalen Spitzenverbänden gemeinsam erarbeiteter Katalog zugrunde liegt und dass der Städte- und Gemeindebund die damit zusammenhängende Gebietsreform mitträgt.
Zu den wichtigen Strukturfragen Personal und Finanzen will ich anmerken, dass ich mich über die abgeschlossene Rahmenvereinbarung freue, weil dadurch für die Beschäftigten tatsächlich ein Maß an Sicherheit erreicht wird, das den Prozess sozialverträglich gestalten hilft.
Meine Damen und Herren! Das Land Nordrhein-Westfalen hat 17,9 Millionen Einwohner und knapp 400 Gemeinden. Das Land Sachsen-Anhalt hat 2,6 Millionen Einwohner und fast 1 300 Gemeinden. Auch wenn man die Unterschiede zwischen beiden Ländern berücksichtigt und unterstellt, dass bei der kommunalen Gebietsreform in NRW überzogen wurde, bleibt festzustellen, dass wir uns eine so kleinteilige Struktur nicht länger leisten können.
Herr Professor Böhmer hat zu Recht gesagt, die Kosteneffizienz der Selbstverwaltung sollte die Entscheidungsprämisse sein.
Dem kann ich nur zustimmen. Aber es stellt sich dann die Frage: Wo wollen wir sparen? - Dort, wo für die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar Leistungen erbracht werden? Oder nicht lieber bei der Verwaltung der Verwaltung?
Der Prozess der Gemeindeneugliederung ist in vollem Fluss. Dies geschieht auf der Grundlage des Leitbildes, das der Innenminister im Dezember 1999 vorgelegt hat. In meinem Landkreis ist am 1. Januar 2002 durch Zusammenschluss der Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft die Stadt Falkenstein/Harz entstan
den. Treibende Kraft war der Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamtes Herr Wycisk, der auch für die CDU im Kreistag sitzt. Der Kollege Gürth hat gemeinsam mit ihm ein Ortsschild ausgewechselt und damit das Ende der Gemeinde Wieserode besiegelt.
(Herr Dr. Rehhahn, SPD: Hört, hört! - Herr Dr. Bergner, CDU: Freiwillig, Herr Kollege, freiwil- lig! - Unruhe)