Protokoll der Sitzung vom 14.03.2002

Auch an die Verbrechen des SED-Regimes möchten heute nur noch wenige erinnert werden. „Wir wollen das endlich ruhen lassen“, heißt es. Dann kann man auch den Spruch hören: „Es war ja alles nicht so schlecht.“ Und: „Damals herrschte wenigstens noch Zucht und Ordnung.“

Von dem perfiden System der geistigen und körperlichen Gefangenschaft ist außer in Marienborn und in Hötensleben kaum noch etwas zu sehen. Dass dort zum Beispiel auch 20 Kinder skrupellos ermordet wurden - wen interessiert das schon? - Schweigen, Verdrängen.

Ich halte diese Entwicklung für die Demokratie für verheerend. Ich will nicht in den Verdacht geraten, die Verbrechen der Nazis mit denen in der DDR gleichzusetzen. Das wäre unzulässig und würde die Nazi-Verbrechen verharmlosen. Aber wir müssen uns, um die Wahrheit zu finden, über die komplexen Zusammenhänge, also auch über das SED-Unrecht im Klaren sein.

Nur wer das Unrecht der Vergangenheit kennt und weiß, in welche Katastrophen verirrte Ideologen ein ganzes Volk führen können, kann Unrecht für die Zukunft vermeiden. Die Demokraten sollten deshalb sehr genau darauf achten, wem sie die Macht anvertrauen.

Um der jungen Generation aufzuzeigen, wozu solche Verirrungen führen können, sind Gedenkstätten als Mahnung und Aufklärung neben einer Aufklärung im Geschichts- und Sozialkundeunterricht unbedingt notwendig. Deshalb ist es auch wichtig, dass neben dem Roten Ochsen, dem Moritzplatz, neben Marienborn und Hötensleben, neben Bernburg und LangensteinZwieberge auch das Schloss Lichtenburg Gedenkstätte bleibt.

Da das heute auch meine letzte Rede ist, möchte ich Ihnen sagen: Passen Sie auf unsere Demokratie gut auf!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zustimmung von Frau Bull, PDS, von Herrn Wiechmann, FDVP, und von Minister Herrn Dr. Püchel)

Danke schön, Frau Leppinger. - Für die PDS-Fraktion hat Herr Gärtner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion möchte ich die zur Debatte stehende Beschlussempfehlung des Innenausschusses ausdrücklich begrüßen und dafür werben, sie heute anzunehmen. Der Verabschiedung ist ein langer Diskussionsprozess vorausgegangen, wie bereits in der Berichterstattung deutlich geworden ist.

Die heutige Verabschiedung ist ein gutes Signal an die Öffentlichkeit, an die Gemeinde, an den Landkreis und insbesondere an die Opferverbände, an die noch lebenden Opfer, die im KZ Schloss Lichtenburg gelitten haben, und deren Angehörige. Ihnen ist es vor allem zu verdanken, dass dieses Thema nicht einfach so vom grünen Tisch aus aufgrund bürokratischer Einschätzungen entschieden worden ist. Ich möchte mich für deren

Engagement an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Es ist eigentlich traurig, dass man dies tun muss.

(Zustimmung bei der PDS)

Ich möchte aber auch der Landesregierung insofern ausdrücklich meinen Respekt aussprechen, als sie angesichts der erdrückenden Faktenlage letztlich doch noch umgeschwenkt ist. Diese lautet: Von 1933 bis 1939 befand sich in der Lichtenburg eines der frühen Kontraktionslager der Nazis. 1933 wurde dort ein so genanntes Sammellager für staatsfeindliche Elemente eingerichtet, in dem bis 1937 Männer, danach Frauen inhaftiert wurden.

Es waren überwiegend politische Häftlinge, aber auch Juden, Homosexuelle, Bibelforscher und weitere rassistisch Verfolgte. So waren unter anderem Friedrich Ebert jun., Wilhelm Leuschner, Carlo Mierendorf, Max Abraham, Alfred Kantorowicz, Wolfgang Langhoff, Hans Lorbeer, Lotti Huber, Olga Benario-Prestes, Ernst Reuter und viele andere in der Lichtenburg interniert.

Die männlichen Häftlinge wurden 1937 in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen verlegt. Die weiblichen Häftlinge wurden 1939 in das Konzentrationslager Ravensbrück überführt. Danach diente das Schloss bis 1945 als Zeugamt der SS.

Im Jahre 1965 wurde im Bunker des ehemaligen KZ eine Mahn- und Gedenkstätte eingerichtet, in der die Zellen im Originalzustand erhalten sind. 1974 erfolgte eine Erweiterung durch drei Ausstellungsräume.

Die Mahn- und Gedenkstätte befindet sich heute immer noch in der Trägerschaft des Landkreises Wittenberg. Dieser hat es Anfang der 90er-Jahre verabsäumt, auf Landes- und Bundesebene deutlich zu machen, dass dies eine Gedenkstätte mit überregionaler Bedeutung ist, was meines Erachtens angesichts der langen Liste der dort inhaftierten prominenten Leute unumstritten ist.

Das hat sich nunmehr geändert. Aus diesem Grunde begrüßt die PDS-Fraktion die während des im Januar durchgeführten Kolloquiums in Prettin von der Landesregierung vorgenommene Kurskorrektur hinsichtlich der Einstufung der Bedeutsamkeit des ehemaligen Konzentrationslagers Schloss Lichtenburg in Prettin. Während der Tagung verkündete der Vertreter des Innenministeriums, dass diesem Ort eine überregionale, wenn nicht sogar eine nationale Bedeutung zukomme.

Nunmehr geht es darum, dass dieses Bekenntnis konkret finanziell und konzeptionell seitens der Landesregierung und des Landtages untersetzt und zügig mit der Umgestaltung der Gedenkstätte begonnen wird. Möglich ist auch eine Veränderung hinsichtlich der Trägerschaft der Gedenkstätte. Diese hat zurzeit allein der Landkreis inne. Eine Beteiligung des Landes ist aus der Sicht der PDS vorstellbar.

Ich möchte an dieser Stelle an eine gemeinsame Erklärung von Opferverbänden zur weiteren Gestaltung der Mahn- und Gedenkstätte KZ Schloss Lichtenburg vom 9. März 2002 erinnern. In Punkt 7 dieser Erklärung heißt es, aufgrund der besonderen Bedeutung des authentischen Ortes KZ Lichtenburg seien die Opferverbände der Meinung, dass die Gedenkstätte in die Trägerschaft des Landes Sachsen-Anhalt und in die Gedenkstättenkonzeption der Bundesregierung aufgenommen werden müsse. Dies wird vonseiten der PDS-Fraktion ausdrücklich unterstützt.

Im Innenausschuss konnte ein guter Kompromiss gefunden werden, der sich auf die Gemeinsamkeiten der demokratischen Parteien in diesem Punkt konzentriert, die in den Beschlusspunkten gebündelt werden. Ich will aber trotzdem sagen und ausdrücklich betonen: Wir, die PDS-Fraktion, plädieren weiterhin dafür, den geplanten Verkauf des ehemaligen KZ Schloss Lichtenburg in Prettin zu stoppen. Es müssen endlich Alternativen auf den Tisch.

Letztlich weiß jeder und jede, der sich dieses Objekt angeschaut hat, dass es - der Minister hat es zumindest angedeutet - keinen seriösen Käufer, keine seriöse Käuferin dafür geben wird. Aus diesem Grund muss der Bund in Zusammenarbeit mit dem Land und dem Landkreis prüfen, inwiefern für das Schloss ein Gesamtkonzept erstellt wird, welches beispielsweise eine internationale Jugendbegegnungsstätte unter Einbeziehung des Gedenkstättencharakters beinhaltet.

Wir werden also auch in der kommenden Legislaturperiode darüber reden. Trotzdem bin ich froh, dass die Debatte letztlich in den uns heute vorliegenden Beschluss gemündet ist, und danke dafür ausdrücklich den beteiligten Abgeordneten, den Vertreterinnen und Vertretern des Innenministeriums, den an dem Gutachten beteiligten Wissenschaftlern sowie den Opferverbänden und bitte um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der PDS)

Danke schön, Herr Gärtner. - Wir sind damit am Ende der Debatte.

Wir stimmen ab über die Beschlussempfehlung in der Drs. 3/5358. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? - Das ist ebenfalls nicht der Fall. Dann ist dieser Beschluss einstimmig gefasst worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 7 abgeschlossen.

Wir setzen fort mit dem Tagesordnungspunkt 8:

Zweite Beratung

Garantieerklärung von Futtermittelherstellern

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 3/5309

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Drs. 3/5368

Die erste Beratung fand in der 71. Sitzung des Landtages am 22. Februar 2002 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Sommerfeld. Es folgt dann eine Fünfminutendebatte. Bitte, Herr Sommerfeld, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der PDS in Drs. 3/5309

wurde durch den Landtag am 22. Februar dieses Jahres in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen. Dieser hat sich in seiner 50. Sitzung am 28. Februar 2002 mit dem Antrag befasst.

Von der einbringenden Fraktion wurde in der Beratung nochmals auf die Intention des Antrags hingewiesen, die Futtermittelindustrie gegenüber dem Landwirt verbindlicher in die Pflicht zu nehmen, garantiert einwandfreie, gesetzlich zugelassene Futtermittel bereitzustellen und auszuliefern. Es soll erreicht werden, den Schutz der Landwirtschaftsbetriebe zu erhöhen.

Die Landesregierung hat im Ausschuss berichtet, dass hinsichtlich der Zielstellung des Antrags auf allen Ebenen bereits Maßnahmen und Vorkehrungen getroffen wurden bzw. demnächst bevorstehen. So ist die Deklaration der Zusammensetzung von Futtermitteln bereits rechtsverbindlich vorgeschrieben. Es ist des Weiteren verboten, bedenkliche Futtermittel herzustellen und in den Verkehr zu bringen. Zur Gewährleistung der Unbedenklichkeit der Futtermittel sind Qualitätssicherungssysteme etabliert worden, die der Überwachung dienen; deshalb ist eine zusätzliche Kontrolle neben der Garantieerklärung der Futtermittelhersteller nicht zwingend notwendig.

Auf Bundesebene wurde eine Positivliste für Einzelfuttermittel erstellt, die fortlaufend aktualisiert wird. Auch auf EU-Ebene soll gegenwärtig eine solche Liste erstellt werden, die in nationales Recht umzusetzen ist.

Sämtliche in Sachsen-Anhalt ansässigen Futtermittelhersteller haben sich nach Aussage des Ministeriums verpflichtet, nur noch Futtermittelausgangsstoffe der Positivliste zu erwerben und zu verarbeiten. Deshalb sind auch in diesem Zusammenhang weitere Schritte nicht erforderlich.

Der Ausschuss bewertet die Intention des Antrags als begrüßenswert und verständlich. Aber durch verschiedene Maßnahmen auf den Ebenen von EU, Bund und Land wird dieser Intention - so die Mehrheit des Ausschusses - bereits entsprochen.

Kriminelle Handlungen, die vereinzelt vorkommen - bekanntlich gibt es überall schwarze Schafe -, lassen sich leider durch noch so umfängliche Maßnahmen nicht verhindern. Hierbei sind die Gerichte gefragt, die Dinge aufzuklären und die Schuldigen in die Pflicht zu nehmen.

Die einbringende Fraktion der PDS sah die Zielstellung ihres Antrags nicht als vollständig erfüllt an und sprach sich dagegen aus, ihn für erledigt zu erklären. Ihrer Meinung nach sollte die Futtermittelindustrie noch verbindlicher in die Pflicht genommen werden.

Der Ausschuss sprach sich letztlich mit 5 : 1 : 3 Stimmen dafür aus, den Antrag für erledigt zu erklären. Der Ausschuss schlägt des Weiteren vor, über die landwirtschaftlichen Verbände, also den Berufsstand, verstärkt auf die Landwirte dahin gehend einzuwirken, dass diese ihre Futtermittel nur von Herstellern beziehen, die Futtermittelausgangsstoffe der Positivliste verwenden und damit die Garantie geben, unbedenkliches Futter bereitzustellen.

Ich bitte das Hohe Haus, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu folgen. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Dr. Reh- hahn, SPD)

Danke sehr. - Für die Landesregierung spricht jetzt Minister Herr Keller. Anschließend spricht die Abgeordnete Frau Wiechmann. Bitte, Herr Minister.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Berichterstatter in seinem Vortrag die Auffassung der Landesregierung präzise dargelegt hat, muss ich sie nicht wiederholen. Ich empfehle Ihnen, der Beschlussempfehlung zu folgen.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr. - Frau Wiechmann, Sie haben für die FDVP das Wort. Es schließt sich der Redebeitrag der Abgeordneten Frau Wernicke an.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun hat auch der Ausschuss das gemerkt, was wir bereits in der letzten Sitzung vorgetragen haben. Der Berichterstatter hat es nur in mehr oder weniger schönere Worte gekleidet.

Wir haben bereits letztens festgestellt, dass der Antrag eigentlich überflüssig ist, da Einzelheiten bereits geregelt sind. Sie haben es jetzt schön formuliert. Aber - eine kurze Bemerkung dazu - wenn sich alle vorher den Antrag genauer angesehen hätten, hätte es weder einer Überweisung des Antrags in den Ausschuss noch einer Beratung dort bedurft.

Ich empfehle, der Beschlussempfehlung zuzustimmen. Wir jedenfalls werden es tun. - Danke.