Vor allen Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von der SPD, möchten wir die Möglichkeit einräumen, sich über die negativen Folgen dieses steuerlichen Ansatzes ein Bild zu machen, damit Sie entsprechenden Einfluss auf Ihre Bundesregierung nehmen können. In diesem Sinne stimmen wir auf der Grundlage unseres Änderungsantrages dem vorgelegten Antrag zu.
Danke, Herr Abgeordneter Krause. - Ich rufe für die FDP-Fraktion Herrn Dr. Schrader auf und erteile ihm das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Mein letztes Hemd, der Steuersong, lebhaft kocht der Volkeszorn“ - so oder so ähnlich wird wohl der Tenor in der herannahenden Karnevalshochzeit lauten.
Zum konkreten Thema, der von der Bundesregierung vorgesehenen Änderung der Umsatzbesteuerung, in dem Fall Erhöhung - wen wundert’s? - in der Landwirtschaft und im Gartenbau. Die Bundesregierung plant für landwirtschaftliche Vorprodukte - dabei handelt es sich um Tiere, Saat- und Pflanzgut und Futtermittel - eine Anhebung des ermäßigten Steuersatzes von bislang 7 % auf 16 %. Daraus ergibt sich für die Landwirte beim Einkauf eine deutlich höhere Vorsteuerbelastung. Die Vorsteuerbelastung ist an sich schon eine Belastung.
Eine gleichzeitig geplante Änderung des Pauschalsteuersatzes führt dazu, dass Betriebe quasi gezwungen werden, von der einfach zu handhabenden Umsatzsteuerpauschalierung zur viel komplizierteren Regelbesteuerung überzugehen. Das ist eine Steuerverkomplizierung. Es entstehen für diese Unternehmen zusätzliche Buchführungs- und Steuerberatungsaufwendungen. Die Einschränkungen bei der Umsatzsteuerpauschalierung bewirken faktisch ihre Abschaffung.
Viel dramatischer aus meiner Sicht ist aber die von der Bundesregierung geplante Anhebung der Umsatzsteuer für Gartenbauprodukte von bislang 7 % auf 16 %. - Macht ja nichts, könnte man sagen, denn es wird sowieso an das Finanzamt abgeführt.
Aber es macht doch was. Es passiert nämlich Folgendes: Für den Endverbraucher kommt es zu einer Preissteigerung aufgrund des erhöhten Steuersatzes. Im Klartext heißt das: Die Blumen im Laden werden um 9 % teurer. Dadurch wird weniger verkauft. Der Umsatz insgesamt wird auch weniger. Dem Gartenbaubetrieb bleibt nichts weiter übrig, als den Preis zu senken. Damit sinkt die Gewinnmarge, und die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens ist infrage gestellt. Das sind ganz normale volkswirtschaftliche Kreisläufe.
Dieses trifft übrigens auch auf Handelsunternehmen zu, die an Endverbraucher verkaufen. Über die Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Maßstab will ich gar nicht reden. Sie wird natürlich eingeschränkt. Es gibt massive Wettbewerbsnachteile.
Meine Damen und Herren! Die Annahme, dass man mit Steuererhöhungen Haushaltslöcher stopfen und die Probleme eines Landes lösen kann, ist volkswirtschaftlich und politisch falsch. Steuern runter - das ist die richtige Methode.
Gestern wurde nachgefragt, wie das gelingen könne, weil dann die Einnahmen fehlten. Ich versuche es kurz zu erläutern.
Weniger und niedrigere Steuern, Herr Bullerjahn, bedeuten, dass Bürger und Unternehmer netto mehr übrig behalten. Dem werden Sie zustimmen. Dieses Geld können sie für Konsum und Investitionen einsetzen.
Das tun sie dann auch. Dies schafft Arbeitsplätze. Neue Arbeitsplätze und damit ein Abbau der Arbeitslosigkeit bedeuten wiederum mehr Steuerzahler und weniger Staatsausgaben für Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe. Mehr Steuerzahler zu niedrigen Steuersätzen sind besser als wenige Steuerzahler zu hohen Steuersätzen.
Die Arbeitslosigkeit ist das Thema. Eine Erhöhung der Steuern bedeutet mehr Arbeitslosigkeit. Eine Senkung der Steuern bedeutet weniger Arbeitslosigkeit.
Das behaupten nicht nur die Koalitionsfraktionen, sondern das sagen auch die Volkswirte. Das lernt man in jeder Vorlesung im Grundstudium.
Nun kommt das Entscheidende: Das haben andere Länder, wie zum Beispiel die Beneluxstaaten, vor einigen Jahren gezeigt. Dort hat es nämlich funktioniert.
In unserem Antrag geht es darum, die vorgesehenen Änderungen der Umsatzbesteuerung in Landwirtschaft und Gartenbau zu verhindern. Den Änderungsantrag der PDS-Fraktion, im Ausschuss über die Auswirkungen der Erhöhung auf das Land Sachsen-Anhalt zu berichten, wenn es dazu kommen sollte, finden wir vernünftig. Wir werden dem Änderungsantrag zustimmen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.
Bevor ich dem Abgeordneten Herrn Doege für die SPDFraktion das Wort erteile, habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler der Diesterweg-Sekundarschule Genthin bei uns begrüßen zu können.
Frau Präsidentin, da die Zeit sehr weit fortgeschritten ist, gebe ich meinen Wortbeitrag einfach zu Protokoll.
Getreu dem alt bekannten Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, stellen sich CDU und FDP wieder einmal als Robin Hood der armen Bauern und Blumenverkäufer dar. Es ist mehr als scheinheilig, ständig über wegbrechende Steuereinnahmen zu jammern und mit dem Finger nach Berlin zu zeigen, während man gleichzeitig populistische Klientelpolitik betreibt und für die Beibehaltung von unzähligen Subventionen eintritt.
Modernisierung und Vereinfachung ist das Leitmotiv der Steuerpolitik der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. Die damit verbundene anspruchsvolle Aufgabe ist ohne konsequente Aufräumarbeiten nicht zu erfüllen.
In der Vergangenheit wurde das Steuersystem immer weniger zur Erzielung von staatlichen Einnahmen, immer mehr jedoch zu unterschiedlichsten Lenkungszwecken eingesetzt. Dabei wurde auf eine abgestimmte und systematische Vorgehensweise weitgehend verzichtet. Genauso wenig wurden die einmal eingeführten Regelungen später wieder auf ihre Sinnhaftigkeit und Zielführung hin untersucht.
Die aufgezeigte Entwicklung hat im Ergebnis über Jahrzehnte dazu geführt, dass ein unübersichtliches Dickicht von Steuervergünstigungen entstanden ist, das auch für Fachleute kaum noch zu durchdringen ist und jeder Modernisierungs- und Vereinfachungsanstrengung entgegensteht. In diesem Prozess ist die Erkenntnis verloren gegangen, dass Steuern in erster Linie der Erzielung notwendiger Einnahmen zur Finanzierung öffentlicher Leistungen dienen sollen. An dieser Finanzierung sollen sich alle gesellschaftlichen Gruppen des Gemeinwesens angemessen beteiligen, da alle von diesen Leistungen profitieren.
Die Folgen dieser Entwicklung sind vielfach beschrieben worden und mittlerweile allgemein offensichtlich. Die Transparenz und die Verständlichkeit des Steuersystems haben sich stark verringert. Negativ geprägte Grundhaltungen gegenüber der Besteuerung haben sich verstärkt. Einige Gruppen haben sich fast gänzlich von der steuerlichen Finanzierung staatlicher Aufgaben verabschiedet. Sie nutzen die unübersichtlichen Steuerregelungen aus, um trotz Inanspruchnahme staatlicher Leistungen keinen Beitrag zu deren Finanzierung zu leisten. Dies führt zu Steuerungerechtigkeit und Akzeptanzverlusten in der Bevölkerung.
Zudem haben die Ausnahmeregelungen die Verwaltungskosten der Steuererhebung gesteigert und sie beeinträchtigen die Neutralität der Besteuerung. Dies führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Schließlich leidet die Planbarkeit staatlicher Einnahmen, wenn das Steueraufkommen vermehrt vom Verhalten auf Steuervermeidung und Steuerreduzierung abzielender Steuergestalter abgängig wird. Dies wiederum gefährdet die stetige Aufgabenwahrnehmung der öffentlichen Körperschaften.
In der Vergangenheit wurde als Reaktion auf Einnahmerückgänge häufig die Verschuldung erhöht. Diese bisher gängige Praxis kann unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit und mit Rücksicht auf die Verpflichtungen aus dem Maastricht-Vertrag nicht mehr beibehalten werden. Das Ziel einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung ist nur mit einem umfassenden und durchgreifenden Abbau von Subventionen und einer dementsprechenden Verbreiterung der Einnahmebasis erreichbar.
Es ist dringend notwendig, alle Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen auf den Prüfstand zu stellen. Ökonomisch, ökologisch und unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten fragwürdige Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen müssen beseitigt werden. Das Steuervergünstigungsabbaugesetz zielt deshalb darauf ab, durch einen weitreichenden, breit angelegten und sozial ausgewogenen Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen Steuergerechtigkeit und Steuertransparenz zu erhöhen und den öffentlichen Haushalten die notwendigen Einnahmen zur Finanzierung ihrer Aufgaben zu verschaffen.
Wo eine Förderung, wie zum Beispiel bei der Eigenheimzulage, auch zukünftig noch grundsätzlich fortgeführt werden soll, muss sie stärker auf förderungsbedürftige Zielgruppen fokussiert werden, um ihre Zielgenauigkeit zu erhöhen und Mitnahmeeffekte zu vermindern. Nur so können wir gewährleisten, dass alle Bürger und Unternehmen entsprechend ihrer steuerlichen Leistungsfähigkeit einen Beitrag zur Finanzierung der von ihnen in Anspruch genommenen Einrichtungen des Staates leisten, und damit die Akzeptanz der Besteuerung erhöhen.
Der Abbau von Ausnahmen trägt auch dazu bei, die Systematik des Steuerrechts wieder erkennbar und somit dieses verständlicher zu machen. Ein einfacheres Recht senkt bürokratischen Aufwand für Unternehmer und private Steuerzahler, aber auch für die Finanzverwaltung, die ihre Ressourcen dann gezielter für Service, aber auch für notwendige Kontrollleistungen im Interesse der ehrlichen Steuerzahler einsetzen kann.
Durch eine einheitliche Besteuerung wird nicht, wie Sie vorgaukeln, bürokratischer Mehraufwand erzeugt, sondern es ist eben nicht mehr nötig, unzählige Ausnahmetatbestände zu überprüfen. Gesicherte und planbare Einnahmen garantieren dem Steuerzahler einen zuverlässigen öffentlichen Partner.
Aufgrund der stetiger fließenden Steuereinnahmen kann die Kreditaufnahme reduziert werden. Dies ist Grundbedingung für eine erfolgreiche nachhaltige Haushaltskonsolidierung. Dies sollte unser aller Ziel sein, um auch den künftigen Generationen einen politischen Handlungsspielraum zu ermöglichen.
Zu diesem von der Bundesregierung eingeschlagenen Weg, der zugegeben steinig und unpopulär ist, gibt es keine Alternative. An der bitteren Pille des Subventionsabbaus führt kein Weg vorbei, ob nun die SPD oder CDU/FDP regieren.
Betrachtet man sich die finanzielle Auswirkung des Steuervergünstigungsabbaugesetzes so kann man feststellen, dass folgende Steuermehreinnahmen - in Millionen Euro - zu erwarten sind:
Mit ihrem Antrag, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, fordern Sie die Landesregierung auf, im Bundesrat gegen die geplanten Änderungen durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz zu votieren. Sie sorgen letztlich dafür, dass das Land und die
Gemeinden auf Einnahmen verzichten müssen. Dass Sie nicht Willens sind, die Gemeinden finanziell so auszustatten, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können, zeigt ja auch Ihr Haushaltsplanentwurf 2003.