Zweitens. Die Bestandspflege der inzwischen in großer Zahl existierenden Betriebe muss ein weiterer Schwerpunkt sein. Das ist ganz klar; denn nur wenn wir die Betriebe, die wir haben, am Leben erhalten, werden wir eine Zukunft haben.
Bei der infrastrukturellen Ertüchtigung haben wir noch Reserven. Das ist für mich der dritte Schwerpunkt. - Nur diese drei Schwerpunkte sind für mich maßgeblich im Hinblick auf die Zukunftssicherung Sachsen-Anhalts.
Nun sage ich Ihnen auch: Ich weiß, das Geld ist endlich. Folglich muss man fragen, wo man sparen kann. Für mich gibt es nach wie vor Leistungsgesetze,
- Welche? Darauf antworte ich so wie der heutige Ministerpräsident in seiner Oppositionszeit geantwortet hat: Es ist zunächst einmal Sache der Regierung, Vorschläge zu machen, und dann positionieren wir uns dazu.
War das eine Frage? - Lieber Herr Polte, ich möchte noch einmal eines sagen: Ich möchte überhaupt keine ehrverletzende Bemerkung gemacht haben. So ist das nicht gemeint gewesen, und ich meine auch, so habe ich es nicht gesagt.
Aber noch etwas: Nicht ich habe Sie angegriffen, sondern ich habe mich verteidigt. Das ist die Reihenfolge gewesen. Sie haben sicherlich die Rede Ihrer Kollegin Kuppe gehört. Das muss man einfach erst einmal festhalten.
Zweiter Punkt. Sie mögen Recht haben, dass die Opposition die Regierung von morgen ist. Im Moment ist sie die Regierung von gestern. Dagegen kann man nicht viel machen.
Das hängt, für den Moment jedenfalls, damit zusammen, dass ein erheblicher Reformstau entstanden ist. Das ist einer der Gründe gewesen, weshalb letzten Endes eine Politik nicht mehr mehrheitsfähig war. Insofern, finde ich, sollten wir auch in diesem Punkt eine faire Selbstdefinition zu treffen versuchen.
Priorität Nr. 1? - Ich stimme Ihnen völlig zu: Wissenschaft und Bildung - im Übrigen auch Kultur - haben Priorität Nr. 1 zu haben. Der Meinung bin ich in der Tat. Ich konfrontiere es aber nicht mit der Notwendigkeit, Investitionsförderung zu machen, denn daher kommt das Geld. Damit sind wir in einer Balance zweier absolut wichtiger prioritärer Gegenstände der Landespolitik.
Und nun kommt es: Kein anderer Bereich als der des Hochschulwesens genießt im Moment die Privilegierung durch Finanzzusagen über drei Jahre hinweg. Das ist doch Priorität! Glauben Sie ja nicht, dass der Finanzminister mir das von sich aus angeboten und gefragt hat - Herr Paqué ist jetzt nicht da -: Herr Olbertz, was halten Sie davon? - Das ist schon anders gewesen. Darüber haben wir uns im Regierungslager lange unterhalten, sage ich einmal vorsichtig.
Mehr Priorität Nr. 1 kann man kaum definieren - allerdings immer unter den elenden Rahmenbedingungen, die ich mir natürlich auch viel, viel besser wünsche. Ich
glaube, an dieser Stelle sind wir uns auch schneller einig, als es hier bei einer Parlamentsdebatte den Aschein hat.
Herr Minister, Frau Dr. Kuppe hat festgestellt, dass Sie sich gelegentlich benehmen wie ein Finanzminister. Ich würde Sie ganz einfach einmal bitten, mir mit einfachen Worten, die vielleicht auch Frau Dr. Kuppe versteht,
zu erklären, wie Sie Ihre Verantwortung sehen im Hinblick auf die Finanzen Ihres Hauses und damit des Gesamthaushaltes.
Das mache ich gerne. Ich will aber vorher einräumen, dass mich selbst die Situation, die ich in der Öffentlichkeit immer wieder schildere, mehr oder weniger aus der Fassung bringt. Das ist nämlich die Situation - ich will es wiederholen - einer Staatsverschuldung, die uns 2,5 Millionen € Zinsen pro Tag beschert. Man glaubt es immer nicht, zumal ich es selber immer nicht glauben will: Das ist innerhalb von sechseinhalb Tagen ungefähr das gesamte Budget der Fachhochschule Harz.
Innerhalb von sechseinhalb Tagen - knapp einer Woche - verbrennen wir das, was diese leistungsfähige Hochschule ein ganzes Jahr über benötigt. Dazu soll ich sagen, das interessiert mich nicht, ich bin Ressortminister für Wissenschaft und Bildung und wie das finanziert wird, ist mir völlig egal? Wenn ich in diesem Punkt irgendwie ähnliche Züge mit dem Finanzminister annehme - worüber man noch einmal reden könnte -,
dann liegt das in der Natur der Sache und vor allem in der Verantwortung und Verpflichtung, Herr Heyer, die ich übernommen habe.
Das unterscheidet mich auch ein bisschen von der wirklich äußerst komfortablen Position, an die ich mich mit Wehmut zurückerinnere, nämlich die eines unabhängigen Experten.
Herr Minister, ich frage Sie, ob der von Ihnen vorhin erläuterte Wechsel zwischen jetziger Opposition und vorhergehender Regierung vielleicht auch etwas mit einem Wahlplakat zu tun hat, das lautete:
Vor dem Hintergrund Ihrer jetzigen Aussage, dass eine Bildungsoffensive sehr wohl kompatibel mit der zehnprozentigen Kürzung der Budgetansätze bei den Hochschulen ist, frage ich Sie, ob Sie sich dann nicht lauthals von diesem Wahlplakat Ihres Koalitionspartners distanzieren müssten, zumal die Verschuldungssituation des Landes um keinen Deut wirklich anders gewesen ist als heute.
Sie haben außerdem angekündigt, Sie könnten beweisen, dass den Hochschulen ja gar kein Geld weggenommen werde. Den Beweis sind Sie aber schuldig geblieben. Könnten Sie ihn jetzt vielleicht nachreichen?
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank - Widerspruch bei der PDS - Frau Dr. Sitte, PDS: Waren Sie im Wahlkampf nicht in Sachsen-Anhalt?)
(Unruhe bei der PDS - Frau Dr. Sitte, PDS: Das ist eine Unverschämtheit! - Zuruf von Frau Bud- de, SPD)
(Starke Unruhe - Frau Feußner, CDU: Das Plakat kommt von der FDP, nicht von uns! - Herr Kühn, SPD: Wo haben Sie denn bisher gelebt? - Herr Gallert, PDS: Es hing an jeder Straßenecke in Halle!)
Meine Damen und Herren! Beruhigen Sie sich bitte wieder, damit der Minister die Gelegenheit erhält, diese Frage vielleicht noch umfänglicher zu beantworten.