Herr Stadelmann, ich möchte die kritische Nuance gar nicht infrage stellen, aber eine Frage stellt sich mir: Was haben eigentlich die leitenden Beamten, die Abteilungsleiter in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren gemacht? Haben sie geschlafen? Ich bin sehr hart in meiner Wortwahl, aber man muss berücksichtigten: Die Betreffenden wurden im Ergebnis des Regierungswechsels Staatssekretär und mehr.
Das waren die Fachkräfte, die für die Regierung in den Ausschüssen, konkret im Agrarausschuss, die Beweisführung für die Richtigkeit des Weges vorgebracht haben.
Der Ansatz war grundsätzlich falsch. Es war ein Versuch; das habe ich gesagt und das erkenne ich an. Aus dem Versuch muss gelernt werden.
Den Bearbeitern wurde im Grunde genommen die Entscheidung über die Fördermittel erschwert, weil sie die Töpfe gar nicht mehr auseinander halten können, weil eine Vermischung entstanden war. Das war das ganze Problem. Ich will nicht sagen, dass sie nicht gearbeitet hätten, aber, wie gesagt, der Ansatz war grundsätzlich nicht richtig.
Vielen Dank, Herr Stadelmann. - Bevor ich nun Frau Krimhild Fischer für die SPD-Fraktion das Wort gebe, ist
es uns gemeinsam eine Freude, Studentinnen und Studenten der Fachschule für Agrarwirtschaft in Haldensleben sowie Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen Hettstedt auf der Tribüne begrüßen zu können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Stadelmann, vielleicht haben Sie den integrierten Ansatz, der in der Locale-Initiative vorhanden war, nicht entdeckt. Vielleicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP, kann mein Redebeitrag hierzu ein wenig beitragen.
Die SPD-Fraktion begrüßt es außerordentlich, dass die Kollegen von der CDU das Thema Locale zum Gegenstand der Aktuellen Debatte im Landtag gemacht haben.
Denn die Landesregierung hat Fehler gemacht, und das Parlament hat die Aufgabe, diese offen zu legen und so weit wie möglich korrigierend einzuwirken.
Frau Wernicke, Sie haben sich falsch beraten lassen, als Sie sich dazu entschlossen haben, Locale sterben zu lassen.
Den politischen Fehler versuchen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, mit dieser Debatte zu korrigieren. Sie haben gemerkt, dass im ländlichen Raum dort, wo die Konzepte schon weit gediehen waren, große Empörung ausgebrochen ist.
(Herr Gürth, CDU: Weil das Geld nicht kam, wie Sie es versprochen haben! Sie haben Erwartun- gen geweckt, die Sie dann nie erfüllt haben!)
„Stolz war Laucha, weil viele Vorhaben durch Locale bis 2006 realisiert werden sollten. Nun soll dies alles von der neuen Landesregierung gestrichen werden. Nichts geht mehr mit vielen privaten Projekten. Keines von den Vorhaben der Stadt kann realisiert werden. Die finanziellen Zusagen über mehrere Jahre werden zurückgenommen, bis auf vielleicht ein oder zwei Projekte in 2003. Auch im Stadtrat herrscht Unverständnis über diese Entscheidung, denn Laucha braucht, wie alle Kommunen, dringend Investitionen dieser Art.“
Der handwerkliche Fehler besteht darin, dass die Landesinitiative „Locale“ Gegenstand des operationellen Programms für das Land Sachsen-Anhalt ist, das die EU
genehmigt hat. Wenn Sie die Initiative einfach sterben lassen, gehen Gelder verloren. Veränderungen sind nur im Zuge der Halbzeitbewertung und nur mit Zustimmung der EU möglich. Wie lange Notifizierungen dauern, haben wir nach dem Jahr 2000 schmerzlich erfahren. Währenddessen sind die Gelder gestoppt, sodass sich im Lande nichts tun kann.
Das nunmehr von der Landesregierung angekündigte Förderkonzept für den ländlichen Raum wird in erster Linie zur Schadensbegrenzung missbraucht. Aber eigentlich ist es die Fortschreibung des für die Förderperiode von 2000 bis 2006 geltenden Entwicklungsplanes für den ländlichen Raum - nicht mehr und nicht weniger. Die Länder sind angehalten, eine Evaluierung durchzuführen und bei Bedarf Änderungen des Planes und der darin enthaltenen Förderprogramme vorzunehmen.
Es ist also nichts Besonderes, was Sie hier verkünden, auch wenn Sie uns das einreden wollen. Die Landesinitiative „Locale“, die Sie zu Grabe getragen haben, hat mit der Neugestaltung von Förderprogrammen nur bedingt zu tun. Die Neugestaltung sollte darauf abzielen, die Förderung effektiver zu gestalten und unter Umständen andere Prioritäten zu setzen. Die Landesinitiativen hingegen haben einen integrierten Ansatz und greifen auf die entsprechenden Förderprogramme zurück. Es wäre also durchaus möglich, im Rahmen von Locale auf neue Förderprogramme zurückzugreifen.
Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist an dieser Stelle angebracht, die wesentlichen Inhalte der Landesinitiative noch einmal kurz darzustellen. „Locale“, das steht für lokale ländliche Entwicklung, konzentriert sich auf die Umsetzung gebietsspezifischer Projektbündel von lokaler Dimension in ländlichen Gebieten. Der Schwerpunkt dieser Landesinitiative ist auf den Ausgleich von Entwicklungsdefiziten im ländlichen Raum ausgerichtet. Teilnahmeberechtigt sind Verwaltungsgemeinschaften oder Zusammenschlüsse mehrerer Gemeinden zur Planung und Realisierung eines gemeinsamen Zieles. Die Einbindung von Unternehmen, die ihren Sitz in einer der beteiligten Gemeinden haben, ist dabei zulässig und natürlich erwünscht.
Ein Beispiel: Verschiedene Gemeinden und einige Unternehmen entwerfen gemeinsam ein Konzept zur Stärkung der Landwirtschaft, des Gewerbes und des sanften Tourismus. Das Konzept beinhaltet verschiedene Einzelmaßnahmen, wie etwa die Einrichtung von Gewerbe, von Pensionen, einem Hofladen für bäuerliche Produkte, einer Bäckerei - alles kombiniert mit Dienstleistungen. Hinzu kommt der Aufbau einer touristischen Infrastruktur mit Campingplatz, historischem Dorf, Waldlehrpfad, Anlage und Ausschilderung eines Fahrradnetzes, der Verleih von Fahrrädern usw.
Mit der Locale-Initiative werden folgende Förderziele unterstützt: Verbesserung der Beschäftigungssituation, Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Erhöhung des Wohlstandes in ländlichen Gebieten, Verbesserung der Lebensqualität durch die Sicherung eines Mindestmaßes an infrastruktureller Ausstattung, Verbesserung der Umweltsituation und Steigerung des Umweltbewusstseins in ländlichen Gebieten, Verbesserung der sozialen Integration und Beschäftigungsfähigkeit von benachteiligten Bevölkerungsgruppen und der Aufbau und die Stärkung lokaler Partnerschaften zur Verbesserung der regionalen Identität und des Gemeinschaftslebens. Landesweit wurden 42 Entwicklungskonzepte
Frau Wernicke, liebe Kollegen von CDU und FDP, nach Ihren Aussagen handelt es sich bei dieser Landesinitiative um ein nicht handhabbares bürokratisches Monstrum, welches ungeeignet sein soll, die Entwicklung des Landes voranzutreiben. Das verwundert mich schon ein wenig; denn ich habe die eben gemachten Äußerungen dem Internetauftritt des Landes entnommen und muss nun feststellen, dass wir hier quasi eine Trauerfreier abhalten.
Der Kernpunkt, warum Sie Locale beerdigt haben, liegt allerdings woanders. Die neue Landesregierung kommt mit dem integrierten Ansatz nicht zurecht.
Das heißt, die Koordinierung zwischen den Ministerien und nachgelagerte Behörden kriegen Sie nicht gebacken. Da können Sie lachen; so ist das ganz einfach.
(Unruhe bei der CDU und bei der FDP - Herr Gürth, CDU: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? Um Gottes Willen!)
Nachher gern. - So hat Ihr Ministerium, Frau Wernicke, zugegeben, dass das Wirtschafts- und das Sozialministerium nicht genügend Mittel für das Programm reserviert haben.
Das kann ich mir nur so vorstellen, dass nach Antritt der neuen Landesregierung Veränderungen vorgenommen wurden; denn der Auswahl der 42 genehmigten Projekte war eine genaue Mittelreservierung aus den drei EUStrukturfonds vorangegangen.
(Herr Scharf, CDU: Das hat doch nicht gestimmt! - Frau Budde, SPD: Doch, das war beim EFRE reserviert! - Weitere Zurufe von der CDU)