Protokoll der Sitzung vom 07.02.2003

Ich möchte vorschlagen, dass sich der zuständige Fachausschuss, damit meine ich den Umweltausschuss, mit

dieser Situation auseinander setzt und nach Lösungswegen sucht. Weil die Umsetzung in der kommunalen Kompetenz liegt, schlage ich vor, dass sich der Innenausschuss mitberatend damit befasst. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren! Zunächst erhält für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Herr Kehl das Wort. Bitte sehr, Herr Kehl.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Zunächst wollte ich meine Rede auch zu Protokoll geben. Da es aber wieder ein typischer PDS-Antrag ist, würde ich doch ganz gern etwas dazu sagen.

Die Probleme im Grundwasserbereich im Raum Schönebeck sind sowohl der Landesregierung - wie wir gerade gehört haben - als auch den Koalitionsfraktionen bekannt. Die Situation ist in der Tat sehr unbefriedigend, vor allem für die Betroffenen, die teilweise in ihrer Existenz bedroht sind.

Ich selbst war in der letzten Woche mit dem landwirtschaftlichen Sprecher unserer Fraktion, dem Kollegen Hauser, vor Ort in Felgeleben und im ganzen Kreis Schönebeck. Wir haben uns ein Bild gemacht und auch mit Einwohnern und Unternehmern gesprochen. In einem sind wir uns mit dem Ministerium einig: Eine schnelle Lösung des Problems ist notwendig.

Meine Damen und Herren! Wie wir gerade gehört haben, bemüht sich die Landesregierung um eine Lösung, die auch der Komplexität des Problems gerecht wird. In diesem Politikbereich sind jedoch mit gutem Grund - das hat Frau Wernicke schon ausgeführt - die kommunalen Stellen zuständig. Die Entscheidungen, die notwendig sind, sollen dezentral vor Ort getroffen werden. In diesem Fall scheinen sich aber die betroffenen Parteien nicht einigen zu können, sodass nach Meinung der FDPFraktion ausnahmsweise die Landesebene mit eingeschaltet werden kann, zumal ein landesweites Problem, wenn auch nicht in dem gleichen Ausmaß, vorliegt.

Im konkreten Fall kommt erschwerend hinzu, dass sich Landkreis und Stadt den schwarzen Peter hin- und herschieben, bis schließlich die PDS-Fraktion versucht, sich diesen Streit und das damit verbundene Leid der betroffenen Menschen zu Nutze zu machen. Das, meine Damen und Herren, ist Populismus pur.

(Zustimmung bei der FDP und von Herrn Dal- drup, CDU)

Wenn die PDS-Fraktion tatsächlich Interesse an einer Beteiligung zur Lösung des Problems hat, bleibt es ihr unbenommen, sich mit den Vorschlägen einzubringen und diese im Fachausschuss zu unterbreiten. Dort ist sicherlich der richtige Ort. Dort können wir auch die Ergebnisse der ausstehenden Gutachten diskutieren und über deren Anwendung im ganzen Land reden.

Ich beantrage deshalb auch für die FDP-Fraktion die Überweisung dieser Anträge in den Umweltausschuss. - Danke.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kehl. - Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Oleikiewitz das Wort. Bitte sehr, Herr Oleikiewitz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stehe sicherlich nicht in dem Ruf, einen Aufnahmeantrag der PDS in meiner Tasche zu haben. Ich glaube aber schon, dass das angesprochene Thema ein echtes Problem ist. Es sollte daher nicht auf diese Ebene gezogen werden.

Die SPD-Fraktion erkennt natürlich an, dass dieses schwerwiegende Problem die Bürger in Schönebeck und Umgebung bewegt. Wir sagen aber auch, diese Probleme bestehen landesweit. Es gibt außer Schönebeck noch andere Schwerpunkte und Brennpunkte, wo Grundwasserprobleme auftreten - die Frau Ministerin hat bereits darauf hingewiesen. Deshalb schlagen wir in unserem Änderungsantrag vor, den Antrag der PDSFraktion zugunsten einer allgemeinen Befassung mit dem Thema Grundwasser im Umweltausschuss zu ändern. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Die Federführung sollte beim Umweltausschuss liegen. Von mir aus könnte der Hochwasserausschuss die Beratungen mitberatend begleiten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Herzlichen Dank, Herr Oleikiewitz. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Dr. Schellenberger das Wort.

Ich gebe meine Rede zu Protokoll. Ich möchte an dieser Stelle nur sagen: Ich bin natürlich für eine Überweisung in den Umweltausschuss zur federführenden Beratung und zur Mitberatung in den Innenausschuss.

(Beifall bei der CDU)

(Zu Protokoll:)

Im letzten Jahr und auch in diesem haben wir enorme Probleme mit Hochwasser, Oberflächenwasser und Grundwasser, und das nicht nur im Landkreis Schönebeck. Wie aus vielfältigen Veröffentlichungen bekannt, ist jedoch die Situation im Raum Schönebeck und speziell im Ortsteil Felgeleben besonders kritisch. Aus diesem Grund erfolgten zum Beispiel auch ein von mir organisierter Informationsbesuch des Vorsitzenden des zeitweiligen Ausschusses Hochwasser, Herrn Thomas Madl, am 8. Januar 2003 vor Ort sowie ein Informationsgespräch der Bürgerinitiative Felgeleben mit dem Bau- und Verkehrsminister Herrn Karl-Heinz Daehre am 10. Januar 2003. Doch vorab noch mal eine Chronologie der durchgeführten Maßnahmen.

Bereits im Frühjahr 1994 traten im OT Felgeleben gehäuft Kellervernässungen bzw. auch Drängwassererscheinungen unterschiedlicher Höhe auf. Zunehmende Beschwerden und Hinweise der betroffenen Grundstückseigentümer veranlassten die Stadtverwaltung im Zusammenwirken mit anderen Behörden, insbesondere

dem damaligen Staatlichen Amt für Umweltschutz und dem Landratsamt als untere Wasserbehörde, Ursachenermittlung zu betreiben und über mögliche Gegenmaßnahmen zu beraten.

Vom STAU wurde anhand von Messstellenauswertungen in Felgeleben darauf hingewiesen, dass sich der Grundwasserstand im Juni 1994, ähnlich wie es auch schon 1988 der Fall war, zu diesem Zeitpunkt um ca. 1,5 m gegenüber dem langjährigen Mittel erhöht eingestellt hatte, aber danach wieder eine sinkende Tendenz aufwies. Es wurde empfohlen, die Ursachen und Zusammenhänge durch ein Fachbüro untersuchen zu lassen.

Nach Bereitstellung der finanziellen Mittel über den Haushalt 1995 wurde am 6. Februar 1995 der Auftrag an das Büro IfUW Bleicherode erteilt. Das Ingenieurbüro für Umweltgeologie und Wasserwirtschaft erarbeitete im Jahr 1995 das „Hydrogeologische Gutachten und Vorplanung zur GW-Absenkung Schönebeck-Felgeleben“ sowie im Jahr 1996 ein Gutachten zur „Grundwasserabsenkung Schönebeck-Felgeleben - GW-Meßnetz, Testarbeiten und Vorplanung“. Diese beiden Gutachten enthalten zusammengefasst folgende Ergebnisse:

Auf der Grundlage von Recherchen zu Niederschlägen, Oberflächenwasserständen, Grundwasserständen und Grundwasserfördermengen wurde festgestellt, dass die Grundwasserstände hauptsächlich durch die Wasserführung der Elbe beeinflusst werden. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass in den zurückliegenden Jahrzehnten hohe Grundwasserstände offensichtlich durch die Grundwasserförderung der Wasserwerke Zackmünde und Felgeleben abgebaut worden sind.

Mithilfe eines mathematischen Simulationsmodells der Grundwasserströmung wurden dazu zwei aufgemessene Grundwasserströmungszustände nachvollzogen. Durch Variantenuntersuchungen wurde nachgewiesen, dass durch die bis 1991 (WW Felgeleben-Neu) bzw. 1995 (WW Zackmünde) durchgeführte Grundwasserförderung eine Absenkung der Wasserstände in den Ortsteilen Felgeleben und Sachsenland erfolgt ist. Die Wirkung dieser nicht mehr betriebenen Grundwassergewinnungsanlagen könnte durch eine zeitweilig betriebene Grundwasserabsenkungsanlage kompensiert werden.

Im Rahmen einer Vorplanung wurden mehrere Planungsvarianten zur Grundwasserabsenkung und zur Grundwasserableitung untersucht. Zur Überprüfung ihrer geohydraulischen Wirksamkeit dient ein instationäres mathematisches Modell. Unter den Gesichtspunkten der Erreichung der notwendigen Absenkung, der Betriebssicherheit und minimaler Kosten - Investitions- und Betriebskosten - wurde eine Vorzugsvariante ermittelt. Diese Variante beinhaltet die Errichtung eines Horizontalfilterbrunnens im Raum der ehemaligen Grundwasserfassungsanlage „Felgeleben-Alt“ und eine Wasserableitung im freien Gefälle zur Elbe hin. Diese Anlage ist somit ohne Energieeinsatz zu betreiben.

Mit einem gemeinsamen Schreiben vom 14. Juni 1995 wandten sich der ehemalige Landrat Herr Jeziorsky und der Oberbürgermeister an den damaligen Ministerpräsidenten Dr. Reinhard Höppner mit der Bitte um Hilfe des Landes. Die Unterstützung wurde erbeten hinsichtlich eines Schadensausgleichs für die betreffenden Bürger sowie Finanzhilfen für die Stadt bei der Realisierung einer großflächigen Grundwasserabsenkung und deren Betreibung.

Die Antworten der einzelnen Fachministerien, die im August/September eingingen, waren sehr ernüchternd. Ein Vergleich mit den Schäden des Frühjahrshochwasser 1994 könne nicht gezogen werden, hier liege keine Katastrophensituation vor, die die betroffenen Bürger unerwartet in Existenznöte bringe. Die Kommune müsse zunächst alle Möglichkeiten nutzen, den eigenen Haushalt für die Lösung des Gesamtproblems heranzuziehen, und darüber hinaus sei es rechtlich gesehen Sache eines jeden Grundstückseigentümers, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, wie zum Beispiel das Anlegen von Drainagen. Darüber hinaus könnten entsprechende Versicherungen abgeschlossen werden oder die Sanierungsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht werden.

Die Rechtsauffassung, wonach der Grundstückseigentümer selbst für Abhilfe sorgen muss, wird übrigens auch vom Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt in seiner Stellungnahme bestätigt, die ebenfalls von der Stadtverwaltung angefordert wurde.

Eine Bürgerinitiative Felgeleben-Sachsenland mit ihrem damaligen Sprecher, Herrn Dieter Berge, wandte sich am 26. Juli 1995 mit einer Sammlung von 542 Unterschriften ebenfalls an Dr. Reinhard Höppner. In seinem Antwortschreiben vom 8. Dezember 1995 nimmt der damalige Ministerpräsident Bezug auf die hier bereits bekannten Stellungnahmen der einzelnen Fachministerien und bringt sein Bedauern zum Ausdruck, dass er keine Unterstützung in Aussicht stellen kann.

In einer Pressemitteilung nimmt der Oberbürgermeister zum aktuellen Sachstand Stellung und informiert darüber, dass die Stadtverwaltung in Fortsetzung des ersten Gutachtens Tests und die Vorplanung für eine Grundwasserabsenkung fortsetzen werde - die Mittel werden über den Haushalt 1995 bereitgestellt - und, soweit die Mittel des Haushaltes es zulassen, die Anstrengungen zur Umsetzung der technischen Lösung fortgesetzt werden.

Unter Würdigung der eindeutigen Rechtslage, wonach die Stadt hier keine Zuständigkeitsverpflichtung trifft, der fehlenden Förderung vonseiten des Landes, der knappen Haushaltsmittel und nicht zuletzt wegen der deutlichen Entspannung der Situation ab 1996 musste eine bautechnische Umsetzung unterbleiben.

Beginnend 2001 und verstärkt 2002 kam es erneut zu hohen Grundwasserständen und dadurch bedingten Kellerüberflutungen mit einer größeren Zahl von Betroffenen als 1994/1995 und auch noch höheren Wasserständen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Hochwasser 2002. Das führte zu einer ganzen Reihe von Aktivitäten, die hier kurz dargestellt werden sollen.

Durch die Stadtverwaltung und AbS/OEWA wurde neben anderen Maßnahmen, die den indirekten Hochwasserschutz betreffen, ein Generalkonzept zur Oberflächenwasserableitung für die Stadt in Auftrag gegeben. Speziell für den Ortsteil Felgeleben wird nach wie vor die Verlegung eines flächendeckenden Regenwasserkanalnetzes mit direkter Ableitung in die Elbe als unbedingt notwendig erachtet.

Am 17. Dezember 2002 wurde durch die Stadtverwaltung dem Ingenieurbüro für Umweltgeologie und Wasserwirtschaft Bleicherode ein Auftrag zur Erarbeitung eines Gutachtens zum Ausbau von Grabensystemen und deren Auswirkungen auf die Grundwasserstände im

Raum Felgeleben erteilt. Die Ergebnisse werden Anfang Mai erwartet.

Nicht weiter einzugehen brauche ich wohl hier auf die Aktivitäten der Stadt im Rahmen der Arbeit des Stabes für außergewöhnliche Ereignisse zur Bewältigung der außerordentlich kritischen Situation zu Beginn dieses Jahres.

Am 14. Januar 2003 fand eine fachtechnische Abstimmung zur Problematik „Grund- und Oberflächenwasser Felgeleben“ mit Fachbehörden, Ingenieurbüros, Stadträten und Vertretern der Bürgerinitiative Felgeleben statt. Das Anliegen dieser Veranstaltung bestand darin, die Grundlagen und Ziele weiterer Untersuchungen abzustimmen. Dabei wurde herausgearbeitet, dass folgende Aufgaben in Angriff genommen werden müssen:

erstens Untersuchungen hinsichtlich Ausbau/Instandsetzung des Grabensystems und möglicher Einfluss auf die Situation,

zweitens Schaffung von Rückhaltebecken in Schönebeck und außerhalb,

drittens Möglichkeiten der Grundwasserabsenkung im Zusammenhang mit möglichen Maßnahmen der Oberflächenwasserentsorgung.

Hinsichtlich der Zuständigkeiten gibt es unterschiedliche Auffassungen - Satzung, Unterhaltungsverband oder Wassergesetz -, hier herrscht auf jeden Fall Abstimmungsbedarf. Auch angesichts der Tatsache, dass das Problem des Grund- und Oberflächenwassers nicht an den Stadtgrenzen halt macht, erscheint eine gemeinsame Suche nach Lösungen sinnvoll. Aus diesem Grund ist eine Überweisung in den Umweltausschuss zur federführenden Beratung und den Innenausschuss zu befürworten, um hier nach Lösungen zu suchen, wie das Land das durch die Kommunen zu koordinierende Handeln begleiten kann.

Herzlichen Dank, Herr Dr. Schellenberger. - Herr Dr. Köck, möchten Sie noch einmal sprechen?

(Herr Dr. Köck, PDS: Nein!)

- Herr Dr. Köck verzichtet darauf.

Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zum Abstimmungsverfahren zu dem Antrag der Fraktion der PDS in Drs. 4/508 und über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drs. 4/542. Einhellig wurde eine Überweisung in die Ausschüsse gefordert, und zwar federführend in den Umweltausschuss und mitberatend in den Innenausschuss und in den Hochwasserausschuss.

(Zurufe von der CDU: Hochwasser nicht! - Minis- ter Herr Dr. Daehre: Klar müsste das in den Hochwasserausschuss!)

- Dann müssen wir darüber einzeln abstimmen.