Protokoll der Sitzung vom 22.02.2002

Meine Damen und Herren! Damit ist der Tagesordnungspunkt 5 abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Terrorismus, Extremismus und organisierter Kriminalität

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drs. 3/4958

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres Drs. 3/5294

Die erste Beratung fand in der 63. Sitzung des Landtages am 11. Oktober 2001 statt. Ich bitte jetzt den Abgeordneten Herrn Jeziorsky, als Berichterstatter das Wort zu nehmen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Terrorismus, Extremismus und organisierter Kriminalität ist dem Ausschuss für Inneres nach der ersten Beratung in der 63. Sitzung des Landtages am 11. Oktober 2001 zur Erarbeitung einer Beschlussempfehlung überwiesen worden.

In seiner 49. Sitzung am 21. November 2001 befasste sich der Innenausschuss erstmalig mit diesem Gesetzentwurf und verständigte sich darauf, eine Anhörung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf durchzuführen und im Rahmen dieser Anhörung einen Bericht der Landesregierung über die Erfahrungen bei der Anwendung des SOG seit der letzten Novellierung im Jahre 2000 anzufordern. Hierbei ging es insbesondere um die in Rede stehenden gesetzlichen Veränderungen zur Schleierfahndung, zum erweiterten Platzverweis sowie zur Videoüberwachung.

Die Anhörung fand in der 51. Sitzung des Innenausschusses am 23. Januar 2002 statt. Der Innenausschuss hatte zu dieser Anhörung Vertreter der Innenministerien bzw. der Staatsministerien des Innern der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Sachsen eingeladen. Gleichzeitig waren Vertreter der Polizeigewerkschaft des Landes Sachsen-Anhalt zu dieser Anhörung eingeladen worden.

Der Bericht über die Erfahrungen im Umgang mit dem novellierten SOG für das vergangene Jahr konnte naturgemäß - so haben es die Vertreter des Innenministeriums vorgetragen - nur knapp ausfallen. Es erfolgte der Verweis darauf, dass diese Regelungen relativ neu seien und dass die Polizeibeamten ein Stück weit Zeit brauchten, um mit dem neuen Rechtsrahmen sicher umzugehen. Uns konnten zwar kleine Erfolge hinsichtlich der Anwendung des Platzverweises, der ereignisunabhängigen Kontrollen und der Videoüberwachung dargestellt werden, aber von großen Ergebnissen konnte nicht gesprochen werden.

Ich will das an einem Beispiel anhand der Aussagen der Kollegen aus den anderen Bundesländern deutlich machen. Ich bleibe hierbei im Bereich der Schleierfahndung oder, wie es bei uns heißt, der lagebildabhängigen Kontrolle.

Seit dem In-Kraft-Treten unseres SOG wurden 33 so genannte lagebildabhängige Kontrollen in SachsenAnhalt angeordnet, in deren Folge ca. 2 500 bis 3 000 Überprüfungen erfolgten. Diese Überprüfungen haben letztlich zu zwei Festnahmen geführt. In Niedersachsen muss zum Beispiel eine solche lagebildabhängige Kontrolle nicht angeordnet werden. Das Polizeirecht in Niedersachsen besagt, dass der Polizeibeamte aufgrund eigener Lageeinschätzungen über die Frage der Identitätsfeststellung, also die Schleierfahndung, selbst entscheiden kann. In Niedersachsen werden aufgrund solcher Entscheidungen der Polizeibeamten jährlich 50 000 verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollen durchgeführt, die am Ende zu 990 Festnahmen führten. Ähnliche Zahlen oder sogar noch bessere Ergebnisse wurden aus Baden-Württemberg, aus Bayern und aus Sachsen berichtet. Das zu den Ergebnissen dieser Anhörung.

Insgesamt haben die Vertreter der anderen vier Bundesländer im Rahmen dieser Anhörung deutlich gemacht, dass die Novellierung unseres Polizeirechtes aus ihrer Sicht in die richtige Richtung geht, und haben sie als positiv bewertet.

Die Vertreter der Polizeigewerkschaft des Landes Sachsen-Anhalt wiesen darauf hin, dass es zunächst notwendig sei, mit dem bisher geltenden Rechtsrahmen im Polizeibereich sicher umzugehen, und deshalb eine erneute Veränderung des Polizeirechts zu Irritationen führen könnte. Die Polizeigewerkschaft des Landes Sachsen-Anhalt sprach sich gegen eine Novellierung zum jetzigen Zeitpunkt aus.

Nach der Anhörung wurde im Innenausschuss über den Gesetzentwurf als solchen beraten, wobei ich sagen muss, dass die Beratung relativ kurz war. Es gab keine Änderungsanträge zu den Regelungen des Gesetzentwurfes. Mit entsprechenden Argumentationen und mit dem Verweis auf die Aussagen der Kollegen der Polizeigewerkschaft in der Anhörung votierten die Kollegen der SPD- und der PDS-Fraktion gegen eine erneute Novellierung des Polizeirechts. Insoweit darf ich Ihnen das Ergebnis vortragen: Der Ausschuss für Inneres empfiehlt mehrheitlich die Ablehnung des Gesetzentwurfs. - Herzlichen Dank.

Danke, Herr Kollege, für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion in folgender Reihenfolge vereinbart worden: DVU, PDS, SPD, FDVP und CDU. Als Erstem erteile ich jedoch für die Landesregierung Herrn Innenminister Dr. Püchel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion zur Änderung des SOG bin ich bei seiner Einbringung bereits im Einzelnen eingegangen. Ich möchte deshalb die Ausführungen, die ich im Rahmen meiner Regierungserklärung zur inneren Sicherheit nach den Terroranschlägen in den USA gemacht habe, nicht wiederholen.

Ich kann mich heute auf zwei Punkte beschränken, die aktuell nachzutragen sind. Der erste Punkt betrifft die mit der Mehrheit von SPD und CDU im SOG geschaffene polizeiliche Befugnis zur so genannten Schleierfahndung. Die Maßnahme wurde in unserem Gesetz als lagebildabhängige Kontrolle ausgestaltet, die eine Anordnung des Behördenleiters voraussetzt und auf Bundesfernstraßen beschränkt bleibt. Der Polizei wird ein kurzzeitiges Anhalten und Befragen der betroffenen Personen und die Inaugenscheinnahme mitgeführter Sachen ermöglicht.

Sie werden sich erinnern, dass diese eingeschränkte Fassung der Tatbestandsvoraussetzungen in den Gesetzesberatungen nicht zuletzt dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern geschuldet war. Die dortige weitergehende Vorschrift, die als Befugnis zur Identitätsfeststellung mit allen polizeirechtlichen Folgemaßnahmen ausgestaltet war, ist in diesem Urteil für verfassungswidrig erklärt worden. Die CDU-Fraktion empfiehlt nun, die in Mecklenburg-Vorpommern als verfassungswidrig aufgehobene Regelung in Sachsen-Anhalt einzuführen.

Ich hatte bereits im Oktober darauf hingewiesen, dass auch gegen unsere Änderungen des SOG Beschwerden beim Landesverfassungsgericht eingereicht worden sind. Das Gericht hat am 13. November 2001 entschieden. Die Bestimmung unseres Polizeigesetzes hat der landesverfassungsgerichtlichen Prüfung standgehalten. Dabei ist in den Entscheidungsgründen des Gerichts ausdrücklich darauf abgehoben worden, dass unsere Regelung im Unterschied zu der früheren mecklenburgischen Regelung die Polizeibefugnis an einschränkende tatbestandliche Voraussetzungen knüpft.

Die Tatsache, dass diese Entscheidung nach dem 11. September 2001 ergangen ist, unterstreicht, dass sich diese verfassungsrechtliche Einschätzung auch

durch die Terroranschläge nicht geändert hat. Spätestens nach dieser Entscheidung sollte sich die Diskussion um die Ausweitung von Straßenkontrollen erledigt haben.

Meine Damen und Herren! Ich komme zu dem zweiten Punkt des Gesetzentwurfs, auf den ich eingehen möchte. Dieser Punkt hat sich in der Tat nicht erledigt, weil es im Unterschied zu den Straßenkontrollen einen unmittelbaren Bezug zur Terrorismusbekämpfung gibt. Ich denke dabei an die so genannte Rasterfahndung, zu der in den vergangenen Tagen in den Medien ausführlich berichtet worden ist. Das geschah übrigens in einer Art und Weise, die mich offen gesagt doch sehr bedenklich stimmt.

Die Halbwertzeit des Erschreckens über die Terroranschläge in New York und Washington ist offensichtlich doch äußerst gering. Denjenigen, die heute bei der Anordnung der Rasterfahndung und der notwendigen Überprüfung der im Herbst getroffenen Maßnahmen von Kriegshysterie sprechen, empfehle ich, sich noch einmal ohne jede Hysterie die Bilder vom 11. September in Erinnerung zu rufen, zum Beispiel jene aus der Vollversammlung in der Technischen Universität HamburgHarburg unmittelbar nach dem 11. September - die Bilder von Studenten und Dozenten, in deren nachdenklichen Gesichtern Ungläubigkeit und Entsetzen über die Nachricht geschrieben war, dass ihre langjährigen Kommilitonen Atta und al-Shehhi gerade zu brutal kalkulierenden, menschenverachtenden Massenmördern geworden waren.

Meine Damen und Herren! Die Sicherheitsbehörden gehen trotz der militärischen Erfolge in Afghanistan und des weltweit hohen Fahndungsdruckes der Sicherheitsbehörden noch immer nicht von einer Abschwächung der Gefährdungslage aus. Erst in der vergangenen Woche hat uns das FBI konkrete Warnungen aufgrund von Aussagen von Gefangenen der El-Kaida-Organisation und von Spurenfunden in Afghanistan gegeben. Den deutschen Behörden liegen aber keine Kenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung für die Bundesrepublik Deutschland hindeuten. Es besteht also nach wie vor kein konkreter Anlass zu Befürchtungen vor Anschlägen hier in Deutschland.

Die Anschläge von New York zeigen jedoch, dass sich Gefahren, die von Deutschland ausgehen, aufgrund der Internationalität des Terrorismus der el-Kaida nicht unbedingt hier konkretisieren müssen. Ich erinnere an einen Attentäter, der am 22. September des letzten Jahres mit einem in seinem Schuh befindlichen Sprengsatz in Paris einen Flug nach Miami bestieg. Es ist nach wie vor nicht geklärt, ob es sich hierbei um einen Einzeltäter gehandelt hat. Allein die Tatsache, dass der Verbleib von Osama bin Laden bis heute unklar ist, lässt eine Bagatellisierung der Gefahren nicht zu. Käme es zu einer Gefangennahme, würde das die Gefährdungseinschätzung noch einmal zuspitzen.

Meine Damen und Herren! Seit dem 24. Oktober wissen wir aus den Ermittlungsergebnissen des BKA definitiv, dass auch Sachsen-Anhalt als Unterschlupf für internationale Terroristen gedient hat. Der marokkanische Student Essabar, der eineinhalb Jahre in Köthen gelebt hat, wird zum so genannten Hamburger Kreis gezählt. Übrigens ist Essabar unabhängig von den Ermittlungen des BKA auch im Rahmen unserer Rasterfahndung aufgefallen. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Kriterien bei unserer Rasterfahndung richtig gewählt waren.

Tun wir als nicht so, meine Damen und Herren, als ob es sich im Hinblick auf den islamistischen Terrorismus um bereits überwundene oder mit Blick auf Sachsen-Anhalt um abstrakte Gefahren handeln würde.

Ob uns die laufende Rasterfahndung bei der Suche nach Terroristen und ihren möglichen Helfern am Ende weiterhelfen wird, können wir im Moment noch nicht sagen. Sie wissen, dass mit diesem polizeilichen Mittel ohnehin weitgehend Neuland beschritten werden musste.

Angesichts der Gefahren, die im September deutlich geworden sind, kann ich Ihnen allerdings eines mit Bestimmtheit sagen: Ich bin der Überzeugung, dass wir unverändert jedes vertretbare Mittel nutzen müssen, um die Gefahren des internationalen Terrorismus abzuwehren. Die Rasterfahndung, meine Damen und Herren, ist eines der wenigen Mittel, die uns hierfür zur Verfügung stehen. Es wäre daher unverantwortlich, diese Fahndung nicht fortzuführen. In einem bin ich mir völlig sicher: Nach eben jener Verantwortung würde ich von den größten Kritikern im Falle eines weiteren Anschlags peinlichst befragt werden.

Meine Damen und Herren! Ich bin mir mit all meinen Länderkollegen und mit dem Bundesinnenminister darin einig, dass es zur Fortführung der Rasterfahndung gegen internationale Terroristen und deren potenzielle Unterstützer keine Alternative gibt. Auch ich habe vor diesem Hintergrund mit Sorge die Gerichtsentscheidungen in einigen Ländern zur dortigen Rasterfahndung gelesen. Ich hielt es jedoch im Unterschied zur CDU für falsch, diese Gerichtsentscheidungen in anderen Ländern zum Anlass für eine überstürzte Gesetzesänderung in Sachsen-Anhalt zu nehmen.

Zum Ersten haben wir in Sachsen-Anhalt im Unterschied zu einigen anderen Ländern eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Rasterfahndung. Bei uns bestand im September daher kein Anlass zu hektischer gesetzlicher Nachbesserung.

Zum Zweiten liegt unserer Rasterfahndung aufgrund des Richtervorbehalts eine positive richterliche Entscheidung zugrunde. Das hat in den vom Verfahren betroffenen Stellen im Land bereits im Dezember die Akzeptanz für den Datenabgleich erhöht und gibt im Hinblick auf die Bestandskraft der Anordnung einen gewissen Anlass zu Optimismus. Übrigens lässt sich vor diesem Hintergrund auch sehr wohl darüber streiten, ob es - von den rechtsstaatlichen Aspekten einmal abgesehen - klug wäre, den Richtervorbehalt an dieser Stelle abzuschaffen, wie es die CDU in ihrem Gesetzentwurf fordert.

Zum Dritten müssen die Gerichtsentscheidungen und -verfahren differenziert betrachtet werden. So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf das Vorliegen einer konkreten gegenwärtigen Gefahr, wie sie in NRW und bei uns für die Rasterfahndung vorausgesetzt wird, ausdrücklich bejaht und die Rasterfahndung für verhältnismäßig erklärt. Die Rasterfahndung wurde lediglich im Falle eines deutschen Staatsangehörigen für rechtswidrig erklärt. Das Gericht forderte die Beschränkung auf Staatsangehörige aus so genannten Problemstaaten. Darauf haben wir die Fahndung in Sachsen-Anhalt jedoch von vornherein beschränkt. Nach der nordrheinwestfälischen Entscheidung ist unsere Rasterfahndung also nicht zu beanstanden.

Gegen die Urteile, die die Rasterfahndung in anderen Ländern für rechtswidrig erklärten - in Berlin und Hessen -, sind Rechtsmittel eingelegt worden, die auf die

positive Entscheidung des Düsseldorfer Oberlandesgerichts Bezug nehmen. Dementsprechend wird auch in diesen Bundesländern nicht an eine Änderung der Ermächtigungsgrundlage gedacht. Aktuell werden wir sogar noch durch die Entscheidung aus Rheinland-Pfalz gestützt.

Meine Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund habe ich auf der Ebene der Innenministerkonferenz angeregt, eine Gruppe von Polizeirechtsexperten einzusetzen. Die Arbeitsgruppe soll unter anderem die Erfahrungen mit der aktuellen Rasterfahndung Länder übergreifend im Hinblick auf rechtliche Fragen und gesetzgeberischen Handlungsbedarf abklopfen. In diesem Zusammenhang wird auch die bereits angesprochene Frage des Richtervorbehalts gründlich abzuwägen sein.

Meine Anregung ist im zuständigen Arbeitskreis der IMK in der vergangenen Woche bereits aufgegriffen worden. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir auf der Grundlage der Ergebnisse der Arbeitsgruppen alsbald Aufschluss darüber bekommen, ob und inwieweit die Polizeigesetze der Länder geändert werden sollten; wenn ja, dann einheitlich, wie ich hoffe. Wer mich kennt, weiß genau: Wenn ich eine Änderung für erforderlich halte, setze ich sie auch durch.

Meine Damen und Herren! Eines hat die laufende Rasterfahndung gezeigt: Dieses polizeiliche Mittel wird in aller Regel bundeseinheitlich eingesetzt werden müssen. Ich habe mich daher für eine einheitliche Ermächtigungsgrundlage in allen Ländern ausgesprochen. Wenn wir dann eine andere Regelung hätten, müssten wir diese anpassen. Eine vorschnelle Änderung lehne ich aber zum derzeitigen Zeitpunkt ab. Sie ist jetzt nicht erforderlich und - das muss man sich auch einmal überlegen - wäre Wasser auf die Mühlen der Kritiker, von denen es genug gibt.

Meine Damen und Herren! Ich habe bei der Einbringung des Gesetzentwurfes gesagt, dass ich vernünftigen Vorschlägen offen gegenüberstehe. Im Fall der Rasterfahndung bedeutet dies, die weitere Rechtsprechung und die daraus abgeleiteten Ergebnisse der IMK abzuwarten.

Im Fall aller anderen Punkte des CDU-Gesetzentwurfes hat die Beratung des Ausschusses erneut ergeben, dass für eine Änderung des SOG zum jetzigen Zeitpunkt im Land kein Bedarf besteht.

Bezüglich der lagebildabhängigen Kontrollen habe ich eingangs auf die verfassungsrechtlichen Fragen hingewiesen. Die Beschlussempfehlung kommt daher zu Recht zu dem Ergebnis, dass der Gesetzentwurf abgelehnt werden sollte. Im Namen der Landesregierung empfehle ich, dieser Beschlussempfehlung zu folgen. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Minister. - Die DVU-Fraktion hat auf einen Redebeitrag verzichtet. Für die PDS-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Gärtner.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU legte einen Gesetzentwurf mit einem sehr anspruchsvollen Titel vor: „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Terrorismus, Extremismus und organisier

ter Kriminalität“. So anspruchsvoll die Überschrift ist, müsste dieses Anliegen - der Schutz der Bevölkerung dieses Haus einigen. In der Tat hat sich der Landtag im Oktober 2001 ausführlich diesem Anliegen gewidmet. Die PDS hat eine Reihe von Maßnahmen nach dem 11. September 2001 mitgetragen, andere haben wir aber als überzogen und rechtlich bedenklich kritisiert.

Die CDU hat die Situation und das erhöhte Sicherheitsbedürfnis genutzt, um noch einmal in ihre Schubladen zu sehen, und präsentierte unter besagtem Gesetzestitel altbekannte Vorschläge. Das Ansinnen, die verdachtsunabhängigen Kontrollen auszuweiten, ist bereits in der Debatte zur Novellierung des SOG abgelehnt worden. Auch die Forderungen nach erleichterter Rasterfahndung und Erweiterung der Befugnisse des Verfassungsschutzes sind nicht neu.

Die Ausweitung verdachts- und ereignisunabhängiger Kontrollen auf den gesamten Verkehrsraum ist verfassungsrechtlich bedenklich. Ich verweise erneut auf das entsprechende Urteil des Verfassungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern - der Minister hat das bereits getan - und auf eine Reihe seit der SOG-Debatte vorliegender Gutachten. Die Ausweitung ist zudem unsinnig und unnötig. Es sollte auch den Kollegen der CDU zu denken geben, dass auch Vertreter der Gewerkschaft der Polizei dieses Instrument als nicht notwendig ansehen.

Bereits die Befugnis zur Schleierfahndung auf Bundesfernstraßen hat bis heute nicht die Erwartungen erfüllt, die die Befürworter in sie gesetzt haben. Sehr wohl kann durch solche Kontrollen eine Anzahl von Zufallstreffern erfolgen. Die Bedeutung für die Bekämpfung der organisierten und insbesondere der grenzüberschreitenden Kriminalität - dafür wurde dieses Instrumentarium geschaffen - ist nennenswert, aber bisher nicht nachgewiesen. Erst recht kann eine Zahl von Zufallstreffern nicht als Rechtfertigung dafür dienen, den Rechtsgrundsatz, dass ein Bürger durch sein Verhalten zunächst einen Anlass gegeben haben muss, bevor staatliches Handeln ihn treffen darf, weiter auszuhöhlen.

Meine Damen und Herren! Ebenso bedenklich erscheint das Instrument der Rasterfahndung, das die CDU wesentlich erweitern will. Die rechtliche Fragwürdigkeit ist jüngst durch Gerichtsurteile belegt worden. Bisher nicht belegt werden konnte hingegen die Effektivität dieser Befugnis. Es gibt daher keinen Grund, der vorgesehenen Erweiterung zuzustimmen.