Protokoll der Sitzung vom 20.06.2002

Es gibt ein Problem damit - Frau Mittendorf hat versucht, es jetzt noch einmal zu sagen -: Die Konzipierung dieses Solidarmodells hat einen deutlich längeren Zeitraum zum Inhalt gehabt, zehn bis zwölf Jahre, nämlich genau so lange, wie der Schülerrückgang bis zu einer Stabilisierung der Schülerzahl vonstatten geht.

Wenn Sie den Tarifvertrag jetzt nach der Hälfte abbrechen - genau dieser Eindruck ist bei den Lehrerinnen und Lehrern auch immer vermittelt worden -, dann bestätigen Sie die Vorurteile im Nachhinein. Dann sagen nämlich die Gymnasiallehrer: Wir haben Solidarität gegenüber den Grundschullehrern geübt, für uns hat jetzt keiner mehr Solidarität. - Wenn Sie den Tarifvertrag abbrechen, stimmt das sogar.

Natürlich ist das so und das kann ich Ihnen auch vorrechnen. Sie müssen nämlich jetzt auch noch sagen, was Sie hinterher tun, wenn Sie die ausgezahlten Konten nicht mehr zum Freizeitausgleich zur Verfügung haben.

Sie haben den Schülerrückgang seit 1997 in den Grundschulen, seit 2001 in den Sekundarschulen und ab 2003 werden sie ihn an den Gymnasien haben. Das können Sie vielleicht für die Gymnasien noch kaschieren, indem Sie die schulartenabhängige Förderstufe, wie Sie es vorhaben, einführen. Das würde die Situation etwas entschärfen.

(Frau Feußner, CDU: Schulformbezogene!)

- Das ist mir völlig wurscht; sie ist dann auch schulartenabhängig.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der PDS)

Wenn Sie das machen, werden Sie die Gymnasien noch eine Weile entlasten, aber nicht auf Dauer. Aber die Sekundarschulen werden Sie in eine ziemlich drama

tische Lage versetzen. Es wird dann die Frage stehen: Welche Lehrerin, welcher Lehrer bleibt und welche Lehrerin, welcher Lehrer muss ihren/seinen Beruf aufgeben? Diese Frage müssen Sie beantworten.

Das müssten Sie mit einer Fortsetzung des Tarifvertrages nicht. Dann könnten Sie die Altersrückgänge einrechnen und könnten zum Schluss für alle Lehrerinnen und Lehrer, die dann in noch im Dienst sind, zur Vollbeschäftigung kommen. Das war das Strickmuster. Wenn Sie es kaputtmachen, sollten Sie das weder der ehemaligen Landesregierung noch den Lehrergewerkschaften vorwerfen.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD)

Herr Gürth, noch eine Bemerkung zu den „ganz schlecht“ bezahlten Lehrerinnen und Lehrern. Wir sind uns einig, dass 81 % und 87 % des Osttarifes weiß Gott keine Vergütungen sind, für die man himmelhoch jauchzt. Das ist richtig. Aus diesem Grunde fordern Sie und fordern wir eine zügige Angleichung an den Westtarif.

(Zustimmung bei der PDS)

Natürlich wäre es uns lieber, wir könnten alle Lehrerinnen und Lehrer voll beschäftigen. Aber in Sachsen bekommen Grundschullehrerinnen zurzeit 50 %. Sie müssen mir wirklich einmal vorrechnen, dass das mehr ist als 81 %.

(Zustimmung bei der PDS)

Sie wissen auch ganz genau, dass es in den anderen Ländern nicht gelungen ist, alle Mittelschul- oder Regelschullehrer, wie es sie in Sachsen und Thüringen gibt, in die Vergütungsgruppe A 13 einzugruppieren, was bei uns aber der Fall ist. Das bedeutet, dass es hier etwas mehr dafür gibt als in anderen Ländern. - Schönen Dank.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD - Herr Gürth, CDU: Nee!)

Vielen Dank, Frau Dr. Hein. - Die Debatte wird mit einem Beitrag der Landesregierung fortgesetzt. Es spricht Herr Minister Paqué. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In Anbetracht der Temperatur im Raum und der fortgeschrittenen Zeit fasse ich mich ganz kurz. Alle wesentlichen Punkte zum Stand der Verhandlungen sind, soweit man überhaupt darüber reden kann, genannt worden.

Das Kultusministerium und das Finanzministerium haben die Tarifverhandlungen für einen Anschlusstarifvertrag zum Arbeitsplatzsicherungstarifvertrag unmittelbar nach der Aufnahme der Regierungsgeschäfte im Mai fortgesetzt. Es fanden zwei Termine statt. Wie Frau Mittendorf schon sagte, wurden zwei Fragenkomplexe festgelegt. Der erste Komplex betrifft den Bedarf an Lehrkräften; der zweite Komplex betrifft die auf den Arbeitszeitkonten aufgelaufenen Guthaben.

Zur Klärung beider Fragenkomplexe sind zwei Arbeitsgruppen aus Vertretern der Gewerkschaften sowie Vertretern der Landesregierung gebildet worden.

Diese Arbeitsgruppen werden bis zur nächsten Verhandlungsrunde am 22. August detaillierte Lösungsvorschläge erarbeiten. Die Gespräche im kleinen Kreis bieten die Möglichkeit, sämtliche Argumente auszutauschen und alle im Hinblick auf die Problemlösung denkbaren Varianten zu diskutieren.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Auch wir als Regierung befürworten eine zügige und stringente Verhandlungsführung, um den Lehrkräften eine klare Perspektive für die Zukunft zu geben. Aus diesem Grund hat die neue Landesregierung neben den anderen kurzfristig zu erledigenden Punkten einen besonderen Schwerpunkt auf die Tarifverhandlungen gelegt und die entsprechenden Gespräche frühzeitig aufgenommen. Die Thematik ist aber zu komplex, um sie in wenigen Wochen abzuarbeiten.

Sie erlauben mir, von politischen Statements, die ich zu den einzelnen besprochenen Punkten machen könnte, abzusehen. Ich möchte nur über den Verhandlungsstand berichten.

Mir ist allerdings zu Ohren gekommen, dass sich einige Lehrkräfte wegen der haushaltwirtschaftlichen Lage Sorgen um den Ausgleich ihrer Guthaben auf den Arbeitszeitkonten machen. Lassen Sie mich hierzu klarstellen: Die Guthaben auf den Konten können nicht verfallen. Allerdings ist es den Tarifpartnern unbenommen, einen anderen Lösungsweg als den einer Auszahlung in einer Summe zu beschreiten.

Es spricht vieles dafür, dass man in die Richtung einer solchen Lösung gehen wird. Da die Guthaben über sechs Jahre erarbeitet wurden, wäre es nichts anderes als konsequent, auch den Ausgleich in einem mehrjährigen Zeitraum vorzunehmen, in welcher konkreten Form auch immer. Das ist Verhandlungssache.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass die Regierung zu laufenden Tarifverhandlungen keine weiteren Auskünfte geben kann.

Eine allgemeine Bemerkung zum Schluss: Sie wissen, dass der Beschäftigungsumfang von Lehrkräften in der Zukunft natürlich von einer Vielzahl komplexer Faktoren abhängt, aber Sie können davon ausgehen, dass die Unterrichtsversorgung und die erforderlichen pädagogischen Standards für das Land zu den für die Landesregierung wesentlichen Parametern gehören. Ebenso können Sie davon ausgehen, dass den Lehrkräften ein Angebot gemacht werden wird, das für sie in dem Sinne attraktiv ist, dass es nicht zu einem von uns allen befürchteten, durch die auch in dieser Hinsicht bestehende Standortkonkurrenz verursachten Massenexodus von Lehrern kommt.

Als Finanzminister stehe ich natürlich in der Pflicht - das wissen Sie -, neben den bildungspolitischen Zielen vor allem auch die haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen zu berücksichtigen. Ich bitte daher prophylaktisch um Verständnis, dass nicht alle Wünsche realisiert werden können. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Möchten Sie eine Frage beantworten?

(Frau Mittendorf, SPD: Ich möchte eine stellen!)

- Ich frage Herrn Minister Paqué, ob er bereit ist, eine Frage zu beantworten.

(Minister Herr Prof. Dr. Paqué: Das würde die Debatte nur unnötig verlängern! - Frau Budde, SPD: Ja oder nein?)

Der Minister möchte keine Frage beantworten.

Da nach dem Beitrag der Landesregierung ohnehin noch die Möglichkeit besteht, noch einmal zu sprechen, frage ich jetzt Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten: Wünscht noch jemand das Wort? - Bitte schön, Herr Gürth.

Herr Präsident, wir hatten beantragt, dass beide Anträge zur gemeinsamen Beratung in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft überwiesen werden. Der Ausschuss kann sich ohnehin im Rahmen der Selbstbefassung, aber insbesondere wegen der Vorlage dieser beiden Anträge mit dieser Thematik befassen und selbst entscheiden, wie er mit den Inhalten dieser beiden Anträge umgehen wird.

Zunächst einmal stelle ich fest, dass die Debatte abgeschlossen ist und wir zur Abstimmung kommen. Dann muss ich allerdings darauf hinweisen, dass der Antrag in der Drs. 4/16 im Grunde genommen nicht überweisungsfähig ist, da darin beantragt wird, dass im Ausschuss über etwas berichtet und beraten werden soll. Über diesen Antrag muss direkt abgestimmt werden, während der andere Antrag überweisungsfähig ist.

Wenn Sie dieser Auffassung folgen, stelle ich den ersten Antrag direkt zur Abstimmung. Wer stimmt dafür? - Wer stimmt dagegen? - Das ist offensichtlich die Mehrheit. Somit ist der Antrag in der Drs. 4/16 abgelehnt.

Jetzt stimmen wir über den zweiten Antrag ab, Ihnen vorliegend in der Drs. 4/21. Es wurde beantragt, den Antrag in den Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zu überweisen. Wer stimmt zu? - Das ist die Mehrheit. Damit ist die Überweisung erfolgt. Der Tagesordnungspunkt 11 ist damit erledigt.

Ich rufe erneut Tagesordnungspunkt 7 auf:

noch: Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in Sachsen-Anhalt und die Anpassung des Landesrechts

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/19

Sie entsinnen sich, dass ich vorhin die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt kurz vor deren Abschluss unterbrochen hatte, nachdem wir die Drs. 4/19 zur federführenden Beratung in den Umweltausschuss überwiesen hatten. Ich frage jetzt Herrn Dr. Schrader: Erhalten Sie Ihren Antrag von vorhin aufrecht?

Herr Präsident, die Fraktionen haben sich im Interesse einer schnellstmöglichen Beratung einmütig dafür entschieden, den Gesetzentwurf einzig in den Umweltausschuss zu überweisen.

Diese Überweisung ist bereits beschlossen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 7 jetzt ebenfalls abgeschlossen.

Ich rufe somit den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung

Unterstützung der Bundesratsinitiative zur Beschleunigung fälliger Zahlungen

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/17