Protokoll der Sitzung vom 22.02.2002

Daher haben wir von der CDU auch nicht die große Beschwer, auf den Vorschlag der SPD hinsichtlich einer Befristung des Gesetzes auf zwei Jahre einzugehen; denn wir gehen davon aus, dass in diesem Zeitraum der Handlungsdruck auch für die Bundesebene so groß sein wird, dass dort etwas geschehen wird.

Ein weiterer Punkt. Es wurde das Argument angeführt, dadurch, dass wir uns in dem Gesetz den Straftätern zuwenden, würden wir uns in die konkurrierende Gesetzgebung zum Strafgesetzbuch begeben und uns damit kompetenzmäßig außerhalb unserer Zuständigkeiten bewegen.

Dazu ist Folgendes zu sagen: Es geht darum - das haben wir im Ausschuss dargelegt -, dass wir Erkenntnisse im Vollzug gewinnen und gewonnen haben, die mit höchster Wahrscheinlichkeit besagen, dass etwas Schreckliches passieren wird, wenn wir die betreffende Person herauslassen.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Aber nie mit 100 %!)

- Es gibt Beispiele dafür, dass derartige Erkenntnisse vorliegen und dass Täter in Fällen, in denen sie herausgelassen worden sind, mit 100-prozentiger Sicherheit gehandelt haben.

Natürlich kann man das bei einem solchen Vorausschauen nicht mit 100-prozentiger Sicherheit sagen. Aber, verehrte Frau Kollegin, Sie wissen wie ich, dass im PsychKG manchmal eine Unterbringung zum Selbstschutz, manchmal aber auch zum Schutz anderer, allerdings krankheitsbedingt, erfolgt. Hierbei sind wir in einem Feld,

(Frau Krause, PDS, und Frau Dr. Weiher, PDS: Eben!)

in dem sich die kriminelle Neigung in der Grauzone zwischen Krankheit und Verantwortung befindet.

(Zuruf von Frau Dr. Weiher, PDS)

Das Problem, das wir haben - darin stimme ich dem Innenminister völlig zu -, ist: Wir haben hinterher, wenn wir nicht gelegentlich auch zum Schutz der uns unbekannten Opfer dem uns bekannten Täter entschieden gegenübertreten, getötete, geschändete und andere Personen, die wir jetzt nur noch nicht kennen.

Herr Remmers!

In diesem Bereich gibt es Handlungsbedarf. - Meine Redezeit ist schon längere Zeit überschritten.

Erheblich.

Herr Präsident, ich respektiere, dass Sie mich haben ausreden lassen und bedanke mich dafür.

Ich wollte nur noch sagen: Dies ist keine leichtfertige Entscheidung. Wir haben uns hierbei, denke ich, unserer Verantwortung gemäß im Ausschuss zusammengerauft. Ich bitte Sie, dem gemeinsamen Vorschlag der beiden Fraktionen zuzustimmen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr. - Meine Damen und Herren! Eine Lehrstunde in Demokratie erfahren gerade Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Jugendweihe aus Stendal, die wir herzlich begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Nunmehr hat der Minister der Justiz noch einmal um das Wort gebeten. Bitte, Herr Minister.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Remmers, ich muss es einfach sagen: Erstens. Ehre wem Ehre gebührt. Sie waren vier Wochen früher dran; Sie haben den Gesetzentwurf vier Wochen vor der SPD-Fraktion eingebracht. Das möchte ich ganz klar feststellen.

Zweitens. Die große Identität zwischen den beiden Gesetzentwürfen ergibt sich nicht daraus, dass wir von Ihnen abgeschrieben haben, sondern vielmehr daraus, dass wir beide von Baden-Württemberg abgeschrieben haben.

(Heiterkeit)

Drittens. Ich habe in meiner Einbringung gesagt, dass die Landesregierung den Entwurf der SPD-Fraktion unterstützt, und habe dann ausgeführt, dass die beiden Entwürfe vorlagen und der Entwurf der SPD die Grundlage für die Beratung im Ausschuss war. Ich danke Ihnen noch einmal ganz herzlich, dass Sie dies so mitgetragen haben.

(Zustimmung von Herrn Metke, SPD, und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister.

Herr Remmers möchte noch etwas sagen.

Eine Intervention oder eine Frage?

Es ist eine Intervention. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte nur auf Folgendes hinweisen: Ich habe dies nur gesagt, weil ich glaube, dass wir uns untereinander diese Art von geistigen Vaterschaftsprozessen ersparen sollten. Ich finde es richtig nett, Herr

Minister, dass Sie darauf eingegangen sind. Das entspricht unserem fairen Umgang miteinander. Aber wir sollten uns eigentlich die Notwendigkeit solcher Debatten über denjenigen, der hierbei der Erzeuger war und der möglicherweise später

(Minister Herr Dr. Püchel: Die Prügel kriegt!)

die Verantwortung zu tragen hat, ersparen. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Prof. Dr. Böh- mer, CDU, lacht)

Das ist richtig.

Die Frage der Alimente in der Vaterschaftsfrage ist damit geklärt. - Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zum Abstimmungsverfahren. - Frau Tiedge, haben Sie eine Frage? - Bitte, Frau Abgeordnete.

Nur eine kurze Äußerung. - Herr Remmers, wir könnten jetzt trefflich einen juristischen Streit über den Vergleich zwischen Strafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung anfangen. Ich glaube, das ersparen wir den anderen. Es bleibt aber nach wie vor eine freiheitsentziehende Maßnahme, die dem Straftäter auferlegt wird.

Vor dem Hintergrund, dass hier immer wieder davon gesprochen wird, dass mit diesem Gesetz verantwortungsbewusst umgegangen wurde, frage ich mich aber, warum man nicht im Vorfeld wenigstens eine Anhörung durchgeführt hat,

(Beifall bei der PDS)

in der Sachverständige, Kriminologen, Psychiater, Psychologen, Sachverständige aus dem Strafvollzug, Staatsanwälte und Richter zu diesem Gesetz hätten befragt werden können. Das wäre für mich ein verantwortungsbewusster Umfang mit einem solchen Gesetzesvorhaben gewesen.

(Beifall bei der PDS - Zuruf von Minister Herrn Dr. Püchel)

Danke sehr. - Frau Tiedge, erwarten Sie eine Antwort auf Ihre Frage? Oder war das eine Feststellung?

(Herr Dr. Süß, PDS: Das war eine Intervention!)

- Eine Intervention. Danke sehr. - Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 3/5284. In Anwendung des § 32 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung schlage ich vor, über die vorliegende Beschlussempfehlung in ihrer Gesamtheit abzustimmen. Verlangt ein Mitglied des Landtages an irgendeiner Stelle eine getrennte Abstimmung? - Das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag in der Drs. 3/5319 unter Nr. 2. Das betrifft die Änderung des § 1 Abs. 1. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Handzeichen.

(Herr Remmers, CDU: Worüber wird abge- stimmt?)

- Über den Änderungsantrag zu § 1 Abs. 1. - Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei vier Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist dem Änderungsantrag zugestimmt worden.

Wir stimmen jetzt über den so geänderten § 1 ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das gleiche Abstimmungsverhalten. Damit ist der § 1 in der geänderten Fassung beschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die §§ 2 bis 9. Wer diesen Paragrafen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Gleiches Abstimmungsverhältnis. Somit sind die §§ 1 bis 9 beschlossen worden.

Wir kommen nun - das ist vom Verfahren her so vorgeschrieben - zur Abstimmung über die Überschrift. Auch dazu gibt es einen Änderungsantrag. Dieser liegt in der Drs. 3/5319 unter Nr. 1 vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Gleiches Abstimmungsverhältnis. Der Änderung ist zugestimmt worden.

Jetzt stimmen wir über die Gesetzesüberschrift in der so geänderten Fassung ab. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das gleiche Abstimmungsverhältnis. Somit ist die Überschrift in der geänderten Fassung beschlossen worden.

Wir stimmen über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer stimmt dem Gesetz zu? - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Das ist das gleiche Bild. Damit ist das Gesetz beschlossen.

Meine Damen und Herren! Damit ist der Tagesordnungspunkt 5 abgeschlossen.